Protokoll der Sitzung vom 26.01.2011

Das ist eine Feststellung.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Aber immerhin.)

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt: DIE LINKE: Eine richtige Feststellung.)

Festzustellen ist, dass im Kommunalen Finanzausgleich bereits ca. 22 Mio. € - nicht 20 Mio. €, Frau Kollegin, darauf komme ich gleich noch einmal zu sprechen - nach meinem Kenntnisstand für den Winterdienst berücksichtigt und eingestellt sind. Dies ist Bestandteil der Schlüsselmasse. Es entspricht nicht der Systematik des Finanzausgleichs, dass auf jede Sondersituation, die natürlich vorkommen kann und die wir alle selbst erlebt haben, ständig mit mehr Geld reagiert wird. Mal ist es der harte Winter, dann eine Hochwassersituation, ein anderes Mal Schäden infolge eines Sturms oder großer Trockenheit. Es ist ureigenste kommunale Selbstverwaltung, die Zuweisungen des Landes zielgerichtet und auch zweckentsprechend einzusetzen und gegebenenfalls auch einmal umzuschichten. Der Kommunale Finanzausgleich ist ein Defizitausgleich für die kommunale Finanzkraft. Über 100 Aufgaben des eigenen Wirkungskreises wurden in den Jahren, als wir beim Kommunalen Finanzausgleich umgestellt haben, auf ihre Kosten hin überprüft und entsprechende Finanzströme

festgelegt, die auch jährlich fortgeschrieben werden. Deshalb, sehr geehrte Frau Kollegin, handelt es sich nicht mehr um die 20 Mio. € wie im Jahr 2007, sondern es wurde auch hier eine Kostensteigerung eingerechnet. So sind es im Moment 22 Mio. €, die für die Aufgabe des Winterdienstes im Kommunalen Finanzausgleich enthalten sind. Es wird auch wieder Winter geben, in denen sicher kein Schnee fällt. Da kann man sich die Frage stellen, werden dann die Kommunen sagen, wir brauchen nicht so viel Geld für den Winterdienst, wir geben es dem Land zurück? Das wird wahrscheinlich auch nicht eintreten.

(Beifall FDP)

Die Struktur des Kommunalen Finanzausgleichs, das haben wir hier mehrfach intensiv diskutiert, ist grundsätzlich neu zu ordnen. Meine Fraktion zumindest wird jetzt nicht anfangen, über Einzelmaßnahmen am Finanzausgleich etwas zu ändern, wohl wissend, dass wir insgesamt den Kommunalen Finanzausgleich neu ordnen wollen.

Zu den von Ihnen im Gesetzentwurf genannten Deckungsvorschlägen fehlt aus unserer Sicht die Konkretisierung sowie eine rechtliche Würdigung auf Machbarkeit und Zulässigkeit. Die Steuermehreinnahmen der Kommunen in 2010 und 2011, die ja prognostiziert wurden, sind in Ihrem Gesetzentwurf nicht berücksichtigt, denn auch das müssen wir in unsere Betrachtung mit einbeziehen. Wir haben gesagt, im Landeshaushalt wollen wir die Steuermehreinnahmen zur Absenkung der Nettokreditverschuldung verwenden. Die Kommunen, das sagen auch die Steuerschätzungen aus, werden auch über Steuermehreinnahmen verfügen. Das liegt dann in der kommunalen Selbstverwaltung, wie diese verwendet werden. Man könnte sie auch für die Kosten des Winterdienstes mit einsetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Aktuellen Stunde sind schon einige Zahlen genannt worden. Da ging es natürlich um die Straßenunterhaltung. Das Land gibt insgesamt 206 Mio. € für alle Aufgaben der Straßenunterhaltung aus. Wir erhalten vom Bund unseren Anteil aus der Kfz-Steuer - 230 Mio. €. Somit verbleiben aus dieser Einnahmequelle eigentlich nur noch 24 Mio. € für unsere eigenen Landesstraßen. Auch die 35 Mio. € sind genannt worden, die wir dann dafür ausgeben. Natürlich muss auch auf den Landesstraßen der Schnee weggeräumt werden. Also sehen wir uns auch insgesamt diesen Kosten gegenüber. So verhält es sich auch im Winterdienst wie bei der Diskussion zu den Winterschäden auf Thüringer Straßen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus den vorgenannten Gründen lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

(Abg. Enders)

Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat der Abgeordnete Kuschel von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, die SPD kündigt an - ich warte ja immer noch auf den Antrag „Bund-Länder-Soforthilfeprogramm“, liegt noch nicht vor -, die CDU schiebt die Verantwortung ab und sagt, der Bund ist zuständig. Die FDP will Staat und Kommunen ganz abschaffen über das Steuerrecht und sagt, jeder soll die Ärmel hochkrempeln und soll dann …

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Wer Kom- munen reihenweise abschaffen will, das sind Sie.)

