Protokoll der Sitzung vom 19.01.2011

Zum Alternativantrag der FDP: Die FDP hat vor einiger Zeit, ich glaube im Dezember, eine Kleine Anfrage gestellt zu den Kriterien dieses Landesstraßenbedarfsplans und hat dann die Antwort zur Grundlage genommen, um jetzt einen Alternativantrag zu stellen, in dem die Landesregierung beauftragt wird, die Kriterien, die sie selbst schon in der Antwort auf die Kleine Anfrage dargestellt hat, zur Grundlage für diesen Plan zu nehmen. Das ist natürlich auch eine Art von Parlamentsarbeit. So kann man ein Parlament beschäftigen, aber ich muss sa

(Abg. Dr. Lukin)

gen, das ist nicht unsere Art, wie wir Parlamentsarbeit verstehen. Deswegen lehnen wir diesen Antrag ab. Ich schicke es voraus, auch den der GRÜNEN, denn, meine Damen und Herren, Sie haben Ihren Antrag das erste Mal am 24.09. eingereicht, das ist das ursprüngliche Datum. Es steht in dem Antrag, dass dieser Landesstraßenbedarfsplan bis zum Dezember dieses Jahres, also zum 31.12.2010, vorzulegen wäre. Das ist eine Vierteljahresfrist. Das schaffen wir heute sowieso nicht mehr. Ich könnte es mir ganz einfach machen, den Antrag schon allein deswegen abzulehnen, denn Sie haben sich nicht einmal mehr der Mühe unterzogen, die Fristen hier an das reale Geschehen anzupassen. Ich gehe weiterhin davon aus, diese Vierteljahresfrist steht. In einer Vierteljahresfrist ist das einfach nicht vernünftig zu machen. Auch darauf hat Frau Tasch schon hingewiesen. Ich will es an einem Beispiel festmachen. Sie wollen eine kartographische Darstellung aller Straßenbaumaßnahmen haben in einem Vierteljahr. Wenn ich einmal davon ausgehe, dass wir Neubaumaßnahmen haben, dass wir Ortsumgehungen haben, da brauche ich ein Planfeststellungsverfahren, da brauche ich gegebenenfalls ein Raumordnungsverfahren. Erst dann kann ich eine Karte zeichnen. Wie wollen Sie denn das in einem Vierteljahr realisieren? Gerade Sie als GRÜNE, die sich immer so für Bürgerbeteiligung einsetzen, wollen Sie denn hier in die Auslegung eingreifen, wollen Sie

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Die GRÜ- NEN haben doch keine Ahnung, was …)

die Bürgerbeteiligung einkürzen, die Fristen einkürzen für die Träger öffentlicher Belange. Das ist einfach nicht möglich. Sorry, wenn Sie solche schlechten Anträge hier vorlegen, dann können wir die nur ablehnen. Frau Dr. Lukin, die von Ihnen geforderte Diskussion im Ausschuss, die führen wir ja schon, aber die möchten wir dann doch bitte auf der Grundlage eines qualifizierten Antrags durchführen. Denn selbst diese intensive Diskussion im Ausschuss wäre in dem Vierteljahr nicht möglich. Deswegen lehnen wir den Antrag ab.

Wir haben mit dem Landeshaushalt 2011 weiterhin finanzielle Grundlagen geschaffen. Es gibt ein Programm zur Entwicklung der Landesstraßen, das von 2009 bis 2013 läuft, jährlich mit 35 Mio. € untersetzt ist und im Haushalt 2011 stehen auch 25 Mio. € für den kommunalen Straßenbau zur Verfügung. Das ist angesichts knapper Kassen auch hier einmal herauszustreichen.

