Protokoll der Sitzung vom 14.10.2011

Danke, Herr Abgeordneter Dr. Zeh. Es spricht jetzt Frau Sozialministerin Taubert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der FDP nehme ich im Namen der Landesregierung wie folgt Stellung:

Am 1. August 2010 wurde das neue Thüringer Erziehungsgeldgesetz in Kraft gesetzt. Das neue Gesetz verlagert den Anspruch auf Erziehungsgeld vom dritten auf das zweite Lebensjahr. Damit wird das Thüringer Erziehungsgeld im Anschluss an das Bundeselterngeld für 12 Monate und im Ausnahmefall für 14 Monate gewährt. Das Thüringer Erziehungsgeldgesetz stellt zusammen mit dem Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kindertagesein

richtung oder einer Kindertagespflege mit Beginn des zweiten Lebensjahres eine familienpolitische Leistung in Thüringen dar. Bei der Einführung des Erziehungsgeldes wurde vorgebracht, dass die Erziehungsleistung von Eltern, die in einer für ihr Kind entwicklungspsychologisch sehr sensiblen Phase die Betreuungs-, Erziehungs- und Bildungsanforderungen für ihre Kinder selbst und nicht durch eine Fremdbetreuung gewährleisten wollen, honoriert werden sollen. In der Begründung zum Antrag der FDP wird behauptet, dass das Thüringer Erziehungsgeld die pädagogische Arbeit der Eltern nicht verbessert. Im Grundgesetz heißt es unter Artikel 6 Abs. 2 - ich zitiere, Frau Präsidentin: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“ Es geht also darum, dass eine Balance zwischen familiärer und staatlicher Verantwortung gefunden wird und nicht das eine gegen das andere ausgespielt werden soll. Der Landesregierung ist wichtig, dass Eltern entsprechend ihrer unterschiedlichen Lebenssituationen, ihren unterschiedlichen Lebensbedingungen im Interesse ihrer Kinder bewusst zwischen unterschiedlichen Unterstützungsangeboten auswählen können. Ich will positiv bemerken, das ist mehrfach auch schon gesagt worden, die Entwicklung der Betreuungsquote in Kindertageseinrichtungen im zweiten Lebensjahr ist tatsächlich gestiegen. Thüringer Eltern wählen also bewusst. Familienpolitik ist richtig, wenn man Familie in ihrem Leistungspotenzial anerkennt und sie mit Angeboten unterstützt, damit ihnen ihre immer schwieriger werdende Erziehungsverantwortung weiterhin gelingt oder auch besser gelingt.

Die FDP begründet ihren Antrag auf Aufhebung des Thüringer Erziehungsgeldes mit der alleinigen Erziehungsverantwortung der Eltern für ihre Kinder. Auch da ist es per se nicht schlecht - ich will noch mal auf das Bundeselterngeld eingehen, das Bundeselterngeld hat genau das aufgenommen, was Eltern in Deutschland wollten -, dass sie nämlich im ersten Lebensjahr zu Hause bleiben können, sich ihrem Kind widmen können und auch in einer fiskalisch abgesicherten Situation ihrem Kind widmen können. Es ist also ein ganz positive Entscheidung damals gewesen.

(Beifall CDU)

Dass wir als Staat diese Aufgabe haben per se, Eltern zu unterstützen in ihrem Erziehungsauftrag, Eltern zu unterstützen, dass Kinder tatsächlich ihren Lebensunterhalt später als Erwachsene auch selber sicherstellen können, ich denke, das ist unstrittig. Wenn der Staat unbegrenzte Mittel zur Verfügung stehen hätte, dann würde er das sicher in der einen oder anderen Sache auch tun. Deswegen sträube ich mich auch dagegen, das eine gegen das andere auszuspielen. Auch das ist erwähnt worden, wir haben im Bereich des Kindergeldes eine Unterstützung, das ist auch verfassungsgericht

lich entschieden worden, dass Eltern zu unterstützen sind. Das ist sicher nach unterschiedlicher politischer Ausrichtung auch, wir haben da auch zum Teil Streit in der Koalition, mit anderen Schwerpunkten besetzt. Aber vom Grundansatz ist es in jedem Fall, da schließe ich keine Fraktion im Landtag aus, gut, Eltern auch fiskalisch zu entlasten, wenn sie Kinder erziehen, weil das sichert uns am Ende auch das Weiterleben in unserer Gesellschaft.

