Protokoll der Sitzung vom 17.12.2009

(Unruhe CDU)

indem Sie sich nicht mal ernsthaft die Mühe geben, sich an die eigene Nase zu fassen und über die Flotte dieses Hauses zu reden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Selbst die Kanzlerin, über die ich gern rede, Herr Mohring, an dieser Stelle gern rede, hat heute gesagt, jeder und jede möge bitte bei sich anfangen und überlegen, was kann ich zu diesem 2-GradZiel beitragen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Unsere Kanzlerin...)

Ich habe von Ihnen heute nicht ein Wort gehört, wie Sie das tun wollen. Jetzt lassen Sie mich ausreden und kommen Sie nachher gern hier vor und sagen Sie mir, wie Sie es tun wollen. Ich freue mich darauf.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage Ihnen gern - und jetzt bin ich dran - drei Dinge, die man hier tun kann: Sie haben von uns gehört, wie man das tun könnte, indem man über die Dienstwagenflotte redet. Wir werden morgen über den Ökostrom reden und ich will gern zwei andere Dinge ansprechen. Herr Minister Reinholz, der auch gerade hier ist, was mich sehr freut, sagt heute im TA-Interview: „Bei einem generellen Plan für eine Absenkung unserer CO2-Emissionen würde ich nicht ansetzen. Der in Kopenhagen verfolgte Ansatz ist sinnvoller, die Erderwärmung auf 2 Grad zu begrenzen.“ Herr Reinholz, zweiter Satz richtig, erster Satz passt nicht zum zweiten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der größte CO2-Emissionserzeuger in Thüringen ist der Verkehr.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wenn wir nicht sagen, wir reduzieren beim Verkehr, dann können wir nichts zum 2-Grad-Ziel beitragen, das funktioniert nicht, die Logik ist widersinnig.

Ich will noch eines zum Schluss sagen: Mit großem Stolz werden wir jetzt bald die Bänder durchschneiden zur A 38-Eröffnung, was sehr schade ist. Ich sage Ihnen, warum es schade ist, es gibt Studien, die uns eindeutig zeigen, dass dort, wenn 30.000 Autos am Tag entlangdüsen, die 1,2 Mio. Tonnen CO2 erzeugen, wir verdreifachen damit den Wert in Thüringen der Verkehrswerte und das Brett muss wirklich noch gebohrt werden, dass Sie sagen, wir sind dabei, das zu reduzieren.

(Unruhe CDU)

Ich habe heute Folgendes gelernt - zwei Dinge: Die Debatte, die wir hier geführt haben, hätten wir vor zehn Jahren genauso führen können. Es gibt bei Ihnen überhaupt noch kein Bewusstsein dafür, wo es hingehen soll. Ich habe auch gelernt, dass Kopenhagen noch längst nicht hier angekommen ist, und ich hoffe sehr, dass diejenigen, die da gerade um eine Einigung ringen, sich nicht so anstellen, wie die Koalition hier in diesem Haus. Danke.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete. Das Wort hat Abgeordneter Primas von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, die A 38 will ich gar nicht auslassen. Ich bin Leidtragender und Sie sollten sich einmal die Mühe machen, dort zu wohnen, wo sie jetzt durchgeht und was die Leute sagen, was sie investieren müssen an Lärmschutz und, und, und. Es ist unerträglich, so einen Blödsinn hier vom Podium hören zu müssen. Tut mir leid, dass ich das so sagen muss.

(Beifall CDU)

Beim Auto geht es dann weiter. Wenn es dann konkret wird, Hybridfahrzeug oder nicht, dann merkt man, wie teuer das ist, dann lässt man schnell die Finger davon. Wir haben hier genug Beispiele, die wir in das Feld führen können, aber das will ich jetzt lassen. Der Klimagipfel in Kopenhagen lenkt den Blick hierzulande verstärkt auf den Beitrag Thüringens zur Minderung der Treibhausgasemmission. Das wissen wir.

