Punkt 2, Sie haben gesagt, es steht ein Produkt im Raum mit dem Angebot Steuersenkungen, für das die Adressaten abhandengekommen sind. Ich habe mich vorhin gefragt, was Herr Machnig für einen Umgang hat, jetzt mache ich mir bei Ihnen, ehrlich gesagt, ein bisschen Sorgen. Ich kenne offen gesprochen viele Menschen, die sich freuen würden, wenn sie an der einen oder anderen Stelle weniger Steuern bezahlen müssten. Das geht bei der Einkommensteuer los,
geht bei der Mehrwertsteuer, die im Jahr 2005 erhöht worden ist, weiter. Wir können uns noch erinnern an die Geschichte, da wollte jemand 0 Prozent, der andere wollte 2 Prozent und als Kompromiss kamen dann 3 Prozent heraus. Das ist eine typische Kompromisslinie übrigens auch. Ich will nur bekennen, ich kenne viele Menschen, die sich freuen würden, wenn sie weniger Steuern bezahlen würden.
Und ich kenne insbesondere niemanden, der der Meinung ist, er bezahlt etwa noch zu wenig und gibt einen Antrag ab, dass er für die Rettung der ganzen großen Vorhaben, die wir in den verschiedenen Politikebenen hier betreiben, gern noch mehr Steuern bezahlen will.
Dann sagen Sie, für Steuersenkungen ist nicht der richtige Zeitpunkt. Ich gehöre weiß Gott nicht zu den Erfahrensten hier im Haus. Ich mache seit sechs Jahren aktiv Politik.
Ja, das stimmt. Das hat aber mit der Qualität nichts zu tun, Herr Kollege Mohring. Es gibt Kollegen, die sind länger dabei und deren Zwischenrufe zeichnen sich nicht immer durch eine hohe Qualität aus.
Aber das hat auch mit der Erfahrung nicht immer etwas zu tun. Ich habe in den sechs Jahren, die ich aktiv Politik mache, wirtschaftliche Aufschwungzeiten erlebt, wir haben die Weltwirtschaftskrise erlebt in der Zeit und jetzt haben wir wieder eine Aufschwungzeit. Es gab ein Argument, wenn es um Steuersenkungen ging, das kam immer wieder, eine Behauptung, ein Satz, das ist ja gar kein Argument, das ist der Satz, den Sie eben gesagt haben: Für Steuersenkungen ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Ich komme mir ein bisschen vor wie im Fußball. Wenn da gefragt wird, ob das Gegentor kurz vor der Halbzeit nicht zu einem psychologisch ungünstigen Moment gefallen sei, muss die Gegenfrage lauten: Wann ist denn bitte ein psychologisch günstiger Moment für ein Gegentor?
Jetzt würde ich bitten, nachdem mir jetzt in jeder für mich zumindest - wirtschaftlich vorstellbaren Situation erklärt worden ist, dass ausgerechnet diese Situation nicht die richtige sei für Steuersenkungen, vielleicht der Finanzminister, vielleicht Sie, Frau Ministerpräsidentin, vielleicht kann mir irgendjemand mal erklären, wann denn der richtige Zeitpunkt für Steuersenkungen sei. Das wäre mal ein Beitrag, mit dem wir in der Debatte wirklich vorankommen würden und über den ich mich sehr freuen würde. Vielen herzlichen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Frau Ministerpräsidentin, bei Ihrem Beitrag ist mir durch den Kopf gegangen mein letzter Steuerbescheid und dann habe ich immer in Erinnerung, dass mittlerweile die Anzahl der Fußnoten immer mehr wird. Jeder Steuerbürger bekommt den, wir bekommen den auch, jeder kann nachschauen. Da steht drauf, das muss alles noch durch das Bundesverfassungsgericht, durch das Steuergericht, durch, ich weiß nicht was, geklärt werden, und unter diesem Vorbehalt sind alle unsere Steuerbescheide überprüfbar, nur im Hinblick auf die und die und die. Irgendwann werden wir mehrere Seiten hintendran nur deswegen haben. Da bin ich bei Ihnen. Das geht alles für Bürger eigentlich gar nicht mehr. Wenn wir also über ein gerechtes Steuersystem reden wollen und Gerechtigkeit hat was damit zu tun, und da unterscheide ich mich von Herrn Barth, ich kenne genügend Menschen, die gern Steuern zahlen, wenn sie das Gefühl haben, dass es a) gerecht zugeht und dass b) damit ein Sozialstaat finanziert wird,
der auch Menschen in schwachen Situationen hilft, beisteht und dafür sorgt, dass Bildung gewährt wird als Chancengerechtigkeit und Chancenteilhabe für jedes Kind in diesem Land. Also ein moderner Sozialstaat, der auch finanziert sein muss, deswegen bin ich sehr dafür, dass man dieses ganze Steuerkonglomerat mal aufbricht. Das wäre ein guter Ansatz. Die Frage, ob die Kirchhof’sche Variante jetzt richtig oder nicht richtig ist, würde ich vom Prinzip her nicht infrage stellen, sondern die Frage, wenn Sie 25 Prozent als Flat Tax ansprechen, wie finanzieren wir den Sozialstaat, ist das kostenneutral aus Sicht aller Haushalte, weil, was wir nicht tun können, ist, das eine von dem anderen zu trennen und hinterher zu sagen, wie es Herr Barth gerade getan hat, die Schulden müssen bezahlt werden durch die Streichung sämtlicher Sozialleistungen eines Sozialstaates.
