Protokoll der Sitzung vom 23.03.2011

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist so!)

Ich erkläre es dann gern noch mal. Ich glaube, Sie verstehen es so nicht.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie kommt es denn zu statisti- schen Verschiebungen, wenn dem so ist?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind in der Aktuellen Stunde, ich bitte doch um etwas Aufmerksamkeit für die Rednerin.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich erkläre es Ihnen aber gern noch einmal später und vielen Dank für die Möglichkeit, meine Ausführungen zu Ende zu bringen.

Mit Quoten, sehr geehrte Damen und Herren, wird die Lebensleistung all derer im Übrigen geschmälert, die ohne Quotierung an der Stelle sind, an der sie sind, im Übrigen auch die Frauen. Damit wird keine Gleichstellung erreicht, denn bei der Quote zählt dann tatsächlich nur noch das Geschlecht und nicht mehr die Qualifikation.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und auch Frauen lehnen Quotierungen ab, die aus eigener Kraft an der Position sind, wo sie sind, denn das ist nicht die Lebenswirklichkeit, die diese Frauen selbst erfahren haben. Ich weiß auch gar nicht, ob Sie es z.B. gut finden, dass in Norwegen absolute Gleichstellung erreicht ist und sieben Frauen vierzig Vorstandsposten von börsennotierten Unternehmen vertreten. Damit kann man natür

lich die Quote schön hochspielen. Das heißt, eine Frau hat sechs Vorstandsposten.

Frau Abgeordnete, ich bitte Sie.

Da muss man dann schon mal über die Vergleichbarkeit zu den Männern reden. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und meine Zeit ist zu Ende.

(Beifall FDP)

Ihre Redezeit ist zu Ende, Frau Abgeordnete Hitzing. Ich danke Ihnen. Als Nächste hat das Wort Frau Abgeordnete Elke Holzapfel, CDU.

Frau Vorsitzende, meine sehr geehrten Damen und Herren, wegen mir kann eine Frau zehn Aufsichtsratsposten haben, wenn sie anständig genauso wie ein Mann dafür bezahlt wird, dann ist das sicher richtig so.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit - am 25. März haben wir es letztendlich geschafft, nicht wir hier im Raum, aber unsere Frauen vor der Tür, dass sie ab 25. oder 26. März den gleichen Lohn bekommen und Herr Lemb und Frau Siegesmund, ich scheue mich nicht, hier zu sagen, dass es IKEA ist, die vorbildlich und hervorragend mit ihrer Frauenpolitik hier in Erfurt arbeiten. Warum sollen wir das verschweigen? Genauso wie ich es nicht verschweige, dass die Telekom mittlerweile Frauen in Führungspositionen hat. Ich sage das hier, um die anderen zu ärgern. Das ist so und das mache ich auch so.

Immer mehr Frauen sind in Deutschland erwerbstätig, damit geht einher eine wachsende Bedeutung des Einkommens von Frauen für das Familieneinkommen. Darüber haben wir noch gar nicht gesprochen. 18 Prozent aller Frauen sind bereits allein oder überwiegend für den Familienunterhalt zuständig. Damit hat die Bekämpfung des Entgeltunterschiedes zwischen Frauen und Männern oberste Priorität. Nicht nur der 8. März, und da haben Sie recht, oder auch der 25. März lässt die Alarmglocken läuten. Nein, wie es der Antrag zum Ausdruck bringt, muss jeder Zahltag auf eine der großen Ungerechtigkeiten, nämlich die unterschiedliche Bezahlung zwischen Männern und Frauen für gleiche Arbeit hinweisen. Das möchte ich hiermit nochmals betonen. Ich möchte mich nicht messen mit dem Vorstandsvorsitzenden oder ich möchte mich auch nicht messen, was weiß ich, mit jemandem, der eine ganz andere Arbeit macht als ich. Wir sagen, gleicher Lohn für gleiche Arbeit.

(Abg. Hitzing)

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das sagen wir auch!)

