Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich wollte eigentlich sagen, liebe Gäste auf der Tribüne, aber wenn ich so richtig hinschaue, kann ich mir vorstellen, dass unser Ordnungsdienst, nachdem Sie vom Wehrbezirkskommando III pünktlich um 13.00 Uhr da waren, Sie nach einer Stunde herausgeschickt hat. Ich hoffe nicht.
Die sind auf dem Weg. Die haben eine Veranstaltung, auf der sie Musik machen müssen. Das ist der ganze Grund.
Gut, vielen Dank. Vorab, Frau Ministerpräsidentin, vielen Dank für den Bericht zur Bundeswehrstrukturreform und ihre Auswirkungen auf Thüringen. Danke auch für den Einsatz beim Erhalt unserer Thüringer Standorte.
Wenn hier vom Pult aus der Vorwurf kommt, dass wir in Berlin so wenig Lobby aufgebaut haben, Herr Barth, dann denke ich einfach, Sie müssten sich die Zahlen verinnerlichen, die am Ende herausgekommen sind. Wer da von keiner Lobby spricht, hat dies wahrscheinlich nicht verinnerlicht und auch die Stabsstelle in der Staatskanzlei ist, soviel ich weiß, eine Arbeitsgruppe, die dort arbeitet, nur zu Ihrer Information.
Wenn auch die Organisation beim Bundesminister für Verteidigung liegt, hat die Landesregierung immer auf die strukturpolitische Bedeutung hingewiesen. Bei der Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht zum 1. Juli 2011, die auch von der Mehrheit gewollt wurde, war uns vor allem bewusst, dass das Einschnitte, sprich Reduzierungen der Standorte geben wird. Dass dies natürlich nicht spurlos an Thüringen vorübergehen wird, ist nachvollziehbar. Sehen Sie mir nach, dass ich nicht auf alle Standorte in Thüringen eingehen möchte, da über sie hier schon in aller Ausführlichkeit gesprochen worden ist und sie auch schon durch die Presse bekannt wurden. Herr Gentzel, er ist jetzt gerade nicht da, aber Herr Gentzel,
Ich habe jetzt gerade auf seinen Platz geschaut. Dass viele die Bundeswehr lieb haben und wer sie lieb hat, das will ich jetzt nicht beurteilen, aber ich bin mir sicher, dass es hier in dem Hohen Hause mindestens zwei Fraktionen gibt, und ich weiß auch, die sie nicht lieben, das denke ich, sogar verwünschen. Das, denke ich, ist vor allem an Ihren Aktionen deutlich geworden.
Wenn ich hier vorn stehe, möchte ich natürlich, wenn ich die Möglichkeit habe, über den Bundesstandort in meinem Wahlkreis und über Auswirkun
gen, Meinungen und Hoffnungen, die sich mit der Strukturveränderung in Bad Salzungen ergeben, sprechen. Eine reißerische Überschrift in einem Artikel über die Bundeswehr, der in der Bad Salzunger Presse zu lesen wäre, hätte heißen können: „Der Thüringer Löwe brüllt nicht mehr“. Ganz so ist es nicht gekommen. Das Panzerbataillon 393, das den Namen Thüringer Löwe trägt, bleibt dem Freistaat erhalten, wenn auch an einem anderen Standort, nämlich in Bad Frankenhausen.
Man sollte wissen, dass die noch verbliebenen Panzergrenadiere gemeinsam mit dem Panzerbataillon 393 Einsätze in Afghanistan bestritten haben. Ich darf Ihnen einen Ausspruch des Oberstleutnant Mayer zitieren: „Es sei so, als ob man Siamesische Zwillinge trenne.“ Dabei ist es nicht das erste Mal, dass Bad Salzungen Verluste als Bundeswehrstandort verkraften muss. Die Pionierkompanie ging bei der letzten Reform an Gotha verloren. Der Standort Bad Salzungen hat ein hochmodernes Simulationszentrum für die Ausbildung von Panzersoldaten, dies kann auch die Frau Ministerpräsidentin bestätigen, sie konnte sich bei einem Besuch im Frühjahr von den ausgezeichneten Verhältnissen für die Soldaten überzeugen.
