Protokoll der Sitzung vom 18.05.2011

den, mit einer Zweckbindung zu versehen. Auch sei es dem Ministerium verwehrt, diese Mittel als zweckgebundene Mittel in den Haushalt des Thüringer Bildungsministeriums zu überführen bzw. einzustellen und an die Kommunen zu geben. Sein Haus habe den Rahmen der direkten Finanzierbarkeit von Kita-Plätzen vollständig ausgeschöpft.

Ich frage die Landesregierung:

1. Aus welchen rechtlichen, insbesondere verfassungsrechtlichen Gründen ist nach Ansicht der Landesregierung die Schaffung eines eigenen zweckgebundenen Haushaltstitels für die Mittel zur Umsetzung des Kindertageseinrichtungsgesetzes im Haushalt des Thüringer Bildungsministeriums nicht möglich?

2. Welche direkten zweckgebundenen „Mittelflüsse“ gibt es außerhalb des KFA an die Thüringer Kommunen für kommunale Aufgaben?

3. Wo und nach welchen Kriterien ist nach Ansicht der Landesregierung und insbesondere mit Blick auf die Tatsache, dass die Umsetzung des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes gesetzliche Pflichtaufgabe ist, die Grenze zu ziehen zwischen den Finanzierungspflichten der öffentlichen Hand und der Elternbeteiligung an den Kosten gemäß § 20 ThürKitaG (Stichwort „Angemessenheit“)?

4. Inwiefern kann erfolgen bzw. erfolgt durch öffentliche Stellen des Landes - insbesondere durch die Kommunalaufsicht und den Rechnungshof - die Überprüfung der Definition und Kalkulation der Betriebskosten im Sinne des § 18 Abs. 8 KitaG und der Gestaltung der Elternbeiträge hinsichtlich ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Korrektheit bezogen auf die einzelnen Einrichtungen?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Herr Staatssekretär Prof. Merten.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Jung wie folgt:

Zu Frage 1: Der ungedeckte angemessene Finanzbedarf für die Kindertagesbetreuung wird in voller Höhe bei der Bemessung der angemessenen Finanzausstattung der Kommunen berücksichtigt. Die Mehrkosten der Novelle des Thüringer Kita-Gesetzes wurden bedarfserhöhend und vollständig einbezogen. Die Ausreichung der Mittel für die Kindertagesbetreuung erfolgt über mehrere Wege. Soweit die Zahlungen nicht zweckgebunden über die sogenannten Landespauschalen erfolgen, fließt der verbleibende Anteil der Landesleistungen den Kom

munen über die Schlüsselzuweisung zu. Daneben sind die eigenen Steuereinnahmen der Kommunen bei der Betrachtung der Gesamtfinanzierung zu berücksichtigen. Die beiden Komponenten sind bei jeder Gemeinde unterschiedlich. Je höher die eigene Finanzkraft und damit die Fähigkeit, einen höheren Anteil an der Deckung der Ausgaben zu bestreiten, umso geringer sind die Schlüsselzuweisungen für die betreffende Gemeinde und umgekehrt. Dieses Verfahren berücksichtigt auch, dass es Gemeinden gibt, die all ihre Aufgaben aufgrund ihrer eigenen hohen Steuereinnahmen aus eigener Kraft finanzieren können. Hier zusätzliche Mittel auszureichen, würde zu einer Überkompensation ihres Bedarfs zulasten der Allgemeinheit und aller anderen, vor allem der steuerarmen Gemeinden führen. Gleichzeitig stünden weniger freie Mittel für die steuerkraftarmen Gemeinden zur Verfügung, die auf diese Zuweisung dringend angewiesen sind. Die Finanzierung der Kindertagesbetreuung als im eigenen Wirkungskreis übertragene Aufgabe komplett zweckgebunden und damit unabhängig von der eigenen Steuerkraft vorzunehmen, würde die Kommunen in ihrer verfassungsrechtlich geschützten kommunalen Selbstverwaltung unzulässig einschränken.

