Ursache dafür sind vor allem die stark gestiegenen Phosphatdüngerpreise, die letztlich viele Landwirte veranlassen, die Phosphatdüngung unter das aus den Gesichtspunkten einer nachhaltigen Ertragssicherheit optimale Maß zu senken. Dieser Entwicklung wird durch verstärkte Information der Landwirte zur ordnungsgemäßen Düngung sowie der Förderung des Phosphatrecycling letztendlich begegnet.
Der Aspekt Pflanzenschutzmittel: Die Anwendung und Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln erfolgt bundesweit und somit natürlich auch in Thüringen nach den pflanzenschutzrechtlichen Bestimmungen. Es dürfen demnach nur Pflanzenschutzmittel in den Verkehr gebracht und angewendet werden, die vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit auch zugelassen sind. Diese Zulassung erfolgt im Rahmen eines komplexen Verfahrens unter Beteiligung weiterer Bundeseinrichtungen wie dem Umweltbundesamt. Im Rahmen dieses Verfahrens werden alle möglichen negativen Auswirkungen auf die Menschen, die Tierwelt, die Umwelt, das Wasser und selbstverständlich auch den Boden untersucht und letztlich bewertet. Bei einer ordnungsgemäßen Anwendung der Pflanzenschutzmittel, das heißt unter Beachtung der Anwendungsvorschriften sowie der Einhaltung der Grundsätze der guten fachlichen Praxis und der Kriterien des integrierten Pflanzenschutzes, sind keine negativen Auswirkungen auf den Bodenzustand und die Bodenfauna zu erwarten.
Schadstoffkontamination: Im Thüringer Altlasteninformationssystem sind mit Stand vom März 2011 insgesamt 12.570 altlastenverdächtige Flächen er
fasst. Dabei ist zu bedenken, dass da Anfang der 60er-Jahre kaum fachlich fundierte Erkenntnisse über das Gefährdungspotenzial existierten, alle möglicherweise kontaminierten Flächen, wie Industrie- und Gewerbestandorte oder Deponien und Müllablagerungen, dort mit erfasst wurden. Der Untersuchungsstand dieser Flächen lässt für die Mehrzahl der Flächen noch keine hinreichend belastbaren und abschließenden Aussagen zum tatsächlichen Gefährdungspotenzial zu. In den vergangenen Jahren konnten im Rahmen der stufenweisen fachlichen Altlastenbearbeitung Tausende Flächen, konkret 6.438, aus dem Altlastenverdacht entlassen werden. Dieser Trend wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit fortsetzen. Flächen mit einem nachgewiesenen Gefährdungspotenzial für den Boden oder das Grundwasser wurden und werden saniert. 191 Altlasten befinden sich derzeit in der Sanierung, für 837 Flächen konnte die Sanierung abgeschlossen werden.
Ein weiterer Aspekt - Wind- und Wassererosion: Im Freistaat Thüringen ist wie in anderen Bundesländern auch das Gefährdungspotenzial durch Bodenerosion für ackerbaulich genutzte Böden sehr hoch. Insbesondere die Wassererosion kann zu starkem Bodenverlust führen. Winderosion besitzt dagegen in Thüringen eine untergeordnete Bedeutung. Im Rahmen umfangreicher fachlicher Beratung werden Landwirte dabei unterstützt, den Erosionsschutz, wie ihn die gesetzlich geregelte gute fachliche Praxis vorsieht, auch umzusetzen. Die Agrarverwaltung stellt dabei auch Bewertungsinstrumente zur Verfügung, auf deren Basis Landwirte eigenständig die potenzielle Erosionsgefährdung ihrer landwirtschaftlichen Ackerflächen bewerten können. Zusätzlich kann die Wirkung alternativer Bewirtschaftungsmaßnahmen sowie der Anbau von Feldfrüchten, die die Erosion reduzieren, simuliert werden.
Zur Reduzierung des Nährstoffeintrags über den Pfad Bodenerosion durch Wasser werden zudem spezifisch ausgerichtete Agrarumweltmaßnahmen angeboten und gefördert. Auch den unteren Bodenschutzbehörden stehen ausführliche Informationen zur flächigen und linearen Erosionsgefährdung Thüringer Böden zur Verfügung, auf deren Basis eine ergebnisorientierte Gefahrenabwehr bei Bodenerosion geleistet werden kann.
