Protokoll der Sitzung vom 27.01.2012

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Bedeutung hat die Freie Fröbelschule Keilhau für den Freistaat Thüringen?

2. Welche finanzielle Unterstützung erhält die Freie Fröbelschule Keilhau durch das Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (TMBWK), um ihre dauerhafte Existenz zu sichern?

3. Sind seitens des TMBWK über die bisherigen Unterstützungen hinausgehende Förderungen geplant?

(Staatssekretär Dr. Schubert)

4. Welches besondere Interesse besteht am Betrieb der Freien Fröbelschule Keilhau, die als einzige in Thüringen das reformpädagogische Schulkonzept von Friedrich Fröbel durchgängig von Klasse 1 bis 10 umsetzt und die einzige spezialisierte Sprachheilschule mit heilpädagogischem Wohnheim in Thüringen ist?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Herr Staatssekretär Prof. Merten.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kowalleck wie folgt:

Zu Frage 1: Die Freie Fröbelschule Keilhau blickt auf eine bald 200-jährige Tradition zurück, die auf der Pädagogik von Friedrich Fröbel beruht. Der gebürtige Oberweißbacher hat seine Erziehungsidee in Keilhau bei Rudolstadt erstmalig im Jahr 1817 in der Allgemeinen Deutschen Erziehungsanstalt in die Praxis umgesetzt. Die Trägerschaft der staatlichen Förderschule für Sprachbehinderte Friedrich Fröbel Keilhau übernahm zum 1. September 1999 das Jugendsozialwerk Nordhausen e.V. In Fortführung der langjährigen Tradition erwarb die Freie Fröbelschule in Keilhau Sprachheilpädagogisches Zentrum/Förderschule, so die offizielle Bezeichnung, einen weit über Thüringen hinausreichenden Ruf. Die Schule ist eines von vier Förderzentren in Thüringen, die sich ausschließlich auf die Unterrichtung von Kindern mit dem Förderschwerpunkt Sprache spezialisiert haben. Hiervon ist sie die einzige in freier Trägerschaft. Dem Förderzentrum ist ein Wohnheim angeschlossen. Weitere staatliche Sprachheilförderschulen befinden sich in Weimar, wo ebenfalls eine Wohnheimunterbringung möglich ist, in Meiningen und Erfurt, die in den Klassen 6 bzw. 7 enden. Von den 257 Schülerinnen und Schülern der Fröbelschule Keilhau leben 93 im heilpädagogischen Wohnheim, so im Schuljahr 2010/2011. Thüringenweit haben im Schuljahr 2011/2012 12.159 Schülerinnen und Schüler sonderpädagogischen Förderbedarf, davon 1.823 sonderpädagogischen Förderbedarf Sprache. Fast die Hälfte dieser Kinder, nämlich 41,1 Prozent, lernen in Thüringen im gemeinsamen Unterricht.

Zu Frage 2 nach der finanziellen Ausstattung: Das Land gewährt den Schulträgern für genehmigte Ersatzschulen in freier Trägerschaft staatliche Finanzhilfe nach § 17 Abs. 1 Thüringer Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft auf Antrag. Die Finanzhilfe für die Freie Fröbelschule Keilhau beträgt im Jahr 2012 voraussichtlich 2,1 Mio. €.

Zu Frage 3: Obwohl die historische Bedeutung dieser Schule und ihre wichtige pädagogische Arbeit gänzlich unbestritten sind, besteht derzeit kein Anlass und keine Möglichkeit, eine über die gesetzliche Unterstützung hinausgehende Förderung vorzunehmen.

Zu Frage 4: Ein besonderes öffentliches Interesse am Betrieb einer Schule in freier Trägerschaft liegt dann vor, wenn diese für das Schulwesen in Thüringen von erheblicher Bedeutung ist. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Konzept mit neuen, in Thüringen einmaligen reformpädagogischen Ansätzen zum Einsatz gebracht wird oder sich das Konzept deutlich von bestehenden öffentlichen Schulen abhebt. Da der Schulträger einen Antrag auf höhere staatliche Finanzhilfe nach § 18 Abs. 2 Satz 5 Thüringer Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft gestellt hat, wurde das Vorhandensein der eben geschilderten Voraussetzungen zur Feststellung eines besonderen Interesses eingehend geprüft. Diese Prüfung hat ergeben: Im Bestreben der Umsetzung des Thüringer Förderschulgesetzes kann in jeder allgemeinen Schule gemeinsamer Unterricht stattfinden. Seit diesem Schuljahr wurde jeder Grund- und Regelschule in Thüringen mindestens eine halbe Stelle Sonderpädagogik zugewiesen, so dass besonders Schüler mit dem Förderschwerpunkt Sprache, emotionale und soziale Entwicklung und Lernen im gemeinsamen Unterricht gefördert werden und auch lernen können. Weiterhin sind es drei staatliche Förderzentren, die Schüler mit dem Förderschwerpunkt Sprache aufnehmen, falls im sonderpädagogischen Gutachten das Förderzentrum als Lernort vorgeschlagen wird. Im Bereich der staatlichen Schulen ist für das Förderzentrum Sprache in Weimar, wie bereits eben erwähnt, ebenfalls eine Wohnheimunterbringung möglich. Es besteht für Schüler mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt Sprache auch an anderen Schulen die Möglichkeit der Beschulung, die auch zunehmend in Anspruch genommen wird und auch im gemeinsamen Unterricht, der ebenfalls zunehmend in Anspruch genommen wird. Aus diesen Gründen ist ein Alleinstellungsmerkmal nicht vorhanden, welches aus sich heraus allein ein besonderes öffentliches Interesse begründen würde. Deshalb kann das Förderzentrum Freie Förderschule Keilhau im Verhältnis zu anderen Förderzentren in freier Trägerschaft finanziell nicht stärker bzw. privilegiert gefördert werden. Das wäre aus gegenwärtigen Gesichtspunkten eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Danke, Herr Staatssekretär. Ich rufe auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Leukefeld von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/3903, vorgetragen vom Abgeordneten Korschewsky.