(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das habe ich nicht gesagt. Das ist gelogen, das ist eine dreiste Lüge!)
Das heißt, dass am Schluss die Schwächsten der Gesellschaft alles bezahlen müssen, damit die Reichen in diesem Land alles verfressen können, dafür ihre Subventionen bekommen und der Staat nur zur Umverteilung zwischen Arm und Reich, und zwar von unten nach oben gemacht wird. Da bin ich ja
Das Stück weit Gerechtigkeit, Herr Barth, haben Sie überhaupt nicht verstanden, weil das, was Sie in Berlin tun,
das halte ich für arrogant und für völlig deplatziert. Sie wollen den Sozialstaat abschaffen und da sagen wir Nein.
Meine Damen und Herren, damit ist die Redezeit in dieser Aktuellen Stunde erschöpft. Oder hat die Landesregierung noch das Bedürfnis? Nein.
Dann kommen wir zum nächsten Teil der Aktuellen Stunde. Ich rufe auf den dritten Teil der Aktuellen Stunde
c) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Unsichere Zukunft der Thüringer Grundschulhorte?“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/2996
Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Herr Bergemann, ich war so froh, dass der Finanzminister jetzt bei dem Thema dringeblieben ist, dass ich Sie fast bitten würde, ihn jetzt nicht abzulenken, damit er zuhören kann. Es ist echt schade, muss ich sagen, weil, ich habe ja nun mitbekommen, dass die Vorentscheidungen bezüglich des Personalabbaupfades vom Finanzminister stehen. Deswegen würde ich jetzt auch das wirklich gut finden, wenn Sie bei dieser
Aktuellen Stunde auch tatsächlich zuhören würden. Das finde ich richtig gut, dass Sie dringeblieben sind.
Bis 2020 sollen mehr als 8.000 Stellen abgebaut werden, alleine über 4.000 im Bildungsbereich und davon wieder 1.333 Stellen bei den Erzieherinnen. Bereits 2012 stehen sie offensichtlich unter dem Vorbehalt des Haushalts und der Rechnungshof hat auch gerade wieder in seinem Bericht bestätigt, dass Thüringen im Ranking der Bundesländer Schlusslicht sei. Das heißt also, es ist höchste Zeit, dass über die Inhalte gesprochen wird, warum wir beispielsweise Erzieherinnen im Landesdienst haben und das auch behalten wollen. Deswegen hat meine Fraktion diese Aktuelle Stunde beantragt. Ich zitiere mal aus einer Mail, die mich gestern Abend noch erreichte: „Was soll der Hort eigentlich leisten, wie wollen Sie bei unterschiedlicher Trägerschaft noch die Einheit von Schule und Hort realisieren? Oder soll das flächendeckende Sterben des Hortes eingeleitet werden? Was ist denn wirklich bei Geldmangel noch möglich?“ Das sind Sorgen, die die Erzieherinnen und Erzieher noch umtreiben, denn eines ist doch Fakt: Wenn im übertragenen Wirkungskreis 1.333 Stellen an die Landkreise und kreisfreien Städte abgegeben werden, dann ist das doch nichts, womit man was einsparen kann. Dann hat man zwar ein paar Stellen weniger, aber im übertragenen Wirkungskreis etwas abzugeben, heißt, das gleiche Geld mitzugeben. Wenn sich aber dann der Kultusminister wieder so austricksen lässt, wie beim Kita-Gesetz schon gehabt, dann sind die Befürchtungen, die unsere Fraktion hat, nicht unberechtigt.