Eines, Herr Minister Carius, muss ich aber dann doch in Ihre Richtung sagen: Ich kann nicht verstehen, warum Sie sich gegen die Forderung stellen, dass der Bund auch etwas für die kommunalen Straßen tun soll. Bundes- und Landesstraßen enden nicht an Ortsschildern. Machen wir uns nichts vor, die finanzielle Situationen in vielen Kommunen

ist genauso eng gestrickt wie im Landeshaushalt. Deswegen habe ich noch einmal die Bitte: Denken Sie darüber nach, ob wir nicht hier gegenüber dem Bund das unterstützten, was zum Beispiel auch schon von der SPD-Bundestagsfraktion angestoßen wurde, nämlich ein Programm zur Sanierung der Winterschäden, das auch in den Kommunen greift. Denn die Kommunen mit über 30.000 Einwohnern sind auch für die Instandhaltung und Sanierung der Bundesstraßen zuständig einschließlich Winterdienst. Wir haben das hier oft genug diskutiert. Deswegen würde ich mir wünschen, dass wir noch einmal ins Gespräch dazu kommen. Eine andere Sache, die ich auch nicht so verstehe: Einerseits wollen sie kein Geld vom Bund und andererseits machen sie sich Gedanken, ob der Bund nicht eine PKW-Maut einführen sollte. Ich denke, gerade in den neuen Bundesländern, auch hier in Thüringen, wo wir nach wie vor sehr viele Pendler haben, würde diese Pkw-Maut letztendlich diejenigen treffen, die wir nicht treffen wollen. Ich halte sie für sozial ungerecht und sie wird es mit uns nicht geben.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Als Nächster spricht der Abgeordnete Untermann von der FDPFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Zuschauer auf der Tribüne! Laut Thüringer Straßengesetz ist der Freistaat Thüringen Baulastträger der Landesstraßen und somit rechtlich zuständig für Neu-, Ausbau sowie Ersatz und Erhalt der Landesstraßen. Um dieser Pflichtaufgabe langfristig gerecht zu werden, bedarf es einer zeitnahen Bewertung und Kategorisierung des Straßennetzes.

Liebe Frau Doht, wir springen nicht auf einen Zug auf. Das ist erstens verboten und zweitens bringen wir eigentlich nur unsere eigenen Gedanken ein.

(Beifall FDP)

Wenn Ihnen unsere Gedanken nicht gefallen, können Sie diese ja ablehnen. Das ist Ihnen ja freigestellt. Es gab vor Kurzem eine Aktion, bei der andere auf einen Zug aufgesprungen sind, als es um den Erfurter Flughafen ging. Daran möchte ich Sie nur kurz erinnern. Da war es umgedreht.

(Beifall FDP)

Zeiten knapper Kassen fordern umso mehr, mit Sorgfalt zu bewerten, zu prüfen und zu sondieren welche Straßenbaumaßnahmen Vorrang haben. Im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hört man unterschwellig die Absicht heraus, die sie mit der Erstellung eines Landesstraßenbedarfsplans verfolgen.

(Abg. Doht)

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber unterschwellig.)

Können Sie auch so sagen, ich komme noch darauf. Frau Schubert hat diese Absicht in der Haushaltsdebatte im Dezember ja ausgesprochen; ich denke mal, Verhinderung von weiteren Straßenneubauten ist der Hauptgrund, der hier vorliegt.

(Beifall CDU, FDP)

Das ist nicht unser Anliegen. Ich denke da vor allen Dingen auch an dringend benötigte Umgehungsstraßen. Wie eben schon gesagt, erklären Sie das mal den Leuten, die schon 20 Jahre den Schwerlasttransport vor der Tür haben und 20 Jahre mit dem Lärm, dem Dreck und dem Gestank umgehen müssen.

(Beifall CDU, FDP)

Wer so gnadenlos bei der Unterhaltung und bei Neubauten von Straßen kürzen will, wie Ihre Fraktion es vorhatte - ich hatte es ja schon einmal bemerkt -, dann frage ich Sie: Für was benötigen Sie denn einen Landesstraßenbedarfsplan?

