Protokoll der Sitzung vom 16.06.2011

(Beifall FDP)

Wir hatten im Innenausschuss explizit nachgefragt, ob der Landesregierung Erkenntnisse bezüglich der gesundheitlichen Auswirkungen von Schichtdienst vorliegen. Dies konnte uns nicht bestätigt werden, da es vielseitige Umstände gibt, die für eine Gesundheitsbeeinträchtigung ursächlich sein können. Ich will aber gern hier ein wenig helfen, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass Ihnen das Gutachten von Prof. Dr. Nachreiner aus Oldenburg nicht vorliegt. Diese Studie kam zu dem Ergebnis, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen infolge von Wechselschichtdienst nach 13 Jahren leicht und nach 22 Jahren stark ansteigen. Das zu ignorieren ist, glaube ich, der falsche Weg und das ist auch

(Abg. Dr. Pidde)

keine Frage von Arbeitsschutzbestimmungen, sondern das ist eine Frage des Alltags, den diese Menschen bewältigen.

(Beifall FDP)

Andere Länder scheinen diese Erkenntnisse schon zu haben und haben auch entsprechend reagiert, wie beispielsweise Hessen: abschlagsfrei nach zehn Jahren und Bayern nach 20 Jahren Wechselschichtdienst. Auch stellt nach unserer Auffassung die Einschränkung der Berücksichtigungsfähigkeit von Vordienstzeiten nach § 16 des Gesetzentwurfs einen massiven rückwirkenden Eingriff dar. Vertrauensbildende Maßnahmen, meine Damen und Herren, sehen aus unserer Sicht nun wirklich anders aus.

(Beifall FDP)

Unter Vertrauensgesichtspunkten sollte zumindest eine Übergangsregelung für die derzeit vorhandenen Beamten eingefügt werden. Nach unserer Ansicht hat sich die Landesregierung keinen Gefallen getan, den Gesetzentwurf in dieser Geschwindigkeit durchzupeitschen. Es gab genug gute Anregungen von den Anzuhörenden, die leider keine Berücksichtigung gefunden haben.

Deswegen werbe ich abschließend für unseren Änderungsantrag. Wir wollen eine Übergangslösung, durch die alle beim Inkrafttreten des Gesetzes vorhandenen Beamten nicht rückwirkend belastet werden. Aus Gründen des Vertrauensschutzes soll § 10 des Beamtenversorgungsgesetzes in seiner bisherigen Fassung für Beamte, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes vorhanden sind, weiter gelten und ich werbe auch noch einmal für die Situation der Polizisten, die ich eindringlich beschrieben habe. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Kowalleck von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie merken schon, die Debatte ist heute wesentlich emotionaler als zur Einbringung. Das mag auch daran liegen, dass wir doch eine Vielzahl von Zuschriften erhalten haben bzw. Anregungen zum Gesetzentwurf. Wir haben uns intensiv damit beschäftigt - da muss ich Kollegin Keller widersprechen - und Herr Dr. Pidde hatte auch erwähnt, dass ein Hauptziel, die Wiedereinführung der 40-Stunden-Woche nach Koalitionsvertrag, so schnell wie möglich erfüllt werden muss. Nichtsdestotrotz werden wir uns auch zukünftig mit der Materie intensiv beschäftigen. Deshalb sind auch in den letzten Ta

gen und - man muss sagen - auch in den letzten Stunden noch Gespräche erfolgt hier in diesem Hohen Hause.