Thüringen hat insbesondere in der vergangenen Legislaturperiode eine ganze Menge erreicht. Lassen Sie mich schnell einige Fakten nennen. Seit Jahren liegt der Anteil erneuerbarer Energien in Thüringen auf Spitzenniveau. Thüringen ist führend bei der Nutzung von erneuerbaren Energien, aktuell liegt deren Anteil beim Primärenergieverbrauch mit knapp 19 Prozent weit über dem deutschen Durchschnitt, 7 Prozent beträgt so viel, was Thüringen gemacht hat inzwischen. Von der 2008 bundesweit exportierten regenierenden Anlagetechnik im Wert von 12 Mrd. € hatte der Freistaat Thüringen einen überdurchschnittlichen Anteil. Aber nicht nur Solartechnik für den Export, auch die Energiegewinnung aus Biomasse hat gerade im ländlichen Raum in den letzten Jahren viele neue Arbeitsplätze entstehen lassen. Kompetenz bei der Energie- und Klimaforschung ist ein wichtiger Baustein im Campus Thüringen. Der Studiengang Regenerative Energietechnik der Fachhochschule Nordhausen zählt zu den gefragtesten Studiengängen überhaupt. Seit den 90er-Jahren beraten wir regelmäßig mit den Experten in öffentlichen Klimakonferenzen. Nehmen Sie es zur Kenntnis, meine sehr verehrten Damen und Herren. Schon 2006 haben wir ein eigenes Bioenergie-Programm aufgelegt, das es deutschlandweit nicht noch einmal gibt. Der Sektor erneuerbarer Energien ist mit fünf Forschungseinrichtungen und derzeit 47 Unternehmen ein Motor für Innovation. Mit weiteren bereits geplanten Unternehmungsgründungen werden weiterhin zahlreiche neue Arbeitsplätze geschaffen.

Meine Damen und Herren, welchen Beitrag können wir in Thüringen zur weiteren CO2-Reduzierung leisten. Wir sollten zunächst unsere Vorreiterrolle auf dem Sektor der erneuerbaren Energien, insbesondere Solartechnik, ausbauen und wir müssen begleitend mit unseren Forschungszentren aufzeigen, dass nachhaltige wirtschaftliche Entwicklungen nicht erfordern, Treibhausgase auszustoßen. Wir müssen unser Wachstum langfristig vom Energieverbrauch abkoppeln. Bei aller Euphorie, die es gibt, meine Damen und Herren, wir dürfen nicht das, was wir leisten können, überschätzen. Wir müssen die Größe unseres Landes schon im Auge behalten. Wir müssen daher auch in Zukunft in einem verantwortlichen Energiemix die erneuerbaren Energien ausnutzen. Strom aus erneuerbaren Energien soll in Thüringen auch weiterhin signifikant über dem Bundesdurchschnitt liegen.

Thüringen hat bewiesen, dass sowohl die Produktion von Nahrungsmitteln als auch die Produktion von Energiepflanzen nebeneinander funktionieren. Wir sind schon in der Lage, den im Freistaat erzeugten Raps überwiegend regional zu verarbeiten und zu vermarkten. Wir wollen, dass sich die Rahmenbedingungen - ich meine dabei Energiesteuer und Marktentwicklung - bezüglich fossiler Kraftstoffe wieder

spürbar verbessert. Ich denke, da sind wir uns fast alle einig. Mit der Einrichtung eines Lehrstuhls für erneuerbare Energien wollen wir das Innovationspotenzial weiter stärken. Bioenergiedörfer seien angesprochen, um im ländlichen Raum preiswerte und sichere Energieversorgung zu sichern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, solche Maßnahmen, wie sie bereits auf den Weg gebracht sind, müssen wir auch in der Zukunft halten. Das eine oder das andere sollten wir nicht aus den Augen verlieren, nämlich uns frühzeitig auf den Klimawandel einzustellen, denn, meine Damen und Herren, dieser Klimawandel hat unstreitig bereits stattgefunden. Auch künftig müssen wir ihn im Auge behalten. Wir sollten daher den Blick auch darauf richten, mit den Folgen umzugehen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Recht herzlichen Dank, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall CDU)

Wir bedanken uns auch bei Ihnen, Herr Abgeordneter. Herr Abgeordneter Recknagel, ich habe Ihre Wortmeldung zur Kenntnis genommen, Sie müssten sich dann aber mal einig werden, weil ich noch eine andere Wortmeldung aus Ihrer Fraktion habe und bei einer gemeinsamen Beratung... Entschuldigung, Herr Augsten. Es gibt nur noch eine Wortmeldung aus Ihrer Fraktion, wenn Sie die fünf Minuten wahrnehmen, zwei würden dann nicht gehen. Es liegt noch eine andere von Ihnen hier vor von Frau Rothe-Beinlich.

