Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt der Herr Abgeordnete Adams von der Fraktion BÜNDNIS 90/GRÜNEN.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Personalvertretungsgesetz, so wie es uns heute vorliegt, hat wie alle Fragen hier in diesem Parlament eine dunkle und eine helle Seite. Alle sind sich einig, dass wir ein solches Personalvertretungsgesetz dringend brauchen. Der Entwurf der LINKEN wurde schon am Anfang unserer Legislatur eingereicht und stand anderthalb Jahre geparkt im Ausschuss. Die Koalition sagte: Beim nächsten Mal werden wir schon einen eigenen Antrag einbringen, bitte, liebe LINKE wartet, bis unser Antrag da ist, bis unser Gesetzentwurf da ist. Ich glaube, sie hat sogar liebe LINKE gesagt, sie hat sie zumindest eindringlich gebeten, darauf zu warten. DIE LINKE musste anderthalb Jahre darauf warten. Eine lange Zeit, wenn man sich überlegt, dass die Landesregierung zumindest in dem SPD-getragenen Teil dieses Projekt zu einem sehr wichtigen Projekt erklärt hatte. Nun, anderthalb Jahre später, stand auch ein Entwurf der Landesregierung da: Was passiert, nachdem der Innenausschuss, der hier federführend ist, relativ schnell zustimmte? Ein Schelm, der dabei Böses denkt, dass am gleichen Tag das Polizeiorganisationsrecht den Innenausschuss passierte und wir im Prinzip schon sehen konnten, dass es sich hier um einen einzigartigen Politpoker handelt. So war der Wirtschaftsausschuss geneigt, dieses Gesetz noch einmal anzuhalten. Frau Renner hat in ihrer Berichterstattung umfänglich darauf hingewiesen, wie
oft das Gesetz behandelt, geschoben, vertagt, einfach nicht beschlossen werden sollte seitens der Koalition. Wir finden, um das einmal deutlich zu machen, als GRÜNE diese Form des Politikpokers gerade bei wichtigen politischen Projekten hier in Thüringen sehr schlecht.
Ebenso spielt beim Politpoker eine andere Frage eine Rolle: Aus den Stellungnahmen, die alle bekommen hatten, auch die Koalition, ergab sich der Hinweis der Personalräte der Schulämter, dass man hier offensichtlich im SPD-Ministerium vergessen hatte, die Änderung der Schulämter mit in das Gesetz einzufügen. Die Koalition hätte es in der Hand gehabt, hier eine Änderung vorzunehmen. Sie hat es verpasst. Wir GRÜNEN haben das gern gemacht, das voranzubringen. Anstatt als Koalition einfach einmal über den Schatten zu springen und zu sagen: Ja, das ist eine richtige Sache, die wir auch wollen, bringt die Koalition einen eigenen Antrag ein, der unserem natürlich folgt. Man zeigt aber damit, dass man der Einzige sei, der hier die richtigen Anträge stellen könne. Auch schade für die politische Kultur in diesem Haus, dass man nicht sagen konnte, was diese kleine Oppositionsfraktion hier vorschlägt, ist doch einfach richtig.
Sie finden heute auch einen Änderungsantrag von den LINKEN und GRÜNEN gemeinsam vorgetragen, indem wir noch einmal auf den Rassebegriff eingehen. Die Kollegin Berninger hatte im Innenausschuss dazu umfänglich vorgetragen. Sie verwenden hier einen Begriff, der bezogen auf uns Menschen, einfach keine wirkliche wissenschaftliche Relevanz haben kann. Es gibt die dringende Empfehlung des Deutschen Instituts für Menschenrechte, insbesondere in Gesetzestexten von diesem Rassebegriff abzuweichen.
Das Argument der Koalition, das hier vorgetragen wurde - so steht es ja auch im Grundgesetz -, hilft nicht weiter. Das Grundgesetz ist ein sehr gutes Gesetz, ein wunderbares Fundament für unsere Demokratie, Aber das Grundgesetz stammt auch aus einem anderen Jahrtausend. Es macht viel Sinn, Formulierungen aus dem letzten Jahrtausend in diesem Jahrtausend einmal zu überprüfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, des Weiteren haben wir heute hier einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen vorliegen, der schnell noch heilt, was man übersehen hat. Nämlich, dass man mit § 86 dazu gekommen wäre, dass die Regelung
zur Forstverwaltung nur einen Tag gegolten hätte. Ich will gar nicht sagen, dass Menschen nicht Fehler machen dürfen. Ich will damit nur aufzeigen, wenn wir das noch einmal zusammennehmen mit den Schulämtern und sehen, dass man hier einfach nicht aufgepasst hat, obwohl man viel Zeit hatte. Mit wenig Lust und wenig Elan ist dieses Gesetz seitens der Koalition hier ins Parlament gebracht worden. Wir werden diesem Gesetz nicht zustimmen. Wir werden uns enthalten, weil wir sehen, dass die Damen und Herren Mitarbeiter der Landesregierung und der nachgeordneten Behörden dringend ein neues Personalvertretungsgesetz benötigen, das sehen wir ein. Aber dieses Personalvertretungsgesetz, wie es von der Koalition hier in holprigem Gang vorgelegt wurde, mit Politpoker und schlechten Ausführungen, kann unsere Zustimmung nicht finden. Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, man sagt, ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle Beteiligten unzufrieden sind. Ich finde, in diesem Sinne ist es ein gutes Gesetz.