Zu Frage 2: Der Kommunale Finanzausgleich umfasst die angemessene Finanzausstattung. Sie beträgt im Jahr 2011 2.633,7 Mio. € und wird über den Titel der Anlage 2 und der Anlage 3 zum Thüringer FAG 2011 in Drucksache 5/1751 ausgereicht. Außerhalb und damit zusätzlich zur angemessenen Finanzausstattung werden Mittel in Höhe von insgesamt 200,8 Mio. € ausgereicht. Es handelt sich hier im Wesentlichen um Zuschüsse für Theater und Orchester, die örtliche Jugendförderung, investive Mittel für den örtlichen Personennahverkehr, Regionalisierungsmittel usw.

Zu Frage 3: Bei der Finanzierung pflichtiger und freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben gibt es eine verfassungsrechtliche Rangfolge der Finanzierungsquellen und Deckungsmittel. Originäre kommunale Einnahmen, insbesondere Abgaben mit Gegenleistungscharakter wie Gebühren und Beiträge, verdrängen unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Grenzen der Abgabenerhebung die Notwendigkeit von Einnahmen aus Zuweisungen des Landes. Dies hat der Thüringer Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 21. Juni 2005 bestätigt. Daher sind gemäß § 20 Thüringer Kita-Gesetz die Eltern auch an der Finanzierung der Aufgabe Kindertagesbetreuung angemessen zu beteiligen.

In der Praxis ergibt sich dazu folgende Gestaltung der Elternbeteiligung:

Bei Gesamtkosten in Höhe von ca. 530 Mio. € im Jahr 2011 wurden die tatsächlichen Elternbeiträge und die Beiträge Dritter auf 87,5 Mio. € prognostiziert. Die Bemessung der Elternbeiträge orientiert

(Abg. Jung)

sich dabei an den Werten der Vorjahre, das heißt, es wurde keine prozentuale Erhöhung der Elternbeiträge unterstellt, sondern lediglich bezogen auf die absoluten Zahlen.

Zu Frage 4: In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises unterliegen die Kommunen der Aufsicht der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörden. Die staatliche Aufsicht beschränkt sich in diesen Fällen darauf, die Erfüllung der gesetzlich festgelegten und übernommenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben und Verpflichtungen und die Gesetzmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit im staatlichen Interesse zu überwachen. Das gilt auch für die Bestimmung des § 18 Abs. 8 des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes.

Es gibt eine Nachfrage durch die Fragestellerin.

Herzlichen Dank für die Beantwortung. Ich habe eine Nachfrage zu Frage 2. Sie haben ja aufgeführt, wozu zweckgebunden für Thüringer Kommunen Zuschüsse gestellt werden, Theater hatten Sie gesagt, Verkehr. Ich kann da nicht richtig nachvollziehen und das ist meine Frage, wieso dann nicht für Bildung? Das hätte ich schon ganz gern noch gewusst. Wenn man zweckgebundene Zuschüsse außerhalb des KFA tätigen kann, dann stellt sich für mich schon die Frage, warum im Prinzip dann nicht auch für Bildungseinrichtungen, Kindertagesstätten. Hintergrund meiner Frage ist einfach, dass man ja auch trennen könnte, dass die Personalkosten komplett vom Land bezahlt werden. Hier schließt sich die zweite Frage an: Können Sie sich vorstellen, dass die Finanzierung für die Kindertagesstätten noch einmal getrennt werden in Personal- und Sachkosten und diese nicht als zusammenfassende Betriebskosten bezeichnet werden?

Ja, ich beantworte das gern.

Zur ersten Frage, die Übertragung des Kita-Gesetzes an einen eigenen Wirkungskreis, das hatte ich ja bereits ausgeführt. Von daher gibt es auch die Notwendigkeit, hier die kommunalen Selbstverwaltungsrechte anzuerkennen, das ist ganz selbstverständlich. Wir haben das verfassungsrechtliche Urteil ja heute schon mehrfach erwähnt gefunden. Dass Herr Kuschel das - das wird seine Nachfrage sein - anders interpretiert, auch das weiß ich, da kommen wir noch nicht überein. Die Frage der Zweckbindung ist eine, die auch im Kita-Gesetz enthalten ist, in den Landespauschalen, aber nicht vollständig, sondern mehrheitlich, das wissen wir, in die Schlüsselmasse, sozusagen in die Finanzierung eingeht. Insofern sind beide Wege beschritten,

eben unter der Maßgabe einer doch offensichtlich differenten Interpretation des vorliegenden verfassungsrechtlichen Urteils. Zur Frage der Vorstellung von Trennung der Personal- und Sachkosten: Vorstellen kann ich mir alles, ob man alles auch gleichzeitig machen kann, ist dann eine zweite Frage.

