Protokoll der Sitzung vom 17.06.2011

(Beifall CDU, SPD)

Herr Minister, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Barth?

Selbstverständlich.

Bitte schön.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Minister, ich will jetzt mal nicht diese kleine Entgleisung bewerten, die Sie eben gegen meinen Kollegen Bergner gemacht haben,

(Unruhe CDU, SPD)

aber, weil Sie selbst zur Sachlichkeit aufgerufen haben…

Ich habe den Kollegen Bergner zitiert, Herr Abgeordneter.

Weil Sie selbst zur Sachlichkeit aufgerufen haben und Ihren Beitrag mit den Worten begannen sinngemäß, die Thüringer Polizei schafft jedes Jahr Tausende von Gegenständen an und bei einigen

(Abg. Adams)

sei es nun zu Verstößen oder zu Problemen gekommen. Nur damit wir das alle noch einmal hören und nicht der Eindruck verbleibt, dass es hier um drei Bleistifte und fünf Radiergummis gegangen sei. Könnten Sie denn noch einmal uns allen auch der Sachlichkeit halber kurz darlegen, um welche Größenordnung und um welche Beschaffungen es bei den in Rede stehenden Tatbeständen denn gegangen ist, damit wir mal ein Bild bekommen, dass es hier nicht um ein bisschen Klopapier oder so etwas geht.

Herr Abgeordneter Barth, das können wir selbstverständlich. Ich kann aber auf die Berichterstattung dazu verweisen, die in weiten Teilen ja durchaus korrekt ist und deutlich macht, dass es sich um eine geringe Anzahl von Beschaffungsvorgängen, teilweise mit einem erheblichen Wert - auch weil einmal ein Hubschrauber beschafft wurde, bei dem ein zweistelliger Millionenbetrag zu verauslagen war handelt und dass das Ganze einen Zeitraum von 2006 bis 2009 gegebenenfalls umfasst hat dabei. Also einen gewaltigen Zeitraum, in dem in der Zwischenzeit mehrere Tausend Beschaffungsvorgänge abgelaufen sind. Nur damit Sie das auch wieder einordnen können. Ministerialverwaltung ist Ihnen ja nicht fremd, aber vielleicht im alten Ressort war der Beschaffungsumfang geringer.

Herr Minister, Frau Abgeordnete Renner würde Ihnen jetzt gern noch eine Frage stellen. Sie gestatten das?

Von Frau Abgeordneter Renner immer gern.

Danke, Herr Minister. Sie haben eben den Zeitraum dargestellt, in dem sich die Unregelmäßigkeiten abgespielt haben und haben den mit 2006 bis 2009 angegeben. Müsste der nicht hinsichtlich der letztgenannten Zahl auf 2010 korrigiert werden, wenn wir den Vorgang um die Schlagstöcke hinzuziehen? Erste Frage.

Zweite Frage, da möchte ich meinem Kollegen Bergner vielleicht nicht in der Form der Bewertung beistehen, aber im Inhalt. Der materielle Schaden ist durchaus doch zu beziffern, wenn es zum Beispiel um Technik geht, die angeschafft und bezahlt wurde, aber nicht funktioniert. Könnten Sie vielleicht dazu auch kurz eine Äußerung machen?

Zunächst mal, Frau Abgeordnete Renner, sind Gegenstand der Betrachtung und auch Gegenstand der beiden Anträge, über die wir heute hier beraten, das umreist ja den Tagesordnungspunkt, all die Verfahren, die sich im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsstadium befinden und das ist, wie Sie auch wissen, der Beschaffungszeitraum 2006 bis 2009. Darüber hinaus habe ich selbst angeordnet, dass nach bestimmten Kriterien nach Möglichkeit so eine Art Scanning der Beschaffungsvorgänge stattfindet. Da sind Vorgänge auch aus anderen Zeiträumen darüber hinaus in diese Scanning-Phase hineingefallen und werden von uns noch mal intern betrachtet und bewertet.

(Zwischenruf Abg. Renner, DIE LINKE: Mate- rieller Schaden?)