Es haben schon alle meine Vorredner darauf hingewiesen, 23 Prozent in Deutschland, etwas über 4 Prozent in Thüringen - das macht aber die Sache nicht schöner. Es kommt ja dazu, dass in Thüringen die Entlohnung im unteren Drittel der Verdienstleiter in der Bundesrepublik steht. Frauen, die zu sogenannten Familienernährerinnen werden, versorgen ihre Familien allzu oft mit einem niedrigeren Fraueneinkommen. Frauen arbeiten in schlecht bezahlten Berufen und Tätigkeiten. Dazu gehören unter anderem die Pflegeberufe, deren Entlohnung in Form von Tarifverträgen immer noch unterschiedlich zwischen West und Ost ausgehandelt werden. Ob als alleinerziehende Familienernährerin oder als Familienernährerin der ganzen Familie, z.B. wegen Erwerbslosigkeit des Ehemannes, ist das Modell des männlichen Familienernährers auf dem Rückzug. Die Frauenunion - und das ist kein Geheimnis, wer sich mit Bundespolitik befasst - ist hier jemand, die an der Spitze kämpft und hier, das muss ich mal so sagen, sind die Frauen sich auch einig mit der CDU-Fraktion, was auch nicht so ganz leicht ist, die Kompetenz, Leistung und Erfahrung von Frauen müssen sich beim Entgelt und beim beruflichen Aufstieg niederschlagen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist eindeutig auch unsere gesamte Meinung. Gerade bei den Familienernährerinnen wird deutlich, dass das Einkommen von Frauen kein Zubrot ist, sondern die wirtschaftliche Basis für die ganze Familie darstellt. Damit bekommt das Ganze auch noch ein anderes Licht. Es ist nicht nur ein Gebot der Gerechtigkeit, sondern auch der wirtschaftlichen Vernunft, dass sich die Potenziale von Frauen und Männern gleichermaßen entfalten können. Wir werden als CDU-Fraktion nicht lockerlassen und nicht nur am Internationalen Frauentag für Anerkennung und gleichen Lohn für gleiche Arbeit streiken. Dieses Thema wird uns in unserem Arbeitsfeld ständig begleiten. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und zu diesem Thema haben wir sicher nicht das letzte Mal hier gesprochen.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Abgeordnete Karola Stange.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, bis vor wenigen Minuten hatte ich den Eindruck, dass wir zu diesem Thema der Aktuellen Stunde von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN relativ einheitlich und geschlossen argumentieren können, da

wir diesen Equal Pay Day alle als einen wichtigen Tag, als ein wichtiges Thema sehen. Bis zu dem Moment, als Frau Hitzing hier vorn an das Pult ging und doch vollkommen andere Maßstäbe in die Diskussion warf, die ich so eigentlich gar nicht stehen lassen will und kann, Frau Hitzing. Das sage ich eindeutig. Ich denke, Frau Hitzing, Sie sollten auch noch einmal beim Thema Quote in Ihren Bundesvorstand blicken, weil da genau andere Auffassungen bestehen. Sie sollten auch vielleicht noch einmal überlegen, was der Girls’Day bedeutet, den wir am 14. April gemeinsam hier in diesem Landtag begehen werden, weil wir wollen, dass Mädchen und es gibt nun auch den Boys’Day - Jungen der Zugang zu geschlechterfremden Berufen nähergebracht werden sollte. Vielleicht gehen Sie dann an der Stelle mit.

Meine Vorrednerinnen haben bereits darauf hingewiesen, dass wir am Freitag - also übermorgen den Equal Pay Day begehen und ich möchte mir es aus Zeitgründen im Prinzip ersparen, warum wir diesen Equal Pay Day begehen, dass Frauen 84 Tage länger arbeiten müssen, bis sie auf das Lohnniveau eines Mannes kommen, welches er am 31.12.2010 bereits hatte. Wir haben auch bereits darauf hingewiesen, dass wir im Vergleich zu den europäischen Ländern in Deutschland noch schlechter gestellt sind, denn Frauen müssen in den europäischen Ländern nur 64 Tage länger arbeiten als Männer - wir Frauen in Deutschland sogar 84 Tage. Übersetzt heißt das doch nichts anderes, als dass wir starke Differenzen in der Lohnzahlung haben, an denen wir gemeinsam arbeiten müssen, damit diese endlich wegfallen. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit kann dann nur die Forderung sein. Der Grund dafür ist auch ganz oft erwähnt worden. Natürlich liegt es unter anderem daran, dass es einen hohen Anteil von Frauen vor allem in Niedriglohnsektoren gibt, in Ausfallzeiten wegen den Familienphasen, in der schlechten Bewertung der Arbeit und vor allen Dingen in den sogenannten weiblichen Arbeiten. Von der gläsernen Decke an Hochschulen und Unternehmen ist bereits geredet worden. All das haben wir in den letzten anderthalb Jahren hoch und runter besprochen, aber - und das ist eigentlich traurig - passiert ist nicht wirklich etwas, um diese Ungerechtigkeit zu beseitigen. Darum ist die Frage, wie kriegen wir das geklärt und gelöst. Hier schaue ich ganz bewusst in Richtung des Europäischen Parlaments, was uns aufgibt, in den Jahren 2010 bis 2015 verstärkt Vorschläge auf den Weg zu bringen, dass wir diese Ungleichbehandlung beim Lohn wegbekommen.

