Protokoll der Sitzung vom 18.11.2011

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Die Weis- heit der Präsidentin ist unermesslich.)

Herr Abgeordneter Fiedler, ich mag Sie außerordentlich

(Unruhe CDU)

und ich weiß natürlich, dass Sie das ehrlich meinen, aber Sie wissen doch auch, dass man die präsidialen Handlungen nicht kommentieren darf. Einigen wir uns jetzt darauf, dass vorhin der Kollege Eckardt zu mir kam und mir im Auftrag der Parlamentarischen Geschäftsführer mitgeteilt hat, man habe sich abgestimmt, die Fragestunde möge um 13.00 Uhr aufgerufen werden, vor dem Tagesordnungspunkt 37 a.

Diese Frage richte ich jetzt an Sie. Es sei denn, Sie wollen dieses Ansinnen wieder korrigieren. Wer der Meinung ist, dass wir jetzt zunächst die Fragestunde aufrufen, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus allen Fraktionen. Ich frage nach den Gegenstimmen. Es gibt zwei Gegenstimmen. Ich frage nach Stimmenthaltungen. Es gibt drei Stimmenthaltungen. Eine Mehrheit hat sich dafür entschieden, dass wir zunächst die Fragestunde aufrufen. Ich hatte bereits angedeutet, es sind noch sieben Anfragen, die zu behandeln sind. Ich sage jetzt ausdrücklich für die Menschen, die insbesondere wegen des Tagesordnungspunkts 37 a vielleicht gekommen sind: Diese sieben Fragen dürften so zwischen 40 und 50 Minuten in der Frage- und Antwortstellung brauchen.

Ich eröffne den Tagesordnungspunkt 41

Fragestunde

Als erste Frage rufe ich die Frage der Abgeordneten Hennig, Fraktion DIE LINKE, in der Drucksache 5/3517 auf. Bitte Frau Abgeordnete Hennig.

Dienstreisen im Rahmen der Lehrerausbildung

Bisher wurden Lehramtsanwärtern nach Maßgabe des § 15 Abs. 2 Thüringer Reisekostengesetz mit Zustimmung des Ministeriums die notwendigen Fahrtkosten erstattet. Es handelte sich hierbei um eine Ermessensentscheidung.

Ich frage die Landesregierung:

(Vizepräsidentin Dr. Klaubert)

1. In welcher Höhe wurden in den letzten fünf Jahren (bitte nach Jahren aufschlüsseln) Fahrtkosten an Lehramtsanwärter erstattet?

2. Beabsichtigt die Landesregierung diese Regelungen nicht mehr anzuwenden, wenn ja, warum?

3. Handelt es sich bei den Fahrten von Lehramtsanwärtern vom Wohnort zum Studienseminar und vom Wohnort zur Schule um Dienstreisen, wenn nein, warum nicht?

4. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass durch die Abschaffung von Reisekostenerstattungen an Referendare die Attraktivität des Bildungsstandortes Thüringen gewährleistet wird?

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hennig. Das Wort hat Herr Prof. Dr. Merten für das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Hennig wie folgt:

Zu Frage 1: Lehramtsanwärtern wurden in den Jahren 2008 97.987,96 € erstattet, im Jahr 2009 109.157,33 €, im Jahr 2010 135.208,19 € und im Jahr 2011 149.338,95 € für Fahrtkosten erstattet.

Zu Frage 2: Das Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und der sparsamen Haushaltsführung seine Zustimmung nach § 15 Abs. 2 Thüringer Reisekostengesetz zurückgenommen.

Zu Ihrer Frage 3 antworte ich wie folgt: In beiden Fällen handelt es sich nicht um Dienstreisen. Lehramtsanwärter befinden sich in der Ausbildung. Dienstreisen im Sinne des Thüringer Reisekostengesetzes führen Lehramtsanwärter nicht durch, da ihnen kein konkret funktionelles Amt/Dienstposten übertragen worden ist. Die regelmäßigen Fahrten zur zugewiesenen Ausbildungsschule erfüllen die Voraussetzung für eine Dienstreise bereits deshalb nicht, weil die zugewiesene Ausbildungsschule die reguläre Dienststätte des Lehramtsanwärters ist.

Zu Ihrer Frage 4: Der Bildungsstandort Thüringen und seine Attraktivität wird nach der Auffassung der Landesregierung nicht beeinträchtigt.

Eine Zusatzfrage von der Fragestellerin.

Vielen Dank. Mit der Beantwortung der Frage 4 in dieser Form habe ich natürlich schon gerechnet.