Zum materiellen Schaden vermag ich im Moment wenig zu sagen, weil die großen Vorgänge in der Tat noch keiner rechtlichen Bewertung durch die Staatsanwaltschaft zugeführt wurden. Ich kann lediglich etwas dazu sagen, was wir selbst noch mal zur Anzeige gebracht haben. Da besteht das Risiko eines materiellen Schadens - auch da hat keine abschließende Bewertung zum Schaden stattgefunden - im niedrigen Tausender-Bereich. Von daher ist es ein sehr überschaubarer Vorgang, aber auch diesen überschaubaren Vorgängen gehen wir nach, weil wir den Verdacht haben, dass ein Straftatbestand erfüllt sein könnte.

Insoweit sind wir wieder bei dem Stichwort Sachlichkeit. Und weil ich um diese Sachlichkeit bemüht bin, habe ich in etlichen Ausschussterminen umfangreich zu den Sachverhalten dieser Vorgänge informiert. So ist der Innenausschuss in seiner März-Sitzung von mir in einem weitreichenden Umfang über die Gegenstände des Ermittlungsverfahrens unterrichtet worden. Im entsprechenden Ausschussprotokoll findet sich demgemäß seitenweise Text, der wiedergibt, was ich alles gesagt habe. Im April dieses Jahres befassten sich dann sowohl der Innen- als auch der Haushalts- und Finanzausschuss wiederum mit dem Thema. Die Mitglieder des Haushalts- und Finanzausschusses erinnern sich an eine bis in die Nachtstunden reichende Sitzung, in der seitens des Innenministeriums auch die haushaltstechnischen Fragen der Mittelbewirtschaftung sehr dezidiert beschrieben wurden. Auch wenn es nicht jedem Mitglied des Haushalts- und Finanzausschusses gefallen hat, diese Ausführlichkeit war ein Mittel zur Versachlichung der Debatte. Schließlich habe ich den Innenausschuss im Mai in vertraulicher Sitzung sehr umfangreich über die Beschaffungsvorgänge unterrichtet. Ich bin dankbar, dass dieser Umfang und auch die Tiefe der Unterrichtung sowohl vom Abgeordneten Adams als auch von der Abgeordneten Renner hier noch einmal ausdrücklich hervorgehoben und gelobt wur

(Abg. Barth)

den. Dass ich dabei sehr detailliert vorgegangen bin, sorgte interessanterweise wiederum für Unmut bei der Fraktion DIE LINKE, wie auch eben wieder bestätigt im Eingangsstatement, obwohl gerade sie es war, die zuvor nahezu 100 schriftlich verfasste Fragen an die Landesregierung gerichtet hatte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Landesregierung hat nicht nur ein großes Interesse daran, dass das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren zügig durchgeführt wird. Die Landesregierung wird natürlich auch dem Informationsinteresse der Mitglieder des Thüringer Landtags gerecht. Ich habe in den vorangegangenen Ausschuss-Sitzungen aber auch gesagt, dass ich angesichts des Ermittlungsverfahrens derzeit keine Bewertung, erst recht keine rechtliche Bewertung dieser Vorgänge vornehmen kann, da der Ausgang des staatsanwaltschaftlichen Verfahrens weder beeinflusst noch vorweggenommen werden darf. Deshalb begrüße ich den Alternativantrag der Fraktionen von CDU und SPD. Er sorgt zum einen für die notwendige Sachlichkeit und er wird zum anderen dem derzeitigen Verfahrensstand gerecht. Nach Abschluss des Verfahrens werde ich den Innenausschuss sowie den Haushalts- und Finanzausschuss, der in Parenthese in seiner letzten Sitzung keine einzige Frage an mich hatte, aber selbstverständlich in umfassender Weise über das Ergebnis der Ermittlungen informieren. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Für die CDUFraktion Herr Abgeordneter Fiedler.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe vorhin bewusst kurz geredet, weil ich natürlich erst mal hören wollte, was so alles hier berichtet und gesagt wird. Ich will noch einmal ausdrücklich darauf verweisen, dass wir im Innenausschuss das wirklich ausgiebig besprochen haben. Ich bin etwas erstaunt. Da wir aus dem Innenausschuss nicht berichten sollten, meine Kolleginnen und Kollegen, kann ich nur sagen, ich glaube mich zu erinnern, dass dort alle zugestimmt haben. Ich glaube mich zu erinnern, dass in der vertraulichen Sitzung alle zugestimmt haben. Wenn es nicht stimmt, muss man mich korrigieren. Deswegen hat auch dort der Innenminister sehr ausführlich die Dinge offengelegt. Man darf nicht vergessen, wir befinden uns hier teilweise in einem Verfahren, in dem die Staatsanwaltschaft tätig ist und teilweise interne Ermittlungen im Hause stattfinden. Das ist aus meiner und aus unserer Sicht sehr konsequent und sehr sachlich benannt worden. Natürlich, Kollege Bergner, muss die Opposition auch mal ein paar

