Protokoll der Sitzung vom 19.01.2011

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das war ja der Punkt.)

Wenn Sie jetzt beispielsweise eine Liste, Herr Kuschel, mit 20 Bewerbern haben und Sie hätte eine Quote - ich sage jetzt mal eine optimale - 50:50, also halbe halbe, dann müssten Sie bei den 20 Bewerbern ja 10 Frauen haben. Ich sage mal, ich gehe da noch ein Stückchen weiter, es ist problematisch, wie Sie dargestellt haben, 10 Frauen zu finden, bei dieser 10 aus 20. Ich gehe noch ein Stück weiter und sage, es ist schon problematisch, überhaupt 20 Bewerber zu finden im kommunalen Bereich. Also diese Situation haben wir mittlerweile auch. Ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern können, als wir hier um die Stichwahlen gestritten haben, da ist es auch zum Tragen gekommen, es gab zum Beispiel bei den letzten Bürgermeisterwahlen in den Gemeinden nicht einmal einen Bewerber. Da konnten die Leute auf den Zettel Namen schreiben. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Das ist natürlich ein ganz großes Problem.

Wir haben ein Problem nämlich damit, dass es immer weniger Leute gibt, die im kommunalen Bereich - Leute, männlich wie weiblich - Verantwortung übernehmen wollen. Das hat viele Gründe. Jetzt gibt es verschiedene Thesen. Ich habe vorhin sechs davon gehört von der Böll-Stiftung. Es gibt bestimmt auch ganz, ganz viele andere Gründe, über die wir auch heute hier diskutieren könnten, dann wird es aber weit nach Mitternacht. Ich glaube aber nicht, dass wir durch ein Gesetz, das die Landesregierung durch eine Prüfung eventuell mit auf den Weg bringen könnte, hier Abhilfe schaffen können, wenn sich einfach nicht genügend Leute finden, die politische Verantwortung übernehmen wollen. Das glaube ich nicht.

Wir Sozialdemokraten sind ein großer Freund der Frauenquote, das hat historische Gründe, das habe ich eben auch schon gesagt. Wir wollen Sie nicht nur, wir haben Sie bereits und wir leben sie auch bereits. Wenn man hier Verbesserungen haben will, das ist meine Meinung, weil der jetzige Zustand tatsächlich nicht befriedigend ist, dann muss man sich eben innerparteilich Gedanken machen, wie man

(Abg. Rothe-Beinlich)

hier diese Partei auch für das weibliche Geschlecht attraktiver macht.

Dieser Prozess innerhalb der Parteien, also diese Debatte, die würde ich doch aber gern parteibezogen zum Beispiel bei mir in der SPD führen, wie Sie bei den LINKEN, wie beispielsweise auch bei den Bündnisgrünen oder bei der CDU. Da brauche ich ich sage es mal sehr salopp, es tut mir leid an die Damen und Herren aus der ersten Reihe - keine Landesregierung dazu. Das ist eine Hausaufgabe, die die Parteien dann eigentlich selber haben und die nicht in irgendeiner Form von der Landesregierung durch einen politischen Druck oder durch ein Gesetz, und ich habe das auch mit dem Parité-Gesetz gehört, dass dort

(Beifall CDU)

in irgendeiner Form Druck ausgeübt werden soll, um da Abhilfe zu schaffen. Deswegen, weil ich glaube, dass die Diskussion mehr zu uns in die eigenen Häuser gehört, in die Parteien gehört, deswegen werden wir diesen Antrag in Punkt II nämlich auch ablehnen. Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU, SPD)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Hitzing von der Fraktion der FDP.

Herr Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, ich habe die dankenswerte Aufgabe übernommen, unseren Verantwortlichen für Gleichstellung zu vertreten und das heute selbst zu machen, weil ich ausdrücklich nicht die Quotenfrau der FDP bin.