Deswegen will ich gerade Ihnen, Herr Finanzminister, die Sie ja jetzt neu hinzugekommen sind in Thüringen, doch noch mal die Historie ganz kurz schildern. 2004 hat Herr Althaus als Ministerpräsident in einer Regierungserklärung angekündigt, die Horte kommunalisieren zu wollen. Da gab es einen Aufschrei im ganzen Land, weil die Einheit der Grundschule und der Horte in Gefahr sei. Das haben wir auch so gesehen und sehen das auch nach wie vor so. Wenn man die Evaluierung der Modellprojekte wirklich genau liest - und dankenswerterweise hat uns das Bildungsministerium seit voriger Woche diese zur Verfügung gestellt, nachdem wir das auf Antrag der GRÜNEN auch im Ausschuss besprochen hatten -, kann man sehen, dass unsere Befürchtungen auch zum Teil tatsächlich eingetreten sind. Was wir wollen, das ist eine Grundschule als Ganztagsschule, wo man zum Schluss nicht mehr unterscheiden kann, was ist der Unterricht am Vormittag und was ist der Hort am Nachmittag.
Wir wollen Betreuung und verlässliche Hausaufgabenbetreuung, und zwar in einem rhythmisierten Schulalltag. Natürlich wollen wir auch ein warmes und gesundes Mittagessen, wie das bei uns selbstverständlich überall angeboten wird. Das Besondere ist, überall arbeiten derzeit an den Grundschulen Pädagogen und Erzieherinnen zum Teil auch mit methodisch-didaktischer Ausbildung und sie sind Landesbedienstete - ja, auch die Erzieherinnen haben eine methodisch-didaktische Ausbildung. Die Dienst- und Fachaufsicht aus einer Hand hat einen großen Vorteil. Im Übrigen gibt es jetzt (20 Jahre nach der Wende) Modelle in Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen, wo man genau das, was wir in Thüringen immer als Spezialität gut gefunden haben, versucht auszuprobieren und möglicherweise übernimmt. Genau jetzt zu diesem Zeitpunkt wollen Sie - und jetzt spreche ich mal das Bildungsministerium an - diese Thüringer Spezialität kaputtmachen. Sie nehmen die Althaus-Variante als „Light-Variante“, als Modell bis 2012 und führen das offensichtlich fort, obwohl zwei Jahre Zeit gewesen wären, eine faire Chance zwischen den Gebieten, wo kommunalisiert wurde und wo nicht kommunalisiert wurde, herzustellen. Das haben Sie versäumt. Es gibt also große Unterschiede zwischen den Landkreisen, wo durch den Landesdienst nur zu 50 Prozent befristete Verträge realisiert worden sind, wo weniger Geld bezahlt wird. Es gibt auch selbst in den Modellprojekten mittlerweile an Schulen sehr große Unterschiede zwischen den Landesbediensteten und denen, die von den kommunalen Bildungsämtern eingestellt werden. Ich kann Ihnen sagen, Ihre Ziele, die auch Sie haben, eine inklusive Schule, den gemeinsamen Unterricht oder die Ganztagsschule, sind nur mit den Erzieherinnen und Erziehern zu verwirklichen.
Deswegen dürfen Sie die Erzieherinnen nicht fallenlassen, im Gegenteil. Ich darf noch mal aus dieser Mail zitieren: „Ist denn der Bildungsplan nicht mehr wichtig? Wurde ein Trugbild geschaffen durch ein besser gestelltes Pilotprojekt? Ist der Hort denn ein Klotz am Bein? Kann es sich Thüringen wirklich leisten, auf das Erzieherpersonal zu verzichten, welches eine fundierte Ausbildung nachweisen kann meist mit Lehrbefähigung?“ Das ist zu hinterfragen. Deswegen rufe ich Sie alle auf, auch die, die am Internet sitzen: Nehmen Sie teil an der GEW-Online-Befragung.