Protokoll der Sitzung vom 25.01.2012

(Beifall CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Abgeordneter Meyer das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, auch in dieser Aktuellen Stunde kann man die Aktualität durchaus infrage stellen. Das Thema...

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Ganz aktu- ell kommen die Bescheide, so aktuell ist das.)

Okay. Jeder hat das Recht zur Aktuellen Stunde. Deshalb heute noch einmal...

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Manch ei- ner auch zum Zuhören.)

Jetzt dürfen Sie sogar mir zuhören, Herr Bergner. Dieselben Argumente, die wir uns schon zum Haushalt gesagt haben, heute noch einmal von mir in der gebotenen Kürze. Wir halten eine Finanzausgleichsumlage aus mehreren Gesichtspunkten erstens für zulässig, zweitens für notwendig und drittens auch für sinnvoll.

Erstens das Thema Leistungsfähigkeit. Von Ihnen wird bestritten, dass die Gemeinden, die als abundante Gemeinden in die Zahlersituation kommen, ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigt bekommen. Nun wissen wir alle, unter den etwa 50, Herr Voigt hat es gerade genannt, abundanten Gemeinden sind einige, die durchaus nicht selbst „verschuldet“ in die Situation gekommen sind, abundant sein zu können und für diese stellt sich das Problem nicht. Talsperrenbau oder Großgewerbegebiete, die mit der Gemeinde nichts zu tun haben, sind eben auch für die Leistungsfähigkeit einer Gemeinde nicht wirklich relevant. Für die, die Schulden haben, gibt es sicherlich auch wieder unterschiedliche Problemlagen. Ich verkenne nicht - das hat Herr Bergner durchaus zu Recht herausgearbeitet -, dass auch diese Gruppe nicht homogen ist und auch zunehmend weniger homogen sein dürfte, unter anderem weil beispielsweise eine Gemeinde für wenige Jahre abundant wird und danach wieder in die Bedarfszuweisung, in die KFA-Bedürftigkeit hineinrutscht, aus welchen Gründen jetzt auch immer sei mal dahingestellt. Aber das regelt ja dieses Gesetz auch.

Ich will darauf hinweisen, dass die Abführungsgrößenordnung deutlich noch im erwartbaren Rahmen liegt und noch höher sein könnte. Wir hatten zu dem Thema ja auch noch eine größere Abführung vorgeschlagen und glauben, auch die würde immer noch die Leistungsfähigkeit einer Gemeinde nicht emotional beeinträchtigen. Aber da sind wir wieder bei der FDP und der Frage: Wie hoch darf ein Steuersatz sein, bevor er Leistung abwürgt? Für die FDP irgendwo knapp oberhalb von Null.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Jedenfalls nicht so hoch, dass die Überzahlungen die Gemeinden abwürgen.)

Richtig, also bei Ihnen knapp oberhalb von Null oder mit Schonvermögen für diese „reichen Gemeinden“ und für uns unterhalb von 50 Prozent. Die Leistungsbereitschaft hat mit dieser Umlagenhöhe zu tun. Ich kann mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen, dass eine Gemeinde, die gut investiert hat, das heißt, also auch refinanzierbar investiert hat und nicht sich einfach nur das nächste Spaßbad hingestellt hat, nicht in der Lage und willens ist, auch wenn sie nur 70 Prozent behalten darf, dann nicht

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Für die Ge- werbegebiete, die versucht haben, Zahlun- gen zu generieren.)

umso besser, Herr Bergner.

Der Grundsatz der Solidarität sei nur kurz angesprochen, und zwar durchaus auch - wir sitzen hier und stehen hier im Landtag - mit den Landesfinanzen und mit den Kommunalfinanzen. Auch die Frage des Ausgleichs zwischen dem Schuldenberg, den die Landesregierungen der vergangenen Jahre

(Abg. Dr. Voigt)

angehäuft haben, und der Situation der Gemeinden, die ja auch damit zu tun hat, ist hier vor etwa sechs Wochen hinlänglich diskutiert worden. Das will ich mir mal schenken in der Kürze der Zeit.