Nun kommen wir an den Punkt, an dem wir vorhin waren - zu den Gewerkschaften und ob man sich einmischen darf in die Tarifautonomie. Hier sage ich, ein Blick über den Tellerrand würde uns schon einmal guttun, um genau das positiv zu bewerten. Hier schaue ich nicht wie so oft bei diesem Thema

(Abg. Holzapfel)

in Richtung Norwegen, sondern ich schaue nach Frankreich. In Frankreich zum Beispiel - und das schon seit 2006 - gibt es ein Gesetz zur Lohngleichheit von Männern und Frauen und die Unternehmen sind bis zum 31.10.2010 verpflichtet worden, geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Lohnunterschiede von Frauen und Männern zu verabschieden. Also schauen wir doch einmal dahin und holen uns Anregungen. Oder wir schauen nach Luxemburg, wo wir auch feststellen können, dass Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet sind, Verhandlungen über die Gleichstellung von Männern und Frauen auf den Weg zu bringen. Also man kann es schaffen, wenn man nur will. Ich sage auch noch einmal eindeutig für meine Partei, für meine Fraktion, es gibt sicher zahlreiche Ansätze, um auf Dauer zu einer gerechten Entlohnung zu kommen, die zum einen der Volkswirtschaft, aber auch zum anderen dem sozialen Gefüge guttun würden. Zu nennen sei an der Stelle noch einmal ausdrücklich die Schaffung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns von mindestens 10 €, das Ende der geringfügigen Beschäftigung, die Umwandlung der Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse, die Umverteilung der Arbeit durch Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich. Zukünftig muss es möglich sein, dass gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit endlich Praxis werden muss. Auch eine bessere Bewertung der sogenannten weiblichen Arbeit ist notwendig.

Damit sind wir bei Ihnen, bei der FDP: Ihr Kollege, der heute nicht da ist, sollte sich daran endlich mal einen Maßstab nehmen. Er hat eine Vielzahl von Frauen in seinem Unternehmen, die nicht ordentlich ihrer Leistung entsprechend bezahlt werden. Danke schön.

(Unruhe FDP)

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Wir haben noch vier Minuten Redezeit. Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Abgeordnete Pelke von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Hitzing, ich schätze Sie sehr, was Ihre Arbeit hier im Thüringer Landtag angeht, aber nach diesem Redebeitrag fühle ich mich in dem, was die SPDFraktion und was auch ich persönlich gesagt habe, noch einmal doppelt bestätigt, dass wir auf keinen Fall auf einen eigenständigen Gleichstellungsausschuss in diesem Hause verzichten können.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Hitzing, bei allem Verständnis, Sie verweisen hier in dieser Diskussion auf den Fachkräftemangel, auf das Berufswahlverfahren von jungen Frauen, von jungen Mädchen und darauf, dass im Bereich des Fachkräftemangels mittlerweile auch die Chance für Mädchen und Frauen besser werden wird. Ich muss jetzt an dem Punkt mal ein bisschen bösartig sein. Jeder von uns kennt den Begriff der Trümmerfrauen. Zu diesem Zeitpunkt sind Frauen auch gebraucht worden aus einer ganz problematischen Situation heraus, sie wurden mit eingebunden sowohl in Industriearbeit als auch in andere Arbeiten, und als dann die Arbeit abgeleistet war, konnte man auf die Frau wieder verzichten. Das kann und darf nicht Sinn und Zweck der Übung sein. Doch das muss man an dem Punkt auch mal miteinander vergleichen.