Abschließend sei noch eine Anmerkung gestattet: Für eine Schlüsselfrage zur Verbesserung der Akzeptanz und der Durchsetzung von Bodenschutzbelangen hält die Landesregierung auch die Frage, ob es künftig besser gelingen wird, das Bewusstsein für die Ressource Boden bei Entscheidungsträgern und in der breiten Bevölkerung zu stärken. Ein umfassender Bodenschutz, meine Damen und Herren, kann letztlich nur gelingen, wenn die Bedeutung der Böden und deren Gefährdung mög
Vor diesem Hintergrund darf ich darauf hinweisen, dass auf Initiative des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz aktuell eine Posterausstellung zum Thema „Boden“ im Foyer unseres Hauses präsentiert wird. Sie alle, meine Damen und Herren, sind herzlich eingeladen, sich die Ausstellung in Ruhe anzusehen. Sie ist als Wanderausstellung konzipiert. Es ist beabsichtigt, die Ausstellung interessierten Schulen und anderen Bildungseinrichtungen zur Verfügung zu stellen.
Nun zu Frage 2: Die Landesregierung ist der Auffassung, dass in Deutschland insbesondere im EUVergleich bereits ein hohes Niveau im Vor- und Nachsorgen im Bodenschutz erreicht worden ist. Dieses Niveau sollte im Zuge einer europäischen Harmonisierung zunächst unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips von allen Staaten angestrebt und letztlich erreicht werden. Bewährte nationale Regelungen, die beispielsweise in Deutschland existieren, dürfen dabei auf keinen Fall infrage gestellt werden. Eine EU-Strategie, die darauf abzielt, Bodenschutzbelange in bestehende Politikbereiche zu integrieren bzw. bestehende Anforderungen im Sinne eines vorsorgeorientierten Bodenschutzes zu stärken und zu harmonisieren, scheint daher besser geeignet und zielführender als neue ordnungsrechtliche Vorgaben in Form einer EU-Bodenrahmenrichtlinie.
Zu Frage 3: Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Bodenrahmenrichtlinie stellt aus Sicht der Landesregierung eine Überregulierung dar. Sie würde insbesondere zu erheblichen Berichtspflichten gegenüber der EU und zu erheblichen zusätzlichen Personal- und Sachkosten auf der Verwaltungsebene und dies letztlich ohne einen erkennbaren substanziellen Mehrwert für den Bodenschutz auf der Ebene der Bundesländer führen.
Dagegen würden andere Bestimmungen und Pflichten hinter den in Deutschland verankerten Anforderungen zurückbleiben. Einheitliche Bewertungskriterien und Bewertungsmaßstäbe, wie wir sie aus der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung kennen, sind wohl mangels Konsensfindung auf der EU-Ebene letztlich nicht vorgesehen. Deutschland verfügt bereits über ein etabliertes und bewährtes Bodenschutzrecht, welches nicht durch EU-Regelungen infrage gestellt werden darf. Insofern widerspricht der Vorschlag dem Subsidiaritätsprinzip.
Der Freistaat Thüringen hat sich daher wie alle anderen Bundesländer auch aus grundsätzlichen Erwägungen gegen den von der EU-Kommission im Jahr 2006 vorgelegten Vorschlag einer EU-Bodenrahmenrichtlinie im Bundesrat ausgesprochen. Der Landesregierung liegen auch keine Erkenntnisse vor, dass der Bundesgesetzgeber zur Reduzierung
der Flächeninanspruchnahme ein eigenständiges deutsches Flächenschutzgesetz vorbereitet oder gar in Erwägung zieht. Bekannt sind der Landesregierung hingegen lediglich entsprechende Forderungen von Interessenverbänden, wie z.B. dem Deutschen Bauernverband. Allerdings handelt es sich hierbei zunächst um entsprechende programmatische Forderungen, die erst einer weiteren substanziellen Untersetzung und Konkretisierung bedürfen. Erst dann könnte eine fachliche und rechtlich fundierte Bewertung erfolgen.
Zu Frage 4: Es existieren auf EU-Ebene keine Rechtsvorschriften, die primär den Schutz der Böden bezwecken, da es keine gesonderte Rechtsgrundlage für eine gemeinschaftliche Bodenpolitik gibt. Insofern wird auch kein Anpassungsbedarf gesehen. Auf Bundesebene wurde 1998 das BundesBodenschutzgesetz und 1999 die darauf begründete Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung verabschiedet. Die Landesregierung ist im Einklang mit der Bundesregierung der Auffassung, dass sich beide Normen bewährt haben. Die Untergliederung im Gesetz in vorsorgenden Bodenschutz und in die Sanierung von Altlasten und schädlichen Bodenveränderungen hat sich als sachgerecht erwiesen.