Der Finanzminister ist bereits zur Einbringung des Gesetzentwurfs auf verschiedene Punkte eingegangen, unter anderem auch auf die Belastung zukünftiger Haushalte durch die Beamtenversorgung. Ich möchte dieses Thema nicht so wegwischen wie die Kollegin Keller, sondern möchte hier auch noch einmal ganz klar die Zahlen nennen: Im Jahr 2000 waren es 11 Mio. €, im Jahr 2010 waren es 78 Mio. € und nach Vorausberechnungen des Finanzministeriums werden es im Jahr 2020 bis 312 Mio. € sein, die für die Versorgungslasten aufzubringen sind. Das sind Zahlen, die auch immer wieder Gegenstand unserer Diskussion sein müssen - gerade in Zukunft bei der Erstellung der Haushalte. Hier haben wir uns als Hohes Haus auch eine ganze Menge vorgenommen, erst recht in Bezug auf die Anhörung. Ich hatte das vorhin erwähnt. Hier wurden verschiedene Wünsche geäußert und da kann man nur sagen, nicht jeder Wunsch ist auch so erfüllbar und finanzierbar. Ich sehe hier gerade auch bei den Ausführungen von Herrn Meyer schon Anregungen in Bezug auf den Antrag der FDP. Man muss eben auch immer fragen, woher man das Geld nehmen kann und ob bestimmte Dinge finanzierbar sind. Aber gleichzeitig gilt natürlich auch die Unterstützung der Beamtinnen und Beamten. Dies ist immer irgendwo abzuwägen.

Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erfolgt durch Landesrecht eine Zusammenfassung und Bereinigung des Beamtenversorgungsrechts. Das Gesetz sieht auch vor, eingetragene Lebenspartnerschaften in der Beamtenversorgung, insbesondere der Hinterbliebenenversorgung, gleichzustellen. Dies war auch eine Festlegung im Koalitionsvertrag und hier möchte ich auch noch mal ganz klar sagen, Herr Dr. Pidde, für uns gelten eben auch Vereinbarungen und Verträge und Sie hatten mal im Tagesordnungspunkt - das ist jetzt schon einige Monate her - zur Beamtenversorgung gesagt, dass Sie sich den Koalitionsvertrag unter das Kopfkissen legen. Das haben Sie auch gemacht, Sie haben die Stelle zitiert. Ich muss aber auch noch mal sagen, die gemeinsame Regelung der Altersgrenzen und der Arbeitszeit der Beamten hat ihre Grundlage im Koalitionsvertrag und wir haben das so festgelegt, dass wir es gemeinsam einbringen, und das ist auch eine gute Geschichte, dass wir das, was wir niederschreiben, das, was wir sagen, auch hier so einhalten.

(Beifall CDU)

Ich muss aber auch noch einmal auf die Rhetorik eingehen. Sie hatten zur letzten Debatte auch davon gesprochen, dass wir Beamte als Sparschweine ansehen, dass wir bestimmte Dinge verbockt haben - ich muss sagen, da müssen wir aber auch

(Abg. Bergner)

mal den Ball flach halten, das ist nicht unsere Rhetorik. Sie sollten uns so eine Rhetorik nicht unterstellen und mir ist es wichtig, gerade auch im Sinne der Beamtinnen und Beamten, hier sachlich zu diskutieren. Wir sagen auch ganz klar, dass die Beamtinnen und Beamten und die Angestellten im Freistaat eine gute Arbeit leisten, und sie haben auch unsere Unterstützung.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, die grundsätzliche Anpassung der Arbeitszeit der Beamten von 42 auf wieder 40 Stunden erfolgt im Einklang mit der Arbeitszeit der Tarifbeschäftigten und wird von den Anzuhörenden und - das ist, denke ich, auch klar geworden - von allen Fraktionen ausdrücklich begrüßt. Ich muss hier aber auch noch mal auf die Ausführung von Frau Keller eingehen. Mir kommt es heute so ein bisschen vor, als ob Sie Kreide gefressen hätten. Nachdem wir zur Einbringung die Äußerung von Herrn Hauboldt gehört haben, der von bestehender Trennung zwischen Angestellten und Beamten im öffentlichen Dienst gesprochen und dies als veraltet und sachlich kaum begründete strukturelle Trennung bezeichnet hat, die Ihres Erachtens auch überwunden werden muss,

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, DIE LINKE: Ja, hat sich nicht geändert.)

da muss ich sagen, diese grundsätzliche Systemkritik ist schon überlegenswert. Da habe ich heute ganz andere Ausführungen von Ihrer Seite gehört.

(Zwischenruf Abg. Keller, DIE LINKE: Ich ge- be Ihnen das Protokoll nachher.)

Gut, danke.

Ich hätte mir aber auch, ehrlich gesagt, dann handfeste Vorlagen und Anträge von Ihnen gewünscht. Das ist meiner Kenntnis nach auch nicht erfolgt.