(Beifall CDU, FDP)

Aber die Kollegin Rothe-Beinlich hat es vorhin deutlich gesagt, ich bin allein unter Männern und komme damit gut klar. Es ist aber nun mal so, dass es Stellen gibt, an denen Frauen ganz einfach selbst entscheiden, wie sie ihr Leben gestalten. Bei dem hehren Ziel der Frauenförderung, das wir auch ausdrücklich unterstützen, muss es trotzdem möglich sein, eine gewisse Gleichberechtigung auch dahin gehend sicherzustellen, dass eine Quotenregelung nicht möglicherweise in eine gewisse Bevormundung ausartet. Das würde ich absolut ablehnen wollen.

(Beifall CDU, FDP)

Und unter Gleichberechtigung in dem Sinne verstehe ich auch, dass es einer Frau einfach möglich sein muss, zu entscheiden, ob sie sich politisch aktiv betätigen möchte oder nicht. Denn die Möglichkeiten zur Partizipation am politischen Leben, am gesellschaftlichen Leben stehen seit vielen Jahren den Frauen genauso zu wie den Männern. Ich den

ke nicht, dass das Wahlgesetz deshalb geändert werden muss bezogen auf die Festschreibung einer Quote gerade im kommunalen Bereich und auf Landesebene. Was ist denn eigentlich, wenn eine Frau nicht will? Der Herr Abgeordnete Heym hat es eben gesagt, es …

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das ist ganz schlecht.)

Ja, gut, also wenn eine Frau keine Lust dazu hat oder keine Ambitionen, sich als Bürgermeisterin zu bewerben zum Beispiel und wir haben Männer auf der Bewerbungsliste, dann können wir doch nicht deshalb sagen, wir führen jetzt die Wahl nicht durch, weil es keine weibliche Gegenkandidatin gibt. Ich will es mal überspitzt sagen, der Herr Abgeordnete Kuschel hatte das so formuliert. Aus meinem eigenen Erlebniskreis möchte ich Ihnen sagen, in der Gemeinde Friedrichsthal, das ist die Gemeinde, in der ich Bürgermeisterin bin, übrigens nennt sich das tatsächlich Bürgermeisterin - so steht das auf meinem Kopfbogen

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Sehr gut.)

(Beifall DIE LINKE)

bei mir sind die Männer in der Minderheit. Nun stellt sich mir die Frage, muss ich das auch regeln? Ich habe weniger Männer im Gemeinderat als Frauen. Meine Erste Beigeordnete ist - man hört es schon auch eine Frau, ich habe nur zwei Männer von sieben. Das liegt daran, dass in meiner Gemeinde eben mehr Frauen politisch aktiv sind und sein wollen.

(Beifall DIE LINKE)

Aber ich muss eben sagen, das ist Gleichberechtigung in gelebter Art und Weise. Deshalb setze ich jetzt nicht an und versuche, eine Männerquote zu machen. Im Übrigen, wenn wir mal hier in das Parlament schauen, das Präsidium ist natürlich auch so ausgestattet, dass der Kollege Vizepräsident in der Minderheit ist.

(Beifall CDU, SPD)

(Unruhe im Hause)

Ja, die Beileidskundgebungen machen Sie schriftlich, Sie kennen meine Adresse.

Wenn es natürlich um Quotenregelungen innerhalb von Parteien geht, so müssen das die Parteien selbst regeln und auch dann ist es nicht immer einfach. Die FDP hat keine Quotenregelung, wir haben selbstverständlich neben mir noch mehrere Frauen, also so ist das nicht.

(Abg. Hey)

Ich gebe meinen Vorrednern recht, dass die Frauen oftmals weniger sind als die Männer. Das hat aber Gründe. Vielleicht sind es auch einfach die Gründe, die uns Frauen zu eigen sind, dass wir bestimmte soziale Kompetenzen ganz einfach viel besser ausgeprägt haben als Männer.

(Beifall SPD)

Das bedeutet, dass unsere gesellschaftliche und soziale Verantwortung gegenüber der Familie auch einfach größer ausgeprägt ist. Der Mann sagt vielleicht, ich habe einen wichtigen Termin und gehe deshalb, weil meine Frau zu Hause ist. Die Frau sagt, ich habe einen wichtigen Termin, aber ich muss erst mal darüber nachdenken, ob mein Mann mit den Kindern klarkommt.