Ich möchte jetzt nicht alles aufzählen, was dort an Ausstattung vorhanden ist. Ob sich die Bundeswehr mit der Schwächung eines ihrer modernsten Standorte einen Gefallen getan hat, wird sich erst in einigen Jahren zeigen. Ich habe große Bedenken, dass nach dem Abzug der Briten aus dem Raum SoltauFallingbostel, Panzer und Artillerieverbände in den großen Kasernen, die dort zu finden sind, gebündelt werden. Was dann aus Bad Frankenhausen und Bad Salzungen wird, hoffe ich, dass das gut geht.
Darum halte ich es für wünschenswert, dass in Bad Salzungen entweder eine Ausbildungskomponente des Panzerbataillons 393 belassen wird oder eine Rekrutenkompanie an unseren Standort verlegt wird. Wenn ich in der Rede von Frau Ministerpräsidentin gehört habe, Wehrbereichsmusikkorps III, dann habe ich auch Namen gehört wie Sängerkrieg auf der Wartburg, ich habe Luther gehört, ich habe Bach gehört. Ich weiß nur nicht, ob damit gemeint ist, dass eventuell der Standort des nächsten Wehrbereichsmusikkorps III im Wartburgkreis liegt. Also, meine Damen und Herren, vom Wehrbereichsmusikkorps
wissen Sie auch nicht, ob sie schon wieder im Wartburgkreis sind, also herzlich willkommen, würde ich dann sagen.
Bei all den Bedenken, die man hier wie auch in den anderen Städten über den Wegfall von Dienstleistungsaufträgen, Rückgang von Einwohnerzahlen
und Reduzierung von sozialen Kontakten und den langjährigen und immer gepflegten Partnerschaften mit den umliegenden Gemeinden hegt, gibt es aber auch die Hoffnung auf eine Feinplanung des Standortkonzepts, um den einen oder anderen Dienstposten noch in Bad Salzungen halten zu können. Es ist doch nachvollziehbar, dass, wenn man die Belegungen der Werratal-Kaserne anschaut, mit dem neuen Standortkonzept die absolute Untergrenze erreicht wird. Der Übungsplatz, Schwimmhalle, Küche, Kinosaal, Betreuungs- und Unterkunftsbereich und die technischen Anlagen sind hier für rund 2.000 Soldaten ausgelegt und in Bad Salzungen wird mit künftig 1.200 Soldaten eine Grenze erreicht, deren Unterschreitung unweigerlich zu Unwirtschaftlichkeit führen muss.
Meine Damen und Herren, all diese Argumente sind nachvollziehbar, aber genauso nachvollziehbar ist eine Neujustierung der Bundeswehr bzw. der Bundeswehrstandorte. Wenn wir hier in Thüringen die Ergebnisse als insgesamt zufriedenstellend einschätzen können, sind jedoch die Kommunen, wo Standorte geschlossen werden, in ihrer Kritik zu verstehen. Die Aufgaben der Bundeswehr sind heute andere als zur Zeit der Standortgründungen. Deshalb ist eine teilweise Veränderung für Ausbildung und Effizienz der Truppe nötig. Wichtig war und ist es aber auch, weiterhin in der Fläche präsent zu sein. Wir in Thüringen sind mit den Plänen unterdurchschnittlich betroffen. Wir wissen alle, dass die große Zahl der Wehrpflichtigen, die es einmal gab, nicht mehr erreicht werden wird.
Ich möchte noch einmal der Landesregierung danken, die sich auf allen Ebenen für die Thüringer Standorte eingesetzt hat und hoffentlich auch in Zukunft einsetzen wird. Dabei sollte noch einmal das Verbot der Werbung in Schulen überdacht werden, denn es heißt, dass die Bundesregierung gesprächsbereit Hilfen für strukturschwache Regionen zugesagt hat. Nutzen wir diese und pflegen wir weiterhin das gute Verhältnis zu unserer Bundeswehr!
Lassen Sie mich mit dem Ruf der Panzergrenadiere schließen. Diesen Ruf müssen auch Sie über sich ergehen lassen, der da lautet - und denken Sie dabei nicht an etwas Falsches -: „Dran, drauf, drüber.“ Das Panzerbataillon 393 hat einen einfacheren Ruf, der sich „Panzer Hurra“ nennt. In diesem Sinne: Vielen Dank.
