Protokoll der Sitzung vom 14.09.2011

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: 41, ich habe mich versprochen.)

das gestehe ich Ihnen zu, wir haben etwa 41 und ein bisschen. Ja, das ist doch nicht schlimm. Das kann jedem passieren. Also es sind 41 Mio., nicht 49 Mio. Davon sind 28,3 Mio. und ein bisschen mehr in Sozialversicherung. Alles andere sind atypische Beschäftigungsverhältnisse. Das heißt, der große Aufwuchs ist nicht in den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen entstanden, in den 28, sondern bei den 13 …

(Unruhe FDP)

Nein, das stimmt doch nicht. Wenn Sie sich die Zahlen anschauen des letzten Konjunkturaufschwungs 2001 und den in diesem Jahr, dann werden Sie feststellen, das ist eine halbe Million höher. Der große Aufwuchs hat bei den atypischen Beschäftigungsverhältnissen stattgefunden, und das zulasten vieler Beschäftigter, 400-Euro-Job, zeitliche Befristung.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Das ist eben nicht der Fall.)

Natürlich ist das so. Das sagt so der Sachverständigenrat. Da müssen Sie einfach mal reinschauen und müssen sich mal kundig machen, damit Sie wissen, wovon Sie an der Stelle reden. Da will ich mal eines ein bisschen leiser sagen. Das, muss ich sagen, habe ich noch nie gehört. Niemand glaubt, dass diese Bundesregierung dafür Verantwortung trägt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass die FDP dafür Verantwortung trägt, glauben nicht einmal mehr 3 Prozent in Deutschland, dass das mit Ihrer Politik irgendetwas zu tun hat.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage Ihnen, wenn Sie weiter so auftreten, dann werden das noch weniger als 3 Prozent, denn am Ende muss doch eines gelten, dass man Vertrauen hat zu denjenigen, die dort Politik machen. Wenn ich mir einen bestimmten Teil auf der Bundesebene anschaue, da muss ich sagen, dieses Vertrauen existiert nicht. Das ist jetzt Ihre Sache, die müssen wir lösen. Wir sind übrigens bei 30 Prozent bei den Umfragen, wir werden auch noch besser, das sage ich Ihnen voraus. Ja, das werden Sie sehen und dann kann man auch darüber reden.

Aber noch mal zurück zur Sachdiskussion. Ich würde mich ganz ernsthaft freuen, wenn wir eine intelligente Debatte über die Fragen führen würden, welche Rahmenbedingungen können wir in den nächsten Jahren unter der Überschrift Standort, Leistungsfähigkeit, Infrastrukturen ausbauen, Qualifizierungen auf den Weg bringen usw. schaffen. Mit welchen Instrumentarien können wir das tun. Wenn dann allerdings die Antwort ist, das machen schon die Märkte und das macht das freie Unternehmertum, dann muss ich sagen, das ist mir als Antwort dann doch zu lapidar und hat mit der Realität nichts zu tun.

(Beifall SPD)

Da sage ich, man müsste über intelligente Instrumente reden, wie denn das gelingen kann. Da bin ich jederzeit, zu jeder Tages- und Nachtzeit bereit, darüber zu reden, weil das in der Tat unsere Aufgabe ist.

(Beifall SPD)

Was sind intelligente Instrumente, um den Standort noch besser zu machen?

Ordnungspolitik in Deutschland heißt möglichst nichts tun oder das falsche. Das heißt häufig Ordnungspolitik. Das ist eine Lehrformel, mit der ich wenig anfangen kann, die Ihnen im Übrigen auch gar nicht hilft. Denn sagen Sie mal einem Unternehmer, dass er sich in Thüringen ansiedeln soll; wenn ich diesem etwas von Ordnungspolitik erzähle, dann fragt der mich nur: Wo ist die Gewerbefläche, wo ist die Infrastruktur, wo ist das Fördermittel und wo hast du meine Beschäftigten. Das will der wissen. Er will nicht irgendwelche ….

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Und wo sind …?)

