Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Schubert, jetzt ist mir einiges klarer geworden, vor allen Dingen, dass eine Klarheit in manchen Teilen bei Ihnen nicht ganz besteht,
vor allen Dingen darüber, dass Regionale Raumordnungspläne deutlich mehr regeln als nur die Frage von Windenergie- oder nicht Windenergienutzung.
Ja, das ist so. Da ist im Grunde tatsächlich die Frage, welche Ansprüche wir an den Raum stellen. Das ist die Aufgabe, die wir zunächst abstrakt im LEP formulieren und dann im Regionalen Raumordnungsplan herunterbrechen auf die jeweiligen Regionen und dort eben nicht abstrakt, sondern ganz konkret prüfen, ist dieser Nutzungsanspruch an den Raum dort vor Ort möglich oder ist er es nicht. Das gilt auch für die Windanlagen. Natürlich können Sie sagen, vom Windpotenzial her gesehen könnten wir die Windanlagen am besten auf alle Bergkuppen stellen und auch in jeden Wald hineinstellen. Auf der anderen Seite müssen wir natürlich auch die Frage beantworten, erstens - das ist jetzt vielleicht nicht die allererste Frage - ist das gut für unser Land? Das, glaube ich, ist nämlich nicht der Fall. Zweitens, stoßen wir damit nicht auf andere schützenswerte Güter? Ist es zum Beispiel sinnvoll, dass wir mitten in den Wald so eine Windanlage hineinstellen? Ist es sinnvoll, dass wir uns jede Sichtachse mit Windkrafträdern verstellen? Passt das auch zusammen mit den anderen schützenswerten Interessen, ob nun Vogelschutz oder andere Tiere und Pflanzen, die wir auch schützen wollen? Das sind Dinge, die wir konkret vor Ort abwägen müssen, weil wir natürlich letztlich auch dem Menschenschutz Rechnung tragen wollen, indem wir
(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das eine schließt doch das andere nicht aus. Übertreiben Sie doch nicht!)
Was heißt, das eine schließt das andere nicht aus, Herr Kuschel? Wir haben viele schützenswerte Güter, die müssen wir vor Ort miteinander abwägen. Da geht es mitnichten nur um die Frage, ob die Windenergieanlagen nun 1 Prozent oder 3 Prozent oder 10 Prozent der Fläche dieses Landes einnehmen.
Ja, 90 Prozent. Das ist vielleicht eine Forderung, die Sie für Ihre Partei erheben können. Ich glaube aber nicht, dass Sie damit im Einklang mit den Thüringerinnen und Thüringern stehen.
Ich möchte deshalb auch noch mal zur Frage der Genehmigungsprüfung Stellung nehmen. Mein Haus arbeitet sehr intensiv an dieser Prüfung. Es ist mir wichtig, dass wir Zug um Zug zu Ergebnissen kommen. Das heißt aber auch, dass wir uns an Recht und Gesetz halten müssen. Das heißt, auch hier können wir nicht einfach Genehmigungen übers Knie brechen und einfach sagen, da oder dort haben wir jetzt abstrakt irgendwelche Ziele nicht erreicht, weil ein Ziel allein ist es nicht, sondern wir haben natürlich immer Zielkonflikte, die wir vor Ort in den Planungsgemeinschaften ausdiskutieren. Dort wird grundsolide Arbeit geleistet. Das heißt nicht, dass dann jede Abwägung immer völlig fehlerfrei ist, das heißt auch nicht, dass vielleicht auch der eine oder andere politische Kompromiss da geschlossen wird, den man dann rechtlich sanktionieren kann oder aber den man auch aufheben muss. Insofern haben wir hier tatsächlich eine ganze Reihe von Aufgaben zu berücksichtigen.
Wenn wir bei der Windenergie sind, da stehen wir vor der Frage, entweder wir nehmen die Privilegierung, wie sie im Baugesetzbuch ist, einfach hin, dann können die Anlagen überall hingestellt werden - das kann der eine oder andere gut finden, ich glaube sogar, dass der eine oder andere Zahnarzt das bestimmt sehr gut findet, wenn man die überall bauen kann -, oder aber wir sagen, wir wollen ganz konkret Windvorranggebiete in der einen Region und in der anderen Region abgewogen aufstellen. Wir wollen diese Belastung, die das für den Raum bedeutet, die es für den Menschen auch bedeuten kann, ich denke beispielsweise an Emission, natürlich auch in Grenzen halten und das heißt, wir setzen uns dafür ein, wir wollen Windvorranggebiete. Mir ist eines dabei völlig klar: Es kann hier nicht darum gehen, dass wir vielleicht eine Verhinderungsplanung, die der eine oder andere vor Ort vielleicht wahrhaben möchte oder gern wünscht, gut
heißen, sondern wir müssen vor Ort gemeinsam mit den Planungsgemeinschaften schauen, wie kann der Windenergienutzung sinnvoll Raum gegeben werden. Das ist eine Frage, die muss man mit den vielen anderen Zielen der Raumplanung übereinbringen.