Sie reden doch dann auch noch. Von der Tendenz stimmt das; wer also derart massiv das Gemeinwesen finanziell ausbluten lässt, das läuft auf die Abschaffung des Staats und der Kommunen hinaus. Offenbar wollen Sie, dass dann einige privilegiert sind, die sich einen eigenen Schneeschieber kaufen und die Straßen räumen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Soforthilfe von 25 Mio. € entspricht in etwa dem, was das Land über Bußgelder bei der Überwachung des fließenden Verkehrs einnimmt. Nun haben wir mehrere Juristen in der Landesregierung sitzen; ich halte es sowieso für etwas rechtlich bedenklich, wenn wir Bußgelder im Landeshaushalt als Einnahmen verplanen - in dem Fall 28 Mio. € -, weil das de facto eine Aufforderung an die Verkehrsteilnehmer ist, Verkehrsregeln zu missachten. Wer das nicht macht, ist dafür verantwortlich, dass der Landeshaushalt eine zusätzliche Deckungslücke hat. Im Privatrecht würde man davon sprechen: Aufforderung zu einer Straftat. Das wäre eine interessante Betrachtung für Juristen. Der Innenminister wird das sicherlich in seinem Haus prüfen. Insofern halten wir es für bedenklich, steigende Bußgelder dort zu verplanen. Da sagen wir aber, wenn das schon gemacht wird - und wir wissen das natürlich, die Haushaltssystematik schreibt das vor, da wird der Finanzminister wieder sagen, alles, was an Einnahmen prognostizierbar ist, das schreiben wir rein, dazu gehören auch die Bußgelder -, sind wir der Überzeugung, dann sollte das im System bleiben und da hätte das schon seinen Charme, wenn wir sagen, diese Bußgeldeinnahmen verbleiben im Bereich Verkehr, ohne dass ich da die Kraftfahrer auffordern will, schneller zu fahren. Da würden ein paar Schlaglöcher mehr ausgebessert oder der Winterdienst würde funktionieren. Das stimmt nicht. Wir haben diesen kausalen Zusammenhang einmal hergestellt und wissen natürlich, haushaltssystematisch geht das nicht. Deswegen haben wir eine sehr solide Finanzierung dargestellt. Das war heute schon Gegenstand in der Aktuellen Stunde in

einer Nachfrage. Wir haben also zur Kenntnis genommen, - das war eine der ersten höflichen Verkündung des neuen Finanzministers, er hat dazu noch keinen Beitrag geleistet, hat aber die gute Botschaft überbringen dürfen und das gönnen wir ihm auch, das liegt auch daran, dass wir als LINKE der Landesregierung immer ordentlich Druck machen und dann läuft das schon, man sieht also, wir wirken, sonst wird das nichts - dass wir 451 Mio. € weniger Kreditaufnahme haben. Da blenden wir nicht aus, dass nach wie vor eine Verschuldung da ist, aber das führt natürlich haushaltstechnisch dazu, dass wir in diesem Jahr und in den Folgejahren erst einmal weniger Ausgaben bei den Zinsen haben als geplant. Insofern nehmen wir das finanztechnisch systematisch als Deckungsquelle und müssen damit nicht andere fiskalische Elemente heranziehen, damit reicht es zumindest nicht, unseren Vorschlag aus haushaltstechnischen Gründen abzulehnen. Sie können ihn aus inhaltlichen Gründen ablehnen, aber nicht aus haushaltsrechtlichen Gründen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Lehmann hat nun wieder versucht, uns den Finanzausgleich und die Wirkungsmechanismen zu erläutern. Es ist wieder schiefgegangen. Deshalb werde ich nicht müde und versuche es immer wieder, denn ich habe doch die Hoffnung, dass irgendwann diese Wirkungsmechanismen nicht in einer Art und Weise fehlinterpretiert werden, immer so, wie es gerade passt.