Das will ich Ihnen auch gern erklären, interessant. Ich habe davon gesprochen, dass im letzten Jahr, eigentlich auch in diesem Jahr, nur 160 Mio. € geplant waren. Ich habe 40 Mio. € aufgestockt.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Und die erste Tranche ….)

Sie verstehen das offensichtlich nicht. Ich habe 40 Mio. € aufgestockt. Jetzt ist folgendes passiert: Der Großteil - auch in der letzten Tranche - der Bewilligungen, die wir gemacht haben, von 74 waren das 46, ist zu Kleinstunternehmen in Thüringen gegangen. Auch in der ersten Tranche gilt das. Der Großteil unserer Förderungen geht an Kleinst- und kleine Unternehmen, dann an mittlere und nur ganz wenige größere Unternehmen werden von uns überhaupt bedacht, dazu hat Opel gehört. Da sage ich ganz klar, das war auch eine richtige Entscheidung.

Im Übrigen will ich Ihnen eines sagen: Langfristig wäre mir eines lieber gewesen, wir hätten eine ver

(Minister Machnig)

tragliche Lösung mit GM über Opel hinbekommen, dann hätten wir mehr Sicherheit zur Entwicklung des Unternehmens gehabt, als wir das heute haben. Das war mein damaliger Ansatz, warum ich auch dafür gekämpft habe.

Im Übrigen, wenn wir damals als Landesregierung das nehme ich nicht nur für mich in Anspruch, sondern auch für die Ministerpräsidentin - uns nicht so deutlich auch im Fall Opel positioniert hätten, dann hätte die Frage gestanden, ob denn Eisenach in der Form berücksichtigt werden kann. Von daher war es, glaube ich, ein richtiger Punkt. Das heißt, Herr Barth, die Zahlen, die Sie verwenden und die Behauptung, hier würden Großunternehmen - so viele haben wir in Thüringen überhaupt nicht - subventioniert, geht an der Realität vorbei. Der Großteil der Förderungen geht in wirklich kleine Unternehmen. Das wird auch in den nächsten Jahren so sein,

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Ich habe Ih- nen gesagt, dass das nicht gut ist.)

weil Thüringen ein Land der KMU ist, diese KMU müssen wir stärken, denn sie sind unser wirtschaftliches Potenzial. Trotzdem brauchen wir auch eines, wir brauchen auch größere Unternehmen, die in der Lage sind, etwa von den F- und E-Investitionen und anderen Dingen auch in die Zukunft zu investieren und auch Kooperationen und Netzwerke mit der Wissenschaft in Thüringen aufzubauen. Wenn wir das tun, dann haben wir, glaube ich, eine gute Chance für den Wirtschaftsstandort. Ich glaube auf jeden Fall, dass Thüringen seine Vorreiterstellung in den neuen Bundesländern in den nächsten Jahren weiter ausbauen kann. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Der Minister hat dafür gesorgt, dass es jetzt noch 10:55 Minuten Redezeit gibt. Einen Moment mal, es ist ja für mich auch außerordentlich spannend, wie das hier alles zu berechnen geht. Das heißt, es gibt Redemeldungen schon vor Herrn Kemmerich. Die heißen in der Reihenfolge Herr Günther, das habe ich ja vorhin schon gesagt, der durfte nur nicht; dann hat sich der Herr Barth noch einmal gemeldet; dann hat sich der Herr Kemmerich gemeldet und wer noch? - der Herr Lemb. Wir haben also wieder die Herausforderung, 10:55 Minuten auf vier Redner aufzuteilen. Wieder gilt die männliche Solidarität, die dann vorhin erst durch den Minister wieder aufgelöst werden konnte. Und Sie haben als Erster das Wort, Herr Abgeordneter Günther. 18.00 Uhr ist übrigens letzter Aufruf, das wollte ich auch nur noch mal nebenbei anmerken.