(Zwischenruf Abg. Keller, DIE LINKE: Im Ausschuss haben aber wir geredet, Sie nicht.)

Wer schreibt, der bleibt, heißt es so schön. Vielleicht kann das in Zukunft erfolgen.

(Unruhe DIE LINKE)

Ich muss sagen, nur Grundsatzkritik zu äußern, ist doch schon recht flach an dieser Stelle, zumal die Anzuhörenden auch durchweg Änderungsvorschläge eingebracht haben und keinesfalls von einer Abschaffung der strukturellen Trennung gesprochen haben. Das konnte ich in den Schreiben nicht nachlesen.

In Ihrer Grundsatzkritik - und da schließe ich auch die Gewerkschaften ein - steht auch die Anhebung der Altersgrenze auf 67 Jahre. Damit wird eine Übereinstimmung mit dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, dem Recht der Bundesbeam

ten sowie der Mehrzahl der Länder hergestellt. Ich muss sagen, es ist dann auch weltfremd, wenn man anders diskutiert. Das muss man auch ganz klar sagen. Für Beamte mit besonderen körperlichen Ansprüchen - das ist heute auch in der Diskussion klargeworden -, z.B. im Polizeivollzug, im Strafvollzug und im Feuerwehrdienst, gelten andere Regelaltersgrenzen und das wurde hier auch entsprechend begründet.

Meine Damen und Herren, wir haben einen umfangreichen Gesetzentwurf vorliegen. Wie eingangs besprochen, wird uns dieser auch zukünftig beschäftigen. Wenn Frau Keller hier von Thüringen als einem beamtenfeindlichen Bundesland spricht, kann ich das nicht teilen.

(Zwischenruf Abg. Keller, DIE LINKE: Das war ein Zitat.)

Sie haben zitiert und ich bringe noch mal ein anderes Zitat von Helmut Liebermann, Vorsitzender des tbb. Er erklärte zum Thema Arbeitszeit der Beamten im tbb-Regionalmagazin Januar/Februar 2011: „Es kommt jetzt darauf an, nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen, stattdessen zu einer sachlichen Gesprächskultur zurückzufinden.“ In diesem Sinne wünsche ich uns noch eine gute Beratung. Danke schön.

(Beifall CDU)

Danke, Herr Abgeordneter. Die Rednerliste vonseiten der Abgeordneten ist abgearbeitet. Minister Dr. Voß hat um das Wort gebeten.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich freue mich, dass dieses Gesetz zur Regelung der Versorgung und Altersgrenze der Beamten und Richter heute die Schlussrunde der parlamentarischen Beratung durchläuft und gewissermaßen - wie sagt man - die parlamentarischen Hürden nimmt. Das ist ein Grund zur Freude, nämlich, es handelt sich um ein äußerst wichtiges Gesetz für unsere Beamten und Richter. Die Freude ist auch deshalb groß, weil wir das vierte Bundesland - erst das vierte Bundesland - sind, was mit einem eigenständigen Beamtenversorgungsrecht aufwarten kann. Ich denke, auch aus diesem Blickwinkel sollte man das Gesamtreformwerk nicht unterschätzen. Natürlich ist mir bewusst, dass kein Gesetz aus dem parlamentarischen Raum herauskommt, wie es hineingekommen ist. Ich begrüße die Änderungsanträge, die Veränderungen der Regierungsfraktionen. Sie finden meine volle Zustimmung. Die inhaltliche Kritik, die von den Verbänden und Interessengruppen hervorgebracht wurde, ist klar, es gibt immer ein Mehr, für den anderen vielleicht etwas weniger, der andere möchte etwas längere

(Abg. Kowalleck)

Zeiten, dann wieder kürzere. Aber wenn man es insgesamt sieht, hält sich die Kritik an dem Reformwerk in Grenzen, so meine ich. Es ist auch selbstverständlich, dass je nach Interessenstandpunkt diese Dinge aufgegriffen werden von den Oppositionsparteien, von dem einen oder anderen Abgeordneten. Ich denke, die Argumente sind ausgetauscht und es hat auch gar keinen Sinn, diese Dinge nun meinerseits noch mal zu wiederholen. Es ist intensiv beraten worden. Man sollte nicht vergessen, dass der Gesetzentwurf auch einige Verbesserungen für die Beamten und Richter enthält - Wiedereinführung der 40-Stunden-Woche ist schon gesagt worden, Stichwort Unfallausgleich und viele Dinge mehr.