(Unruhe FDP)

Herr Barth, doch, das ist wirklich so. Frauen sind immer dann mit einbezogen worden, wenn sie gebraucht wurden. Wenn man das Bedürfnis nicht mehr hatte,

(Beifall CDU)

hat man sie nach Hause geschickt bzw. man hat sie an dem Punkt nicht so entlohnt, wie es einfach eine Selbstverständlichkeit sein müsste.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war auch in der DDR so, wo Frauen schlicht des Arbeitskräfteman- gels wegen herangezogen wurden.)

(Zwischenruf Abg. Holzapfel, CDU: In die Kü- che.)

In die Küche verbannt, Frau Holzapfel, an dem Punkt haben Sie auch recht. Sie haben genau den Punkt getroffen, indem Sie gesagt haben, gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist eigentlich Gerechtigkeit, ist Vernunft. Ich würde sagen, nach 100 Jahren Frauentag dürfte es auch eine Selbstverständlichkeit sein.

(Beifall CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist aber nach wie vor in dieser Industrienation Bundesrepublik Deutschland immer noch keine Selbstverständlichkeit. Dann zu sagen, Frauen entziehen sich dem, sie wählen andere Berufe, sie gehen in die Verwaltungsberufe, möglicherweise werden sie Friseurin oder irgendwas anderes; das ist doch eine Situation, die wir in der Politik und auch gerade Sie als Lehrerin, das wissen Sie doch ganz genau, anders begleiten können. Es geht doch darum, wie wir Frauen stärken, auch in andere Bereiche, in Technologiebereiche, in technische Berufe, zu gehen. Im Übrigen hat es das schon einmal gegeben, dass man Frauen verstärkt gefördert hat, wenn sie in naturwissenschaftliche Bereiche gehen wollten. Es gibt auch hier Ansätze, aber letztendlich

(Abg. Stange)

braucht es eine vernünftige Begleitung, die wir in unseren bildungspolitischen Ebenen mit einbinden wollen. Wenn das alles so einfach wäre, Frau Hitzing, wie Sie es gesagt haben, dann verstehe ich es nicht ganz. Sie sagen, es ist alles ein Auswahlverfahren. Warum haben wir denn dann in Größenordnungen Frauen in Erzieherberufen? Es geht immer darum, dass in der frühkindlichen Erziehung nicht nur Frauen die Kinder prägen, sondern auch Männer. Warum gehen in erster Linie Frauen in den Erzieherberuf? Das hat etwas mit Entlohnung zu tun. Warum haben wir viel mehr Lehrerinnen im Grundschulbereich und die Lehrer erst in den folgenden Stufen bis hin zur Berufsschule, bis hin zum Gymnasium oder wo auch immer? Weil das etwas mit Entlohnung zu tun hat. Warum wird in Größenordnungen in der Krankenpflege und im Altenpflegebereich mit Frauen gearbeitet? Weil das etwas mit Entlohnung zu tun hat und weil das etwas mit einem sehr schweren Job zu tun hat und letztendlich dann Frauen sich dieser Aufgabe stellen. Im Übrigen muss ich auch noch einmal dazusagen, und auch das hat möglicherweise etwas mit der immer noch unterrepräsentierten Situation in Karrierebereichen zu tun, dass Frauen letztendlich nach wie vor auch in die Erziehungsbereiche gedrängt werden, was die Kinder angeht. Und wenn man dann noch mal ein Stück weit Karriere gemacht hat, ist man wieder verantwortlich für die Pflege von Älteren in der Familie. Das ist das Tatsächliche und darum müssen wir uns kümmern.

Letztendlich lassen Sie mich noch mal feststellen, Sie haben auf Norwegen verwiesen, dass dort Frauen aufgrund von Quotierungen in Aufsichtsräten Verantwortung übernehmen und dass Sie gesagt haben, das sind dann aber sehr viele Aufsichtsratspositionen, die eine Frau hat. Wissen Sie, wenn Sie mal in den Deutschen Bundestag schauen,

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Die wenigen Frauen, die die wahrnehmen.)

wie viele Männer da über zehn Aufsichtsratsposten haben, die überhaupt nicht inhaltlich ableistbar sind, darüber hat sich noch nie jemand aufgeregt.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)