Frau Präsidentin, Sie haben gesagt, er kann nicht, er kann doch. Meine Damen und Herren, Herr Minister, Sie haben gesagt, Kriterien sollen neu definiert werden, bin ich völlig bei Ihnen. Also doch ein Änderungsbedarf bei der Linie, finde ich gut. Die Kammern haben auch gute und tragfähige Vorschläge gemacht. Ich denke, wir werden es dann noch mal erneuern. Sie werden mit denen reden, finde ich super. Was mir gut gefallen hat, dass Sie die Aussage getroffen haben, 40 Mio. GRW vorgezogen auf 200 Mio., auch ok., in die einzelbetriebliche Förderung und haben daraus das Fünffache an Investitionssumme herausgeholt. Finde ich gut, weil nämlich bei der Infrastrukturförderung werden 90 Prozent Förderung ausgegeben, und da will ich zu meinem Punkt kommen, nur 10 Prozent Eigenanteil gesetzt, was meist auch aus Steuermitteln kommt. Also, meine Bitte, Herr Minister, dass Sie auch zukünftig bei diesem großen Antragsvolumen das Förderverhältnis, was derzeitig bei 60 zu 40 einzelbetriebliche zu Infrastrukturförderung steht, ändern, und zwar - die Möglichkeit ist ja, Sie sind mächtig genug, können das machen - von 80 zu 20; 80 Prozent einzelbetriebliche Förderung, 20 Prozent Infrastrukturförderung. Dann können wir mehr Anträge bedienen, Sie schmunzeln schon, Sie kennen meine Richtung, ich sage es nicht. Das ist der richtige Weg, denn das ist Wirtschaftsförderung pur. Dadurch werden Aufträge in der Fläche generiert, werden Ingenieurbüros beauftragt und kleine und mittelständische Unternehmen, Handwerksbetriebe bekommen viel mehr Aufträge. Das spült auch Geld in die kommunalen Kassen, die klamm sind. Deswegen meine herzliche Bitte, Änderung des Verhältnisses im nächsten Jahr von 60 : 40 auf 80 : 20 und dann sind wir ein ganzes Stück weiter. Wir können nicht alle befriedigen, aber zumindest geht es in die richtige Richtung. Vielen Dank. Ich habe auch mein Zeitlimit so gesetzt, dass die anderen noch drankommen.

2 Minuten 09 von 10 Minuten 55. Als Nächster hat der Abgeordnete Barth das Wort.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Es gibt bestimmt neue Redezeiten.)

Dafür kann ich ja leider nicht sorgen, Frau Präsidentin, ich kann nur mein Möglichstes tun.

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Da müssen wir uns Mühe geben.)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, die Frage, dass die Gewerkschaften, dass die Kammern nicht die Wirtschaft sind, das ist

(Minister Machnig)

völlig richtig. Aber die Gewerkschaften sind eben auch nicht die Arbeitnehmer, das hatte ich vorhin gesagt. Deswegen ist es wichtig, dass Sie die Wirtschaft auch einbeziehen in die Dinge, die Sie planen, in die Dinge, die Sie entscheiden. Deswegen ist es auch das gute Recht, glaube ich, der Wirtschaft und damit auch der Kammern als Organe, als Vertreter der Wirtschaft, dass die ein Gefühl dafür bekommen, dass die Dinge, die Sie in Ihrem Ministerium entscheiden transparent und vor allem auch verlässlich sind. Die Verlässlichkeit ist nämlich ein ganz entscheidender Standortfaktor aus meiner Sicht. Es gibt eine ganze Reihe von Unternehmen, die beantragen bei Ihnen Fördermittel. Dann gehen die zu ihrer Bank, machen ihre Finanzierungen und dann geht es denen plötzlich wie einem Fußballspieler, der in der 60. Minute vom Schiedsrichter mal in die Mitte gerufen wird und dann heißt es, die restlichen 30 Minuten spielen wir jetzt ohne Abseits weiter.

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Nein, nein, nein, nein.)

