Protokoll der Sitzung vom 26.01.2012

Vielen Dank, Herr Präsident.

Individuelle Abschlussphase

Die neue Thüringer Schulordnung sieht entsprechend der Regelungen in § 54 Abs. 10 eine sogenannte individuelle Abschlussphase vor. Eine Versuchsphase an Thüringer Schulen fand in den vergangenen Schuljahren statt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wurde eine Evaluierung des Schulversuchs zur sogenannten individuellen Abschlussphase vorgenommen und wann wurde diese gegebenenfalls veröffentlicht?

2. Welche grundlegenden Erkenntnisse ergeben sich aus der Evaluierung des entsprechenden Schulversuchs?

3. Welche konkreten Richtlinien zur Umsetzung der sogenannten individuellen Abschlussphase hat die Landesregierung erarbeitet, wurden Erkenntnisse aus der Evaluierung des Schulversuchs dabei maßgeblich berücksichtigt und wann werden diese den Thüringer Schulen mitgeteilt?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Herr Staatssekretär Prof. Merten, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Koppe wie folgt:

Zu Frage 1: Der Schulversuch wurde unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Bärbel Kracke, Lehrstuhl für Entwicklungs- und Erziehungspsychologie der Universität Erfurt, wissenschaftlich begleitet. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung sind bislang in drei Zwischenberichten zusammengefasst, die auf folgender Internetseite veröffentlicht worden sind: www.berufswahlforschung.de/iap. Herr Koppe, ich werde Ihnen das gleich auch noch einmal übergeben, damit Sie es sich gleich notieren können.

Zu Ihrer Frage 2: Insgesamt zeigte sich, dass das individuelle und stark praxisorientierte Vorgehen bei abschlussgefährdeten Schülern im Hinblick auf das zu erreichende Ziel Hauptschulabschluss sehr erfolgreich ist. Die Abschluss- und Übergangsquoten der Jugendlichen konnten im Verlauf des Schulversuchs gesteigert werden. Etwa 90 Prozent der teilnehmenden Schüler, die bis dahin wenig positive Einstellungen zum Lernort Schule entwickelt hatten, konnten mindestens zum Hauptschulabschluss geführt werden.

Zu Ihrer Frage 3 antworte ich wie folgt: Am 11. August 2011 wurde in den Staatlichen Schulämtern die Organisationsempfehlung zur Umsetzung der individuellen Abschlussphase vorgestellt. Dies war Grundlage für den in den Lehrerkonferenzen zu Beginn des Schuljahres 2011/2012 an den Regelschulen zu thematisierenden Schwerpunkt „Individuelle Abschlussphase“. Somit ist davon auszugehen, dass die Organisationsempfehlung an allen Regelschulen bekannt ist und sich die Umsetzung der individuellen Abschlussphase daran orientiert. Die Organisationsempfehlung ist gleichzeitig Grundlage für die Erarbeitung einer fachlichen Empfehlung. Schwerpunkte sind dabei wie folgt: Grundlage der Individualisierung, Gestaltung des individuellen Lernprozesses im handlungs- und projektorientierten Unterricht, organisatorische Umsetzung an den Schulen, u.a. Bildung eines Lehrerteams, Stundenplanung, Kooperation sowie Leistungsbewertung in der individuellen Abschlussphase mit individueller Bezugsnorm. Die Erarbeitung der fachlichen Empfehlung erfolgt derzeit in Zusammenarbeit des TMBWK mit Schulen des ehemaligen Schulversuchs sowie unter Einbeziehung von Vertretern der Staatlichen Schulämter. Begleitet wird diese Netzwerkarbeit sowie die Implementie

rung der individuellen Abschlussphase ebenfalls noch bis zum 31. Juli 2012 durch Frau Prof. Dr. Kracke. Anfang des kommenden Jahres ist dann die Veröffentlichung der fachlichen Empfehlung geplant.

Es gibt eine Nachfrage durch den Fragesteller.

Vielen Dank, Herr Präsident. Wenn ich auch zwei Fragen äußern dürfte, würde ich das gleich im Paket machen. Da die Erläuterungen oder die Verordnungen für die Schulen sehr allgemein gehalten waren, so die Aussage der Betroffenen, ergeben sich zumindest zweimal ganz konkrete Nachfragen. Zum einen ist ja davon gesprochen worden, dass es einen praktischen Ausbildungsteil geben soll. Dann die Frage, wie wird die Vergütung für entstehende Mehrkosten durch die Betreuung von Lehrern im praktischen Ausbildungsteil erstattet, zum Beispiel Fahrtkosten etc. Da gibt es ja noch ein paar andere. Zum Zweiten, Sie haben gesagt, dass die Empfehlungen und die Richtlinien nach einer Evaluierung noch mal konkretisiert werden sollen. Meine Frage lautet, wie werden die Schulen jetzt auf die Strukturänderungen vorbereitet und angeleitet, im konkreten Fall über eine Klassenbildung dieser IAP-Klassen, also in der individuellen Abschlussphase?

