Protokoll der Sitzung vom 28.01.2011

(Abg. Wucherpfennig)

gen in der Lage sein, seine Daseinsvorsorgeverpflichtung zu erfüllen. Andernfalls verlieren nämlich die Bürgerinnen und Bürger ihr Vertrauen in ein Verkehrssystem, auf das sie angewiesen sind, sei es, um zur Arbeit zu kommen, Kindergärten und Schulen zu erreichen oder um sich mit Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs zu versorgen. Gleichwohl können bei solchen extremen Witterungsbedingungen auch bei umfangreicher Vorsorge und Vorbereitung nicht alle Verkehrsbehinderungen vermieden werden. Im Rahmen der Aktuellen Stunde hatte ich bereits ausgeführt, dass das Winterwetter insbesondere im Schienennah- und Schienenfernverkehr zu erheblichen Problemen geführt hat. Es gab zahlreiche Verspätungen und auch Zugausfälle. Die Gründe sind vielschichtig. Die Ursachen reichen von vereisten Oberleitungen, Schneeverwehungen, ausgefallenen Weichenheizungen und Stellwerksstörungen, bis hin zu Ausfällen von Triebwagen und Störungen bei den Heizungen. Hinzu kamen Probleme bei der Information über Verspätungen und Zugausfälle. Das ist leider so.

Die Länderverkehrsminister haben umgehend reagiert und am 10.01.2011 eine Sonderverkehrsministerkonferenz einberufen. Vertreter der Bundesregierung und der Vorstandsvorsitzende der DB AG Dr. Grube mussten sich zu den Vorkommnissen erklären. Es wurden Versäumnisse in der Vergangenheit eingeräumt und Maßnahmen angekündigt, um kurz- und langfristig Abhilfe zu schaffen. Die Länderverkehrsminister haben die Bundesregierung aufgefordert, gemeinsam mit der DB AG eine Fehleranalyse durchzuführen und die Gründe für die aufgetretenen Störungen der vergangenen Wochen sowohl quantitativ als auch qualitativ zu analysieren. Die Verkehrsminister erwarten einen Maßnahmekatalog von kurz- und mittelfristigen Aktivitäten, um schnellstmöglich systemimmanente Störungen zu beseitigen, so dass der vorgesehene Fahrplan mit den vorgesehenen Fahrzeugen eingehalten werden kann. Ich glaube, die rechtliche Struktur der Bahn ist jedenfalls keine systemimmanente Störung.

Mit Nachdruck haben wir darauf hingewiesen, dass eine sachgerechte Reservevorhaltung in den Bereichen der Infrastruktur, der Fahrzeuge, der Werkstätten und des Personals für die Gewährleistung einer angemessenen verkehrlichen Qualität unabdingbar ist. Schließlich - und auch in diesem Punkt war ich mir mit meinen Länderkollegen einig - ist es erforderlich, dass die hierfür erforderlichen finanziellen Mittel unverzüglich bereitgestellt werden müssen. Sollte dies nicht möglich sein, ist es nur folgerichtig, hierfür den Einsatz der bei der DB AG anfallenden Gewinne zu fordern. Bereits Anfang April 2011 steht das Thema deswegen auch erneut auf der Tagesordnung. Bis dahin erwarten wir aller

dings auch Vorschläge eines langfristigen Konzepts.

Unabhängig von diesen aktuellen Ereignissen ist die Landesregierung stets engagiert, die landesspezifischen Interessen gegenüber dem Bund und der DB AG geltend zu machen. Dies geschieht sowohl auf politischer als auch auf der fachlichen Ebene. Denken Sie nur an die regelmäßig stattfindenden Bahngipfel und die erst kürzlich stattgefundenen Spitzengespräche in Weimar sowie die mindestens ebenso wichtige Zusammenarbeit auf der Fachebene. Gerade hier hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine positive Zusammenarbeit mit der Bahn entwickelt. Hierfür möchte ich mich an dieser Stelle auch ausdrücklich bedanken.

