Protokoll der Sitzung vom 17.06.2011

In der Kabinettssitzung am 12. April 2011 wurde das zuständige Mitglied der Landesregierung gebeten, die Stellungnahme federführend vorzubereiten. Aufgrund der weitreichenden Anmerkungen des Thüringer Rechnungshofs zur Rechtmäßigkeit der Aufgabenübertragung auf die Stiftung FamilienSinn und der erforderlichen vertieften Auseinandersetzung mit dem Beratungsentwurf wurde um eine Verlängerung der Frist zur Stellungnahme bis zum 15. Juli gebeten. Diesem Ersuchen hat der Rechnungshof entsprochen. Die Prüfung der Empfehlung des Rechnungshofs und die Abstimmung innerhalb der Landesregierung dauern noch an. Beabsichtigt ist, dass die Stellungnahme der Landesregierung in einer der nächsten Kabinettssitzungen beraten wird, um fristgerecht gegenüber dem Thüringer Rechnungshof zu antworten. Insofern kann die Landesregierung zum jetzigen Zeitpunkt keinen inhaltlichen Bericht abgeben und schon gar nicht einen Gesetzentwurf erarbeiten, so dass ich die Ablehnung der Anträge in den Drucksachen 5/2556

und 5/2646 empfehle. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, SPD)

Danke, Frau Ministerin. Ich schaue noch mal in die Runde. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, deshalb schließe ich die Aussprache. Wir kommen jetzt zu der Abstimmung über die Anträge der einzelnen Fraktionen.

Wir beginnen mit der Abstimmung zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, an dem akzessorisch ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP dranhängt. Das heißt, wenn wir den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jetzt an den Ausschuss überweisen, ist der Antrag der FDP automatisch mit im Ausschuss - nur um das vorweg noch mal klarzustellen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das ist ein Änderungsantrag.)

Das ist ein Änderungsantrag. Aber ich finde es gut, dass wir mal darüber gesprochen haben.

Beantragt ist die Ausschussüberweisung, und zwar die Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Dann stelle ich jetzt die Abstimmungsfrage: Wer den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit überweisen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Zustimmung von den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, CDU und FDP. Damit ist dieser Antrag und der Änderungsantrag der FDP an den entsprechenden Ausschuss überwiesen. Die Federführung ist auch klar, die müssen wir nicht abstimmen.

Wir stimmen dann als Zweites über den Antrag der Fraktion der FDP ab. Auch hier ist Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit beantragt worden. Wer diesen Antrag in der Drucksache 5/2556 an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit überweisen will, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen von den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Gegenstimmen? Die Gegenstimmen kommen von den Fraktionen der SPD und der CDU. Damit ist der Antrag auf Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur direkten Abstimmung über den Antrag der FDP. Wer dem Antrag der FDP zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der FDP. Gegenstimmen? Die Gegenstimmen kommen von den Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von der Fraktion DIE LINKE. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen als Drittes und Letztes zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE. Auch hier ist Ausschussüberweisung beantragt, und zwar ebenfalls an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das ist Zustimmung von den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Gegenstimmen? Gegenstimmen von den Fraktionen der CDU und der SPD. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir stimmen jetzt direkt über den Antrag ab. Wer diesem Antrag der Fraktion DIE LINKE zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind Jastimmen von der Fraktion DIE LINKE. Gegenstimmen? Gegenstimmen kommen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Fraktionen der SPD und der CDU. Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen von der Fraktion der FDP. Damit ist dieser Antrag abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12

Mittelstandsfreundlichere Gestaltung der Richtlinie des Freistaats Thüringen für die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) - GRW-Richtlinie Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/2567 - 2. Neufassung

Wünscht die Fraktion das Wort zur Begründung? Der Abgeordnete Kemmerich bitte.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Antrag war mehrfach Thema hier im Hause. Der nicht anwesende Minister hat uns sehr glaubhaft dargestellt, vielleicht glaubhaft dargestellt, dass es ihm darum geht, Missbrauchstatbestände zu beseitigen. Er führte immer an, dass größere Unternehmen über Wochen, Monate oder längere Zeiträume auf Zeitarbeit zurückgreifen, so dass nicht mehr Zeitarbeit als Atmungsinstrument, Zeitarbeit als die Membran der Wirtschaft dienen kann, zu der sie eigentlich angelegt ist, sondern zum Dauerzustand wird.