- dann müssen Sie mir sehr aufmerksam zuhören -, ich werde jetzt nicht mit einem Spruch kontern. Ich habe auch einmal einen Pionierspruch gelernt „Wer niemals schwere Balken trug, Pfähle in die Erde schlug …“. Dies lasse ich weg. Das Thema ist sehr ernst.
Wir sagen auch, dass es nicht zeitgemäß ist, politische und wirtschaftliche Konflikte mit militärischen Mitteln zu lösen. Das sind eindeutig untaugliche Mittel.
Wir sagen auch, dass die Bundeswehr zu einer Verteidigungsarmee umgerüstet werden muss. Dazu muss ich sagen, dass es in Europa eigentlich in keinem Land jemals eine Verteidigungsarmee gab.
Wir haben das schon mehrmals gesagt: Wenn wir für Abrüstung sind, müssen wir natürlich auch anerkennen, dass das mit Standortschließungen verbunden ist. Aber auch als LINKE erkennen wir, dass Standortschließungen für betroffene Städte und Regionen Probleme mit sich bringen. Standorte mit viel Personal sind besonders für den Bereich der Dienstleistungen ein Struktur- und Wirtschaftsfaktor. Sie bringen Kaufkraft in Städte und binden Arbeitsplätze. Das haben wir nie geleugnet und das erkennen wir an.
Natürlich ist es ein Unterschied, ob ich einen Truppenübungsplatz schließe, den ich danach für energieerhaltende Maßnahmen, für erneuerbare Energien, für Naturschutzmaßnahmen nutzen kann oder ob ich einen Standort in einer Stadt schließe. Deshalb ist es immer unsere Forderung gewesen, Abrüstungen sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene mit einem nachhaltigen und solide finanzierten Konversionsprogramm zu begleiten. Damit wird auch vermieden, meine Damen und Herren, dass Gemeinden und Kommunen untereinander, wie wir das erlebt haben, um die Beibehaltung ihrer Standorte in einen Wettbewerb treten, was verständlich ist, aber insgesamt der Sache nichts nützt. Dass es zu Standortschließungen in Thüringen gekommen ist, meine Damen und Herren und auch meine Damen und Herren der Landesregierung, das ist doch nicht plötzlich über uns hereingefallen.
Frau Ministerpräsidentin, Sie haben den Ablauf schon geschildert. Zuerst wurden im Bund die verteidigungspolitischen Strategien erarbeitet und beschlossen und dann wurde die Bundeswehr beauftragt, sich eine diesbezügliche Struktur zu geben,
Bei diesem Prozess, meine Damen und Herren, hat die Politik keine Rolle mehr gespielt und spielt auch keine Rolle mehr. Das entscheiden die Militärs. Dass das so ist, beweist die Reaktion des Bundestagsabgeordneten der CDU aus dem Nordthüringer Raum Manfred Grund, der in der Zeitung schockiert war von der Entscheidung des Verteidigungsministers, was den Standort Mühlhausen betrifft. Wenn er schon Bundestagsabgeordneter ist und schockiert von dieser Standortschließung ist, unterstreicht dies, was ich gesagt habe, nämlich dass bei solchen Entscheidungen die Politik außen vor gelassen wird. Diese Zeit, in denen wir wussten, was mit der Bundeswehr passiert, hätte schon genutzt werden können, sich Gedanken zu machen über ein Konversionsprogramm, was wir in Thüringen hätten auflegen können.
Schon im letzten Jahr, meine Damen und Herren, hat meine Fraktion in einem Antrag hier in diesem Haus die Landesregierung aufgefordert, ein Landeskonversionsprogramm zu erstellen und dem Landtag bis zum Ende des Jahres 2011 vorzulegen.
Bestandteil dieses Programms sollte es sein, regionale Nachnutzungs- und Entwicklungskonzeptionen für bislang durch die Bundeswehr genutzte Standorte unter Berücksichtigung derzeit bestehender Wirtschaftskreisläufe und wirtschaftlicher Abhängigkeiten sowie des vorhandenen ökologischen Potenzials vorzulegen. Die Zeit ist verstrichen, jetzt hat sie uns letzten Endes eingeholt. Wir fordern nochmals, wir müssen alles tun, die Landesregierung mit Forderungen an den Bund, aber auch selbst, dass wir Konversionsmaßnahmen ergreifen. Wir brauchen sowohl ein Bundes- als auch ein Landesprogramm für Konversion.