Nun komme ich zur konkreten Situation in Thüringen. Das Land hat als Aufgabenträger die Verantwortung für die bedarfsgerechte Bestellung des Schienenpersonennahverkehrs. Die konkrete Leistungsbestellung und Überwachung der durch die Eisenbahnverkehrsunternehmen zu erbringenden Leistungen ist der Nahverkehrsservicegesellschaft NVS Thüringen GmbH übertragen. Diese hat für den Schienenpersonennahverkehr ermittelt, dass in den Monaten November und Dezember 2010 witterungsbedingt insgesamt ca. 72.300 Zugkilometer nicht erbracht wurden. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2010 waren es 135.000 Zugkilometer. Das entspricht 2 bzw. 0,6 Prozent der insgesamt bestellten Leistungen. Die Eisenbahnverkehrsunternehmen haben sich bemüht, für die ausgefallenen Leistungen Schienenersatzverkehr zu organisieren. Insbesondere an den Tagen mit starken Schneefällen war dies nur eingeschränkt möglich, weil die Busunternehmen aufgrund der Witterungsverhältnisse die Aufträge in der Regel nicht angenommen haben. Bei der Analyse der eingetretenen Zugausfälle hat sich gezeigt, dass Trassen- und Fahrzeugstörungen die Hauptursachen waren. Etwa 70 Prozent der witterungsbedingten Zugausfälle sind von den Infrastrukturbetreibern zu verantwortende Trassenstörungen, z.B. aufgrund von Schneeverwehungen, Weichenstörungen oder Bäumen im Gleis. Hiervon waren insbesondere folgende Strecken betroffen: Saalfeld-Lobenstein-Blankenstein an 10 Tagen, die Strecke Saalfeld-Lichtenfels an 5 Tagen, die Strecke Gera-Mehltheuer-Hof an 4 Tagen und Gotha-Gräfenroda an 3 Tagen.

Die zweithäufigste Ursache für witterungsbedingte Ausfälle waren Fahrzeugstörungen. Hier gab es verstärkt Probleme beim Kuppeln der Fahrzeuge, mit vereisten Türen und eingefrorenen Bremsen. Die Folge war, dass die Fahrzeuge nicht in der geforderten Bespannung fuhren und es zu Einschränkungen bei den Platzkapazitäten kam. Die Probleme traten vor allen Dingen bei der DB Regio AG auf. Im Dezember verkehrten ca. 7 Prozent der Züge der Linien Regionalexpress 1 Göttingen-ErfurtChemnitz-Zwickau, Regionalexpress 2 Erfurt-Saal

(Minister Carius)

feld, Regionalexpress 3 Erfurt-Altenburg, Regionalexpress 7 Erfurt-Würzburg und Regionalbahn 21 Weimar-Gera mit einer geringeren Anzahl Triebwagen als bestellt. Besonders betroffen war die Regionalbahnlinie 21 Weimar-Gera. Trotz Einsatz aller Reservefahrzeuge der DB Regio AG konnten Minderbespannungen allerdings nicht verhindert werden, da neben den bereits genannten witterungsbedingten Fahrzeugschäden vermehrt Fahrzeuge durch Unfallschäden nicht einsatzfähig waren. Auf der Strecke Fröttstedt-Friedrichroda verkehrten an fünf Tagen im Dezember anstatt der Züge Busse im Schienenersatzverkehr.

Mit Blick auf die aufgetretenen Probleme hat die Landesregierung von der DB Regio AG ein Konzept zur Verbesserung der Pünktlichkeitssituation und der Fahrzeugverfügbarkeit eingefordert. Dieses Konzept wurde am 23. Dezember übergeben. DB Regio Thüringen schildert darin dezidiert die Ursachen und sagt verschiedene Maßnahmen, wie z.B. zusätzliche Werkstatt- und Personalkapazitäten, zusätzliche Fahrzeugreserven sowie tägliche Abstimmungsrunden zwischen Verkehrs- und Infrastrukturunternehmen zu. Die Landesregierung wird die DB Regio Thüringen parallel zu den bundesweiten Aktivitäten der Bahn anhalten, dieses Konzept schnellstmöglich umzusetzen, um künftig die Probleme bereits im Vorfeld zu entschärfen.