Es gibt eine weitere Nachfrage durch den Abgeordneten Kuschel.

Danke, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, wie erklären Sie den Systembruch in Ihrer Argumentation, dass Sie gesagt haben, bei Kindertagesstätten wird die Finanzierung auch steuerkraftabhängig ausgezahlt an die Gemeinden, während aber bei der Schulträgerschaft die Ausreichung der Mittel über den Schullastenausgleich steuerkraftunabhängig erfolgt?

Herr Präsident, darf ich gleich eine zweite Frage stellen oder gibt es noch eine von einem anderen Fragesteller?

Ich sehe keinen anderen Fragesteller. Stellen Sie gleich die zweite Frage.

Danke schön, Herr Präsident. Die zweite Frage ist: Wie erklären Sie, dass ein Teil dieser Mittel, die in der Schlüsselmasse sind, für die Finanzierung der Kindertagesstätten zu einer kommunalen Ebene fließt, die gar nicht für Kindertagesstätten zuständig ist, nämlich zu den Landkreisen, weil die Verteilung der Schlüsselmasse ja zu 25 Prozent an die Landkreise geht?

Zur ersten Frage, wie ich den Systembruch erklären kann, antworte ich, indem ich Ihre Prämisse nicht teile. Ich habe im Übrigen auch keine Ausführungen zur Schulträgerschaft gemacht, weil das ein anderes Thema ist, das können Sie nachsehen, weil ich nach dem Kita-Gesetz gefragt wurde.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Insofern halte ich das systematisch auseinander und antworte auf Dinge, zu denen ich auch gefragt werde.

Das Zweite, Teil der Mittel: Ich erkläre das mit der Logik des KFA, wie er funktioniert. Und er funktioniert wie er funktioniert.

(Staatssekretär Prof. Dr. Merten)

Danke, Herr Staatssekretär. Ich rufe auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bergner von der Fraktion FDP in der Drucksache 5/2686.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Bürgernähe bei Bürgerbeteiligung?

Im Kreisjournal vom 7. Mai 2011 des Landkreises Greiz ist auf Seite 45 eine Bekanntmachung über einen Antrag auf Erteilung einer Leitungs- und Anlagenrechtsbescheinigung für eine Mittelspannungsleitung zu lesen. Betroffen sind Flurstücke der Gemarkungen Brückla, Dörtendorf, Mehla und Triebes, und ich füge hinzu, das habe ich vergessen zu schreiben, Langenwetzendorf. Der Bekanntmachung zufolge können die Eigentümer der betroffenen Grundstücke den eingereichten Antrag innerhalb von vier Wochen vom Tag dieser Bekanntmachung an beim Landesamt für Bau und Verkehr, Bescheinigungsstelle für Versorgungsleitungen, Außenstelle Sondershausen, von Montag bis Donnerstag zwischen 8.30 Uhr und 11.30 Uhr sowie zwischen 13.00 Uhr und 15.00 Uhr sowie am Freitag zwischen 8.30 Uhr und 11.30 Uhr bzw. nach vorheriger Terminvereinbarung einsehen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Rechtsgrundlagen sind für die o. g. Bekanntmachung und deren Inhalte maßgebend?

2. Bewertet die Landesregierung den Aufwand für die Betroffenen, um Einsicht in die Unterlagen nehmen zu können, als angemessen und bürgernah und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?

