Danke, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Minister, genau diese Masse an Missverständnissen, die Sie hier von diesem Pult aus verlesen haben, ließe sich wunderbar im Ausschuss aufklären,
wenn ich das so höre, was hier alles gesagt worden ist. Sie haben abgestellt auf den prozentualen Anteil der Landesstraßen. Ich sage es noch einmal, es ging uns nicht darum, das Umstufen von Straßen in Abhängigkeit von der Verkehrsbedeutung in irgendeiner Weise zu torpedieren - ganz und gar nicht. Auch so viel gehört zum Lesen dazu und auch so viel gehört dazu, wenn man ehrlich miteinander umgehen will. Sie haben davon gesprochen, dass die FDP in der 1. Legislaturperiode dieses Straßengesetz mit beschlossen habe. Natürlich haben unsere Abgeordneten in der 1. Legislaturperiode auch Gesetze hier mit beschlossen, aber bitte schön, nach fast 20 Jahren muss man auch mal dazulernen dürfen. Dem einen oder anderen außer uns würde das auch nicht schaden, meine Damen und Herren.
Wenn Sie bitte mit der Bereitschaft zu einer ehrlichen Debatte und vor allem zu einer zielorientierten Debatte, wo es nicht darum geht, sich einfach bloß irgendwelche Dinge um die Ohren zu hauen und eine Schärfe vorzuwerfen, die keiner von uns in irgendeiner Weise hineinbringen wollte, herangehen,
dann, meine Damen und Herren, lesen Sie bitte nach und dann sehen Sie, dass wir in unserem Entwurf überhaupt nicht verlangt haben, irgendetwas an der Breite dieser Straßen zu ändern. Wir haben noch nicht einmal verlangt, die Trassierung auf ein modernes Niveau zu bringen, was längst überfällig gewesen wäre.
Welche der Landesstraßen, die in der letzten Zeit mit einer Deckenerneuerung oder dergleichen versehen worden sind, ist wirklich auf einem angemessenen Landesstraßenniveau saniert? Das kann man an wenigen Fingern abzählen, meine Damen und Herren. Ich sage es noch einmal: Wir haben uns ganz bewusst in einer langen Diskussion unterhalten, wie formulieren wir die Kriterien, die wir mit diesem Gesetzentwurf einbringen. Wir haben deswegen auch den Aufbau nach RStO, also nach den
Richtlinien für den Straßenoberbau, hergenommen. Da geht der Aufbau vor allem nach der Belastungszahl. Das hat etwas mit prognostizierten Lastübergängen zu tun. Da wäre der Aufbau, nebenbei gesagt, dann auch bei einer Landesstraße zweiter Ordnung nicht so wesentlich anders als bei einer Ortsverbindungsstraße, weil es schlicht und einfach nach der Belastungszahl geht.
Meine Damen und Herren, wir sind die Letzten, die in irgendeiner Weise nun auf dem hundertprozentigen Durchbringen von einzelnen Formulierungen bestehen würden. Lassen Sie uns doch in den Ausschüssen darüber beraten und zu einer vernünftigen Beratung kommen. Dafür ist doch Ausschussarbeit da, meine Damen und Herren.
Ich will noch eines sagen: Wenn Sie davon reden, dass die Landesstraßen zweiter Ordnung von Haus aus ohnehin nur kommunale Funktionen hätten, dann ist das ein völliges Fehlverständnis von den Landesstraßen zweiter Ordnung. Ich kann Ihnen etliche Landesstraßen zweiter Ordnung nennen, die genau das nicht haben, sondern eine überörtliche Funktion bringen. Ich darf an dieser Stelle auch daran erinnern, dass das keine neue Erfindung nach der friedlichen Revolution war, sondern dass sie aus dem Bezirksstraßensystem hervorgegangen sind. Auch damals hat man als Bezirksstraßen nicht irgendwelche Ortsverbindungsstraßen vorgesehen. Die heutigen Landesstraßen zweiter Ordnung sind die alten Bezirksstraßen zweiter Ordnung. Auch das sollte man schlicht und einfach gelesen haben.