Im Rahmen der laufenden Gespräche zwischen der DB Regio AG und meinem Haus findet eine Auswertung der Vorkommnisse statt. Gleichzeitig arbeiten wir an weiteren Vorschlägen für Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung solcher Störungen. Unabhängig davon werden auf Basis der Regelungen in den Verkehrsverträgen für die eingetretenen Qualitätsmängel und Zugausfälle finanzielle Sanktionen gegenüber den Verkehrsunternehmen geltend gemacht. Allein für die Monate November/ Dezember werden mehr als 770.000 € zurückgefordert. Dies zeigt, dass Zugausfälle, Verspätungen und Qualitätsmängel nicht ohne Konsequenzen bleiben. Das gilt selbstverständlich auch für die Kunden selbst, die ihrerseits Entschädigungsansprüche geltend machen können.

Ich stimme Ihnen zu, dass dies die Beeinträchtigungen nicht ungeschehen macht. Es führt aber dazu, dass die Eisenbahnverkehrsunternehmen schon aus rein betriebswirtschaftlichem Kalkül heraus ein Interesse an einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung haben.

Zur aktuellen Situation so viel: Die Fahrzeugverfügbarkeit hat sich weitgehend normalisiert. Gleiches gilt für die Bespannungssituation. Auch hier konnten zwischenzeitlich spürbare Verbesserungen erreicht werden.

Lassen Sie mich nun zu den Schwerpunkten der Landesregierung bei der Entwicklung der Infrastruktur in Thüringen kommen. Wie Sie wissen, liegt die

Verantwortung für den Bau und die Unterhaltung der Schieneninfrastruktur beim Bund. Gleichwohl versucht die Landesregierung, landesspezifische Interessen gegenüber dem Bund und der Bahn geltend zu machen. Daneben unterstützt das Land Infrastrukturprojekte der Bahn auch finanziell im Rahmen der Förderung nach dem ÖPNV-Investitionsprogramm. So soll z.B. auch der weitere Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung mit 2 Mio. € gefördert werden. Wie Sie wissen, ist es gelungen, die Mitte-Deutschland-Verbindung als Projekt des Bedarfsplans Schiene weiterhin zu verankern. Die Mitte-Deutschland-Verbindung ist jetzt im Bedarfsplan Schiene eingeordnet in den Vordringlichen Bedarf, das sind punktuelle Restleistungen der ersten Baustufe, die Gesamtkosten von ca. 310 Mio. € umfasst, und den Weiteren Bedarf mit neuem Projektzuschnitt, das ist die zweite Baustufe, der zweigleisige Ausbau zwischen Weimar bis Gera und der Elektrifizierung zwischen Weimar bis Gößnitz, Kostenumfang ca. 300 Mio. €. Gegenwärtig kommt es darauf an, eine sofortige Finanzierungszusage des Bundes für das sogenannte 50-Millionen-Euro-Paket zu erreichen. Der zweigleisige Ausbau der 17,4 km langen Streckenabschnitte Weimar-Großschwabhausen und Neue Schenke-Stadtroda sowie der Aus- und Umbau der Verkehrsstationen Jena West und Göschwitz haben aufgrund der bekannten massiven Kapazitätsprobleme höchste Priorität. Nach Umsetzung des 50-Millionen-Euro-Pakets steigt der zweigleisige Streckenanteil der 68 km langen Strecke Weimar-Gera auf ca. 80 Prozent, im Streckenabschnitt Weimar-Göschwitz auf 100 Prozent. Damit wäre die infrastrukturelle Voraussetzung für die vorgesehene zusätzliche Zugbestellung erfüllt.

Nach Auskunft des Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn AG für den Freistaat Thüringen können die Planungen in 2011 abgeschlossen werden. Somit könnte nach Ausschreibung und Vergabe im Laufe des Jahres 2012 gebaut werden. Hierfür sind die Freigabe der Bundesmittel und der Abschluss einer entsprechenden Finanzierungsvereinbarung mit der Deutschen Bahn unabdingbare Voraussetzungen.