(Beifall CDU)

Ich möchte von der FDP auch etwas wissen, das gehört nicht zum Standpunkt der Landesregierung, das möchte ich als Ministerin gern wissen: Was machen Sie denn dann mit dem Geld? Das würde mich schon interessieren. Das wäre das Erste, was wollen Sie mit den fiskalischen Mitteln machen, die frei werden, 29 Mio.? Wäre schön gewesen, Sie hätten in die Begründung hereingeschrieben, das möchten wir dann für Kinder einsetzen, für Investitionen oder was auch immer. Dann bliebe es zumindest auch bei den Kindern drin. Das Zweite, was mich dann im Laufe des Jahres, auch nächsten Jahres tatsächlich über die Zeitung erreichen wird, ist, wie verhalten Sie sich im Bundestag? Dort wird ja auch schon gemunkelt, dass man am Ende dann diesem Betreuungsgeld zustimmt. Ich will gar nicht bewerten, was ist. Aber Sie können nicht hier so reden und dann dort zustimmen. Das wäre ganz interessant, was dann passiert. Herzlichen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Ministerin Taubert. Es liegt jetzt kein weiterer Wunsch auf Rede vor und es wurde auch keine Ausschussüberweisung beantragt, also schließe ich für heute diesen Tagesordnungspunkt.

Ich eröffne den Tagesordnungspunkt 10

Thüringer Gesetz zur Änderung sicherheits- und melderechtlicher Vorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/3349 ERSTE BERATUNG

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Das ist der Fall, das Wort hat Herr Staatssekretär Rieder.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Landesregierung hat am 4. Oktober den Gesetzentwurf zur Änderung sicherheits- und melderechtlicher Vorschriften beschlossen und legt Ihnen diesen heute zur ersten Beratung vor. Mit diesem Entwurf soll die

Gültigkeit des Verfassungsschutzgesetzes, des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes, des Gesetzes zur Ausführung des Artikel-10-Gesetzes sowie des Meldegesetzes verlängert werden.

Lassen Sie mich bitte kurz auf die Hintergründe eingehen. Die Gesetze sind bis zum 31. Dezember 2011 befristet und würden danach außer Kraft treten. Auf die dort geregelten sicherheitsrelevanten Aufgaben kann jedoch nicht verzichtet werden. Sie müssen weiterhin durchgeführt werden, um auf dem Gebiet der inneren Sicherheit handlungsfähig zu bleiben. Auch dienen sie der parlamentarischen Kontrolle und dem Schutz der Bürgerinnen und Bürger. Darauf dürfen wir ebenfalls nicht verzichten. Daher sollen die Befristungen des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes und des Gesetzes zur Ausführung des Artikel-10-Gesetzes aufgehoben werden. Die Geltungsdauer des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes wird um ein weiteres Jahr bis zum 31. Dezember 2012 befristet. Zwar gilt das, was ich soeben ausgeführt habe, in gleicher Weise auch für das Verfassungsschutzgesetz, aber es zeichnet sich hier bereits jetzt ein weiterer Änderungsbedarf ab. So sieht die Koalitionsvereinbarung eine Stärkung der parlamentarischen Kontrollrechte in Anlehnung an die Regelungen des Bundes vor. Darüber hinaus sind Anpassungen auch von Gesetzgebungsverfahren des Bundes abhängig. Dort wird das Bundesverfassungsschutzgesetz derzeit durch das Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz novelliert. Damit die Länder die dort eröffneten Befugnisse auch künftig nutzen dürfen, werden 2012 entsprechende Umsetzungen durch die Aufnahme von bestimmten Verfahrens- und Kontrollregelungen in den Landesgesetzen notwendig. Es besteht insoweit Konsens, dass die anstehenden inhaltlichen Themen zum Verfassungsschutzgesetz sorgfältig geprüft und beraten werden müssen, um auf diesem sensiblen Gebiet die für Thüringen beste Lösung zu finden. Wir wollen uns hierfür die nötige Zeit nehmen. Der nun vorliegende Gesetzentwurf sieht daher für das Verfassungsschutzgesetz die Verlängerung der Gültigkeit um ein Jahr vor. Zum Thüringer Sicherheitsüberprüfungsgesetz und zum Thüringer Gesetz zur Ausführung des Artikel10-Gesetzes möchte ich nur kurz anmerken, dass diesen Gesetzen jeweils Daueraufgaben zugrunde liegen, so dass ihre weitere Befristung nicht zweckmäßig ist. Auch das Thüringer Meldegesetz wird entfristet. Dieses ist ebenfalls bis zum 31. Dezember 2011 befristet und würde danach außer Kraft treten. Der Bund hat durch die Föderalismusreform I die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für das Meldewesen erlangt, von welcher er auch in absehbarer Zeit Gebrauch machen wird. Es liegt bereits der entsprechende Entwurf eines Bundesmeldegesetzes vor, der im Laufe der nächsten Monate das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen wird. Vor diesem Hintergrund beschränkt sich dieser Entwurf, der Ihnen vorliegt, auf die Entfristung,

(Ministerin Taubert)

da mit dem Inkrafttreten der Regelung auf Bundesebene die bevorstehenden landesrechtlichen Regelungen ohnehin ihre Wirkung verlieren würden. Die Aufhebung der Befristung bewirkt, dass bis zu diesem Zeitpunkt die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung im Einwohnermeldewesen in bewährter Weise fortgesetzt wird und gewährleistet bleibt.