Ich will mich jetzt nicht im Dickicht des Details verheddern, ich will es nur noch einmal ganz klar und deutlich sagen: Es geht uns nicht darum, mit diesem Gesetzentwurf das Land dazu zu zwingen, Straßen, die es an Kommunen, die es an Landkreise überträgt, breiter auszubauen, mit anderen Trassierungselementen auszubauen. Genau all diese Dinge haben wir nicht in den Gesetzentwurf hineingenommen, weil wir eigentlich in der Hoffnung auf eine konstruktive Debatte hierhergekommen sind, in der Hoffnung hierhergekommen sind, dass gerade auch Parteien, die kommunal verankert sind, meine Damen und Herren, an einer vernünftigen Lösung interessiert sein müssten.
Deswegen werbe ich noch einmal ganz klar und deutlich und appelliere an Sie, sich nicht zu verschließen, sondern zu einer vernünftigen Debatte bereit zu sein und diesen Gesetzentwurf an die Ausschüsse zu geben. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.
Danke, Herr Abgeordneter Bergner. Es liegt mir kein Rednerwunsch mehr vor. Das heißt, wir kommen jetzt zur Abstimmung. Es wurde Ausschussüberweisung beantragt.
Wir beginnen mit der Abstimmung über die Überweisung des Gesetzentwurfs in der Drucksache 5/2780 an den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr. Wer diesen Gesetzentwurf an diesen Ausschuss überweisen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Gibt es Gegenstimmen? Die Gegenstimmen kommen aus den Fraktionen CDU und SPD. Damit ist die Überweisung abgelehnt.
Der zweite Antrag auf Überweisung betrifft den Innenausschuss. Wer sich dieser Überweisung anschließen kann, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Fraktionen DIE LINKE und FDP. Gegenstimmen? Die Gegenstimmen kommen aus den Fraktionen CDU und SPD. Gibt es Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen kommen aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist auch diese Überweisung abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt für heute.
Thüringer Gesetz über die Reform der Forstverwaltung Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/2871 ERSTE BERATUNG
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr schnell nach meinem Amtsantritt als Minister für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz erfuhr ich, welche gravierenden Auswirkungen Personalmangel, Altersstruktur und unzureichende Flexibilität im Verwaltungshandeln haben und wie diese Faktoren die tägliche Arbeit eines Försters unter Umständen negativ beeinflussen können. Aus diesem Grund erteilte ich bereits im Februar vergangenen Jahres einen Prüfauftrag zur inhaltlich-strategischen und personellorganisatorischen Neuausrichtung der Thüringer Landesforstverwaltung. Hierzu berief ich eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe mit dem Namen „Forststruktur“ mit Vertretern aller Beschäftigtengruppen und der Personalvertretung ein und wir zogen auch einen Steuerberater hinzu. Der Prüfauftrag an die Arbeitsgruppe umfasste die Darstellung
und Analyse der Ausgangssituation und der Rahmenbedingungen der Thüringer Landesforstverwaltung sowie die Begründung der Notwendigkeit einer umfassenden Neuausrichtung, die Formulierung von Maßgaben und Zielen, die Darstellung, Analyse und Bewertung der möglichen Rechts- und Organisationsformen sowie die Abwägung der Vor- und Nachteile im Vergleich mit aktuellen Rechtsformen anderer Länder quasi im Rahmen eines Benchmarking.
Durch die Arbeitsgruppe Forststruktur wurde mir im Mai 2010 eine ergebnisoffene Entscheidungsvorlage zur inhaltlich-strategischen und personell-organisatorischen Neuausrichtung der Thüringer Landesforstverwaltung übergeben. Dabei wurden als Fazit zwei Varianten in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt. Eine Variante sah die Beibehaltung des Regiebetriebs in der Einheitsforstverwaltung unter der Maßgabe der Einstellung von 218 Beamten und Tarifbeschäftigen sowie 50 bis 100 Forstwirten in den nächsten zehn Jahren vor, für die es einer Erhöhung der Haushaltsansätze von jährlich 5 Mio. € für Personal- und Sachkosten bedurft hätte. Vor dem Hintergrund einer strikten Haushaltskonsolidierung erschien die Umsetzung dieser Variante als nicht realistisch. Letztlich hätte der nicht mehr kompensierbare Personalmangel, der mit einer ungünstigen Altersstruktur einhergeht, die gesetzliche Aufgabenerfüllung und somit auch den Erhalt des Gemeinschaftsforstamts in der bisherigen Qualität deutlich gefährdet.