Ich hatte das in der Aktuellen Stunde schon einmal kurz skizziert, wir können uns rausreden wie wir wollen, das Verfassungsgericht hat uns aufgetragen, wir sind für die angemessene Finanzausstattung der Kommunen verantwortlich. Wir fordern natürlich die Kommunen auf, die Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen. Da sind aber die Möglichkeiten der Gemeinden begrenzt. Wir haben den Gemeinden schon alles in Abzug gebracht, was geht. Ich erinnere daran, wir zwingen die Gemeinden im Rahmen des vertikalen Finanzausgleichs, die Hebesätze auf 400 Prozent anzuheben. Wir haben bei der Ermittlung der Finanzausgleichsmasse, also nicht wir, sondern die Landesregierung und die beiden Mehrheitsfraktionen, 26 Mio. € bei der Grundsteuer abgezogen, 92 Mio. € bei der Gewerbesteuer. Wir haben eine sehr große Regelungsdichte, was die Einnahmen aus Verwaltung und Betrieb betrifft. Wir haben auch schon, Frau Lehmann, den Kommunen für 2011 die prognostizierten Steuermehreinnahmen aus der November-Steuerschätzung wieder abgezogen bei der Ermittlung der Finanzausgleichsmasse. Also das können wir nicht zweimal tun, sondern da müssen wir ehrlich sein, wir haben die Kommunen spitzgerechnet und haben sogar, wenn ich die Auftragskostenpauschale heranziehe, das Benchmarking eingeführt, die Korridorbildung. Wir haben damit signalisiert, das Ni

veau der drei besten bestimmt das Ausgabenniveau aller und es gibt keine Erstattungen. Sie wissen, der Innenminister hat einen Erlass über die Kommunalaufsicht bereits an die Gemeinden, Landkreise und Verwaltungsgemeinschaften übersandt, obwohl es noch keine Verordnung zur Auftragskostenpauschale gibt, nicht einmal im Entwurf. Wir haben heute das Kuriosum, dass wir in einem noch folgenden Tagesordnungspunkt erst einmal das Jahr 2010 im Nachhinein abarbeiten. Die Verwaltungsgemeinschaften verlieren 60 Prozent der Auftragskostenpauschale und Sie wissen, wer die Verwaltungsgemeinschaft finanziert - die Mitgliedsgemeinden. Das heißt, diese werden wieder belastet.

Es gibt keine Spielräume mehr in gemeindlichen Haushalten. Die Gemeinden müssen damit hinkommen, was wir ihnen zugestanden haben. Frau Lehmann, ob es jetzt 20 oder 22 Mio. € sind, ob also 9,00 € oder 10,00 € pro Einwohner angesetzt werden, unstrittig ist, dass diese 10,00 € nicht einmal ansatzweise ausreichen, die Kosten des Winterdienstes zu tragen, geschweige denn, die Folgeschäden zu beheben. Wir haben ein Sofortprogramm gemacht - Winterdienst plus Folgeschäden. Weil wir diesen systematischen Zusammenhang hergestellt haben, Frau Lehmann, brauchen Sie auch nicht zu befürchten, dass sich die Kommunen möglicherweise bei einer milden Winterperiode über die besondere Finanzzuweisung reich machen, sondern was sie im Winterdienst nicht ausgeben, werden sie bei der Beseitigung der Folgeschäden brauchen. Die 300 Mio., die heute Nachmittag schon eine Rolle gespielt haben beim gegenwärtigen Bedarf, das sind Zahlen des Gemeinde- und Städtebundes, das haben nicht wir ermittelt. Ich betone das noch einmal, die Argumentation, die der Verkehrsminister hergestellt hat, den Kommunen zu unterstellen, sie sind schluderhaft und gehen sorglos mit ihrem Eigentum um, indem sie einfach die Straßen nicht ordentlich unterhalten, das ist doch ein Vorwurf, der mit der kommunalen Praxis nicht einmal ansatzweise etwas zu tun hat, sondern der Straßenzustand ist genauso wie der Zustand unserer Schulen und der Zustand mancher kulturellen Einrichtung Ausdruck der Finanzkrise unserer Kommunen. Das ist aus meiner Sicht der Fakt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt keine Möglichkeit, dass die Kommunen das allein lösen. Wir brauchen ein Signal. Dafür haben wir einen Vorschlag unterbreitet. Die anderen Fraktionen sind aufgerufen, mit uns gemeinsam darüber zu diskutieren. Wir beantragen die Überweisung jetzt haben wir ein Problem, durch den Zuständigkeitswechsel in der Landesregierung, aber das haben Sie verursacht - an den Haushalts- und Finanzausschuss. Das wird äußerst interessant. Da beraten wir über die haushaltsrechtlichen Aspekte und dann müssen wir im Innenausschuss mit dem In