Daneben hat selbstverständlich auch der zügige Abschluss des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit 8, der Bau der ICE-Trasse Berlin-Erfurt-Nürnberg höchste Priorität. Hier stehen wir vor der Herausforderung, alle Landesteile optimal an die Hochgeschwindigkeitstrasse anzubinden. Der Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung ist hierfür einer der ganz wichtigen Bausteine; andere haben wir bereits in der Vergangenheit erledigen können.

Schließlich gibt mir der vorliegende Antrag auch Gelegenheit, mit einem Missverständnis aufzuräumen. Hier handelt es sich um die Mär, dass ein Zurück zur Staatsbahn das Allheilmittel bei der Bewältigung der aktuell auftretenden Probleme ist. Eine

(Minister Carius)

solche Forderung, meine Damen und Herren, fügt sich sicher nahtlos in die von der Bundesvorsitzenden der antragstellenden Fraktion geäußerten Kommunismusthesen ein. Ich bin jedoch ein entschiedener Gegner davon, die in weiten Teilen funktionierende Eisenbahninfrastruktur in Deutschland als ein Pilotprojekt für „neue Wege zum Kommunismus“ dem Verfall preiszugeben.

(Beifall CDU)

Offenbar haben diejenigen, die so etwas fordern, nicht wahrgenommen, welche Entwicklung die DB AG seit 1994 genommen hat. Der Bahn ist es bei aller Kritik durchaus gelungen, sich zu einem modernen und wettbewerbsorientierten Dienstleistungsunternehmen zu entwickeln, in dem sich die Beförderungssubjekte zu wirklichen Kunden entwickelt haben, die im Wettbewerb zu anderen Verkehrsträgern stehen.

Was das Ziel und die Fortführung der im Jahr 1994 begonnenen Bahnreform angeht, gehe ich davon aus, dass das gilt, was im Koalitionsvertrag der Koalitionsparteien CDU/CSU und FDP steht: Sobald der Kapitalmarkt es zulässt, soll eine schrittweise ertragsoptimierte Privatisierung der Transport- und Logistiksparten eingeleitet werden. Anzeichen dafür, dass dies kurz oder mittelfristig der Fall ist, liegen jedenfalls derzeit nicht vor. Demgegenüber sollen die Infrastruktursparten, wie Netz, Bahnhöfe und Energie, aus guten Gründen eben nicht privatisiert werden, weil sie im Zusammenhang mit der staatlichen Infrastrukturverantwortung stehen. Auch unser Vorschlag, die Ergebnisse und Erträge der DB Netz AG wieder in das Schienennetz zurückfließen zu lassen, geht in die richtige Richtung.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung wird sich auch zukünftig auf politischer und fachlicher Ebene für eine verbesserte Aufgabenerfüllung der Bahn einsetzen. Einer entsprechenden Aufforderung des Landtags an die Landesregierung, wie in Ziffer 2 des Antrags formuliert, bedarf es nicht. Ich empfehle daher, Ziffer 2 des Antrags abzulehnen. Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Danke, Herr Minister Carius. Wird die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer 1 des Antrags gewünscht? Ja. Auf Wunsch aller Fraktionen eröffne ich die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer 1 und gleichzeitig die Aussprache zu Nummer 2 des Antrags. Das Wort hat Frau Abgeordnete Doht für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, über die aktuellen Probleme der Bahninfrastruktur haben

wir bereits gestern in der Aktuellen Stunde diskutiert. Ich möchte es mir aufgrund der fortgeschrittenen Zeit auch ersparen, das alles noch mal zu wiederholen. Herr Minister Carius ist ja auch schon darauf eingegangen.