Die zweite Variante sah die Errichtung einer Anstalt öffentlichen Rechts unter Beibehaltung der Organisationsform des Gemeinschaftsforstamts vor. Die Anstalt öffentlichen Rechts bietet insbesondere für den operativen Geschäftsteil des Forstbetriebs eine höhere Flexibilität und die Möglichkeit wirtschaftlicheren Handelns. Hierdurch besteht auch die Chance auf eine personelle Erneuerung, die derzeit nur in sehr, sehr geringem Umfang realisierbar erscheint. Durch bedarfsgerechten Personal- und Sachkosteneinsatz können weitere Effizienzpotenziale erschlossen werden. Sukzessive trägt dies zur Reduzierung des Landeszuschusses bei. Der Erhalt des Gemeinschaftsforstamts als Organisationsform stand dabei stets außer Frage. Es ist auf vielfältige Weise ein Erfolgsmodell, das es zu erhalten gilt und das daher seinerzeit auch ausdrücklich in der Koalitionsvereinbarung der Regierungsparteien festgeschrieben wurde. Die Aufgabenerfüllung im gesamten bisherigen Spektrum des Gemeinschaftsforstamts ist insoweit garantiert.
Das Kabinett nahm am 17. August 2010 die Vorlage des Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz, die Landesforstverwaltung in eine Anstalt öffentlichen Rechts unter Beibehaltung der Organisationsform des Gemeinschaftsforstamts umzuwandeln, zur Kenntnis. Am 15. März 2011 hat das Kabinett den Referentenent
wurf eines Thüringer Gesetzes über die Reform der Forstverwaltung ebenfalls zur Kenntnis genommen. In die darauffolgende Anhörung wurden neben dem Gemeinde- und Städtebund und dem Thüringischen Landkreistag weitere 26 Verbände und Einrichtungen einbezogen. Die 21 eingegangenen Stellungnahmen wurden eingehend geprüft. Die Anregungen und Vorschläge wurden soweit möglich und zweckmäßig auch in den Gesetzentwurf eingearbeitet. Eine wesentliche Prämisse bei der Bewertung der Stellungnahmen zu den Artikeln 2 bis 20 des Gesetzentwurfs war der Grundsatz, dass hier lediglich formelle Folgeänderungen und Zuständigkeitsänderungen infolge der Errichtung der Anstalt öffentlichen Rechts vollzogen werden sollen. Materiell-rechtliche Änderungen wurden grundsätzlich nicht vorgenommen.
Die mit dem Gemeinde- und Städtebund Thüringen, dem Bund für Umwelt- und Naturschutz, dem Naturschutzbund, dem Waldbesitzerverband sowie dem Landesjagdverband zusätzlich geführten Gespräche trugen wesentlich zur Verständnisbildung bei, so dass die bestehenden Bedenken und Missverständnisse ausgeräumt werden konnten. Thematisiert wurden in den Stellungnahmen insbesondere der Verbleib der Liegenschaften im Eigentum des Landes, die deutliche Darstellung des Erhalts der Organisationsform des Gemeinschaftsforstamts, der Grundaufbau der inneren Organisationsstruktur der Landesforstanstalt, die Aufgabenabgrenzung zwischen der obersten und der unteren Forstbehörde, der Übergang der Nationalparkverwaltung Hainich und der Thüringer Landesanstalt für Wald, Jagd und Fischerei auf die Landesforstanstalt sowie deren zukünftige Aufgabenwahrnehmung, die Sicherung der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften durch die Landesforstanstalt bei der betrieblichen und hoheitlichen Aufgabenerfüllung, die Besetzung des Vorstands und des Verwaltungsrats, die Vetorechte der von den für Forsten und Finanzen zuständigen Ministerien entsandten Vertreter in den Verwaltungsrat sowie die Rechte des Gewährträgers.
Insbesondere ein ausdrückliches Bekenntnis zur Beibehaltung des Gemeinschaftsforstamts und der Grundaufbau der inneren Organisation der Landesforstanstalt wurden in der Folge in den Gesetzentwurf integriert. Am 7. Juni dieses Jahres fand der zweite Kabinettsdurchgang statt, in dessen Ergebnis das Kabinett den Gesetzentwurf und die Einbringung in den Landtag beschlossen hat.
Nach einer Prüfungsankündigung im August 2010 begleitete der Thüringer Rechnungshof ab September 2010 den Überführungsprozess hinsichtlich der strategischen Zielsetzung, der Effizienzpotenziale und der Möglichkeiten einer Erfolgskontrolle. Im Ergebnis der Beratung gelang es, die strategischen Zielsetzungen des Reformwechsels deutlicher zu fassen, die Grundlagen für die Wirtschaftlichkeits
betrachtung zu verbessern und die Basis für eine Erfolgskontrolle des Rechnungshofs für die künftige Tätigkeit der Landesforstanstalt zu legen.