Was die Verhältnismäßigkeit angeht und die Fähigkeit, eigene Schulden zu senken, Herr Bergner, natürlich kann man der Meinung sein, man möchte ein Schonvermögen haben. Das heißt, man möchte sich anschauen, an welchem Bereich es anfängt, dass man zahlungspflichtig wird. Meine Prognose lautet ja, dass aus den 50 abundanten Gemeinden durch das Wirtschaftswachstum und die sprudelnden Steuereinnahmen im letzten Jahr in diesem Jahr bereits 60 oder 70 Gemeinden werden, die tatsächlich in diese Situation hineinkommen.

Damit auch zu meinem letzten Argument, was die kommunalen Handlungsmöglichkeiten angeht: Durch das, was wir hier in den letzten Monaten erlebt haben, was die Gemeindezusammenschlüsse angeht, werden vielleicht zwei Tendenzen erkennbar sein. Es werden sich nicht zwei Todkranke zusammengeschlossen haben, sondern möglicherweise zwei Halbleistungsfähige, die dadurch sehr viel leistungsfähiger werden. Oder es werden sich auch Leistungsfähige zusammengeschlossen haben mit durchaus „armen Nachbarn“ bewusst aus der Überlegung heraus, dass diese armen Nachbarn zu dem eigenen Wirkungskreis gehören sowohl was die Wohnsituation angeht als auch die Verkehrsinfrastruktur, was zum Beispiel Kreisstraßen betrifft. Es hilft einer abundanten Gemeinde nicht wirklich, in der Lage zu sein, die Kreisstraßen bis zur Gemeindegrenze zu organisieren und danach ist dann Schluss. Das heißt - lange Rede, kurzer Sinn -, die Handlungsmöglichkeit lautet, schließt euch doch zusammen, so dass ihr nicht mehr abundant seid, sorgt dafür, dass drei, vier, fünf Gemeinden in der Lage sind, gemeinsam plus minus zu wirtschaften. Und dann stellt sich diese ganze Debatte nicht, das könnte auch am Rennsteig ein Thema sein. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE hat der Abgeordnete Kuschel das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Finanzausgleichsgesetz und die Regelungen sind geprägt vom Grundsatz der Solidarität und des Interessenausgleichs. Solidarität ist für uns keine Einbahnstraße.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist gut so, dass das Finanzausgleichssystem den Grundgesetzgrundsatz „gleichwertiger Lebensverhältnisse“ gewährleisten soll, also den finanzschwachen Gemeinden höhere Landeszuweisungen garantiert. Aber es muss auch einen Ausgleichsmechanismus in die andere Richtung geben, dass die Gemeinden, die eine überproportionale Steuerkraft haben, dann auch einen Teil dieser in das Ausgleichssystem hineingeben. Um das mal zu verdeutlichen, will ich die zwei Gemeinden benennen, um deutlich zu machen, wie differenziert das Steueraufkommen sich in Thüringen bewegt. Die steuerschwächste Gemeinde hat ein Steueraufkommen von 78 € pro Einwohner und Jahr. Die steuerstärkste Gemeinde von 54.000 € pro Einwohner und Jahr. Da, meine sehr geehrten Damen und Herren, können selbst Menschen, die nicht im Finanzausgleichssystem „zu Hause sind“, erkennen, dass es hier in irgendeiner Art und Weise in einem Staatswesen, das durch Solidarität und Ausgleich gekennzeichnet ist, Ausgleichsmechanismen geben muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sagen Ja zur sogenannten Reichensteuer oder -umlage, allerdings nicht in der jetzt im Gesetz festgeschriebenen Art und Weise. Wir hatten im Rahmen der Haushaltsdiskussion zum Jahreshaushalt 2012 hier einen eigenen Vorschlag unterbreitet. Wir sehen tatsächlich, dass in Grenzbereichen die sogenannte Reichensteuer eine Wirkung erzielt, die so nicht beabsichtigt war, und zwar dort, wo durch die Zahlung der Umlage ein strukturelles Defizit entsteht, nämlich dass die Gemeinde nicht mehr die Mindestzuführung zum Vermögenshaushalt in Höhe der ordentlichen Tilgung erwirtschaften kann. Damit zwingen wir de facto Gemeinden zu einem Haushaltsverstoß, weil das Haushaltsrecht eigentlich sagt, im Verwaltungshaushalt muss mindestens so viel erwirtschaftet werden, wie die Tilgung es erfordert. Der Verschuldungsgrad ist unterschiedlich. Aufgrund der Schwellenwertlösung, die jetzt im Gesetz steht, bleibt diese unterschiedliche Belastung aus der Tilgung von Krediten unberücksichtigt. Deshalb hatten wir vorgeschlagen, diese Finanzausgleichsumlage erst bei den Gemeinden zu erheben, wo die Steuerkraft doppelt so hoch ist wie der Durchschnitt. Dann würden wir nicht Gefahr laufen, dass eine Situation entsteht, wie ich sie beschrieben habe. Das ist so etwas Ähnliches, wie die FDP vorgeschlagen hat, mit diesem „Puffer“ von 15 Prozent.