3. Welche anderen Möglichkeiten bestehen, um eine wohnortnahe Einsichtnahme in die Unterlagen zu ermöglichen?

4. Wie bewertet die Landesregierung die o. g. Vorgehensweise im Vergleich zu ansonsten üblichen Verfahren der öffentlichen Auslegung und Bürgerbeteiligung?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie, Herr Staatssekretär Staschewski.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bergner für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Die oben genannte Bekanntmachung ist Bestandteil des Bescheinigungsverfahrens für Versorgungs

leitungen, das seine rechtliche Grundlage im Grundbuchbereinigungsgesetz GBBerG vom 20.12.1993 und der Sachenrechtsdurchführungsverordnung vom 20.12.1994 findet. Die Pflicht zur öffentlichen Bekanntmachung der Antragstellung sowie Vorgaben zu Art und Weise ihrer Durchführung ergeben sich dabei aus § 9 Abs. 4 des Grundbuchbereinigungsgesetzes sowie aus § 7 Abs. 1 der Sachenrechtsdurchführungsverordnung.

Zu Frage 2: Die Ausstellung sogenannter Leitungsund Anlagenrechtsbescheinigungen ist ein Massenverfahren, das vom Landesamt für Bau und Verkehr über die Außenstellen Sondershausen und Sonneberg betrieben wird. Die bisher gestellten Anträge umfassen mehr als 150.000 Flurstücke im Freistaat. Bis dato wurden ca. 4.600 solcher Bescheinigungen erteilt. Angesichts der Tatsache, dass diese Verfahren mit einem relativ geringen Personalstock zügig bewältigt werden müssen, hält die Thüringer Landesregierung die von den zuständigen Stellen seit Jahren praktizierte und vonseiten der Bürger bisher nicht beanstandete Art und Weise der Bekanntmachung für praktikabel. Schon jetzt haben Betroffene die Möglichkeit, sich telefonisch an die Bescheinigungsstelle zu wenden und Auskünfte zu dem der Behörde vorliegenden Antrag einzuholen. Sofern dabei eine Eigentümerstellung glaubhaft gemacht wird, werden die den Eigentümer betreffenden Unterlagen von der Bescheinigungsstelle auch postalisch versandt. Auf Wunsch vermittelt die Bescheinigungsstelle darüber hinaus den Kontakt zu dem antragstellenden Versorgungsunternehmen, das meist über eine örtliche Niederlassung verfügt.

Zu Frage 3:Unter Verweis auf begrenzte Personalkapazitäten in den Bescheinigungsstellen unter Beachtung des die gesamte Verwaltung verpflichtenden Gebots der Wirtschaftlichkeit erscheinen abweichende Verfahrensweisen zur Bekanntmachung nicht immer besser. Dabei gilt es nämlich zu beachten, dass die Belegenheit eines Grundstücks nicht zwingend mit dem Wohnort des Eigentümers zusammenfällt. Eine Auslegung der Antragsunterlagen am Ort der betroffenen Grundstücke würde also nicht zwangsläufig zu mehr Bürgernähe führen.

Es gibt eine Nachfrage durch den Fragesteller.

Danke Herr Präsident und vielen Dank Herr Staatssekretär für Ihre Antwort. Erhalten Sie die Einschätzungen in Sachen Angemessenheit aufrecht, wenn ich Ihnen berichte, dass man beispielsweise aus Hohenleuben, das für mehrere der Gemarkungen die nächste Bahnstation wäre, 6.45 Uhr abfahren muss, um 11.00 Uhr in Sondershausen sein zu können, und dass man 20.20 Uhr dann zurück ist in

Hohenleuben bei einem Kostenaufwand von 57,80 €. Und wenn mir noch eine zweite Anfrage erlaubt ist, warum ist denn dann keine Auslegung in den Gemeinden möglich oder wenigstens im Landkreis oder ein Einstellen der Dateien ins Internet, wenn man erst auf Nachfragen am Telefon erfahren kann, dass man die Möglichkeit hat, das zugeschickt zu bekommen. Danke.

Sehr gerne. Ich habe gesagt, es ist zur 1. Frage selbstverständlich möglich, sich das entsprechend telefonisch herbeizuholen. 2., dass das ein Massenverfahren ist, was seit Jahren so gehandhabt wird. Ich nehme gerne aber die Anregung mit auf, dass vielleicht eine Information noch im Internet zur Verfügung gestellt wird, damit Leute nicht extra erst mal anrufen müssen. Das nehmen wir mit und ich würde darum bitten, falls es möglich ist, doch dies so zu handhaben.