Ich frage Sie trotzdem, ich habe mich natürlich auch informiert, was das für die Referendare bedeutet. Das heißt, es sind etwa 20 bis 40 € im Monat anzunehmen an Fahrtkosten. Wenn man es ganz grob hochrechnet, kann man sagen, wir haben etwa 400 € im Jahr, was Referendare jetzt für sich persönlich zusätzlich übernehmen müssen. Ich frage Sie - weil wir durchaus auf den Lehrermangel zuschlittern -, ob das das richtige Zeichen für eine Lehramtsausbildung ist, wenn es um 149.000 € in 2011 geht, genau diesen Posten zu streichen?

Werte Frau Abgeordnete, Ihre persönliche Hochrechnung vermag ich jetzt natürlich, da sie doch sehr freihändig auf mich zugekommen ist, nicht nachzuvollziehen, da bitte ich um Nachsicht. Die Zahl kann ich weder bestätigen noch widerlegen. Ich nehme sie zur Kenntnis. Ihre Prämisse teile ich nicht, dass wir auf einen Lehrermangel zuschlitterten, das sieht hier im Land ganz anders aus. Diese teile ich natürlich auch nicht als Prämisse. Im Übrigen ist es so, dass das kein Alleinstellungsmerkmal ist, wir haben es im gesamten berufsbildenden Bereich, dass die Auszubildenden selbstverständlich ihre Fahrtkosten übernehmen. Sie haben zu Recht in Ihrer Vorbemerkung formuliert, dass es sich hier um eine Ermessensentscheidung handelt. Sie kennen die Haushaltsentwicklung. Es ist vor diesem Hintergrund für mich zumindest schwer zu legitimieren, warum wir eine Gruppe privilegieren sollten und alle anderen nicht. Wenn wir es für alle gleichermaßen machen, dann hätten wir mit einem erheblichen finanziellen Volumen in der Zukunft zu tun.

Vielen Dank, Herr Professor. Es gibt jetzt noch eine Frage aus der Reihe der Abgeordneten. Bitte, Frau Abgeordnete.

Herr Professor, kann ich Ihrer Antwort entnehmen, dass es Sie durchaus interessiert, wie wir politisch dazu stehen, möglicherweise die Fahrtkosten für Berufsschüler generell zu übernehmen und damit vielleicht auch für Studenten in diesem Fall die Kosten wieder zu übernehmen? Anders als Sie denken wir, dass wir auf einen Lehrermangel zusteuern und es durchaus die Attraktivität mindern wird.

Selbstverständlich nehme ich zur Kenntnis, dass Sie das politisch offensichtlich anders einschätzen. Das tue ich gern. Davon lebt das Verhältnis von Regierung und Opposition. Aber zu dem Verhältnis, das Sie immer zu der Prämisse, von der Sie ge

(Abg. Hennig)

sprochen haben, nämlich den Lehrermangel, machen, das wird auch durch die wiederholte Behauptung nicht richtiger.

Wir kommen zur zweiten Zusatzfrage, Herr Staatssekretär, von der Fragestellerin.

Selbst wenn die Entscheidung bisher eine Ermessensfrage war, habe ich irgendwie das Gefühl gehabt, dass in den letzten Jahren auch die 16 Mrd. Schulden, die Thüringen langsam aufgebaut hat, irgendwie entstanden sein müssen, und trotzdem war es bisher möglich, die Reisekosten zu erstatten. Was hat sich denn nun genau in diesem Jahr verändert, dass man diese 150.000 €, die aus meiner Sicht, wie Frau Sojka auch bestätigt, äußerst gut investiert sind, nicht mehr zu tragen?

Sie haben völlig recht, die 16 Mrd. € Schulden, von denen Sie angesprochen haben, sind nicht vom Himmel gefallen, und die Entscheidung, irgendwann mit der Konsolidierung anzufangen, trifft man zu irgendeinem Zeitpunkt. Ich glaube, es ist immer angesichts der Situation dessen, wie sich der Haushalt mit Blick auf das Jahr 2020 entwickelt, vernünftig irgendwann eine Entscheidung zu treffen. Da es sich hier um eine Ermessensentscheidung handelt, gehe ich davon aus, dass wir uns in diesem Fall korrekt verhalten haben. Das haben wir auch getan, haben es auch geprüft. Insofern haben wir in diesem Jahr begonnen, um einen weiteren Aufwuchs, denn dann würde das ja bedeuten auf Dauer, um dem entgegenzuwirken zu können, um den Schuldenberg nicht weiter ansteigen zu lassen.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Es gibt die zweite Zusatzfrage aus den Reihen der Abgeordneten nicht. Wir kommen zur Frage der Frau Abgeordneten Berninger für die Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/3518. Antworten wird für die Landesregierung das Innenministerium. Bitte, Frau Abgeordnete.

Danke, Frau Vorsitzende.