Zu Ihrer ersten Frage, zu Vergütung und Fahrtkosten, das kann ich Ihnen jetzt nicht aus dem Kopf beantworten, würde ich Ihnen aber gern nachliefern. Die Frage der praktischen Umsetzung: Sie haben gesagt, die Verordnung sei sehr allgemein gehalten. Das wird auch künftig notwendigerweise so sein, weil wir tatsächlich hier auf individuelle Lernbiografien eingehen müssen, die bisher nicht in der Weise erfolgreich waren, wie wir uns das gewünscht hätten. Infolgedessen ist es eine Frage der professionellen Kompetenz, nicht der gesetzgeberischen Regelungen, hier auf die individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler einzugehen. Infolgedessen ist es notwendigerweise so, dass es eine Frage der professionellen Umsetzung vor Ort ist, also eine Frage der professionellen Kunst und nicht der gesetzgeberischen Konstruktion. Die Frage der Konkretisierung ist damit, glaube ich, beantwortet. Es kann nicht sein, dass wir den allgemeinen Rahmen noch konkreter machen, weil das in Bezug auf die individuellen Bedürfnisse und Lernunterstützungen, die die Schülerinnen und Schüler haben, gerade nicht hilfreich wäre, sondern wir müssen hier Offenheit halten, damit das professionell umgesetzt werden kann.

Es gibt eine weitere Nachfrage durch die Abgeordnete Hitzing.

Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Prof. Merten, ich möchte noch eine Frage loswerden. Auch wenn natürlich die Professionalität vor Ort viele Dinge regeln muss, ist es doch aber wichtig für die betreffenden Einrichtungen, zu wissen, wie sie denn diesem gesetzlichen Anspruch gerecht werden können, dass also Schüler auch innerhalb von zwei Jahren die individuelle Abschlussphase besuchen können, also den Abschluss der Klasse 9 im Hauptschulteil anstreben können, und das mit Erfolg. Ich frage Sie, ist denn vorgesehen, dass für diese Schulen, die solche Kurse eröffnen, auch mehr Stunden zur Verfügung gestellt werden bzw. in irgendeiner Art und Weise ein anderer Pädagogenschlüssel angedacht ist? Denn ich brauche dann dringend die notwendigen Leute dafür und die Zeit und die Unterrichtsstunden.

Grundsätzlich wissen Sie ja, dass wir die Möglichkeit haben, über das Schulamt entsprechende Bedarfe zuweisen zu können. Das wird dann auch vor Ort geschehen. Wir haben diesbezüglich keinerlei Restriktionen auferlegt, so dass es innerhalb des dem Schulamt zugewiesenen Pools zu bedienen wäre.

Eine weitere Nachfrage.

Das würde bedeuten, wenn eine Schule, nehmen wir mal an, nur fünf Schüler hätte, die diese individuelle Schulabschlussphase in Anspruch nehmen möchte - Rechtsanspruch wohlgemerkt -, dass diese Schule auch die Möglichkeit bekommt, eine entsprechende Kursgröße zu eröffnen, unabhängig von den bisher geltenden Bestimmungen bezogen auf Klassenbildung.

Ich glaube, wir haben hier ein Missverständnis. Individuelle Abschlussphase bedeutet nicht notwendigerweise die Bildung von Kursen. Das muss man dazu sagen, sondern sie können innerhalb des normalen Klassenverbands durchaus über zwei Jahre gestreckt werden. Insofern ergibt sich nicht zwingend notwendigerweise immer auch ein Mehrbedarf, von dem Sie ausgehen. Ansonsten ist immer die Schwierigkeit bei Konjunktivfragen, die man so oder so beantworten kann, das lässt sich im kon

(Staatssekretär Prof. Dr. Merten)

kreten Fall nur konkret beantworten und nicht über den Konjunktiv.

Damit ist das Fragekontingent erschöpft. Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Ich rufe auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Lukin von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/3872.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!

Lärmschutz am Hermsdorfer Kreuz

Laut Presseinformation der „Ostthüringer Zeitung“ vom 3. Dezember 2011 unterbreitete der Bundesstaatssekretär Rainer Bomba dem Landkreis SaaleHolzland das Angebot, an einem Pilotprojekt „Lärmschutz und Photovoltaik“ teilzunehmen. Hier geht es um den Umbau des Hermsdorfer Kreuzes sowie die Aufstellung von Schallschutzwänden mit integrierten Dünnschichtkollektoren entlang der Autobahnen A 4 und A 9.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, dieses Modellprojekt zum Lärmschutz zu unterstützen?