Das Wort hat Abgeordneter Frank Weber, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, über was reden wir heute in dieser Aktuellen Stunde? Die erste Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls endet 2012. Es begrenzt aber nur die Emissionen der Industriestaaten, die das Protokoll ratifiziert haben, nicht also die der USA. Für Entwicklungsländer, besonders solche, deren Emissionen schnell wachsen, enthält das Kyoto-Protokoll keine Emissionsbegrenzung. Die im Protokoll vereinbarten Emissionsminderungen von 5 Prozent bis 2012 gegenüber 1990 reichen - das wissen wir schon lange - bei Weitem nicht aus. Im neuen Abkommen soll dies berücksichtigt werden und alle Staaten sollen zum Klimaschutz beitragen. So hat es die Klimakonferenz 2007 mit der Bali Road Map beschlossen. Dabei soll natürlich auch zukünftig unterschieden werden, auf welche Art die Staaten ihren Beitrag leisten. Dies trägt der Tatsache Rech

nung, dass die Staaten unterschiedlich viel Verantwortung für den Klimaschutz und Klimawandel tragen und unterschiedlich stark entwickelt sind.

Im Oktober 2009 hat der Europäische Rat die notwendigen Elemente für Kopenhagen weiter konkretisiert. Die Emissionen müssen bis zur Mitte des Jahrhunderts gegenüber 1990 mindestens halbiert werden. Die EU ist bereit, im Rahmen eines Klimaschutzabkommens ihre Emissionen bis 2020 um 30 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren, wenn andere Industriestaaten sich zu vergleichbaren Anstrengungen verpflichten. Ich glaube, da liegt ein Teil des Problems. Wir müssen aufhören, unser eigenes Handeln an Bedingungen zu knüpfen in dieser Frage. Unabhängig davon ist es allerdings so, dass bereits jetzt beschlossen ist, die Emissionen um 20 Prozent zu reduzieren. Die Maßnahmen, um dies zu erreichen, sind 2008 im sogenannten Klima- und Energiepaket festgeschrieben worden. Es sollen Anreize zur Entwicklung und Einführung klimafreundlicher Technologien gesetzt werden. Wir brauchen eine Finanzarchitektur, die Anreize für die Umlenkung privater und öffentlicher Investitionen in klimafreundliche Verwendung setzt.

Die EU hat als erste Gruppe in den internationalen Verhandlungen anerkannt, dass der Gesamtfinanzierungsbedarf in den Entwicklungsländern für Klimaschutz bis 2020 auf 100 Mrd. € anwachsen wird. Dieser Betrag ist nur durch internationale Anstrengungen aufzubringen. Ein wichtiges Signal ist in diesem Zusammenhang der Entschluss der EU-Staaten und die Absichtserklärung, in den nächsten drei Jahren für diese Länder 7,2 Mrd. € zur Verfügung zu stellen, in der Bundesrepublik Deutschland sind das pro Jahr 420 Mio. €, in der Summe also 1,2 Mrd. €. So viel zu den globalen Zielen.

Was müssen wir aber hier in Thüringen tun? Da wird sich einiges ändern. Der Koalitionsvertrag ist eindeutig. Es wird ein Leitbild „Energieland Thüringen - Grüner Motor Deutschlands 2020“ entwickelt. Aufbauend auf dem bisherigen Stand wird eine gemeinsame Strategie zum weiteren Ausbau erneuerbarer Energien in Thüringen erarbeitet. Das Ziel ist es, dass auch in Zukunft die Nutzung der erneuerbaren Energien in Thüringen deutlich über dem Bundesschnitt liegt. Hierbei wird in Thüringen ein Anteil von 35 Prozent erneuerbarer Energien an der Stromproduktion und Nutzung bis 2020 angestrebt. Es wird eine Thüringer Energie-, Klima- und Green-TechAgentur geben. Ebenso wird ein Energieeffizienzprogramm für Thüringen erarbeitet. Die örtliche Energieversorgung und -erzeugung der Städte und Gemeinden wird als Teil der kommunalen Selbstverwaltung und Daseinsvorsorge gestärkt; die energetische Sanierung und Nutzung erneuerbarer Energien in Gebäuden des Landes wird forciert. Auch

bei Bau- und Dienstleistungsvergaben des Landes werden erneuerbare Energien zum Beispiel durch den Bezug von Ökostrom oder durch die Installation von Solaranlagen besonders berücksichtigt. Aber wir müssen auch dazu beitragen, werte Kolleginnen und Kollegen, dass in Thüringen auf allen Ebenen die Verantwortungsträger umdenken. Es gibt einige Potenziale und an mancher Stelle müssen wir hier auch Widerstände überwinden.