Wir haben als zweites Element einen progressiven Steuersatz vorgeschlagen, weil wir gesagt haben, ähnlich wie beim Einkommensteuerrecht, nach dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit muss natürlich eine Gemeinde, die überproportionale Steuereinnahmen hat, einen höheren Prozentsatz von diesen Steuermehreinnahmen bezahlen als die Gemeinde, die sich nur etwas über dem Landesdurchschnitt bewegt.

(Abg. Meyer)

Es gibt mehrere Verfassungsgerichtsurteile aus Sachsen-Anhalt und Sachsen, die sich mit dieser Problematik beschäftigt haben, die auseinandergehen. Sachsen-Anhalt hat die Reichensteuer verworfen, in Sachsen ist sie bestätigt worden. Wenn man sich mit den beiden Urteilen beschäftigt, spricht einiges dafür, dass die Thüringer Regelung auch verfassungswidrig sein könnte. Das zu beurteilen dürfen wir uns nicht anmaßen. Das muss das Verfassungsgericht entscheiden, aber es deutet einiges darauf hin eben wegen dieser von mir beschriebenen Wirkung, die auch die FDP in einer gleichen Art und Weise sieht. Das Problem der FDP ist natürlich, dass sie auch hier in der Frage eher auf Konkurrenz zwischen den Gemeinden setzt. Es wird auch ein wenig der Sozialneid geschürt

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Wettbe- werb, Kollege, Wettbewerb habe ich gesagt.)

und wir gehen eher hin zur Kooperation. Da zeigt sich eben, wir müssen mehr in regionalem Zusammenhang denken. Das Denken darf nicht mehr am Ortsausgangsschild oder -eingangsschild anfangen oder aufhören. Und manche der leistungsfähigen Gemeinden, ich meine, die haben tatsächlich keinen eigenen Beitrag dazu geleistet. Hohenwarte hat keinen eigenen Beitrag geleistet. Die Gemeinde Goldisthal hat keinen eigenen Beitrag geleistet. Das waren Entscheidungen, die vor Jahrzehnten getroffen worden sind. Heringen konnte auch nichts dafür, dass vor 1989 entschieden wurde, dort ein Betonwerk zu errichten, das heute noch gut läuft. Oder selbst die Gemeinde Ichtershausen im Umfeld von Arnstadt oder zwischen Erfurt und Arnstadt, hat tatsächlich keinen eigenen Beitrag geleistet, sondern profitierte von der zentralen Lage und dem Engagement der Landesentwicklungsgesellschaft, die dort das Industrie- und Gewerbegebiet im Wesentlichen entwickelt hat. Auch das ist eine Begründung, darüber nachzudenken, einen Ausgleichsmechanismus zu finden, den wir hier im Grundsatz unterstützen. Aber, wie gesagt, die Detailausgestaltung halten wir für sehr problematisch und teilen in dem Zusammenhang in dieser Nuance die Kritik der FDP. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Hey das Wort.

Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe immer über den aktuellen Anlass dieser sogenannten Aktuellen Stunde gerätselt, weil die Finanzausgleichsumlage bereits Bestandteil eines Gesetzes war, das dieses Hohe Haus längst passiert hat, aber dann ist es mir erläu

tert worden. Es ist der aktuelle Bescheid, der Herrn Bergner dazu veranlasst hat, heute hier in diesem Hohen Haus darüber zu reden.