Die Anhörung zur Novelle des Personalvertretungsgesetzes hat die unterschiedlichen Interessenlagen noch einmal deutlich gemacht.
einen Kompromiss zwischen der Stärkung der Mitbestimmungsrechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, wie wir es im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben einerseits, und der Notwendigkeit, diese Mitbestimmung praktikabel, aber vor allem auch finanzierbar zu gestalten. Das neue Gesetz enthält zahlreiche Verbesserungen, ich nenne einige kurz: Die Mitbestimmung in kleinen Dienststellen wird verbessert, die Beschäftigungszahl für erstmalige Freistellung der Mitglieder des Personalrats wird abgesenkt, die Möglichkeit einer Personalräteversammlung wird geschaffen und das Gesetz wird auf Leiharbeiter ausgeweitet, und als fünftes Beispiel, die Mitbestimmung des Personalrats bei Kündigungen wird eingeführt.
In unserem Änderungsantrag wird in der Beschlussfassung in Punkt 3 deutlich gemacht, dass wir bei eingeschränkter Mitbestimmung hier eine Klarstellung für notwendig ansehen. Die Einigungsstelle - und so ist das hier gemeint - spricht eine Empfehlung aus.
Meine Damen und Herren, ich denke, das sind alles Neuregelungen, die den beiden Seiten, Arbeitnehmern und Arbeitgebern, gerecht werden und die damit gut miteinander arbeiten können. Ich hatte bei der ersten Lesung gesagt, das Entscheidende der Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist das Klima. Ein Gesetz kann vieles festschreiben, das Entscheidende ist das Klima, in dem man miteinander arbeitet. Dies können wir als Gesetzgeber nicht verpflichten.
Meine Damen und Herren von der LINKEN, ich war erfreut, dass Sie in Ihrem Entwurf im vergangenen Monat noch einige Punkte dem Entwurf der Landesregierung angepasst haben. Ich nenne einige Beispiele: die Angleichung der Definition bei Leiharbeitnehmern. Dennoch bleibt mein Hauptkritikpunkt an Ihrem Entwurf bestehen. Ich vermisse in dem Entwurf die Suche nach einem Ausgleich der unterschiedlichen Interessenlagen, das heißt, nach einer Lösung, die auch in der täglichen Praxis der Verwaltung umsetzbar ist, und die gerade auch in kleinen Städten und Gemeinden Anwendung finden kann. Im Gegenteil, die von Ihnen angestrebte Ausdehnung der Aufgaben der Personalvertretung würde zu einer erheblichen Mehrbelastung der Personalräte, aber auch der Dienststellen führen. Unnötige Mehrkosten und ein steigender Zeitaufwand für beide Seiten wäre die Folge. Zudem würde dies zu erheblichen Eingriffen in die Organisations- und Personalhohheit des Dienstherrn bei der täglichen Arbeit führen, und das über Gebühr.
Ich möchte noch einige andere Unterschiede zwischen den beiden Gesetzentwürfen der Landesregierung und dem Entwurf der LINKEN erläutern.
Zum Thema Wahlalter: Sie wollen das Wahlalter auf 16 herabsetzen. Hier halten wir die Orientierung an dem Wahlalter, das in Thüringen auch für Kommunal- und Landtagswahlen gilt, für sinnvoller, zudem die Beschäftigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, auch das Recht haben, eine eigene Jugend- und Ausbildungsvertretung zu wählen. Damit - und ich kann Ihnen dies aus eigener Erfahrung berichten - können Jugendliche wesentlich besser ihre eigenen Interessen zum Ausdruck bringen, als wenn sie in einer großen Personalvertretung - ich sage locker - untergehen.
Zum Thema Gleichberechtigung, da frage ich Sie: Was hat Sie eigentlich an der geschlechtsneutralen Formulierung in § 17 Abs. 7 gestört? Dort heißt es sowohl in der geltenden Version als auch in der Novelle - ich zitiere, Herr Präsident: „Die Geschlechter sollen im Personalrat entsprechend dem Zahlenver
hältnis vertreten sein.“ Aber nein, Sie machen wieder einen Schritt zurück und schreiben: Die weiblichen Beschäftigten sollen im Personalrat „mindestens entsprechend ihres Anteils an den Beschäftigten in der Dienststelle im Personalrat vertreten sein“. Die Formulierung „weibliche Beschäftigte müssen vertreten sein“ haben Sie später dann wieder gestrichen. Da haben Sie sicherlich selbst erkannt, dass Sie nicht bis zu Ende gedacht haben. Denn was will man machen, wenn beispielsweise keine Bewerberinnen zur Wahl anstehen?