Infolgedessen haben wir unseren ursprünglichen Antrag darauf abgestellt, dass wir nunmehr eine mittelstandsfreundliche Formulierung in dieser GRW-Richtlinie beantragen, die heißt, dass von diesen angedrohten Kürzungen KMU-Betriebe ausgenommen werden sollen, weil diese das meist

nicht über längere Zeit perpetuieren bzw. die Tatbestände, die hier angeführt worden sind, um die Kürzung zu begründen, bei den mittelständischen Betrieben, die wir überwiegend in Thüringen haben, so kurz greifen, dass ein Betrieb, der 12 Beschäftigte hat, schon bei zwei eingesetzten Arbeitnehmern aus der Überlassungsbranche einer Kürzung anheimfällt und bei vier völlig rausfällt. Das kann nicht gewollt sein, insofern der Antrag. Ich freue mich auf die Diskussion. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter, für die Begründung. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Hausold von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, Herr Kemmerich, Sie haben das gerade hier erläutert, jetzt also mittelstandsfreundliche Gestaltung. Erst hieß es ja „Rücknahme der Richtlinienänderung“, dann hatten wir noch eine Neufassung dazu. Das ist also jetzt die dritte Auflage. Aber es wird Sie wohl nicht überraschen, ich muss Ihnen auch weiterhin sagen, dass wir diesen Antrag für überflüssig halten und ihn auch heute erneut ablehnen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich will das hier auch noch einmal deutlich sagen: Wir wissen ja, wie es mit der Wirtschaftsstruktur in Thüringen aussieht.

(Unruhe FDP)

Sie unternehmen hier erneut den Versuch, trotz vieler Debatten, die wir zu dieser Frage im Haus schon hatten, dass Sie immerzu …

(Unruhe DIE LINKE)

Ich schlage vor, wenn Herr Kemmerich und Herr Ramelow ein Problem haben, setzen Sie sich nebeneinander oder gehen raus. Jetzt redet Herr Hausold.

Danke, Herr Präsident. Ich meine, die Tatsache, die Herr Ramelow hier noch einmal eingeworfen hat, bleibt einfach bestehen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir müssen Sie ja nur deshalb ständig wieder daran erinnern, Herr Kemmerich, weil Sie immer wieder Anträge hier einbringen, mit denen Sie genau diese Lohnfrage öffentlich rechtfertigen wollen.

(Vizepräsident Gentzel)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: 3,18 €.)

Denn Sie wollen nämlich nicht - wie eine Mehrheit dieses Hauses, meine Damen und Herren -, dass wir endlich vom Image des Billiglohnlandes und der prekären Beschäftigung wegwollen,

(Beifall DIE LINKE)

Sie wollen offensichtlich auch aus sehr eigenständigen Interessen, dass das in diesem Land immer weiter zementiert wird. Dazu werden wir auch in Zukunft ganz konsequent Nein sagen und wir haben unsere Gründe dafür, meine Damen und Herren.

Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass Minister Machnig mit der Änderung der Richtlinie - am 1. April 2011 ist sie in Kraft getreten, es geht um die Beschränkung der Förderung von Unternehmen, wenn der Leiharbeiteranteil über 30 Prozent liegt eine richtige Entscheidung getroffen hat. Es ist nicht nur eine Sache, die man als nebensächlich bezeichnen könnte, denn ich erinnere hier noch einmal daran, 3,7 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in diesem Land sind Leiharbeiter. Natürlich kann man sagen 3,7 Prozent, aber es handelt sich um 27.293 Personen. Im Übrigen beträgt der bundesweite Anteil nur 2,6 Prozent. Wenn man sich noch die Entwicklung vor Augen hält, dann muss man doch zur Kenntnis nehmen, dass das gegenüber dem Vorjahr in unserem Land eine Steigerung von 46,8 Prozent gewesen ist. Dieser Entwicklung gilt es Einhalt zu gebieten.

Der Bundesagentur für Arbeit - was weitere Entwicklungen ins Augenlicht rückt - waren in Thüringen im Januar 10.875 offene Stellen gemeldet worden und dabei handelte es sich bei 3.606 Stellen um Stellen der Leiharbeit. Also auch ein Drittel der dort angebotenen Arbeitsplätze ist immer noch im Leiharbeitsbereich, das heißt konkret, jeder dritte Arbeitsplatz. Das ist eine Situation, die wollen wir umkehren, weil ebendiese Arbeitsplätze keine wirkliche soziale Perspektive und Entwicklungsperspektive für Menschen in unserem Land bieten, das ist doch und es bleibt doch Fakt - 30 Prozent weniger Lohn als ihre fest angestellten Kollegen.