Seit dem 11. Februar 2011 liegen mit der Übergabe der Verfahrensunterlagen zum Regionalplan Ostthüringen nun alle Regionalpläne zur Genehmigung vor. Das heißt, man kann mitnichten sagen, wir hätten alle Pläne seit ewigen Zeiten, sondern es ist einfach so, dass jetzt erst mit dem gleichzeitigen Vorliegen aller Regionalpläne auch verbunden ist, dass wir natürlich zeitaufwendig daran arbeiten, die Genehmigungsprüfung und die intensive Vorprüfung, die nach dem Landesplanungsgesetz im Landesverwaltungsamt als der oberen Landesplanungsbehörde durchgeführt werden muss, dass das dann eben auch ein bisschen Zeit kostet. Der Regionalplan Ostthüringen liegt seit rund zwei Wochen vor, der Regionalplan Nordthüringen befindet sich bereits in der Ressortabstimmung, da ist also die Vorprüfung erfolgt durch das Landesverwaltungsamt. Zum Regionalplan Mittelthüringen fanden bereits konstruktive Gespräche nach der Ressortabstimmung mit dem Präsidenten der Planungsgemeinschaft darüber statt, welche von den Maßnahmen kann man womöglich noch ein bisschen anders fassen, so dass sie genehmigungsfähig sind, und welche nicht. Für den Regionalplan Südwestthüringen - es freut mich an dieser Stelle sagen zu dürfen - habe ich die Genehmigung heute bereits erteilt.
Zur Forderung, das zukünftige Landesentwicklungsprogramm bereits im Juni 2011 vorzulegen und den Energie- und Klimabestandteil bis Ende 2011 zu verabschieden, möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal einiges klarstellen: Ich glaube eben nicht, dass wir gut beraten sind, gerade vor den Erfahrungen, die Sie immer gern zitieren, von Stuttgart 21, von höherer und besserer Planungskultur, von der Berücksichtigung von Bürgerinteressen, dass wir hier einfach ein Ziel vorgeben und es ist uns völlig egal, was die Bürgerinnen und Bürger, was die Gemeinden und Städte und Landkreise oder auch Verbände und Kammern zu diesem Thema sagen. Da sind wir überhaupt nicht gut beraten, das zu machen. Hier, glaube ich, müssen wir uns mindestens - mein Ziel ist es, auch deutlich mehr zu erreichen - an rechtsstaatlichen und demokratischen Grundsätzen orientieren. Das heißt, insbesondere beim Thema Öffentlichkeitsund Behördebeteiligung braucht das Zeit. Ich halte es deswegen für eine sehr schlechte Idee, diese Öffentlichkeitsbeteiligung hier zu beschneiden. Ich glaube, es zeugt nicht gerade von einer sehr hohen demokratischen Kultur, nur um ein Ziel von den vielen Zielen, die man in der Landesentwicklungsplanung verfolgen kann, zu verfolgen, die Bürgerbetei
ligung komplett abzuschneiden. Ich glaube, da wären wir überhaupt nicht gut beraten. Und dann garantiere ich Ihnen, hätten wir das, was an Protesten im Bereich von Stuttgart 21 passiert ist, flächendeckend. Rechtssicherheit schafft man nicht, indem man gegen geltendes Recht verstößt. Insofern kann ich nur davon abraten, einen so hoch ambitionierten Zeitplan, wie Sie ihn jetzt fordern, hier zu fordern.
Der erste Kabinettsdurchgang und die Freigabe für die Beteiligung des Landesentwicklungsprogramms ist für den Juni 2011 geplant. Die Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und übrigens auch des Landtags ist für den Zeitraum Juli bis September 2011 geplant. Möglicherweise wird sich dieser Zeitraum auch verlängern, weil die Sommerpause innerhalb dieser Frist liegt. Natürlich möchte ich auch nicht der Befassung im Landtag vorgreifen oder irgendwelche Fristen setzen, das obliegt natürlich völlig dem Landtag.