Der vorgelegte Gesetzentwurf enthält somit keine materiell-rechtlichen, also keine inhaltlichen Änderungen, sondern lediglich Regelungen zur Entfristung bzw. zur Verlängerung der Gültigkeitsdauer. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär Rieder. Ich eröffne jetzt die Aussprache und das Wort hat Frau Abgeordnete Renner für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ein paar Worte zu dem vorliegenden Gesetz müssen hier schon gesagt werden, Herr Staatssekretär Rieder hat das ebenso gesehen. Es geht hier um die vollständige Entfristung bzw. neue Befristung wesentlicher ordnungs- und sicherheitspolitischer Gesetze in Thüringen. Gesetze, zu denen wir in der Vergangenheit an anderer Stelle schon deutlich gemacht haben, dass es erhebliche Bedenken gibt, ob die Gesetze alle Vorschriften - Grundrechtsschutz, Gewährleistung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, Datenschutzbelange und Schutz des Bürgers vor Ausforschung seiner Privatsphäre durch den Staat - gewährleisten. Weil es dahin gehend auch in der Vergangenheit durch das Parlament - zumeist in den Anhörungen auch durch die Fachleute - Zweifel gab, wurden die Gesetze befristet. Durch die Befristung soll gewährleistet werden, dass Gesetze auf ihre Sinnhaftigkeit, Zweckmäßigkeit und Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts regelmäßig überprüft werden. Eine solche Prüfung hat aber nicht stattgefunden und die alleinige Behauptung der Schutz der FDGO ist Daueraufgabe ersetzt eine wirklich inhaltliche und qualitative Prüfung nicht. Zumindest für den Verfassungsschutz hat die Landesregierung hier offensichtlich auch selbst Zweifel an der Sinnhaftigkeit und Zweckmäßigkeit des Gesetzes und damit auch an der parlamentarischen Kontrolle dieses Geheimdienstes. Wenigstens in einem der beiden Geheimdienste - natürlich ist es ein Geheimdienst, was soll ein Verfassungsschutz anderes sein als ein Geheimdienst,

(Beifall DIE LINKE)

er arbeitet mit nachrichtendienstlichen Mitteln, die anderen Sicherheitsbehörden nicht zugängig sind,

verdeckten Ermittlern, Wanzen usw. Ich denke, das ist klar, was das ist.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass das Stuss ist. Wenn Dummheit wehtun würde.)

Wenigstens in einem der beiden Koalitionspartner darf der Zweifel auch geäußert werden, wenn nicht von Herrn Gentzel, dann aber auch von anderen, es ist nachzulesen. Deswegen schlagen wir hier vor, nicht eine vollständige Entfristung, sondern eine erneute kurzfristige Befristung so, wie sie auch die Landesregierung vorsieht, um Zeit zu haben, über die Sinnhaftigkeit dieses Dienstes offen nachzudenken. Wie gesagt, Teile der SPD sind hier auch für diese offene Diskussion. Zweifel sind aufgekommen in den letzten Jahren. Ich meine, die Geschichte ist insgesamt bekannt. Erst hat der VS die Axt an das NPD-Verbotsverfahren gelegt, dann hat er nicht informiert zu einem Nazi-Skinhead-Konzert in Pößneck, dann brauchte der VS ein halbes Jahr, um festzustellen, dass ein NPD-Funktionär, Sebastian Reiche aus Gotha, ein Neonazi ist. Die vorläufige Krönung ist ja wohl, der VS schaut seelenruhig zu, wie eine bundesweit agierende rechtsextreme Organisation der Gedächtnisstätte e.V. die Verfügungsgewalt über ein Herrenhaus in Guthmannshausen erlangt. Auf den Punkt gebracht heißt das für uns, der Verfassungsschutz hat als Frühwarnsystem vollständig versagt.