(Beifall SPD)

Das ist jetzt mal ein bisschen vereinfacht ausgedrückt, aber die sozialen Kompetenzen bei Frauen sind ganz anders ausgebildet als bei Männern. Und das muss ich nicht weiter begründen, das ist einfach schon mal begründet worden.

Frau Abgeordnete, es gibt den Wunsch auf eine Zwischenfrage.

Ich würde gern erst zum Ende kommen und danach.

Am Ende.

Ich bin gleich so weit.

Es sollte meines Erachtens jedem Bürger, jeder Bürgerin dieses Landes freistehen, ob er sich wählen lassen möchte, ob sie sich wählen lassen möchte, wen er oder sie wählen möchte, ohne dass ich auf irgendeine Minderheit schauen muss etc., sondern das sollte der freie Wille sein und Zwangsquoten gehören meiner Meinung nach auch wenig zur Demokratie. Unabhängig von Geschlecht und anderen Merkmalen, ganz einfach gewählt werden zu können oder zu wählen, das ist Ausdruck von Demokratie und andere Dinge nicht.

Man setzt Prioritäten in seinem Leben, das machen Frauen ganz bewusst. Auch, ob sie gesellschaftlich mitarbeiten wollen, ob sie sich in Vereinen engagieren wollen, denn es gibt ja neben der Politik auch noch andere höchst wertvolle Bereiche in unserem gesellschaftlichen Leben, die man besetzen kann.

Ein Wort zum Schluss. Ich glaube, eine Regierung darf nicht bestimmen, wer, wie und ob gewählt wird,

auch wenn es im Grunde genommen gut gemeint ist, aber hier, denke ich, würde das einfach zu weit gehen. Danke schön.

(Beifall FDP)

Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Adams. Ja, stimmt, es kommt erst noch die Zwischenfrage, Frau Leukefeld.

Frau Hitzing, ich hätte zwei Fragen, die erste Frage mehr rethorischer Art: Sie geben mir aber schon recht, dass eine Quote nicht das individuelle Recht beschneidet, zu einer Wahl anzutreten oder sich nicht dafür zu entscheiden? Das wäre die erste Frage.

Die Zweite - Sie haben jetzt eben gesagt, Frauen engagieren sich auch anderweitig: Worin sehen Sie Ursachen, dass Frauen überdurchschnittlich repräsentiert sind im Ehrenamt in den verschiedensten Bereichen, im sozialen Bereich ganz besonders, aber auch in anderen und viel mehr Frauen ehrenamtlich aktiv sind als Männer, das genau aber in der Politik nicht zutrifft? Worin sehen Sie da Ursachen? Das Zeitproblem kann nicht das Entscheidende sein. Das gibt es auch im Ehrenamt, wie kommunalpolitische Arbeit auch ein Ehrenamt ist.

Ihre erste Frage: Sie geben mir aber schon recht, dass die Quote keine Einschränkung der Wahlfreiheit ist - so war sie - individuell. Sie geben mir aber auch recht, dass eine Quote nicht zwanghaft dazu führen muss, dass man innerhalb der Organisation erst dann tätig werden kann, wenn man die Quote erfüllt hat? Ich muss jetzt mit einer Gegenfrage antworten.

(Beifall FDP)

Zur zweiten Frage: Das will ich jetzt einmal ketzerisch beantworten, das ist eine ganz individuelle Sicht der Dinge. Frauen sind, da geben Sie mir sicherlich recht, Frau Kollegin, sehr pragmatisch und wir versuchen auch praktische Lösungen zu finden und schnell auf den Punkt zu kommen, ohne große Blasen zu reden. Da sind wir uns sicherlich einig. Richtig? Okay.

(Unruhe im Hause)

Punkt 1. Deshalb gehen Frauen