Weitere Probleme sehe ich in den neu von Ihnen eingeführten §§ 76 a und 77 a. § 76 a beinhaltet die Unterrichtung des Personalrats über wesentliche Angelegenheiten - dies analog dem Betriebsverfassungsgesetz. Dies ist meiner Meinung nach in der öffentlichen Verwaltung nicht sinnvoll, denn es handelt sich eben nicht um ein Unternehmen, sondern um eine Verwaltung. Mit § 77 schießen Sie über das Ziel hinaus. Sie wollen, dass der Personalrat über jedes Personalgespräch zwischen Dienstvorgesetzten und Beschäftigten informiert wird, dass eine Niederschrift angefertigt wird, egal ob es der Beschäftigte will oder nicht. Das halte ich wahrlich für überzogen.
Meine Damen und Herren, uns liegen heute zwei Änderungsanträge vor, einmal der Änderungsantrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Drucksache 5/3752. Dort greifen Sie nochmals Ihren eigenen Antrag, den Sie bereits im Innenausschuss gestellt hatten, auf. Die Landesregierung hatte im Innenausschuss die Antwort deutlich gemacht mit dem Verweis auf die Formulierung im Grundgesetz. Wir werden Ihren Antrag, genauso wie im Innenausschuss bereits erfolgt, auch heute wieder ablehnen.
Wir haben heute noch einmal selbst einen Änderungsantrag vorgelegt, der erstens eine Korrektur im Verweis darstellt und zweitens das Ziel hat, genau das Thema „Reform der Forstverwaltung“ hier personalratsmäßig abzudecken. Dies ist hiermit geschehen und dies wollen wir damit erreichen.
Meine Damen und Herren, uns liegt heute das Personalvertretungsgesetz zur Entscheidung vor. Wir haben im Innenausschuss eine Reihe Änderungen vorgenommen. Dies sind vor allen Dingen Klarstellungen. Einzig in § 53, der Besetzung des Bezirkspersonalrats mit 19 Mitgliedern, sehen wir eine konkrete Änderung. Ich denke, diese Änderung entspricht besser der Realität.
Meine Damen und Herren, ich denke, das vorliegende Gesetz der Landesregierung stellt einen guten, einen tragfähigen Kompromiss dar. Ich werbe um Ihre Zustimmung für den Gesetzentwurf der Landesregierung einschließlich unserer Änderungsvorschläge. Wir lehnen den Entwurf der Fraktion DIE LINKE ab. Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Gumprecht, Sie haben eben gesagt, ein Kompromiss, hier geht es um ein Gesetz, es ist gut, wenn alle unzufrieden sind. Da kann ich nur feststellen: So tief können politische Ansprüche sinken.
Als in der Woche vor der Novembersitzung des Landtags in der „Ostthüringer Zeitung“ zu lesen war „Personalvertretungsnovelle schlingert vor der Zielgeraden“ und die „Osterländer Volkszeitung“ titelte „Streit um mehr Rechte für Personalräte“, hatte ich kurzzeitig den Gedanken, die SPD begehrt vielleicht auf in der Koalition. Diese Annahme war irrig und ich weiß heute gar nicht mehr so genau, wie ich eigentlich darauf gekommen bin.
Nicht die SPD begehrte auf, nein, die CDU hatte Änderungsvorschläge. Sie wollte an der Novelle der Landesregierung in Sachen Mitbestimmung noch auf den letzten Metern herumschrauben. So entstand für die SPD die missliche Lage, für ein Personalvertretungsgesetz zu streiten und zu werben, das von der SPD klassischerweise nahestehenden Organisationen und Institutionen kritisiert wurde und keinem Sozialdemokraten wirklich Begeisterungsstürme entlocken konnte. Die Rede des Abgeordneten Hey in der ersten Lesung war ja nur ganze 348 Worte lang und wahrlich kein Begeisterungssturm, aber der kann ja heute noch kommen. Ich bin gespannt, Herr Hey.
Was die Damen und Herren der CDU genau verändern wollten, blieb dann auch in der einberufenen, dann abgesagten und dank meiner Fraktion dennoch stattgefundenen Sitzung des Wirtschaftsausschusses diffus. Da war von vagen Kostenbelastungen und redaktionellen Änderungen die Rede. Dies jedenfalls führte dazu, dass der parlamentarische Beratungsgang unterbrochen wurde. Auch das kennen wir mittlerweile hier im Landtag zur Genüge. Das Parlament wird so lange zur Untätigkeit gezwungen, bis die Koalition zu Potte gekommen ist.
Das wird immer länger. Die Vertagung wäre eigentlich gar nicht notwendig gewesen, denn seit September 2009, ich sage es noch einmal gerne, mit der historischen Drucksachennummer 5/26 liegt dem Thüringer Landtag der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE vor und das wäre für eine Beschlussfassung über ein modernes Personalvertretungsrecht auch absolut ausreichend gewesen. Ihr Gesetzentwurf ist gemessen an diesem Anspruch entbehrlich.
Das ist im Übrigen nicht nur meine Auffassung, sondern auch die einiger Anzuhörender wie etwa die GdP, die zum Gesetzentwurf meiner Fraktion ausführte, dass dieser der weitergehende Gesetzentwurf ist, dem zugestimmt wird.