(Beifall CDU, SPD)

Nichtsdestotrotz ist es Ziel der Koalitionsfraktionen, so viel Verkehr wie möglich auf die Schiene zu verlagern, dafür ist auch eine entsprechende Infrastruktur nötig. Deswegen haben sich die Koalitionsfraktionen auch für den zweigleisigen elektrifizierten Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung entschieden. Ich habe gestern bereits darauf hingewiesen, dass wir hier nicht das Heft des Handelns in der Hand haben, sondern dass es letztendlich Sache des Bundes ist, wie dieser Ausbau weitergeht. Nichtsdestotrotz werden wir uns alle sowohl auf Fraktionsebene als auch auf Regierungsebene gegenüber dem Bund dafür einsetzen, dass dieser Ausbau vonstatten geht und die Baumaßnahmen hier möglichst schnell abgeschlossen werden, denn diese Baumaßnahmen sind letztendlich auch Voraussetzung dafür, dass wir im Schienenpersonennahverkehr auf dieser Strecke zusätzlich Züge einsetzen können. Das ist momentan aus Kapazitätsgründen nicht möglich. Wir brauchen hier insgesamt ein verdichtetes Schienenpersonennahverkehrsangebot und deswegen ist der Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung für uns auch vorrangig. Aber wir brauchen auch ein gut vertaktetes Angebot in alle Landesteile. Ich hatte es auch gestern schon mal gesagt, wir stehen dafür, dass die ICETrasse fertiggebaut wird, dass wir mit dem Hochleistungsknoten Erfurt dann aber auch die entsprechenden Regionalverkehrsangebote in die Regionen schaffen. Hier bewegen wir uns auch in dem Rahmen, was die Jenaer in ihrer Erklärung z.B. zur Saaletalbahn gefordert haben. Wir wollen hier auch nach Fertigstellung der ICE-Strecke ein adäquates Fernverkehrsangebot, wir wollen die Vertaktung in die Fläche letztendlich bis hinunter zum StraßenÖPNV. Dies ist natürlich ein Programm, was man nicht in einem Jahr Regierungsverantwortung abarbeiten kann. Das wird sicher noch einige Zeit benötigen, aber der klare Wille beider Koalitionspartner ist hier vorhanden.

Neben der Gleisinfrastruktur wird es auch darum gehen, künftig die Bahnhöfe und Haltepunkte weiter zu verbessern. Wir haben das Bahnhofsverschönerungsprogramm fortgeschrieben und auch die entsprechenden Mittel hierfür eingestellt. Es ist aus meiner Sicht auch ein ganz wichtiger Faktor, damit die Leute die Bahn nutzen, entsprechende Zugangsvoraussetzungen zu schaffen.

Zu Punkt 2 des Antrags: Die Bundesregierung hat sich in der letzten Legislaturperiode sehr intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, wie auch angesichts des geplanten Börsengangs die in Artikel 87

(Minister Carius)

Abs. 4 Grundgesetz geregelte Daseinsvorsorge sichergestellt werden kann. Auf Betreiben der SPD wurde letztendlich eine Lösung gefunden, dass die Infrastruktur in der Hand des Bundes bleibt. Das heißt, private Investoren werden weder an der DB AG noch an dem Infrastrukturunternehmen beteiligt. Damit ist letztendlich sichergestellt, dass diese Daseinsvorsorge laut Grundgesetz geregelt werden kann, dass es nicht möglich ist, dass große börsennotierte Unternehmen entscheiden, wohin es in diesem Bereich geht.

Aufgrund der Wirtschaftskrise ist der Börsengang der Bahn in weite Ferne gerückt und vor einer reichlichen Woche hat sich die Bundeskanzlerin dahin gehend geäußert, dass sie momentan keine Möglichkeiten für diesen Börsengang sieht. Deswegen sehen wir auch nicht die Notwendigkeit, heute hier über einen Antrag zu entscheiden, der sagt, wir wollen diesen Börsengang nicht, zumal wir sowieso von hier aus nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag entscheiden können, so wie DIE LINKE das mit ihrem Antrag will, dass sie sagt, wir schließen den Börsengang grundsätzlich aus. Wenn das Thema wieder ansteht, dann muss man sich sicherlich dem Problem und dieser Fragestellung stellen. Das werden wir auch tun, aber wir sehen momentan die Notwendigkeit dieser Debatte nicht. Ich gebe Herrn Minister Carius auch in einem Punkt recht, es ist nicht in jedem Fall gesagt, dass staatliche Unternehmen unbedingt besser sind als private Unternehmen. Ich verweise hier z.B. nur auf den privat finanzierten Bau der A 4 im Bereich Hörselbergumgehung, bei dem man vor Ort, wenn man das Baugeschehen verfolgt hat, sehen konnte, dass durchaus auch Private in der Lage sind, hier entsprechende Infrastruktur auszubauen und entsprechende Ergebnisse zu bringen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Die verdienen ja genug daran.)