(Beifall CDU, FDP)

Noch eher einen Notfallplan, wie komme ich von A nach B, und das am besten auf dem Radweg - Entschuldigung.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So einfach machen wir es uns aber nicht.)

Die Notwendigkeit und die Zielstellung eines Landesstraßenbedarfsplans legt unser Alternativantrag nochmals dar. Ich stelle in den Raum, dass die meisten von Ihnen mit mir dieser Auffassung sind. Unsere Zielstellungen sind in unserem Antrag klar formuliert und ich möchte nochmals einige herausstellen: die Gewährleistung der Mobilität - zu Recht auch von Frau Tasch schon erwähnt -, die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Thüringen und die Erhöhung der Verkehrssicherheit. Schaut man sich den momentanen Zustand vieler Landesstraßen an, habe ich enorme Bedenken, dass der Fakt Verkehrssicherheit noch gegeben ist. In der Antwort zu unserer Kleinen Anfrage 994 verweist die Landesregierung darauf, dass der Bedarfsplan eine Grundlage für die Mittelfristige Finanzplanung in den Jahren 2015 bis 2025 bildet, und wie die Landesregierung die Finanzen dato und bis 2015 plant? Eine realistische Finanzierbarkeit ist eine weitere Zielstellung unseres Antrags. Frau Tasch, ich muss Ihnen auch sagen, belastbare Zahlen bis 2011 müssten eigentlich vorliegen, denn Zeit hatten Sie eigentlich genug. Sie waren immer in der Regierung, um hier etwas zu tun.

(Beifall FDP)

Die Diskussion zum Thema Straßenbau ist immer brisant. Die Fragen, wann, wo und warum wird ge

rade diese Straße saniert oder gebaut, wann kommt unsere Straße dran, das ist immer aktuell und wird durch diese Belastung der letzten beiden Winter noch bestärkt. Diese Fragen könnte man mit einem angenommenen aktuellen Landesstraßenbedarfsplan transparenter begründen und darstellen.

Ich möchte heute nur ein Beispiel stellvertretend für viele Orte vorstellen: In den letzten Wochen beschäftigte uns das Problem der vorhandenen Verkehrssituation in der Stadt Schalkau, Ortsteil Theuern, wo an einer Engstelle der L 1112 keine Gehwege vorhanden sind. Hier führt der tägliche Schulweg der Kinder über die Limbacher Straße zur Bushaltestelle. Die Kinder leben immer in Gefahr, dass sie durch den Gegenverkehr gefährdet werden. Warum wird unsere Straße nicht saniert, wann bekommen wir im Zuge der Sanierung einen Gehweg, damit unsere Kinder einen sicheren Schulweg haben? So lauteten in den letzten Wochen immer wieder Anfragen, die uns von besorgten Eltern und Anwohnern erreichten. Leider konnte im gestrigen Verkehrsausschuss keine zeitnahe Lösung dieses Problems angeboten werden.

Durch eine Bewertung der Landesstraßen und somit auch der Limbacher Straße und einer Einordnung in einen Bedarfsplan kann man Rede und Antwort stehen. Ich möchte Ihnen vorschlagen, diesen Antrag an die entsprechenden Ausschüsse zu überweisen. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Auf meiner Rednerliste steht Frau Schubert von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Tasch, auch wenn Sie das versuchen, so darzustellen, wir haben nicht überall Dissens, Sie sind weitgehend auf die Schäden eingegangen, die wir auf den Straßen haben. Auch wir von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen, dass wir diese Schäden beheben können, dafür brauchen wir aber auch eine dauerhafte Finanzierung im Haushalt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben mir vorgeworfen, ich hätte noch nie Planung gemacht. Das muss ich auch nicht, das ist nicht unsere Aufgabe als Oppositionsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sondern wir verlangen nur, dass die Landesregierung plausibel macht, was sie in diesem Bereich plant und dass sie die Prognosen, auf der diese Planungen beruhen - ich habe gerade dargestellt, dass man diese durchaus

(Abg. Untermann)

kritisch hinterfragen kann -, neu bewerten - nicht mehr und nicht weniger.

