Protokoll der Sitzung vom 27.01.2011

Ich muss trotzdem auch noch mal in Richtung des Kollegen Ramelow sagen, ich wollte gerade nicht, dass wir heute hier nun die ganzen Dinge wieder anfangen mit Stasi und Ähnlichem, aber ich bin schon auch als Vorsitzender der PKK, denke ich, mit gefordert, dass ich das wirklich ausdrücklich zurückweise, dass dort in irgendeiner Form Dinge vielleicht vertuscht werden. Ich kann nur sagen und mittlerweile ist ja dankenswerterweise auch ein Kollege von

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Ich habe das in der Zeitung gelesen.)

Ihnen mit drin, was ich ausdrücklich begrüße -, alles, was wir machen können, wird untersucht, wird geprüft. Sie wissen auch, dass wir Ihren Fall intensiv geprüft und uns haben auf den Tisch legen lassen und, und, und. Sie wissen auch - ich will noch mal ausdrücklich darauf hinweisen -, dass die Koalition - natürlich ist auch mal der Kollege X oder Kollege Y wutschnaubend aufgesprungen, ich mit, aber im Interesse des Parlaments, um zu sagen, du Landesregierung, ihr habt uns zu liefern, wir sind die Kontrolleure. Das haben wir durchgesetzt und wir werden es verschärfen. Im Koalitionsvertrag steht drin, dass wir das auf den Weg bringen; wir werden auch die Rechte der Abgeordneten dort noch verstärken. Aber pauschal zu sagen, dass da nun irgendwelche Schlapphüte losgelöst irgendwo durch die Gegend ziehen, das kann ich nur zurückweisen.

Das Zweite ist: Sie haben natürlich zu Recht gesagt, Kollege Ramelow, dass natürlich in den zurückliegenden Jahrzehnten bei vielen Dingen weggeschaut wurde, ob Auschwitz, Buchenwald. Das

(Abg. Bergner)

ist mehr wie bedauerlich, aber es war so. Wir können nur die junge Generation dazu bringen - und dafür sind ja auch solche Programme mit da und andere -, dass sie wissen, was dort eigentlich passiert ist. Deswegen bin ich froh, dass wir heute Nachmittag - also froh nicht im Sinne von jubeln bei Topf & Söhne sind und auch dort der Opfer gedenken. Ich weise aber auch noch darauf hin - es liegt eine Weile zurück -, was auch an Gewalt in der Neuzeit passiert ist - es ist noch nicht so lange her mit Molotowcocktails usw., auch gegen die Polizisten, die vielleicht eine ganz andere Meinung hatten. Da haben auch noch linksextreme Kräfte mit Molotowcocktails und einigem gearbeitet. Das sollte man auch mit bedenken. Ich glaube, wir sind uns einig, egal, welche Gewalt, Gewalt lehnen wir ab in dem Hohen Hause. Das muss das A und O sein.

(Beifall CDU, SPD)

Wenn wir in diese Richtung gemeinsam marschieren, denke ich, werden wir den Extremismus von Rechts - ich sage ausdrücklich, das ist der Hauptgesichtspunkt, weil das einfach so menschenunwürdig und verachtend ist.

(Beifall im Hause)

Ich kann mir keinen vorstellen in dem Hohen Hause, der da anderer Meinung ist. Aber, jetzt kommt das „aber“, uns war wichtig und wir haben da einen Kompromiss gefunden, dass auch wir nicht den Linksextremismus, der auch von Personen gesteuert, gewaltbereit ist, vergessen und genauso mit in den Blick nehmen. Ich denke, das ist legitim.

(Beifall CDU, SPD)

Die Zahlen sind alle genannt worden. Da muss man jetzt nicht das eine mit dem anderen aufwiegen. Das ist überhaupt nicht unsere Aufgabe. Das wollen wir auch gar nicht, aber auch das muss mit im Blick behalten werden.

Mit dem Wegschauen, das wollte ich noch mit anfügen, auch zu DDR-Zeiten haben sehr viele bewusst oder unbewusst weggeschaut, wenn die Stasi aktiv war, Leute von der Straße weggefangen hat, das haben die auch mitbekommen im Umfeld, da wurde vielleicht getuschelt, aber es hat sich keiner getraut, sich einzumischen. Da gab es welche, die dem Apparat sehr nahe waren und mitgearbeitet haben, ob ehrenamtlich oder hauptamtlich, ich verurteile beides - ganz klar. Deswegen kann ich schon die eine oder andere Aufwallung verstehen. Aber, ich denke, es geht heute und hier, dazu sollten wir uns bekennen, darum, dass wir gemeinsam nach außen zeigen, wir wollen keinen braunen Mob, wir wollen auch keinen linksextremen Mob, wir wollen, dass hier in dem Lande Ordnung und Sicherheit herrschen und dass wir ausschließen, dass so etwas nicht wieder passiert. Darum werde ich bei den einen oder anderen Dingen meine Stimme dem

Programm geben und rufe auch die anderen auf, zuzustimmen.