Ganz kurz und allgemein formuliert: Das Wesen des Finanzausgleichs liegt darin, dass unterschiedliche Finanzkraft ausgeglichen wird. Das ist zum einen der Ausgleich zwischen dem Land und seiner kommunalen Familie, wenn da unterschiedliche Finanzkraft vorliegen sollte in den Kommunen, dann soll das nivelliert und ausgeglichen werden, aber umgekehrt - das haben schon mehrere meiner Vorredner versucht darzustellen - ist es genauso, es ist keine Einbahnstraße. Wenn eine Kommune mehr Geld hat...

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ich habe es dargestellt, ich habe es nicht ver- sucht.)

Sie haben es dargestellt, selbstverständlich, Herr Kuschel.

Wenn eine Kommune mehr Geld hat, als sie für ihren eigenen Bedarf benötigt, dann soll sie - das ist Sinn und Zweck dieser Umlage - hiervon auch wieder etwas abführen. Das entspricht ja eigentlich auch dem Wesen des Finanzausgleichs. Es ist, Herr Bergner, doch auch eine Frage der Gerechtigkeit, die sich da stellt. Natürlich soll eine Kommune, die ihre Aufgaben ohne finanzielle Hilfe nicht stemmen kann, weil eben ihre Einnahmen nicht ausreichen, einen Finanzausgleich erhalten. Da komme ich aber doch gar nicht auf die Idee, zu sagen, diejenigen, die mehr haben, als ihre eigenen Aufgaben das erforderlich machen, dürfen das alles behalten, die einen haben Pech gehabt und die anderen eben Glück.

Es gibt aber bei der ganzen Situation tatsächlich ein Phänomen, das hier vielleicht noch gar nicht so angesprochen wurde. Die Finanzkraft wird immer aus den Daten des vorvorigen Jahres und den beiden Jahren zuvor ermittelt. Das klingt immer verwirrend, aber das heißt, 2012 betrachtet man den Zeitraum für die Festsetzung der Finanzkraft 2008, 2009 und 2010. Jetzt kann es sein, dass aufgrund der Entwicklung in einzelnen Fällen genau 2011 ein Einbruch der Einnahmen kommt und zusätzlich noch eine Finanzausgleichsumlage fällig wird aus diesen vorangegangenen Jahren eben durch die Betrachtung dieses Jahreszeitraums, dann gilt eines: Für den Erhebungszeitraum 2013 werden dann die Jahre 2009, 2010 und 2011 zurate gezogen. Wenn es um die Ermittlung der Finanzkraft geht und je nachdem, wie hart der Schnitt zwischen 2010 gewesen ist, als die Gemeinde noch mehr Einnahmen als benötigt hatte, und 2011, wo vielleicht gerade ein Gewerbebetrieb zusammengebrochen ist oder die Steuerkraft mit einem Schlag ausgefallen ist, wird das dann in der Finanzausgleichsumlage fällig werden. Jetzt kann man sagen, das nützt der Kommune natürlich aktuell nichts, wenn

(Abg. Kuschel)

sie dann so einen Bescheid hat, der ins Haus geflattert ist. Das kann sein und da gebe ich Ihnen recht, da sollte man seitens des Finanzministers darüber nachdenken, welche Möglichkeiten in solchen Sonderfällen bestehen, um hier ganz extreme Härten auch ausgleichen zu können.