Deswegen wollen wir diese Debatte so nicht führen, wie sie im Antrag der LINKEN festgeschrieben ist. Wir müssen sicher auch in Zukunft eine Debatte führen mit dem Bund, wie sichergestellt wird, dass die Bahn über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügt, um die Infrastruktur weiter auszubauen. Die Debatte mit dem Bundesverkehrsminister steht an. Was wird mit den Gewinnen der Bahn? Sollte man die doch lieber bei der Bahn lassen, um hier z.B. auch in neues Wagenmaterial, in neue Technik zu investieren, oder zieht der Bund weiterhin das Geld aus der Bahn raus? Dieser Debatte wollen wir uns gerne stellen, aber da springt der Antrag der LINKEN letztendlich zu kurz und deswegen plädiere ich für Ablehnung.

(Beifall CDU, SPD)

Danke, Frau Abgeordnete Doht. Es hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Schubert für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir begrüßen den Antrag der Linksfraktion, wir begrüßen auch das Engagement der Landesregierung. Herr Carius, wenn tatsächlich 2012 die MDV Realität werden sollte, angefangen wird, dann ist das ein großer Erfolg - ich bin sehr gespannt. Sie haben in Ihrer Rede mehrere Schritte genannt, die Ihrer Meinung nach in die richtige Richtung gehen. Das ist richtig, allerdings kommt mir die Verantwortung der Politik für dieses Debakel doch zu kurz. Es ist richtig, dass die Bahn verantwortlich ist dafür, dass der Balken mal wieder gebrochen ist, damit meine ich das Winterdebakel. Allein für die Konstruktion des Hauses sind Sie verantwortlich, ist die Bundesregierung verantwortlich.

Wir wollen auch keine Staatsbahn. Trotzdem lohnt es sich, darüber zu diskutieren, wie muss denn die Bahn strukturiert sein, damit wir wieder eine Bahnpolitik für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes bekommen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNDIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dazu gehört mehr Wettbewerb, mehr Wettbewerb auf der Schiene. Wir müssen das Netz vom Betrieb trennen. Wir brauchen fairen Wettbewerb auf der Schiene. Im Moment werden nur ein Drittel der Verkehrsleistungen im Wettbewerb vergeben. Das führt dazu, dass die Bundesländer mit ihren Mitteln, die sie dafür ausgeben, bis zu 50 Prozent mehr bezahlen, wenn sie direkt vergeben, als wenn sie die Verkehrsleistung ausschreiben. Da ist offensichtlich noch viel zu tun. Das heißt im Endeffekt, die Steuerzahler geben viel zu viel Geld für zu wenig Verkehrsleistung auf der Schiene aus. Wir brauchen mehr Geld für die Instandhaltung und wir brauchen auch neue Ausbauprioritäten. Das heißt im Falle der Neubaustrecke Berlin-München, dass dies eine falsche Priorität war.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNDIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wenn wir für den Güterverkehr etwas tun wollen, dann brauchen wir den Ausbau der Rheintalbahn. Hier gibt es auch Konsens, dass dies zwingend nötig ist, wenn man Güterverkehr auf die Schiene bringen will. Allein, es ist eben im Moment kein Geld dafür da.

Wir müssen also eine ehrliche Bilanz ziehen, welche Infrastrukturprojekte der Bahn erfolgreich waren und welche nicht. Das kann ich Ihnen jetzt nicht

(Abg. Doht)

ersparen, dazu gehört auch eine ehrliche Bilanz über das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 8.1. Herr Machnig hat das heute noch das „Geschenk Gottes“ genannt;

(Beifall CDU)