nenminister beraten über die kommunalrechtlichen Aspekte. Wir haben große Zweifel, ob diese Neuordnung der Zuständigkeit wirklich sinnvoll ist. Wir haben jetzt das erste Beispiel, dass wir in erhebliche Konflikte kommen. Sie können das vielleicht noch im Kabinett abklären, aber zwischen den beiden Ausschüssen wird das wirklich schwierig. Dann sagen die Innenpolitiker der CDU, klärt das im Haushalts- und Finanzausschuss, und die Haushaltspolitiker der CDU sagen, klärt das im Innenausschuss. Die Kommunen sind dann immer so zwischen zwei Ministerien. Wir haben wenig Verständnis für dieses System, sondern das ist klar, Herr Finanzminister, Sie haben die Chance genutzt. Die Landesregierung ist finanzpolitisch derartig miserabel aufgestellt, dass sie Sie nun als Rettungsanker genommen hat und da konnten Sie Bedingungen stellen und der Innenminister, dem fehlt die Hausmacht, sich dagegen zu verteidigen. Er hat die Kommunen auf dem Altar der Machtpolitik der CDU innerhalb der Landesregierung einfach geofpert. So ist das. Jetzt müssen wir das Beste daraus machen. Wir werden Sie weiter ganz genau in die Verantwortung nehmen. Wir werden es nicht hinnehmen, dass Sie die Verantwortung hin- und herschieben, wie Sie das zwischen Bund und Land auch immer machen, und dann noch zwischen der Landesregierung. Die Kommunen sind zum Schluss letztlich die Verlierer.

Wir beantragen die Überweisung an den Haushaltsund Finanzausschuss und an den Innenausschuss. Ich betone es, aus unserer Sicht ist federführend, weil es um eine inhaltliche Frage geht, der Innenausschuss. Da bin ich gespannt, was der Herr Fiedler dazu sagt.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Nur feder- führend Finanzen.)

Ja, jetzt geht es ja schon los. Das ist klar, Sie wollen sich vor dieser kommunalpolitischen Diskussion drücken und weisen das deshalb den Finanzpolitikern zu. Einen Vorteil hat es ja, ich bin in beiden Ausschüssen. Also die Landesregierung kommt nicht umhin,

(Heiterkeit und Beifall DIE LINKE)

mich müssen sie so und so ertragen. Aber Sie werden dafür ja gut alimentiert, das ist in Ordnung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, abschließend auch zu dem Argument, das sicherlich in der Ausschussberatung noch einmal eine Rolle spielen wird, ist es denn verfassungsrechtlich zulässig, eine besondere Finanzzuweisung im Finanzausgleich festzuschreiben? Wir sagen Ja. Auch dort interpretieren wir seit Jahren das Urteil des Verfassungsgerichts völlig unterschiedlich. Das Verfassungsgericht hat aus unserer Sicht die Zulässigkeit von besonderen Finanzzuweisungen unter der Maßgabe bejaht, dass die Finanzausstattung angemessen

ist. Da die Landesregierung behauptet, dass der Finanzausgleich insgesamt angemessen sei, können wir natürlich auch innerhalb des Finanzausgleichs Zweckbindungen vorsehen. Wir schreiben den Kommunen nicht alles vor, sondern sagen, ihr müsst diese 25 Mio. € zweckgebunden für Winterdienst und Straßeninstandsetzung einsetzen, aber die Kommunen haben einen ausreichenden Ermessensspielraum, wo sie konkret diese Mittel zum Einsatz bringen. Insofern schränken wir dort kommunale Selbstverwaltung keineswegs ein, sondern wir eröffnen neue Ermessensspielräume, um kommunale Selbstverwaltung auch mit Leben zu erfüllen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Abgeordneter, ich habe noch eine Anfrage. Haushalt- und Finanzausschuss und Innenausschuss ist von Ihnen beantragt, das wird der Landtag natürlich in seiner Souveränität entscheiden. Es gibt die Regelung hier im Haus, dass Gesetzentwürfe aus der Mitte des Hauses auch an den Justizausschuss sollen. Trifft das Ihr Einverständnis, dass ich das notiere?