Doch, doch, doch, doch, so ist das. Sie haben 160 Mio. GRW-Mittel gehabt. Irgendwann mitten im Jahr haben Sie festgestellt, nachdem ein Großteil, von dem wir übrigens noch nicht wissen, wer das Geld alles gekriegt hat. Ich habe nicht gesagt, dass das alles Großunternehmen waren - doch Sie haben vorhin behauptet, ich hätte das gesagt, ich habe es nicht gesagt - weil es so viele Großunternehmen in der Tat nicht gibt. Wenn Opel 15 Mio., 16 Mio., irgendwas in der Größenordnung bekommt, dann sind das ja von 160 Mio., immerhin10 Prozent. Dann ist das ein nennenswerter Anteil, der vielen kleinen Unternehmen natürlich entsprechend fehlt. Sie erheben bei Opel eine Bedingung nicht, die Sie bei anderen dann plötzlich einführen, nämlich die Frage, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Opel schafft keine neuen Arbeitsplätze, die haben Ihnen lediglich zugesagt, dass sie nicht so viele abbauen werden, wie sie vorher angedroht haben. Das kann ich auch, da setze ich eine Drohung in die Welt und dann gehe ich her und sage, also wenn ich ein bisschen Geld bekomme, baue ich nicht ganz so viel ab. Noch einmal: Ich habe nichts gegen die Fördermittel für Opel. Die Bedeutung dieses Standorts für Thüringen ist unumstritten. Was ich bemängle, was ich kritisiere, ist die Tatsache, dass Sie plötzlich mitten im Galopp sagen, alle, die jetzt kommen, müssen Arbeitsplätze schaffen. Dass das auch so eine Frage ist, wie man dauerhafte Arbeitsplätze finanziert und wer die am Ende wirklich schaffen kann, ob das für den kleinen Unternehmer, für den kleinen Handwerker wirklich so einfach ist, herzugehen und zu sagen, ich schaffe mal jetzt drei Arbeitsplätze, und sich dann gegen irgendjemand anderen durchzusetzen, ob die Investition dadurch nachhaltiger wird, das wage ich zu bezwei

feln, ob das Kriterium wirklich nachhaltig ist. Aber auch das wäre egal. Sie können es aber nicht mitten in der Förderperiode machen, das ist der entscheidende Kritikpunkt. Vor allem ist auch die Frage interessant, weil Sie immer über die 20 Mio. € reden, die da noch übrig waren, und die 40 Mio. €, die Sie aus dem Jahr 2012 dann vorholen, wo sind denn eigentlich die fehlenden 140 Mio. € hin?

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Welche 140 Mio. €?)

Die waren ja zur Hälfte des Jahres verschwunden von den ursprünglichen 160 Mio. €, die Sie schon ausgegeben hatten.

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Nein, nicht ausgegeben.)

Da wäre mal die Frage, für wen sind die denn so alles bewilligt worden?

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Da mache ich Ihnen eine schöne Liste.)

Genau, so eine schöne Liste würde ich mir einmal wünschen. Sie müssen sich schon einmal die Frage gefallen lassen, wo ist das Geld hin?

Zu Ihren Ausführungen vorhin: Natürlich bekommen Sie das Geld, da brauchen Sie die Kammern nicht dazu. Das Geld, was ein Unternehmen nicht abruft, Fördergeld, was nicht abgerufen wird, steht Ihnen selbstverständlich wieder zur Verfügung. Das geht in Ihren Topf wieder hinein und dazu brauchen Sie an der Stelle auch keine Kammern. Ich habe mich vorhin in der Tat versprochen. Es sind nicht 49 Mio. Arbeitsverhältnisse, es sind 41 Mio. Das ist aber genauso Höchststand

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Da streite ich ja nicht.)

wie die Frage sozialversicherungspflichtiger auch Höchststand sind plus/minus 200.000/300.000. Darum will ich mich gar nicht streiten. Aber wenn Sie sich hierher stellen und sagen, dass die 13 Mio., die wir jetzt hier in der Differenz haben zwischen sozialversicherungspflichtigen und anderen Arbeitsverhältnissen, durch Abbau sozialversicherungspflichtiger entstanden wären, da stimmt Ihre eigene Rechnung nicht,

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Doch!)

weil zum Höchststand Rot-Grün oder Schwarz-Rot war die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen in der gleichen Höhe plus/minus 100.000 oder 200.000, auf jeden Fall nicht plus/minus 13 Mio., wie Sie es uns jetzt gerade weismachen wollen. Wer rechnen kann, ist genauso klar im Vorteil wie

der, der lesen kann gelegentlich, aber da müssen wir auch sauber rechnen.