Die bundesweit geltenden Regelungen brachten insbesondere Rechtssicherheit von einem weitgehend einheitlich wirksamen Vollzug. Allerdings, meine Damen und Herren, hat sich gezeigt, dass insbesondere die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung, mit der unter anderem die Anforderungen des Gesetzes in materieller Hinsicht konkretisiert werden, Ergänzungen und Änderungen bedarf. Das BMU hat sich dieser Aufgabe auch auf Wunsch der Länder angenommen und im Rahmen der sogenannten Mantelverordnung einen ersten Arbeitsentwurf einer Verordnung zur Änderung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vorgelegt.
Ziel ist es, meine Damen und Herren, die Verordnung an den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und die Erfahrungen aus dem über zehnjährigen Vollzug anzupassen. Geplant ist unter anderem auch eine Stärkung des vorsorgenden Bodenschutzes, in dem konkurrierende oder konkretisierende Anforderungen an das Auf- und Einbringen von Materialien auf den Bereich unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht ergänzt verankert werden soll. Darüber hinaus sind unter anderem maßvolle Ergänzungen der Vorsorgeprüfund Maßnahmewerte sowie zweckdienliche Präzisierungen des Verordnungstextes geplant. Da das Thüringer Bodenschutzgesetz in erster Linie ein Gesetz zur Ausführung und zum Vollzug der bodenschutzrechtlichen Regelungen ist, lässt sich auch erst nach der Verabschiedung der Novelle der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung entscheiden, ob und welche Änderungen diesbezüglich auf Landesebene erforderlich sein werden.
Zu Frage 5: Die Landesregierung wird bei eigenen Projekten nicht zuletzt aus Kostengründen jeweils den Bedarf und die Möglichkeit prüfen, diesen auch ohne Inanspruchnahme bisher unversiegelter Flächen zu decken. Bei Planungen anderer Stellen hat die Landesregierung nur einen sehr begrenzten Einfluss auf den Umfang der Flächeninanspruchnahme. Allerdings gilt bei der Bauleitplanung, dass diese nach § 1 Abs. 3 Baugesetzbuch nur zulässig ist, soweit sie für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nach § 1 a Abs. 2 Baugesetzbuch sind außerdem verschiedene flächen- und bodenschützende Anforderungen zu beachten. Eine größere Inanspruchnahme für Verkehrsflächen ist in Thüringen auch nicht mehr zu erwarten, da der Aus- und Neubau des Autobahnnetzes weitgehend abgeschlossen ist. Die Verkehrsführung über die Autobahnen führt zu einer Bündelung des Verkehrs und damit zu einer Entlastung in der Fläche.
Zu Frage 6: Im Entwurf des Landesentwicklungsprogramms 2025 ist eine klare Zielstellung für die Stärkung der erneuerbaren Energien in Bezug auf die Eckpunkte der Landesregierung - „Neue Energie für Thüringen“ - verankert. Bis zum Jahr 2020 soll der Anteil erneuerbarer Energien auf 45 Prozent am Nettostromverbrauch gesteigert werden. Den regionalen Planungsgemeinschaften in Thüringen werden konkrete Energiemengen für einen Energiemix erneuerbarer Energien zugeordnet, deren Umsetzung in den zukünftigen Änderungen der Regionalpläne erfolgt. Dabei steht es den einzelnen Kommunen frei, welchen Anteil sie hierbei aus den einzelnen erneuerbaren Energiequellen decken wollen. Insofern sind Aussagen zum Flächenbedarf für den Ausbau erneuerbarer Energien durch die Landesregierung noch nicht möglich.
Für einzelne Windkraftanlagen, meine Damen und Herren, gilt natürlich, das Fundament einer 2- bis 3-MW-Windkraftanlage mit einem Durchmesser von 20 bis 25 m nimmt eine Fläche von rund 500 m² ein. Dazu kommen die Kranaufstellfläche und die Zuwegung. Der Flächenverbrauch für Stromtrassen beschränkt sich auf die Standorte der Strommasten. So beansprucht ein 380-kV-Höchstspannungsmast je nach Masttyp und Bauart eine Fläche von ca. 100 m². Auf 1 km stehen in der Regel drei Masten. Im Hoch-, Mittel- und Niederspannungsbereich beansprucht ein Strommast je nach Masttyp und Bauart eine Fläche von 1 bis 40 m². Pro km 110-kV-Leitung werden ca. vier Masten und im 20-kV-Bereich ca. acht bis zehn Masten gebraucht. Ein Flächenverbrauch unter der Beseilung tritt nur bedingt ein, da diese Flächen weiterhin für Nutzungen zur Verfügung stehen.