Zunächst müssen wir aber - ich hatte es bereits betont - abwarten, wie sich dieses neue System in der Anwendung des Finanzausgleichsgesetzes auswirkt. Das ist jetzt das erste Mal, dass wir vor diese Problematik gestellt werden. Wobei, auch das ist hier bereits richtig von meinen Vorrednern festgestellt worden, das hier für Thüringen zwar ein Novum ist, in anderen Bundesländern aber schon längst gültiges Recht ist. Ich glaube auch nicht, Herr Bergner, dass das gegen die Verfassungslage verstoßen würde. Im Grunde ist das System, das wir hier jetzt eingeführt haben, dass nämlich die ganz reichen Gemeinden etwas an das Land abgeben, während die ganz armen etwas vom Land dazubekommen, um es mal platt auszudrücken, schon ein sehr richtiges. Wir kennen in Thüringen diese Regelung nur noch nicht allzu lange. Die wird jetzt eingeführt und praktiziert. Da kann es natürlich zu solchen Verwerfungen kommen, wie ich es eben dargestellt habe, und da verschließt sich die SPDFraktion der hieraus notwendigen Diskussion natürlich nicht, auch nicht mit dem Finanzminister, und der sicherlich auch nicht mit uns. Da sollte man auch über Lösungen dieses Problems in der Folgezeit nachdenken. Es ist ja noch ein Spielraum, um beispielsweise Gesetzesänderungen dieser Form durchaus mit auf den Weg bringen zu können. Insoweit, das muss ich sagen, habe ich anfangs nicht ganz richtig verstanden, weshalb wir aus aktuellem Anlass hier vorn standen, gut aber, das das Problem in dieser Form heute behandelt wurde. Da, denke ich, werden wir auch weiter im Gespräch bleiben. Ich danke Ihnen.

(Beifall SPD)

Aus den Fraktionen liegen keine Redeanmeldungen mehr vor. Für die Landesregierung Staatssekretär Diedrichs, bitte.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, durch die Novellierung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes 2012 wurden die Rechtsgrundlagen und die Berechnungsweise geschaffen, von besonders finanzkräftigen Städten und Gemeinden eine Finanzausgleichsumlage zu erheben. Die Zahlung dieser Umlage erfolgt erst im Jahr 2013, das heißt im nächsten Jahr, und nicht im Jahr 2012. Bei der Finanzausgleichsumlage handelt es sich um eine Erhebung von Mitteln von Gemeinden, die wegen ihrer hohen eigenen Steuer

einnahmen keine Schlüsselzuweisungen erhalten. Wir haben das jetzt schon verschiedentlich gehört, das sind die sogenannten abundanten Gemeinden. Um den Gemeinden genügend Zeit einzuräumen, sich in ihren Haushalten auf die Finanzausgleichsumlage vorzubereiten, ist die gesetzliche Zahlung erst im Folgejahr, also wie ich bereits sagte, erst im nächsten Jahr, in 2013, auf der Grundlage der Bemessungsgrundlagen 2012 vorgesehen. Hinzu kommt, dass die Umlage nicht in einem Betrag, sondern in vier Raten zu leisten ist. Die entsprechenden Bescheide - und das ist der Anlass, Herr Abgeordneter Bergner, für Ihren Antrag auf eine Aktuelle Stunde - sind Anfang Januar versandt worden zusammen mit den Bescheiden über die Festsetzung der Schlüsselzuweisungen. In diesem Jahr hat die Erhebung der Umlage keinerlei Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte. Da möchte ich feststellen, es gibt damit eine Übergangszeit, um sich auf kommunaler Ebene in den betroffenen Gemeinden auf diese Erhebung einzustellen.

Ich möchte zunächst darauf eingehen, welche Gründe zur Einführung dieser Umlage geführt haben. Die Zahl der abundanten Gemeinden ist im Zeitraum 2003 bis 2011 von 10 auf 43 gestiegen und das bei gleichzeitig sinkender Gesamtgemeindeanzahl. Zudem hat sich der Abstand der Steuereinnahmen je Einwohner im gleichen Zeitraum zwischen der ärmsten und der reichsten Gemeinde mehr als vervierzehnfacht. Hatte im Jahr 2003 die steuerstärkste Gemeinde rund 2.800 € je Einwohner mehr an Steuerkraft als die steuerschwächste, so betrug dieser Wert im Jahr 2008 bereits 41.700 € je Einwohner. Das heißt, die Spreizung hat hier erheblich zugenommen. Somit haben sowohl der starke Anstieg der Anzahl der abundanten Gemeinden als auch die differenzierte Entwicklung der Steuereinnahmen innerhalb der kommunalen Ebene für die Einführung einer solchen Umlage gesprochen. Deren Ziel ist es, die Solidarität zwischen den Gemeinden stärker zu fordern. Die steuerstarken Gemeinden stellen einen Teil ihrer überdurchschnittlichen Steuerkraft an die Gemeinden bereit, die in finanzielle Not geraten sind.