(Beifall CDU, SPD)

Danke, Herr Abgeordneter Fiedler. Die Rednerliste ist erschöpft. Ich schaue noch einmal in die Runde. Das ist so. Ich schließe deshalb die Debatte.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Entschließungsanträge der Fraktion DIE LINKE. Wir beginnen mit dem Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/2217. Dass Ausschussüberweisung beantragt worden ist, habe ich nicht gehört, also stimmen wir direkt über diesen Antrag ab. Wer dem Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/2217 zustimmt, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das ist Zustimmung bei der Fraktion DIE LINKE und vereinzelte Zustimmung bei der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt gegen den Antrag? Gegenstimmen bei den Fraktionen der SPD, der CDU und der FDP. Wer enthält sich der Stimme? 1 Enthaltung aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist zunächst der Entschließungsantrag abgelehnt.

Herr Abgeordneter Höhn.

Herr Präsident, ich möchte nach § 45 der Geschäftsordnung eine persönliche Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten abgeben.

Tun Sie dies.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe gegen den eben abgestimmten Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE gestimmt, weil ich zum einen von einer Fraktion, in der nach wie vor ehemalige Stasispitzel in ihren Reihen zu finden sind, keine Belehrungen zum Thema Gesinnungsschnüffelei brauche.

(Beifall CDU, SPD)

Gleichwohl, liebe Kolleginnen und Kollegen, spreche ich mich entschieden gegen die sogenannte Extremismuserklärung aus.

(Beifall FDP)

Diese wird von der Bundesfamilienministerin Schröder von allen Trägern, die sich in diesen Initiativen engagieren, verlangt. Mit dieser sogenannten Extremismuserklärung werden Initiativen gegen den Rechtsextremismus unter einen Generalverdacht

(Abg. Fiedler)

gestellt. Es wird den Trägern abverlangt, sogar bei ihren Partnern regelrecht Gesinnungsschnüffelei zu betreiben. Diese Grenze, ja, meine Damen und Herren, ist nach meiner Auffassung in diesem Papier der Bundesregierung deutlich überschritten.

(Beifall SPD)

Ich betone es ausdrücklich, Grundlage demokratischen Engagements ist Vertrauen, nicht Misstrauen an dieser Stelle. Die verlangte Erklärung schadet der demokratischen Auseinandersetzung und fördert Willkür gegenüber den politisch Engagierten. Das darf nicht sein, vor allem nicht hier bei uns in Ostdeutschland, um das ganz deutlich zu sagen.

(Beifall SPD)

Ich unterstütze ausdrücklich das entschiedene Vorgehen unserer Thüringer Sozialministerin Heike Taubert gegen die von der Bundesregierung verlangte Erklärung, was sie auch am gestrigen Tag öffentlich dokumentiert hat.

(Beifall SPD)

Ich unterstütze zugleich den Antrag unserer SPDBundestagsfraktion, der unter dem Titel „Demokratieinitiativen nicht verdächtigen, sondern fördern Bestätigungserklärung im Bundesprogramm streichen“.

Ich denke, meine Damen und Herren, damit wird deutlich, dass alles Notwendige veranlasst wird, um gegen die unangebrachte und schädliche Extremismuserklärung vorzugehen und die Thüringer Projekte nicht zu gefährden. Ich sichere allen zivilgesellschaftlichen Initiativen die Unterstützung der SPD-Fraktion zu. Gerade Sie sorgen für eine lebendige demokratische Kultur in unserem Land. Gehen Sie davon aus, dass diese Erklärung von all meinen Mitgliedern der SPD-Fraktion getragen wird. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Frau Rothe-Beinlich, möchten Sie auch eine Erklärung abgeben zu Ihrem Abstimmverhalten?

Der Tagesordnungspunkt ist ja noch nicht abgeschlossen.

Wir befinden uns in der Abstimmung.

Namens meiner Fraktion beantrage ich, den Antrag, den die Fraktion DIE LINKE eingebracht hat, als Entschließungsantrag mit minimalen Änderungen zur Abstimmung zu stellen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich unterbreche die Sitzung für 5 Minuten, um geschäftsordnungsmäßig sicher abzuklären, wie wir jetzt mit diesem Sachverhalt umgehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich setze die unterbrochene Plenarsitzung fort.

Wir haben uns mit dem Juristischen Dienst der Landtagsverwaltung besprochen. Dieser Antrag der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist zulässig.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich verlese jetzt den Antragstext.

Die Überschrift des Antrags lautet:

„Keine Extremismuserklärung in Thüringen.

Die Landesregierung des Freistaates wird aufgefordert, gegenüber der Bundesregierung für die Rücknahme der sogenannten Antiextremismusklausel im Rahmen des Bundesprogramms ‚Toleranz fördern Kompetenz stärken’ Sorge zu tragen, in Thüringen die geförderten Projekten abverlangte Erklärung an die Letztempfänger bei gleichzeitiger Sicherstellung der Finanzierung der Projekte nicht weiterzugeben.“

Eine Begründung dieses Antrags gibt es nicht.

Herr Abgeordneter Höhn.

Herr Präsident, ich möchte der Feststellung vom Präsidium ausdrücklich widersprechen. Nach meiner Auffassung widerspricht das dem Grundsatz der Unverrückbarkeit von Parlamentsbeschlüssen. Um den Sachverhalt zu klären, bitte ich nach Geschäftsordnung um Unterbrechung der Sitzung für 30 Minuten.