Nun, das wurde schon mehrmals zitiert, meine Heimatstadt Mühlhausen ist maßgeblich betroffen von diesen Entscheidungen. Es wurde schon gesagt, 820 Dienstposten jetzt, es bleiben sechs übrig. Ich sage, der Standort ist geschlossen.
Die Kollegin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat schon einiges aufgezählt. Jawohl, es wurde in der Stadt bei den Menschen darüber diskutiert. Die Menschen fragen sich, was ist unsere Stadt sowohl in Erfurt als auch in Berlin noch wert? Der Hochschulstandort ist weg, die Fachhochschule ist nicht erhalten, für den Gerichtsstandort mussten wir auf die Straße gehen, das Forst- und das Katasteramt sind weg und nun ist auch der Militärstandort weg. Mühlhausen, müssen wir sagen, kann dieses Problem nicht allein bewältigen. Es braucht sowohl vom Bund als auch vom Land Hilfe. Dabei muss ich allerdings sagen, Frau Ministerpräsidentin, es geht
nicht nur um finanzielle Hilfe, wir brauchen vor allem als Stadt und als Region auch strukturelle Hilfe. Ich muss Ihnen sagen, es geht in dieser Frage nicht so sehr um Umgehungsstraßen oder eine Autobahn von Mühlhausen bis nach Erfurt. Was wir brauchen ist wirtschaftliche, strukturelle Ansiedlung in der Region, in unserer Stadt.
Ich habe doch nichts gegen Ortsumfahrungen, ich habe auch nichts gegen eine schnellere Straße nach Erfurt. Ich bin selbst davon betroffen. Aber Ortsumgehungsstraßen haben ein Problem, haben auch ein Problem für eine Stadt wie Mühlhausen: Ortsumgehungsstraße. Wenn wir so etwas fordern, müssen wir auch sagen, dass die Leute am Ort vorbeifahren, sie umgehen ihn. Bei aller Verkehrstechnik, die wichtig ist, sollte man auch das berücksichtigen.
Ich sage noch einmal eindeutig, ich bekenne mich zu einer Ortsumgehungsstraße, nicht dass es morgen wieder heißt, Kubitzki will keine Ortsumgehungsstraße. Aber das kann nicht das alleinige Problem sein, wenn ich manche Akteure aus der Region höre, sondern wir brauchen hier wirklich strukturelle und vor allem auch wirtschaftliche Ansiedlung. Da, muss ich sagen, ist das Wirtschaftsministerium gefragt, da ist die Landesentwicklungsgesellschaft gefragt. Natürlich müssen wir das vorhandene Potenzial von der Region und von Mühlhausen nutzen, wie z.B. ihre Geschichte oder ihre Museen, die letzten Endes übrig geblieben sind. Wir müssen dort auch etwas für die strukturelle Entwicklung des Tourismus tun. Ich sage an dieser Stelle, auch die Verantwortlichen der Stadt sind gefragt. Deshalb finde ich es gut, dass die mit einbezogen werden. Ich sage, das hat meine Fraktion in den Stadtrat eingebracht und mehrheitlich ist das dort beschlossen worden, wir müssen auch die positiven Erfahrungen von Konversionsmaßnahmen in anderen Kommunen nutzen, wie z.B. in Nordrhein-Westfalen. Wir brauchen aber auch Hilfe für alle Standorte und diese Hilfe sollte als eine gemeinschaftliche, aktive betrachtet werden, und wir brauchen vor allem auch überparteiliche Strukturpolitik.
Frau Ministerpräsidentin, gestatten Sie, was wir nicht brauchen ist, das ist eine Bitte, keinen Wettstreit von unausgegorenen Ideen einzelner politischer Akteure, wenn sie aus der Region kommen. Ein Name fiel sehr oft, der Ideen hat, bei denen man wirklich prüfen muss, haben sie Zweck und haben sie Nutzen, sage ich an dieser Stelle. Meine Bitte ist, dass es an dieser Stelle