In seiner Äußerung zum vorliegenden Gesetzentwurf vom 25. Mai 2011 begrüßte der Thüringer Rechnungshof die mit der Errichtung der Landesforstanstalt einhergehenden Zielsetzungen, insbesondere die flexiblere Gestaltung der Geschäftsprozesse, die sich hieraus ergebenden Möglichkeiten wirtschaftlicheren Handelns und die bessere Transparenz bei der Nachweisführung erbrachter Leistungen im betrieblichen und hoheitlichen Aufgabenbereich.
Besonders wertvoll waren die Eindrücke und Anregungen aus der mit allen Bediensteten der Thüringer Landesforstanstalt durchgeführten Belegschaftsversammlung der vergangenen Woche. Es hat sich einmal mehr bestätigt, dass die Entscheidung zur Gründung der Anstalt öffentlichen Rechts „ThüringenForst“ sowie die damit einhergehenden Veränderungen mehrheitlich von den Bediensteten getragen und als Chance für die Gestaltung einer tragfähigen Zukunft verstanden werden.
Nach alldem war und bin ich der festen Überzeugung, dass die Forstverwaltung zukünftig nur dann dauerhaft stabile und erfolgreiche Strukturen finden wird, wenn der Rechtsformwechsel in eine Anstalt öffentlichen Rechts „ThüringenForst“ vollzogen wird. Ich möchte den Landtag deshalb nunmehr bitten, den Entwurf eines Thüringer Gesetzes über die Reform der Forstverwaltung in erster Lesung zu behandeln. Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Reinholz. Ich eröffne jetzt die Aussprache. Mir liegt eine Rednerliste vor und das Wort hat Frau Abgeordnete Mühlbauer für die SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, wir alle werden heute nicht nur Zeuge, sondern wir sind selbst Handelnde einer meines Erachtens durchaus als historisch einzustufenden Beratung im Thüringer Landtag. Denn das, was uns die Landesregierung hier in Gesetzesform vorgelegt hat und was wir in den kommenden Monaten in den Ausschüssen des Landtags beraten werden, ist unumkehrbar. Das kann man bedauern, ändern kann man es nicht.
Denn klar ist allen, die sich ein wenig in diesem Bereich auskennen, Herr Kuschel, wir müssen etwas tun.
Den Landesforst oder genauer gesagt die Landesforstverwaltung haben wir zu Beginn dieser Legislatur in einer bedauernswerten Situation mit einer noch schlechteren Perspektive vorgefunden, und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, trotz des Einsatzes, der Opferbereitschaft, der Loyalität und auch der Anpassungsfähigkeit der im Landesforst Beschäftigten. Um auch das hier klar zu sagen, an den Beschäftigten lag es nicht. Die Entscheidung für diesen Rechtsformwechsel resultiert laut Ministerium auch aus der zunehmenden Diskrepanz zwischen der Erfüllung gesetzlicher Aufgaben einerseits und dem dazu verfügbaren Personal einschließlich der finanziellen Mittel andererseits. Dabei wird die bereits zahlenmäßig betrachtet unzureichende Ausstattung mit Personal noch verschärft durch die Altersstruktur der Waldarbeiter, die mit über 52 Jahren im Schnitt äußerst ungünstig ist.
Diese Gemengelage wäre bei umsichtiger Personalentwicklung und rechtzeitigem Gegensteuern vermeidbar gewesen. Denn wenn wir ehrlich sind, dann ist die jahrelange Blockade eines vernünftigen Einstellungskorridors im Landesforst einer der Hauptgründe für die aktuelle problematische Situation. Anstatt das Problem zu lösen, hat die Regierung um Ex-Ministerpräsident Althaus die Situation mit ihrem Stellenabbaukonzept noch weiter verschärft.
Denn in den Forstämtern müssten auf Grundlage der Strukturreform von 2005 bis 2020 insgesamt 178 Angestellte und Beamte sowie 122 Waldarbeiter abgebaut werden. Dies ist für mich ein öffentliches Eingeständnis der CDU, dass das Stellenabbaukonzept der Regierung Althaus den Landesforst in eine äußerst prekäre Lage gebracht hat,