Nachgefragt zur Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage in der Drucksache 5/3009: Inkrafttreten der „Thüringer Verordnung über Mindestbedingungen für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften und die soziale Betreuung und Beratung von Flüchtlingen und Asylsuchenden“ (ThürGUSVO) am 1. Juli 2010

Am 7. Juli 2011 beantwortete Innenstaatssekretär Rieder die Frage nach der Wirkung der Verordnung, der Kontrolle ihrer Umsetzung und der Sanktionierung folgendermaßen: „Das Landesverwaltungsamt prüft die Einhaltung der Unterbringungsstandards durch regelmäßige Kontrollen der Gemeinschaftsunterkünfte. Darüber hinaus sind die Landkreise und kreisfreien Städte verpflichtet, jährlich einen Tätigkeitsbericht über die im vorangegangenen Kalenderjahr durchgeführte Sozialbetreuung vorzulegen. Sofern Kommunen keine qualifizierte, migrationsspezifische, soziale Betreuung und Beratung nach der Verordnung sicherstellen, wird ihnen eine monatliche Sozialbetreuungspauschale in Höhe von 12,78 € pro Flüchtling anstelle der ansonsten zu erstattenden Pauschalen in Höhe von 24,45 € gewährt.“

Die Frage zur personellen Situation in der Flüchtlingssozialbetreuung sah sich das Innenministerium außerstande zu beantworten, da zu diesem Zeitpunkt ein Tätigkeitsbericht über die Sozialbetreuung dem Landesverwaltungsamt erst von acht Gebietskörperschaften vorgelegen habe.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welchen Landkreisen und kreisfreien Städten wurde seit Inkrafttreten der Verordnung für welche Zeiträume die gekürzte monatliche Sozialbetreuungspauschale in Höhe von 12,78 € pro Flüchtling anstelle der ansonsten zu erstattenden Pauschale in Höhe von 24,45 € gewährt?

2. Nach Angaben der Landesregierung (Drucksa- che 5/1362 vom 18. August 2010) war vor dem 1. Juli 2010 im Kyffhäuserkreis, in den Landkreisen Saalfeld-Rudolstadt und Sonneberg sowie in den kreisfreien Städten Erfurt, Gera, Jena und Suhl eigenes Personal in der Flüchtlingssozialarbeit tätig. In welchen Landkreisen und kreisfreien Städten wurde seit Inkrafttreten der ThürGUSVO wie viel Personal in der Flüchtlingssozialarbeit eingesetzt?

Herr Staatssekretär Rieder, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Berninger beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Eine monatliche Sozialbetreuungspauschale in Höhe von 12,78 € wird nach Mitteilung des Landesverwaltungsamts seit Inkrafttreten der Thüringer Gemeinschaftsunterkunfts- und Sozialbetreuungsverordnung an den Ilm-Kreis, den SaaleOrla-Kreis, den Unstrut-Hainich-Kreis sowie an die Landkreise Gotha, Hildburghausen und Schmalkalden-Meiningen erstattet. Darüber hinaus erhalten

(Staatssekretär Prof. Dr. Merten)

die Landkreise Greiz und Altenburger Land sowie der Eichsfeldkreis für die in Gemeinschaftsunterkünften lebenden Flüchtlinge die abgesenkte Sozialbetreuungspauschale.

Zu Frage 2: Ein Tätigkeitsbericht über die im Jahr 2010 geleistete Sozialbetreuung liegt dem Landesverwaltungsamt zwischenzeitlich von allen Landkreisen und kreisfreien Städten vor. Die letzten Zuarbeiten kamen vor zwei/drei Wochen. Das Landesverwaltungsamt wertet diese Zuarbeiten gegenwärtig aus und wird dem Innenministerium bis spätestens Ende des Jahres einen entsprechenden Bericht vorlegen. Ich habe allerdings in der Zwischenzeit das Landesverwaltungsamt gebeten, die Frage, die Sie hier stellen, in der Auswertung vorzuziehen, und würde Ihnen, Frau Abgeordnete, das Ergebnis dann auch gern in der nächsten Woche zuleiten.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Es gibt noch eine Zusatzfrage von der Fragestellerin. Bitte.

Ja, eine Nachfrage. Sie haben jetzt neun Kreise aufgezählt, die die abgesenkte Pauschale bekommen. Das ist - wenn ich das richtig rechne - mindestens die Hälfte der Landkreise, die noch Gemeinschaftsunterkünfte unterhalten. Glauben Sie nicht, dass dies das falsche Instrument ist? Wie sollen denn diese Landkreise mit der halbierten Pauschale eine angemessene Flüchtlingsbetreuung herstellen, wenn sie noch weniger finanzielle Mittel haben?