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, DIE LINKE: Ja, danke für den Hinweis.)

Danke, also auch Überweisung an den Justizausschuss. Zu Wort hat sich gemeldet der Abgeordnete Meyer von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will mir erlauben, in angemessener Zeit das Thema einmal ein bisschen grundsätzlicher aufzureißen, was hier von der LINKEN so locker mit vier Wochen schlechtem Wetter aufgebracht wird. Das Grundproblem nach meiner Ansicht ist, dass natürlich selbstverständlich nicht nur Kommunen, aber auch und gerade Kommunen davon betroffen sind, dass es atypische Belastungen gibt. Man plant und plant so vor sich hin als Bürgermeister und als Kreistag und dann passieren Sachen, mit denen man nicht gerechnet hat. Das können Überschwemmungen sein, das können Erdfälle sein, harte Winter oder auch Wassermangel, um einmal an den Sommer zu denken; klassische Probleme, die die Kommunen haben und mit denen sie klarkommen müssen, u.a. finanziell. Der Unterschied zwischen diesen atypischen Belastungen liegt darin, dass es einmal ganz simpel gesagt einzelne Gemeinden trifft, mal aber ganze Regionen oder sogar das ganze Land. Bei Einzelfällen, das ist gar keine Frage, braucht es auch Einzelfallhilfe. Da will ich nur an das Thema Erdfälle erinnern, das wird als

Einzelfall zu bezeichnen sein, denn ansonsten müssten wir 60 Prozent des Landes schon vorsorglich mit Geld versorgen, weil dort Erdfallgefahr besteht. Das habe ich mir sagen lassen, das kann nicht Sinn eines Gesetzes oder einer Finanzausstattung sein. Aber alle anderen Sachen, von denen man erwarten kann, dass sie irgendwann kommen werden, gegen die hat jede staatliche und auch unterstaatliche Stelle Vorsorge zu treffen, Und - mit Verlaub gesagt - das tun sie ja auch. Eine Kommune hat sich im Rahmen des Erwartbaren selbst abzusichern. Das tut sie durch Deichbau, durch Regenrückhaltebecken, durch Bebauungsverbot in gefährdeten Bereichen mehr oder weniger erfolgreich. Ich nenne wieder das Thema Erdfälle oder Überschwemmungsgebiete und auch das Vorhalten von Räumtechnik. So weit sind wir, glaube ich, noch d’accord. Aber sie muss es auch finanziell tun. Sie muss eine Haushaltspolitik fahren, die finanzielle Reserven für solche seltenen, aber absehbaren Ereignisse schafft. Und dass Winter einmal hart sein können, das ist zwar selten, aber absehbar, eindeutig. Jeder Kommunalpolitiker wird mir das bestätigen, man rechnet alle fünf bis zehn Jahre mit solchen Wintern und die Erfahrung gibt uns darin ja auch recht. Das haben die Gemeinden übrigens auch getan, Herr Kuschel, das kann man nachweisen, dass die Gemeinden dafür Vorsorge getroffen haben. Das kann man simpel an Zahlen nachweisen. Ich habe einmal in diesem Fall das Statistische Jahrbuch von Thüringen von 2010 zum Thema Schuldenstand bemüht. Das Jahr 1997 und das Jahr 2009 - als Referenzjahre genommen -, das waren die beiden, die am weitesten auseinanderlagen, da kann ich feststellen, dass das Land Thüringen sich nicht so verhalten hat. Das Land Thüringen hat seinen Schuldenstand von 8,2 Mrd. € auf 15,7 Mrd. € erhöht. Das sind 7,5 Mrd. € oder 48 Prozent mehr Schulden. Die Gemeinden hingegen haben sich von 2,95 Mrd. auf 2,35 Mrd. entschuldet. Sie haben 600 Mio. € Schulden weniger,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Weil sie ge- nug von uns bekommen haben.)

und zwar in allen gemeindetypischen Klassen, also kreisfreie Städte, kreisangehörige, Landkreise. Alle haben das gemacht, natürlich nicht alle Kommunen, aber alle Gebietskörperschaftenklassen. Das nenne ich Vorsorge treffen auf finanzielle Art, denn dann haben sie offensichtlich Spielraum.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Weil wir ge- nug gegeben haben.)