Zu Frage 7: Ein landwirtschaftlicher Betriebsinhaber, der EU-Direktzahlungen bezieht oder beziehen will, muss gemäß der EU-rechtlichen und der nationalen Bestimmungen für seine Flächen ver
schiedene Grundanforderungen, unter anderem zum Schutz des Bodens vor Erosion, natürlich auch einhalten. Mit der Thüringer Verordnung zur Einteilung von landwirtschaftlichen Flächen nach dem Grund der Erosionsgefährdung, die am 30. August 2010 in Kraft getreten ist, werden die zuvor genannten EU- und bundesrechtlichen Anforderungen in Landesrecht umgesetzt. Dabei hat die Landesregierung von der nach Bundesrecht eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, abweichende Änderungen festzulegen. Damit soll den regionalen Besonderheiten angemessen und auch sachgerecht Rechnung getragen werden.
Ich komme jetzt abschließend zum Teil II Ihres Antrags und möchte auf die dort aufgeführten Anforderungen Folgendes erwidern.
Mit Hinweis auf die Beantwortung der Frage 3 aus I ist die erste Aufforderung aus Sicht der Landesregierung zurückzuweisen.
Zur zweiten Aufforderung: Die Landesregierung hat am 15. November 2011 die Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen. Dort wird das Thema Flächeninanspruchnahme bzw. nachhaltige Flächenpolitik grundsätzlich adressiert. Darüber hinaus hat die Landesregierung zur Umsetzung der Strategie eine Reihe von Startprojekten verabschiedet. Eines dieser Startprojekte wird den nachhaltigen Umgang mit der Fläche zum Gegenstand haben. Derzeit arbeiten die Ressorts an der konzeptionellen Entwicklung der Startprojekte und werden dem Kabinett dazu im Januar 2012 berichten. Grundprinzip der Umsetzung ist das Zusammenwirken staatlicher und nichtstaatlicher Akteure. In diesem Zusammenhang wird auch eine Zieldiskussion stattfinden, bei der das „Netto-Null-Ziel“ und dessen Realisierbarkeit im Mittelpunkt stehen.
Zur dritten Aufforderung: Das aktuelle Bundesnaturschutzgesetz enthält bereits eine entsprechende Prüfpflicht. Das heißt, die Inanspruchnahme von für die landwirtschaftliche Produktion wertvollen Böden wird nur noch in begründeten Fällen möglich sein. Der dauerhafte Entzug landwirtschaftlich genutzter Fläche für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist in Thüringen zu vernachlässigen. Hinzu kommt der Wunsch aus der Landwirtschaft, produktionsintegrierte Maßnahmen als Ausgleich und Ersatz anerkannt zu bekommen.
Zur vierten Aufforderung: Der Erhalt von Dauergrünland, für die ein landwirtschaftlicher Betriebsinhaber EU-Direktbezahlungen bezieht oder beziehen will, ist gesetzlich geregelt. Artikel 3 der Verordnung beschreibt ein Verfahren, nach dem sichergestellt wird, dass der Anteil der als Dauergrünland genutzten Flächen gegenüber der gesamten landwirtschaftlichen Fläche erhalten bleibt. Artikel 4 der zuvor genannten Verordnung sieht bei einer bestimmten Abnahme des Dauergrünlandanteils in Bezug zur gesamten landwirtschaftlichen
Fläche eine einzelbetriebliche Cross-ComplianceVerpflichtung vor, die letztendlich mit der Einholung einer Umbruchgenehmigung bzw. gegebenenfalls mit Auflage zum Anlegen von Dauergrünland oder Wiedereinsatzverpflichtung verbunden ist.
Zur fünften Aufforderung: Die BVVG, meine Damen und Herren, verfügt über eine Vielzahl von Flächen, die unter anderem ein Altlastenrisiko bzw. einen Altlastenverdacht aufweisen. Eine Übernahme dieser Flächen kommt allein schon deshalb nicht infrage. Darüber hinaus befinden sich noch ca. 20.000 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche im Besitz der BVVG. Gemeinsam mit den anderen neuen Bundesländern gibt es gegenwärtig Verhandlungen zur Übernahme dieser Flächen. Allerdings scheitert dies momentan an den derzeitigen Konditionen, die der Bund den Ländern anbietet, nämlich Höchstpreise. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf die Diskussion.