ordentliche Schlagworte benutzen, damit sie bemerkt wird, vor allem, wenn man nicht so zahlreich ist. Das ist so.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Ihr wart auch schon mal mehr.)

Bitte? Wir waren auch schon mal mehr. Wir arbeiten auch daran, dass wir wieder mehr werden. Nach langer Abstinenz seid ihr nun wieder mal da. Nun gebt euch Mühe, dass ihr auch weiter drinbleibt und stärker werdet.

Also mauern, tricksen und vernebeln, wenn ich so etwas höre, das trifft in diesem Fall nun wirklich nicht zu. Dort ist weder gemauert noch getrickst worden, noch vernebelt worden, sondern es sind die Tatsachen auf den Tisch gekommen. Vor allen Dingen in zwei Ausschüssen ist berichtet worden. Es sind in einer vertraulichen Sitzung - auch zu den Schlagstöcken, was dort infrage steht - auch Konsequenzen des Hauses benannt worden. Deswegen muss ich das zurückweisen, Frau Renner, dass hier irgendwie getrickst wird.

(Zwischenruf Abg. Renner, DIE LINKE: Das habe ich nicht gesagt.)

„Tricksen“ haben Sie nicht gesagt? Ich sage ja nur, dass das eben nicht zutrifft, was hier versucht wird darzustellen. Ich verweise noch mal darauf, für die Öffentlichkeit ist es besser, wenn ich noch einmal den Alternativantrag vorlese, Frau Präsidentin, Sie gestatten, dort drin steht: „Umfassende Transparenz statt möglichem Populismus - Die Landesregierung wird gebeten, zu allen Fragekomplexen im Bereich der Beschaffung von Polizeitechnik im Thüringer Innenministerium, die derzeit von der Staatsanwaltschaft geprüft werden, nach Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen umfassend im Haushalts- und Finanz- sowie im Innenausschuss des Thüringer Landtags zu berichten. Begründung: Die Abgeordneten des Thüringer Landtags haben ein Recht darauf, unmittelbar durch die Landesregierung umfassend zu den in Rede stehenden Vorfällen der Beschaffung von Polizeitechnik im Thüringer Innenministerium unterrichtet zu werden. Dies ist parallel zu den bereits stattfindenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen jedoch nur eingeschränkt möglich, da die Arbeit der Staatsanwaltschaft nicht unnötig gefährdet werden darf. Aus Respekt vor den geltenden gesetzlichen Regelungen und um volle Transparenz zu erlangen, sollten die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen daher abgewartet werden, bevor sich der Landtag abschließend mit den Vorfällen befasst.“ Ich möchte wissen, was dagegenspricht. Keiner in dem Hause, weder SPD noch CDU, hat gesagt, wir billigen das oder wir sind darüber glücklich. Auch ich habe das in kurzen Worten gesagt, wir wollen volle Aufklärung haben. Wir wollen wissen, was passiert ist. Wir haben vieles schon gehört. Auch wenn es so dargestellt wird, dass irgendwelche Leute viel

(Minister Geibert)

leicht auch über Nacht verschwunden sind, es sind auch teilweise Behörden aufgelöst worden, aber da sind die Leute nicht weg, die sind nach wie vor noch da. Ich sage, hier wird versucht, irgendwo so ein Horrorgebilde in der Polizei darzustellen. Das stimmt nicht. Der Innenminister hat aus meiner Sicht zu Recht ganz klar gesagt - und hat teilweise selbst Anzeige erstattet, das Haus. Was wollen Sie denn noch mehr? Ich gehe davon aus, dass auch die Staatsanwaltschaft natürlich den Debatten folgt und dass auch die Staatsanwaltschaft ihre Möglichkeiten dazu ausnutzen wird, dass schnellstmöglich das Parlament weiter unterrichtet werden kann. Hier zu spekulieren, ob das einen Monat, ein Jahr oder zwei Jahre dauert - das ist nicht das Interessante, sondern die komplette Aufklärung. Das ist interessant. Deswegen harren wir der Dinge und werden selbstverständlich dranbleiben, dass alles ordnungsgemäß aufgeklärt wird.