Wenn man eine qualifizierte Mitwirkung der Bevölkerung und der betroffenen Stellen in Thüringen anstrebt, sollte man nicht auf gesetzliche Mindestfristen abstellen. Daher kommt für mich ein Fristende vor der Sommerpause auch nicht infrage. Parallel zur Öffentlichkeitsbeteiligung haben wir Regionalforen geplant, um mit den Interessierten vor Ort zu den Themen des Landesentwicklungsprogramms auch ins Gespräch zu kommen. Im Rahmen der Beteiligung sind ohnehin über 1.300 öffentliche Stellen einzubeziehen. Erfahrungsgemäß enthalten die abgegebenen Stellungnahmen zahlreiche einzelne Sachäußerungen, die wir dann natürlich auch jeweils abzuwägen und zu prüfen haben. Im Jahr 2003 waren es bei der Erstellung des letzten Landesentwicklungsprogramms über 600 Stellungnahmen mit mehr als 3.000 einzelnen Sachäußerungen. Nur so viel zu dem, was die Bürgerinnen und Bürger, was auch öffentliche Einrichtungen in unserem Freistaat an der Erarbeitung eines Landesentwicklungsprogramms an Anteil nehmen, und was wir auch vernünftig abwägen sollten und nicht mit einem Federstrich einfach entscheiden können.
Im Ergebnis dieses Prüfungs- und Abwägungsprozesses wird der Entwurf des Landesentwicklungsprogramms neu erstellt. Unterscheidet sich dieser Entwurf erheblich von der Ursprungsfassung, ist noch einmal eine Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung durchzuführen. So sieht es das Thüringer Landesplanungsgesetz, das Raumordnungsgesetz des Bundes und übrigens auch das Baugesetzbuch für vergleichbare Verfahren vor. Selbstredend würde dann auch der Landtag nochmals beteiligt werden. Für mich ist es selbstverständlich, dass die Öffentlichkeit, die Behörden und der Landtag informiert werden und Mitwirkungsmöglichkeiten bekommen. Mit diesem Zeitplan ist eine Fertigstellung des neuen LEP bis Mitte 2012 möglich, aber nicht früher. Wie sich die Neuaufstellung des Landesent
wicklungsprogramms zeitlich tatsächlich entwickelt, ist maßgeblich aber vom tatsächlichen Inhalt und auch dem Umfang der Stellungnahmen im Rahmen der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung sowie auch der Beteiligung dieses Hauses abhängig. Ich erachte es daher auch nicht als zielführend, wie im Antrag gefordert, einzelne Teile loszulösen. Das Landesentwicklungsprogramm ist organisch ein Ganzes, das auch so behandelt werden muss und an den Grundsätzen der Öffentlichkeitsbeteiligung ist ohnedies nicht zu rütteln. Insofern, hoffe ich, dass ich zu Ihrem Antrag einige sinnvolle Ergänzungen und Richtigstellungen vornehmen konnte, so dass eine Abstimmung sich darüber eher erledigen sollte. Danke.
Danke, Herr Minister Carius. Es hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Enders für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Carius, wir verstehen den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit der Forderung, Rechtssicherheit zu schaffen und dazu die Regionalen Raumordnungspläne in Kraft zu setzen, vor allem als Mahnung an die Landesregierung, durch interne Streitigkeiten und Kompetenzgerangel nicht die Zukunft Thüringens zu verschlafen.
Wer die Zukunft gestalten will, der braucht in einem Rechtsstaat auch Rechtssicherheit, und wer die Klimaschutzziele und die daraus abgeleiteten Aufgaben für die Entwicklung der erneuerbaren Energie ernst nimmt, der braucht nicht nur Ziele und Aufgaben, sondern auch Flächen, aber eben nicht nur Flächen für Windkraftanlagen. Wir meinen, Politik, insbesondere Landespolitik, ist in der Pflicht, dafür die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, unterstützen wir den Antrag der Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir verstehen den Antrag aber nicht nur als Antrag, Investitionsstau bei geplanten Windkraftanlagen aufzulösen oder gar nicht erst zuzulassen. Grundsätzlich gilt für uns: Die Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag steht für den vorrangigen Ausbau der erneuerbaren Energien, um fossile Energieträger und vor allem gefährliche Atomenergie möglichst rasch abzulösen. Wir stehen für einen regionalen Mix der erneuerbaren Energieträger, den Ausbau der Windkraft, der Solarenergie, von Wasserkraft, Biomassenutzung und Geothermie. Aber neben den Aus
baupotenzialen der erneuerbaren Energien - das will ich an dieser Stelle auch ganz ausdrücklich betonen - gehört für uns die Steigerung der Energieeffizienz als untrennbarer Bestandteil dazu, wenn wir die Energiewende erreichen wollen.