Vielen Dank, Herr Minister Reinholz, für den sehr ausführlichen Sofortbericht zu Nummer I des Antrags. Ich weise Sie noch einmal darauf hin, meine Damen und Herren, gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung werden Beratungen zu Berichten der Landesregierung grundsätzlich in langer, also doppelter Redezeit verhandelt. Ich frage Sie: Wird auch die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer I gewünscht? Auf Wunsch aller Fraktionen eröffne ich jetzt die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer I des Antrags und gleichzeitig die Aussprache zu Nummer II des Antrags. Das Wort hat als erster Redner Herr Abgeordneter Tilo Kummer für die Fraktion DIE LINKE.
Danke schön, Frau Präsidentin. Herr Dr. Augsten, erst einmal vielen Dank dafür, dass Sie Ihren Antrag noch einmal überarbeitet haben. Die Waldmehrung, die für Thüringen im Waldgesetz verpflichtend vorgegeben ist, wollten Sie abschaffen. Das haben Sie sich inzwischen doch noch einmal anders überlegt. Das finde ich gut so. Dass Ihr Antrag in die Zukunft gerichtet ist, finde ich nicht so gut. Das haben Sie vorhin ausgeführt. Ich sage „leider“, denn die Probleme mit der Flächenversiegelung haben wir schon seit Langem. Wir haben hier im Landtag schon sehr viel darüber diskutiert, immer wieder Absichtserklärungen gehört, aber leider ist es bei diesen Absichtserklärungen geblieben.
Wenn ich mir ansehe, welche Auswirkungen das hat. Herr Minister, Sie haben gesagt, was es auf EU-Ebene alles für Regelungen zum Bodenschutz gibt. Wir waren mit dem Ausschuss für Landwirt
schaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz in Brüssel. Wir haben dort mit Thomas Straßburger von der EU-Kommission, Generaldirektion Umwelt gesprochen, der für Bodenschutzpolitik zuständig ist. Er hat uns folgende zwei Zahlen genannt: Im Jahr werden in den 27 EU-Staaten 1.000 km² versiegelt. Von 1990 bis 2000 sind 970.000 ha landwirtschaftliche Nutzfläche verloren gegangen. Wenn man sich überlegt, dass von 1.000 m² etwa ein Mensch satt werden kann und das sein Leben lang, bedeutet das, dass innerhalb von zehn Jahren in der EU Flächen weggefallen sind, die in der Lage gewesen wären, 10 Mio. Menschen dauerhaft zu ernähren. In Anbetracht des Bevölkerungswachstums auf dieser Erde und des Welthungers ist das eine Schande für die Europäische Union, meine Damen und Herren.
Wenn wir dann zu Thüringen kommen, dann muss man feststellen, dass bei uns auch Tag für Tag 2 ha Fläche versiegelt werden. Wenn ich mir dann anschaue, was das für sinnvolle Maßnahmen sind. In dieser Woche hat sich die Politik bei mir im Kreis ablichten lassen beim Durchschneiden eines Bandes „Ortsumgehung Schleusingen“. Da hieß es, dass die Kreisstadt Hildburghausen jetzt besser an die Autobahn angebunden ist. Ich fahre 2 km weiter, brauche 2 Minuten länger.
Durch Schleusingen bin ich vorher auch nicht gefahren. Wenn dann Themar, eine Stadt von noch nicht einmal mehr als 3.000 Einwohnern, besser an die Autobahn angebunden wird und davon aber 5.000 Fahrzeugbewegungen am Tag erwartet werden, meine Damen und Herren, wer soll Ihnen denn das glauben?
Es sind wieder Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche in einer Flussaue versiegelt worden und das sind Dinge, wie wir sie auch in Thüringen nach wie vor erleben. Leider haben diese Straßenbauprojekte noch kein Ende gefunden. Wenn man gedacht hat, dass die Autobahn eine Bündelungswirkung entfaltet und deshalb weniger Straßenbau bei kleinen Straßen notwendig ist, Herr Minister, wir erleben das Gegenteil, dass nämlich die ganzen Zuführungen zur Autobahn jetzt geplant und umgesetzt werden.
Meine Damen und Herren, Thüringen hat doch gar keine Luft mehr, diese ganzen Straßen zu unterhalten.
Ich möchte noch etwas anderes zu den Maßnahmen der Landesregierung sagen. Herr Minister, Sie sprachen davon, die Landesregierung will versuchen, ihre Maßnahmen auszugleichen. Wenn ich mir die Großflächenoffensive, die das Wirtschaftsministerium angekündigt hat, ansehe, dann muss ich auch sagen, ich habe dafür kein Verständnis mehr.