Das kann daran liegen, dass Sie die Allokation falsch gemacht haben; Sie hätten ein bisschen mehr beim Land behalten müssen, Herr Fiedler. Das sehe ich auch so. Aber wenn Sie das als Kommunalpolitiker so sehen, dass Sie meinen, dass die Gemeinden zu viel Geld bekommen haben, das

(Abg. Kuschel)

hätten Sie vor zehn Jahren einmal anfangen müssen zu ändern.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Da gebe ich Ihnen uneingeschränkt recht.)

Ich habe irgendetwas falsch gemacht. Man kann also feststellen: In den letzten 12 Jahren haben die Gemeinden und Kreise gut gewirtschaftet und sich entschuldet. Das Land hat seine Schulden um die Hälfte erhöht. Wie sollen also die Lasten eines strengen Winters gerecht zwischen Bund, Land und Kommunen verteilt werden? Welche 25 Mio. € sollen denn an anderer Stelle im Landeshaushalt gespart werden? Denn dass es nicht darum geht, mögliche Nichtausgaben dafür einzusetzen, wie z.B. ersparte Zinsen oder mögliche noch nicht absehbare Mehreinnahmen, sondern dass die dafür sorgen müssen, dass die Schulden heruntergehen, darüber waren wir uns in diesem Hohen Haus vor Monaten auch schon einmal einig, übrigens auch mit der LINKEN zusammen. So geht es nicht! Da muss man schon den Mut haben und sagen, 25 Mio. € gehen in den Innenbereich irgendwo anders weg. Das tun Sie aber nicht.

Unser Vorschlag könnte wie folgt aussehen: Wir konkretisieren die gesetzliche Pflicht für die Kommunen, die übrigens meiner Ansicht nach, Herr Kuschel, einen ganz anderen Hintergrund haben, als Sie das gerade suggeriert haben. In Ihrer Begründung schreiben Sie, die Gemeinden wurden zur Erbringung des Winterdienstes verpflichtet, ohne dass die damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen bei der Ermittlung des angemessenen Finanzbedarfs angemessen berücksichtigt wurden. Falsch - die Reinigung der Straßen ist ein Grundbestandteil kommunaler Selbstverwaltung und Selbstidee. Deshalb gibt es Kommunen. Vom Nachtwächter, der dafür gesorgt hat, dass man keine Feuersbrunst hatte über das Thema Besetzung der Stadtmauern bis hin zur Sauberkeit in den Straßen, das wollen die Kommunen und dafür erheben sie auch eigene Einnahmen. Das ist genau der Grund, warum die Kommunen selbstständig sind, dafür brauchen sie nicht das Land. Wenn ich Bürgermeister wäre, würde ich Ihnen das um die Ohren schlagen. Das ist eine Sache, die die Kommunen auf jeden Fall selber machen können, das ist Basis der kommunalen Selbstverwaltung und das werden sie immer tun, egal wie viel das Land gibt und das ist auch richtig so.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Entweder sei es dadurch, dass die Bürger selber den Schnee und den Dreck fegen oder indem sie es über eine Umlage machen. Aber das zu behaupten, dass das nur geht, wenn das Land hilft, ist eine dermaßen staatsfixierte Idee, die jeder kommunalen Selbstverwaltung Hohn spricht. Da verstehe ich echt nicht, warum Bürgermeister zu Ihnen kommen und sich bei Ihnen Rat holen, ehrlich nicht.

(Beifall CDU)

Deshalb vielleicht in diesem Zusammenhang ein Vorschlag dazu: Wir könnten darüber nachdenken und das ist auch an die Politik der CDU gerichtet -, die gesetzliche Pflicht, die natürlich auch bei den Kommunen dahintersteht, dadurch zu konkretisieren, dass die Standards für die Erfüllung der Räumpflicht und der Sauberkeit flexibler gehandhabt werden. Ich will mal als Stichwort sagen, das Thema weiße Straßen abseits von Steigungen und Hauptverkehrswegen: Wenn man absehen kann, und heutzutage kann man fünf Tage im Vorhinein absehen, wie das Wetter mit relativ großer Sicherheit für eine Region wird, das ist ja Gott sei Dank bei der Meteorologie - Herrn Kachelmann und sonst wem sei Dank - möglich,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: … nicht Ka- chelmann.)