Damit komme ich auch gleich zum Punkt der Verwendung der Einnahmen aus der Finanzausgleichsumlage. Ich möchte betonen, dass diese komplett im kommunalen Bereich verbleiben. Der überwiegende Teil dieser Einnahmen fließt in den Landesausgleichsstock und wird auf diese Weise wieder besonders finanzschwachen Kommunen zur Verfügung gestellt. Der Betrag, der nicht in den Landesausgleichsstock fließt, wird an die jeweiligen Landkreise ausgezahlt. Hintergrund ist, dass die umlagepflichtigen Gemeinden aufgrund der Finanzausgleichsumlage eine geringere Kreisumlage zu entrichten haben. Diese Verluste werden den Landkreisen ausgeglichen.

(Abg. Hey)

Meine Damen und Herren, wie Sie wissen, beträgt die Finanzausgleichsumlage 30 Prozent der den Finanzbedarf übersteigenden Finanzkraft. Der Finanzbedarf, der im Kommunalen Finanzausgleich typisierend mit der Bedarfsmesszahl ermittelt wird, wird durch die Steuerkraft überschritten. Dies relativiert sich, diese 30 Prozent, wenn folgender Umstand bei der Betrachtung berücksichtigt wird. Aufgrund der Abzugsfähigkeit bei der Kreisumlage sind die tatsächlichen Auswirkungen der Finanzausgleichsumlage für die abundanten Gemeinden deutlich geringer. Mit anderen Worten, gäbe es die Finanzausgleichsumlage nicht, hätten die betroffenen Gemeinden eine höhere Kreisumlage zu zahlen. Insofern sind die Nettobelastungen der abundanten Gemeinden sogar geringer. Es sind nun 51 Städte und Gemeinden umlagepflichtig, wobei die Beträge zwischen einem Jahresbetrag von rund 1.500 € und knapp 2,6 Mio. € variieren. In Summe werden ca. 14,5 Mio. € an Finanzausgleichsumlage im Jahr 2013 erhoben. Diesen 14,5 Mio. € muss jedoch eine andere Zahl gegenübergestellt werden. So beträgt allein die Steuerkraft dieser Gemeinden im Jahr 2012 insgesamt 102,5 Mio. €. Den betroffenen Kommunen wird durch die Finanzausgleichsumlage unter Berücksichtigung der mindernden Effekte bei der Kreisumlage weniger als 10 Prozent ihrer Steuerkraft abgeschöpft. Da sich die Steuerkraftmesszahl immer auf einen Dreijahresdurchschnitt bezieht, liegt der Erhebung der Finanzausgleichsumlage auch kein einmaliger positiver Ausreißer zugrunde.

Um es noch einmal klar zu sagen, die Erhebung der Umlage führt nicht zu einer Beseitigung der Anreize zur Einnahmeerzielung - auch das war ein Vorwurf hier. Auch weiterhin verbleibt einer abundanten Gemeinde ein Teil von jeder Steuermehreinnahme. Dieser verbleibende Teil ist auch weiterhin höher als bei einer von Schlüsselzuweisung abhängigen Gemeinde. Bitte beachten Sie, dass bei den allermeisten Gemeinden in Thüringen, die Schlüsselzuweisungen erhalten, die Ausgleichsquote von 80 Prozent angewendet wird. Das heißt, ceteris paribus, 80 Prozent von Zuwächsen der Steuerkraftmesszahl werden abgeschöpft. Wir fordern jetzt von den abundanten Gemeinden 30 Prozent.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin zuversichtlich, dass die Finanzausgleichsumlage als neuer Baustein im Kommunalen Finanzausgleich Thüringens 2013 erstmals gut vollzogen wird. Sie führt zu mehr Verteilungsgerechtigkeit zwischen unseren Kommunen. Außerdem bedarf es einer Symmetrie mit den Gemeinden, die Schlüsselzuweisungen erhalten. Um es abschließend noch einmal ganz klar zu sagen: Die Finanzausgleichsumlage ist nicht im Jahr 2012, sondern erst im Jahr 2013 zu zahlen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.