Herr Abgeordneter Fiedler, der Abgeordnete Adams möchte Ihnen gern eine Frage stellen. Gestatten Sie das?

Bitte schön. Selbstverständlich.

Bitte, Herr Adams.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Vielen Dank, Herr Fiedler, dass Sie meine Zwischenfrage beantworten wollen. Ich unterstellen jetzt mal, dass alles richtig ist, was Sie sagen. Wäre es nicht dennoch sinnvoll, hier die Debatte zu führen zum Beispiel über die politischen Fragen, wenn wir gerade in der Diskussion sind bei einem neuen Polizeiorganisationsgesetz, zu diskutieren, welche Strukturen müssen wir schaffen, um solche Vorgänge zu verhindern? Wäre das nicht ein sinnvoller Ausfluss dieser parlamentarischen Debatte? Wäre es da nicht richtig, nicht bis an das Ende der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu warten, sondern alles, was wir zu dieser Fragenbewältigung benötigen - nur als ein Beispiel - das jetzt zu diskutieren im Innenausschuss?

Herr Kollege Adams, ich teile Ihre Meinung absolut nicht, weil es bestehende Regelungen gibt, die einzuhalten sind, wenn es um Korruptionsbeauftragte geht, wann sind Wechsel vorzunehmen. Diese Regelungen gibt es schon und sind festgeschrieben.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Funktioniert nicht.)

Ob das jetzt aus unterschiedlichen Gründen - die wollen wir ja gern alle hören - nicht gemacht wurde, bleibt noch zu klären. Dazu trägt immer derjenige die politische Verantwortung, der das Haus führt, das ist doch ganz klar. Aber es macht doch keinen Sinn, eine Vorverurteilung hier zu machen, wo wir die Daten und Fakten noch gar nicht wissen, ist es eine politische Verantwortlichkeit oder ist es Fehlverhalten von Beamten. Das muss man erst einmal auf dem Tisch haben. Und wenn ich es auf dem Tisch habe, dann können wir gern die Debatte hier noch einmal führen und uns damit auseinandersetzen.

(Beifall CDU)

Es gibt jetzt noch eine Redemeldung seitens der FDP-Fraktion. Das habe ich richtig verstanden? Herr Abgeordneter Barth.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Kollege Fiedler, nur ein Punkt zu Ihnen. Wenn in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage, die sich mit den Beschaffungsmodalitäten und den Beschaffungsabläufen in der Landesregierung befasst hat, der Bereich Polizei komplett fehlt, dann ist das schon etwas, was man möglicherweise als Vernebelung oder vielleicht auch als Täuschung interpretieren darf. Dies ist Punkt eins.

(Beifall FDP)

Punkt zwei: Herr Minister, ich schätze Sie wirklich sehr, wenn Sie sich aber hier hinstellen und auf einen Zwischenruf meines Kollegen Bergner, der Sie darauf aufmerksam gemacht hat, dass es ihm nicht um den materiellen Schaden zunächst ging mit seiner Bewertung, sondern um den moralischen, um den Ansehensschaden, den unser Land im Zusammenhang mit diesen Vorgängen erlitten hat, dann antworten, dass Sie gerade das bei ihm nicht erwartet hätten, dann ist das eine Form des Umgangs, die, glaube ich,

1. einem Mitglied der Landesregierung gegenüber einem gewählten Abgeordneten nicht zusteht und die auch

2. menschlich nicht in das Repertoire gehört, welches Sie auch normalerweise im Umgang pflegen.

(Beifall FDP)

(Unruhe im Hause)

Vielleicht gibt es eine Gelegenheit, dass Sie das in einem Vieraugengespräch noch einmal kurz klären. Vielen Dank.