Herr Barth, ich kann es Ihnen noch einmal sagen an der Stelle, wenn Sie sich echauffieren, das ist gerade das, was wir über Jahre als Image hatten. Das ist gerade die Politik, wo uns immer von der Vorgängerregierung gesagt wurde, diese Politik wird viele Arbeitsplätze in diesem Land schaffen, diese Politik gibt Perspektive. Aber diese Perspektive stimmen die Menschen in diesem Land immer noch mit den Füßen ab, indem sie nämlich Thüringen verlassen müssen, weil sie hier keine existenzsichernden Arbeitsplätze vorfinden.

(Beifall DIE LINKE)

Dabei ist Leiharbeit eine ganz zentrale Frage. Ich will das in diesem Zusammenhang noch einmal sagen, wir sind sogar der Auffassung, dass alle Thüringer Fördermechanismen und -programme danach überprüft werden sollten, ob mit dieser Förderung auch in großen Dimensionen Leiharbeit und prekäre Beschäftigung gefördert wird, weil wir deutlich sagen, das sind letzten Endes öffentliche Mittel, ob europäische oder andere, die aus dem Steueraufkommen resultieren. Wenn wir dann prekäre Beschäftigung und Leiharbeitsplätze haben, wo die betroffenen Menschen sich einerseits in einer geförderten Situation befinden und dann trotzdem noch zur Arbeitsagentur gehen müssen, um mit Hartz IV aufzustocken, dann ist das ein unhaltbarer Zustand, eine doppelte Finanzierung von Arbeitsplätzen auf diesem Niveau aus Steuermitteln, meine Damen und Herren. Das nenne ich Verschwendung und nicht verfassungsgemäßen Umgang mit diesen Fragen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich will, meine Damen und Herren, darauf hinweisen, es gibt ja gewisse Bundesregelungen, die greifen auch nicht in dieses konkrete Problem ein. Sie beinhalten also nicht diese Frage des Verbrennens von Fördermitteln über eine solche Politik. Deshalb sehen wir sehr wohl die wichtige Aufgabe, das landespolitisch entsprechend zu regeln. Deshalb sagen wir, die geänderte Richtlinie ist ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung, aber wir müssen uns mit dem Thema weiter befassen, wie ich schon angedeutet habe, und das auch in diesem Landtag entsprechend begleiten. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat der Abgeordnete Günther von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Der Ausspruch, den ich meinem Beitrag voranstelle, gilt sowohl für den Antrag der Kollegen der FDP als auch für die Änderungen der Richtlinie durch das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben es heute mit einem Antrag - Herr Hausold hat es schon gesagt - in dritter, aber leider nicht in wesentlich verbesserter Auflage zu tun, von der Fraktion der FDP, einer Partei, die es eben schon immer gewusst hat, wie es funktioniert, mit der liberalen Marktwirtschaft ohne Grenzen und ohne Leitplanken und, liebe Kollegen, ich bedauere das als Vertreter des bürgerlichen Lagers sehr, dass Sie mit diesem Wissen gerade dabei sind, grandios zu scheitern und genauso verhält es sich auch mit die

(Abg. Hausold)

sem Antrag. Da versucht nun ein Mitglied der Landesregierung, dem Missbrach der Leiharbeit entgegenzuwirken. Wie sich herausstellt, zwar mit den falschen Instrumenten und einer nach unserer Auffassung unzulässigen Pauschalbestrafung von Unternehmen mit Zeitarbeitern, aber immerhin, ein Zeichen gegen Missbrauch und Lohndumping.

(Beifall Abg. Lemb, SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Lemb. Die FDP plädierte in der letzten Plenardebatte, in der der Antrag auflag, für Rückgängigmachen, nunmehr für Verändern, ohne - und das ist das Bedauerliche - Alternativen aufzuzeigen. Das meine ich damit, mit dem Scheitern. Wir müssen dazu kommen, wenn man kritisiert, auch aufzuzeigen, was zu verändern ist. Ich denke, dazu sind Sie auch in der Lage.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, wir sind uns alle einig, es muss aufhören mit diesem Schleckern auf Kosten der Arbeitnehmer.