Es handelt sich natürlich auch um einen echten Kompromiss, einen Kompromiss zwischen dem grundgesetzlich garantierten Recht der Beamten auf eine angemessene Lebenssituation. Auf der anderen Seite ist aber auch die Waage zu halten der Beamtenschaft zu den Verhältnissen der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, aber insbesondere auch in der freien Wirtschaft. Insofern, denke ich, ist es ein Kompromiss. Man kann die Anhebung der Altersgrenze auf 67 natürlich kritisieren, wie wir das auch jetzt gehört haben, aber es ist auch ein Kompromiss zwischen Tragfähigkeit, Finanzierungsfähigkeit, Frage der Demographie, die Menschen werden älter, und insofern, last, but not least, ist es auch eine Frage der Gerechtigkeit zu den Arbeitnehmern, die in der freien Wirtschaft arbeiten.

Es sind auch noch einige Privilegien oder einige Dinge in dem Gesetz, die sonst nicht üblich sind, wie der vorzeitige Renteneintritt bei Schichtdiensten, insbesondere in der Polizei, Justizvollzug. Dieses ist nicht üblich, so etwas kennt das Rentenrecht nicht. Dass wir auch Studienzeiten bis zu drei Jahren weiterhin anerkennen, ist auch nicht unbedingt üblich. Und man darf eins nicht vergessen, die Erwerbsbiografien von Beamten und Richtern sind oft ununterbrochen, das hängt natürlich mit der Arbeitsplatzgarantie und mit der Lebenszeit der Verbeamtung zusammen. Sie sind ununterbrochen und insofern darf es auch gar nicht so wenig vorkommen, dass man dann nach 45 Dienstjahren mit 65 abschlagsfrei in Rente gehen darf.

Ich meine, es ist ein fairer Kompromiss, den wir hier beraten und hier vorliegen haben. Ich bitte Sie um Zustimmung. Ich bedanke mich bei den Damen und Herren Abgeordneten für die intensive, faire Beratung zu diesem Gesetzentwurf. Recht herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Danke, Herr Minister. Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen mir nicht vor.

Ich schließe die Aussprache und wir treten in die Abstimmung ein.

Wir beginnen mit der Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/2925. Ich frage: Wer möchte diesem Änderungsantrag zustimmen, den bitte ich um sein Handzeichen. Das ist Zustimmung vonseiten der FDP-Fraktion und vereinzelte Zustimmung aus der Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? Das sind Gegenstimmen von der CDU-Fraktion, SPDFraktion und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer enthält sich der Stimme? Das sind vereinzelte Stimmenthaltungen bei der Fraktion DIE LINKE. Damit ist dieser Änderungsantrag der Fraktion der FDP abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in der Drucksache 5/2893. Wer dieser Beschlussempfehlung das Jawort gibt, den bitte jetzt um sein Handzeichen. Das ist Zustimmung vonseiten der Fraktionen der CDU, der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt gegen die Beschlussempfehlung? Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? Das ist die Fraktion der FDP. Damit ist die Beschlussempfehlung des Haushaltsund Finanzausschusses angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 5/2514 in zweiter Beratung, natürlich unter Berücksichtigung der Ergebnisse der vorhergegangenen Abstimmung. Ich frage: Wer möchte dem Gesetzentwurf der Landesregierung zustimmen? Das ist Zustimmung vonseiten der CDU-Fraktion, der SPD-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? Dagegen stimmt die Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? Stimmenthaltungen gibt es von der Fraktion der FDP. Damit ist der Gesetzentwurf angenommen und wir treten ein in die Schlussabstimmung, in der wir unser Abstimmungsverhalten durch das Erheben von den Plätzen dokumentieren.

Wer stimmt dem Gesetzentwurf der Landesregierung zu? Das ist Zustimmung von den Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? Die Gegenstimmen kommen von der Fraktion DIE LINKE. Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen kommen von der Fraktion der FDP.

Damit schließe ich auch den Tagesordnungspunkt 3 und rufe auf den Tagesordnungspunkt 4