(Beifall DIE LINKE)

Zudem ist der Geheimdienst weder parlamentarisch noch öffentlich kontrollierbar, weil er sich selber der parlamentarischen Kontrolle beispielsweise durch Anfragen entzieht. Eine schmerzhafte Erfahrung, die alle hier teilen müssen, die gelegentlich in diesem Phänomenbereich nachfragen. Er legt jährliche Berichte der Öffentlichkeit vor, in denen stehen dann Dinge, die längst schon an anderer Stelle nachzulesen waren. Er macht seine Arbeit und Arbeitsweise nicht transparent. Diejenigen, die parlamentarische Kontrolle ausüben sollen, sind zur Verschwiegenheit verpflichtet, und auch das dient nicht einer transparenten Kontrolle durch Parlament und Öffentlichkeit. Der Vorschlag der Fraktion DIE LINKE, das Gesetz wird bis zum 31.12.2011 auslaufen, damit würde der Weg freigemacht werden, das geheimdienstlich agierende Landesamt in eine notwendige Dokumentations- und Beratungsstelle für Demokratie und Grundrechte umzuwandeln. Hierüber wollen wir die Diskussion führen.

Zum Sicherheitsüberprüfungsgesetz: Hier bezweifelt die Landesregierung selbst anscheinend die Notwendigkeit des Gesetzes. Es geht hier um die Frage Sicherheitsüberprüfungen in privatwirtschaftlichen Bereichen. Sie hat die zum Gesetz notwendige Rechtsverordnung und die Verwaltungsvorschriften bisher nicht erlassen. Auch wurde bisher keine Behörde oder andere nicht öffentliche Stelle

(Staatssekretär Rieder)

als lebens- und verteidigungswichtige Einrichtung eingestuft. Wir haben das in einer Kleinen Anfrage nachgefragt und diese Antwort erhalten. Demgegenüber steht ein massiver Grundrechtseingriff durch nachrichtendienstliche Überprüfung auch von nicht betroffenen Kontaktpersonen, zum Beispiel Lebenspartnern oder Mitbewohnern. In dieser Form ist das Schnüffelgesetz/Sicherheitsüberprüfungsgesetz untragbar und trägt verfassungswidrige Züge. Sie erinnern sich an die massive Kritik in der Anhörung, weil sich die Betroffenen nicht gegen eine negative Begutachtung durch den VS wehren können und der Arbeitgeber zum Gehilfen des Geheimdienstes gemacht wird.

Zum Ausführungsgesetz G 10: Das Ausführungsgesetz regelt im Kern die parlamentarische Kontrolle durch das Bundesgesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses. Das Problem mit diesem Gesetz ist, dass die Kontrolleure des Grundrechtseingriffs einer vollständigen Geheimhaltungsverpflichtung unterliegen, deren Kontrolle tatsächlich keine Transparenz zur Folge hat und sich nur selten gegen Trends bzw. die Zunahme des Grundrechtseingriffs stellen können. Im Übrigen wird bezweifelt, dass jedweder Eingriff in das Fernmeldegeheimnis einschließlich der aktuell in der Diskussion stehenden Funkzellenabfrage und der Einsatz sogenannter IMSI-Catcher beispielsweise auch möglicherweise durch Verfassungsschutzbehörden überhaupt zum Gegenstand der Kontrolle wird.

(Beifall DIE LINKE)

Zum Thema Meldegesetz: Da sieht es etwas einfacher aus. Einer Entfristung kann zugestimmt werden, da die Meldebehörden weiterarbeiten müssen. Eine Anpassung an das Bundesmeldegesetz sollte aber vorgenommen werden. Da, denke ich, müssen einzelne Regelungen auch noch geprüft werden. Dabei muss man verfassungsrechtlich natürlich abwägen, dass man einerseits das Datensparsamkeitsprinzip beachtet und andererseits die Speicherung für den Verwaltungsvollzug personenbezogener Daten natürlich entsprechend der datenschutzrechtlichen Vorschriften im zwingend notwendigen Rahmen ermöglicht.

Wir plädieren in diesem Gesetz für eine generelle Datenschutzgrundeinstellung, das heißt, Weiterleitungs- und Auskunftsverbot an Dritte ist die Regel, von der erst auf Wunsch des Betroffenen abgewichen wird. Das heißt, um es mal vereinfacht zu sagen, der Bürger verfügt darüber, was mit seinen Daten geschieht, und nicht die Behörde, nicht der Staat.