Dazu sind aus unserer Sicht regionale Energienutzungspläne erforderlich, die klare regionale Zielrichtungen festschreiben, denn ohne Kraft-WärmeKopplung, ohne Blockheizkraftwerke, ohne Nahwärmenetze und konkrete Reduktion des Energiebedarfs wird die Energiewende nicht erreichbar sein. Ich denke, darüber muss Klarheit herrschen. Wer in diese Richtung geht, kann immer mit der Unterstützung der Fraktion DIE LINKE im Landtag rechnen.
Wir brauchen für all dies Rahmenbedingungen, meine sehr verehrten Damen und Herren, die in einem Landesentwicklungsplan festgeschrieben sind. Wir brauchen diesen Plan möglichst schnell. Insofern ist die Forderung der GRÜNEN berechtigt, die Teile des Landesentwicklungsplans, die notwendig sind, um die Klimaschutz- und Energieversorgungsziele zu erreichen, möglichst noch Ende dieses Jahres hier im Landtag zu beschließen. Aus unserer Sicht sind folgende Herangehensweisen notwendig:
1. Der Ausbau der erneuerbaren Energien mit konkreten Ausbauszenarien muss übergeordnetes Ziel der Raumpläne werden.
2. Im Landesplanungsgesetz ist der Ausbau der erneuerbaren Energien mit ganz konkreten Zielvorgaben als übergeordneter öffentlicher Belang aufzunehmen.
3. Im Landesentwicklungsplan müssen konkrete Zielstellungen verankert werden, die den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben.
Dazu, meine sehr verehrten Damen und Herren, gehört die Darstellung der möglichen Potenziale der Nutzung regenerativer Energien.
Dazu ist ein umfassendes Landeskataster für erneuerbare Energien zur Ermittlung des Gesamtpotenzials unumgänglich sowie die Ausweisung von Vorranggebieten. Die Landesregierung hat dies angekündigt Mitte des Jahres. Ich bin gespannt, wie dieses Landeskataster aussehen wird.
Als eine wesentliche Zielstellung im LEP muss definiert sein, dass die Rekommunalisierung und Regionalisierung der Energieerzeugung und -verteilung als ein Instrument der Regionalentwicklungspolitik zur Stärkung der ländlichen Räume verstanden wird.
In diesem Zusammenhang möchte ich an dieser Stelle meine Aussage von gestern wiederholen: Abgeleitet aus diesen Grundzügen, die landespolitisch klar definiert und vorgegeben werden müssen, muss es infolge Aufgabe der Regionalplanung sein, Regionalpläne zu strategischen Erschließungsplänen zu entwickeln, die alle Potenziale regenerativer Energien entsprechend den regionalen Gegebenheiten aufzeigen und natürlich auch ganz klar entsprechende Vorranggebiete ausweisen. Denn Raumordnung, Landesplanung und Regionalplanung müssen den Weg für erneuerbare Energien ebnen und dürfen diesen nicht versperren.
Wer sich in der Materie auskennt, weiß - und das ist heute hier auch im Redebeitrag von Herrn Minister Carius angesprochen worden -, dass die Errichtung von Windkraftanlagen, aber auch die Freiflächen-Photovoltaik im großen Stil nicht unproblematisch ist. Ich will das auch aus Zeitgründen nicht weiter vertiefen. Wir alle kennen die genannten Zielkonflikte. Worüber wir aber auch weiter nachdenken müssen, ist die Frage: Was soll mit dieser Energie passieren? Windenergie entsteht, wenn Wind weht; Sonnenenergie, wenn Sonne scheint. Da gibt es aus meiner Sicht zwei Antworten: Erstens, künftiger Energieverbrauch muss der Energieerzeugung folgen; die Wissenschaft hat dafür den Begriff smart grids, intelligente Netze, geprägt. Zweitens müssen Speicherkapazitäten entwickelt und geschaffen werden. Ich sage ganz deutlich, dabei kann auch die Elektromobilität eine entscheidende Rolle spielen.
Ich möchte auch solche Dinge nennen wie Wasserstoff, Salzspeicher - vieles ist hier im Fluss. Auch diese Antworten stellen Anforderungen an die Landesentwicklungsplanung, an ein zukünftiges Landesentwicklungsprogramm.