Zu den Ortsumfahrungen, Frau Tasch: Das Bundesverkehrsministerium selber hat die Ortsumfahrungen aus dem Bundesverkehrswegeplan analysiert. Das Ergebnis ist, dass die Hälfte davon 50 Prozent - keine bis geringe Bedeutung hat.

Dazu kann ich Ihnen mehrere Studien nennen, unter anderem auch vom BUND, die versucht haben, zu evaluieren. Dabei kommt heraus, dass in 50 Prozent der Fälle, wenn Ortsumfahrungen gebaut werden, wir nachher mehr Unfälle haben und auch mehr Verlärmung. Das heißt noch nicht, dass die Ortsumfahrungen, die Sie erwähnt haben, sinnlos sind. Im Gegenteil, wahrscheinlich sind das welche, die benötigt werden, aber - und so viel verstehe ich von Planung, Frau Tasch - zu einer Planung und Ausführung gehört am Ende auch die Evaluation. Wo ist die? Wo wird in Thüringen evaluiert, ob sich Ortsumfahrungen tatsächlich gelohnt haben oder ob einige tatsächlich das Gegenteil bewirkt haben? Eine seriöse Planung braucht eben auch die Evaluation.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Aber die GRÜNEN müssen es verstehen wollen.)

Ich bin auch überrascht über Ihre These, Behauptung, dass man der Abwanderung mit mehr Straßen entgegenwirken kann, wenn ich Sie da richtig verstanden habe. Ich glaube, Frau Tasch, über diese Stufe sind wir hinaus bei dem Straßennetz, das wir haben. Wir haben andere Konzepte und, ich glaube, auch bessere für den ländlichen Raum. Wenn man Leute behalten und der Abwanderung entgegenwirken will, dann brauchen wir dauerhafte Arbeitsplätze und das erreicht man zum Beispiel, indem man in erneuerbare Energiestandorte investiert und nicht indem man noch mehr Straßen baut. Straßenbau hat natürlich kurzfristige Effekte, aber keine dauerhaften Arbeitsplätze, das sollte bei Ihnen inzwischen auch angekommen sein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin ja schon froh, dass wir im Parlament endlich darüber reden. Dass Sie von sich aus jetzt sagen, wir müssen die Bürger beteiligen, finde ich ganz toll. Ich nehme Sie da beim Wort, ich habe verstanden, die Landesregierung wird den Landesstraßenbedarfsplan in ein Bürgerbeteiligungsverfahren führen. Ich freue mich darauf. An dieser Stelle haben Sie uns an Ihrer Seite.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass Sie so lange darauf rumreiten, dass wir das mit dem Vierteljahr unterschätzt haben, dass es länger dauert - geschenkt; da können Sie recht haben, wir haben ja auch die drei Monate genutzt, um uns reichlich zu informieren, was alles dazugehört, wenn man die Infrastrukturen in einem Bundesland

plant und umsetzt. Wenn Sie das Datum oben missachten, dann könnte man den Antrag so interpretieren, es geht um Ende dieses Jahres, aber das sind alles Scheindiskussionen. Die Landesregierung muss es uns plausibel machen. Wir sind diejenigen, die am Ende den Haushalt zu verantworten haben. Sie können uns Teilpakete vorlegen, Sie können uns informieren, da sind wir offen, aber wir möchten entsprechend beteiligt werden und möchten die Planungen plausibel erklärt bekommen. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Gibt es weitere Wortmeldungen seitens der Abgeordneten? Das sehe ich nicht. Zu Wort hat sich gemeldet für die Landesregierung Minister Carius. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mich ganz herzlich für die fachkundigen und auch mitunter weniger fachkundigen Beiträge zu dieser Debatte bedanken. Vielleicht geben Sie mir Gelegenheit, ganz kurz zu den...