Exemplarisch will ich diese Aufzählung mit einem praktischen Beispiel beenden. Derzeit produziert Thüringen rund 700 MW Strom durch Windkraftanlagen. Sachsen-Anhalt produziert jährlich mehr als die vierfache Menge, nämlich 3.000 MW. Trotzdem stoßen wir bei dem Ausbau dieser Technologie immer wieder auf Widerstände vor Ort. Hier wünsche ich mir, dass wir nicht nur immer Aufzählungen hören, was alles nicht geht, sondern auch Vorschläge hören, wie es geht. Wir müssen hier parteiübergreifend anpacken und auch mal eigene Interessen hinter dem guten Ziel zurückstehen lassen.

(Beifall SPD)

Unser Land hat die Chance, an die Spitze dieser Bewegung in Deutschland zu kommen. Dazu braucht es an mancher Stelle mutiges und entschlossenes Handeln. Ich schließe mit einem Zitat von Sigmar Gabriel, der gesagt hat: „Wir sind reich genug, uns Klimaschutz zu leisten, aber wir sind zu arm, um auf Klimaschutz zu verzichten.“ Herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Danke schön, Herr Abgeordneter. Ich erteile jetzt das Wort der Abgeordneten Hitzing von der FDPFraktion.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, ich mache es ganz kurz. Ich denke, wichtig ist, dass man Klimaschutz insgesamt lebt und sein Leben entsprechend orientiert, und das tun schon sehr viele Thüringerinnen und Thüringer. Was wir in Thüringen an sich tun können, das hat mein Vorredner relativ genau erklärt. Wir haben verschiedene Möglichkeiten, CO2 zu sparen. Es gibt sehr viele Technologien. Wichtig ist ganz einfach ein Energiemix von alternativen Energien. Wir müssen die Möglichkeiten, die wir in Thüringen haben, ausschöpfen und eventuell einfach noch verbessern und erhöhen. Darüber sprachen wir schon. Für mich ist auch ganz wichtig, dass zum Beispiel, was die Wärmedämmung von Gebäuden betrifft, es ja nun so ist, dass schon mal die öffentlichen Gebäude Energiepässe erstel

len lassen, um zu sehen, wie effizient denn die Wärmedämmung der Gebäude ist und was man an der Stelle noch tun kann.

Ein ganz kurzer Exkurs Richtung Autobahn. Ich muss Ihnen sagen, ich wohne auch in Nordthüringen und in der Nähe der A 38. Es ist für die Bevölkerung ein Segen, dass die A 38 jetzt endlich komplett ist,

(Beifall CDU, FDP)

weil die dort anliegenden Dörfer seit Jahren unter dem Verkehrsdurchfluss leiden, denn eines können Sie mir glauben: Den Lkw-Fahrern, die aus West kommen und nach Ost müssen, ist es total egal, ob sie nun durch einen kleinen Ort fahren müssen 10 km oder nicht; sie brauchen die Autobahn.

(Beifall FDP)

Darunter leiden die Leute. Ich bin auch der Meinung, eine moderne Trassierung einer Autobahn ist energieeffizienter und CO2-einsparender, als wenn im Stop-and-go-Verkehr die Lkw durch die kleinen Orte fahren.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie wäre es mit der Schiene?)

Für mich ist ganz wichtig, dass wir nicht vergessen, dass ein Großteil der Thüringer Bevölkerung auf dem Land lebt, die keine Anbindung an Straßenbahn oder Eisenbahn hat, die ganz einfach auf das Fahrzeug angewiesen ist. Es ist kein Luxus, wenn es in ländlichen Familien drei oder vier Pkws gibt.

(Beifall FDP)

Die haben die einfach nur, um zur Arbeit zu kommen, nicht, weil es luxuriös ist. Ich finde es mittlerweile schon luxuriös, wenn man gar kein Auto braucht. Das ist Luxus. Danke schön.

(Beifall FDP)