Abschließend: Allein die Behauptung, dass den Gesetzen gemein sei, dass sie für Aufgaben auf dem Gebiet der inneren Sicherheit stehen und der Schutz einer wehrhaften und streitbaren Demokratie erforderlich ist, ist nicht ausreichend, die Entfris

tung mal eben so vorzunehmen. Deswegen bin ich auch hier nach vorn gekommen. Ich denke, auch die anderen beiden Fraktionen hier im Haus, die für sich berechtigt auch in Anspruch nehmen, die Bürgerrechtsfrage zu thematisieren, müssen sich wenigstens dann im Rahmen der Innenausschuss-Sitzung zu Wort melden.

Wir beantragen die Überweisung des Gesetzes an den Innenausschuss und den Justizausschuss. Dort werden wir dann eine Anhörung beantragen, die die notwendige Prüfung der Sinnhaftigkeit, Zweckmäßigkeit und Verfassungsmäßigkeit der Gesetze als notwendige Voraussetzung der Entfristung der Gesetze vornimmt. Aber eigentlich hätte das im Vorfeld durch das Innenministerium vorgenommen werden müssen, bevor sie diesen Gesetzentwurf hier einbringt. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Frau Abgeordnete Renner. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Adams für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, für uns BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kann ich eines sagen, wir hätten kein Problem gehabt, wie das angeboten worden ist, dieses Gesetz mit der ersten Lesung ohne eine größere Aussprache an den Ausschuss zu überweisen. Diese Ausschussüberweisung kann

(Beifall CDU, SPD)

- hören Sie lieber auf mit dem Klopfen - nicht heißen, dass wir dann im Ausschuss ganz schnell eine Pro-forma-Anhörung durchführen. Diese Gesetze speziell die Sicherheitsgesetze, die hier genannt werden, G-10-Gesetz usw., Sicherheitsüberprüfungsgesetz und Thüringer Verfassungsschutzgesetz - greifen in die Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern ein, und dies in hohem Maße, in sehr hohem Maße. Hier müssen wir als Innenausschuss uns ernsthaft die Frage stellen, ob wir einfach entfristen oder verlängern, sondern müssen - und das ist der Sinn dieser Begrenzung der zeitlichen Geltungsdauer - uns fragen vom heutigen Standpunkt aus, wie beurteilen wir die Gesetze. Müssen wir sie anpassen, müssen wir sie grundsätzlich abschaffen oder Ähnliches? Diese ernsthafte und ehrliche Debatte fordern wir von Ihnen ein. Glauben Sie nicht, dass Sie mit uns eine Pro-forma-Anhörung husch, husch in diesem Jahr noch durchbekommen. An der Stelle sage ich es ganz klar in Richtung Innenministerium, es wäre natürlich toller, wenn Sie solche Verlängerungen etwas früher einbringen könnten, dass wir ernsthaft die Debatte kriegen können.

(Abg. Renner)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sonst liegt der Schluss nahe, dass Sie Anfang Oktober Gesetze, die entfristet werden müssten oder verlängert werden müssten, erst so spät einbringen, um eine ernsthafte Diskussion gar nicht zu ermöglichen. Nehmen Sie diese Befristung von Gesetzen, wie sie das Parlament bestimmt hat, bitte ernst und machen Sie Ihre Arbeit so, dass wir hier als parlamentarische Instanz auch ordentlich darüber diskutieren können.

Vielleicht eine Sache noch zum Bundesmeldegesetz, das kommen soll: Hier argumentiert die Landesregierung, dass wir einfach kurzfristig das Thüringer Meldegesetz weiter laufen lassen könnten, weil sowieso eine Bundesregelung kommt. Aber wo sind wir denn, meine sehr verehrten Damen und Herren? Wir sind hier in einem Parlament und wir müssen natürlich auch von Ihnen als Landesregierung erwarten, dass Sie eine Position zum kommenden Bundesmeldegesetz haben, und dass wir in Thüringen auch darüber diskutieren, welche Vorstellungen haben wir denn, welche Erfahrungen haben wir denn aus unserem Meldegesetz, dass im Prinzip eine Crux in sich trug, nämlich die Bürger konnten sagen, ich will nicht, dass meine Daten weitergegeben werden. Dann wurden sie nicht weitergegeben. Wir brauchen aber eine Umdrehung dieses Aspekts, dass man sagen muss: Die Daten sind beim Meldeamt sicher, sie werden nicht weitergegeben, es sei denn, der Bürger erklärt aktiv: Ja, bitte gebt meine Daten an Private oder Ähnliche weiter, so wie ihr das bisher gemacht habt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das werden wir als GRÜNE in die Debatte im Innenausschuss einbringen, denn da wird immer ganz besonders qualifiziert diskutiert. Das werden wir dann öffentlich machen, natürlich in der öffentlichen Debatte noch mal. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)