2. Plant die Landesregierung eine Erweiterung ihres Förderprogramms für Photovoltaikanlagen, da dieses z.B. für den Anwendungsbereich des im November veröffentlichten Leitfadens „Photovoltaikprojekte an Bundesautobahnen in Thüringen“ nur eingeschränkt nutzbar ist?

3. Wurde die Kombination von Photovoltaik und Lärmschutz auch zur Verbesserung des Lärmschutzes an bestehenden Lärmschutzanlagen in Thüringen geprüft und wenn ja, wo?

4. Plant die Landesregierung weitere Modellprojekte an bestehenden Autobahnen und wenn ja, wo und wann?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr und diesmal macht es der Herr Minister selber, Herr Carius.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Lukin, vielen Dank. Die Mündliche Anfrage von Ihnen beantworte ich für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Landesregierung steht der Nutzung von Photovoltaikanlagen an Bundesautobahnen

aufgeschlossen gegenüber und unterstützt diese. Soweit Investoren Interesse äußern, auf geeigneten bestehenden Lärmschutzwällen Photovoltaikanlagen zu errichten, bietet die Landesregierung den Abschluss entsprechender Nutzungsverträge zum Bau und Betrieb dieser Anlagen an. Bei bestehenden Lärmschutzwänden ist die nachträgliche Anbringung von Photovoltaikanlagen technisch in aller Regel jedoch nicht möglich. Eine unmittelbare finanzielle Unterstützung von Modellprojekten des Bundes ist haushaltsrechtlich nicht zulässig.

Zu Frage 2: Eine Erweiterung des Programms zur Förderung von Photovoltaikanlagen in Thüringer Kommunen auf Photovoltaikanlagen an Bundesautobahnen ist nicht geplant. Aus Sicht der Landesregierung ist die Einspeisevergütung, die für solche Anlagen in einem Abstand von bis zu 110 Metern entlang von Autobahnen gezahlt wird, ein ausreichender Anreiz für Investoren. Unser Fall, dass Flächen an Autobahnanlagen des Bundes privaten Investoren zur Nutzung überlassen werden, passt daher in zweierlei Hinsicht nicht. Einmal baut der Bund hier keine eigenen Photovoltaikanlagen und dann könnte das Land auch niemals den Bund fördern.

Zu Frage 3: Nein.

Zu Frage 4: Die Landesregierung plant keine eigenen Modellprojekte an bestehenden Autobahnen. Das ist vorrangig Aufgabe des Bundes. Die Landesregierung hat jedoch ein großes Interesse daran, dass geeignete Lärmschutzwälle entlang der Bundesautobahnen in Thüringen für Photovoltaikanlagen genutzt werden. Um dies zu unterstützen, wird derzeit ermittelt, welche Lärmschutzwälle hierfür tatsächlich geeignet sind. Dabei werden auch Flächen in einem Abstand von bis zu 110 Metern in die Ermittlungen einbezogen. Hintergrund ist, dass die Einspeisevergütung nach dem ErneuerbarenEnergien-Gesetz nicht nur für Photovoltaikanlagen unmittelbar auf Lärmschutzeinrichtungen entlang der Autobahn, sondern auch für alle Flächen in einem Abstand von bis zu 110 Metern von Bundesautobahnen gilt. Ziel der Ermittlungen ist, dass sowohl die Kommunen als auch wirkliche Investoren einen Überblick erhalten, welche Flächen für Photovoltaikanlagen besonders geeignet sind.

Es gibt eine Nachfrage durch die Abgeordnete Schubert von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Vielen Dank, Herr Minister. Ich habe mit Freude vernommen, dass Sie jetzt so eine Art Erhebung durchführen. Wann ist da mit einem Kataster, oder

(Staatssekretär Prof. Dr. Merten)

wie immer man das auch nennen mag, zu rechnen? Also wann kann sich der potenzielle Investor das anschauen und wo und wie, wo er möglicherweise so eine Photovoltaikanlage entlang der A 4 zum Beispiel installieren kann?

Das kann ich Ihnen momentan aus dem Stand so nicht sagen. Das würden wir Ihnen noch nachliefern, wenn wir darüber Erkenntnis haben.

Es gibt eine weitere Nachfrage durch die Fragestellerin.

Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Minister, ich habe eine Frage: Plant die Landesregierung Interessenbekundungsverfahren für private Investoren zur Errichtung von Photovoltaikanlagen entlang von Autobahnen oder eventuell sogar Bundesstraßen?

Ich hatte Ihnen ja bereits gesagt, wenn, plant das der Bund und wir sind da, wenn, als Auftragsverwaltung tätig. Ich würde das in der Antwort auf die Nachfrage von Frau Schubert dann auch Ihnen mitteilen.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Danke Herr Minister. Ich schließe die Fragestunde.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4

Gesetz zur Änderung des Untersuchungsausschussgesetzes und anderer Gesetze Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/3895 ERSTE BERATUNG