(Abg. Kowalleck)

Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in ZellaMehlis

Die Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber des Landkreises Schmalkalden-Meiningen befindet sich in der Industriestraße in Zella-Mehlis. Die Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen (LEG) ist Eigentümer des Gebäudes, die Einrichtung wird von einem privaten Betreiber unterhalten. Das Gebäude hat Defizite in der Ausstattung sowie in baulicher und brandschutztechnischer Hinsicht.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Pflichten hat die LEG als Eigentümer der Immobilie und inwieweit kann und muss sie für größere Baumaßnahmen und die Herstellung des erforderlichen Brandschutzes herangezogen werden?

2. Welche Prüfergebnisse und Auflagen sind hinsichtlich des baulichen und brandschutzmäßigen Zustandes des Gebäudes Industriestraße zu verzeichnen?

3. Welche konkreten Maßnahmen zur Sicherung des Brandschutzes sind vorgesehen und welcher finanzielle Aufwand ist damit verbunden?

4. Würde die Landesregierung einem eventuellen Verkauf des Gebäudes an den Landkreis Schmalkalden-Meiningen zustimmen, wenn ja, zu welchen Konditionen?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie, Herr Staatssekretär Staschewski.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Leukefeld, vorgetragen vom Abgeordneten Korschewky, für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die LEG teilte uns hierzu mit, dass aufgrund des zwischen ihr und dem Mieter vereinbarten Mietvertrages der Mieter die Herrichtung der Mietsache für den Vertragszweck und die laufenden Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen auf seine Kosten auszuführen hat. Den Mietern stehen diesbezüglich keine Ansprüche gegen die LEG zu.

Wenn Sie erlauben, fasse ich die Antwort zu den Fragen 2 und 3 zusammen: Nach Auskunft der LEG haben jeweils der Betreiber und der Landkreis Schmalkalden-Meinigen zur Frage des Brandschutzes gutachterliche Stellungnahmen fertigen lassen, die jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Um die weiteren notwendigen Maßnahmen zu

beraten, hat daher auf Einladung des Landkreises am 23. Januar 2012 eine Vorortbesprechung mit allen Beteiligten, das heißt also Landkreis, Betreiber, Gutachter, LEG und Feuerwehr, stattgefunden. Nach unseren Informationen von dieser Sitzung vom 23.01. konnten zu einigen Maßnahmen zur Verbesserung des Brandschutzes Einigungen erzielt bzw. getroffen werden. Einige Punkte müssen jedoch noch weiter untersucht werden, zum Beispiel die Notwendigkeit eines zweiten Rettungsweges. Teilweise wurde mit den Baumaßnahmen bereits begonnen. Der genaue Umfang und die Höhe der Kosten der vorzunehmenden Brandschutzmaßnahmen können erst nach abschließender Bewertung der vorliegenden Gutachten bestimmt werden.

Zu Frage 3: Die Liegenschaft steht im Eigentum der LEG. Eine Veräußerung erfolgt nach dem LEG-Gesellschaftsvertrag ohne Beteiligung der Landesregierung durch die LEG. Nach Auskunft der LEG ist eine Veräußerung der Liegenschaft grundsätzlich zum Verkehrswert denkbar.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Danke, Herr Staatssekretär. Ich rufe auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Sedlacik von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/3904.

Konstruierte Hochwassergefahr im Plothener Teichgebiet?

Am Kölzenteich, der im Privatbesitz ist, im Plothener Teichgebiet wurden Verbotsschilder aufgestellt, dass dieser Teich eine wasserwirtschaftliche Anlage des Freistaats Thüringen und der Zutritt Unbefugten verboten sei. Dagegen regt sich erneut Widerstand der Eigentümer, Nutzer und Anwohner.

Seit Längerem bemüht sich die dortige Bürgerinitiative darum, dem Landesverwaltungsamt und der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie zu verdeutlichen, dass das Teichgebiet als gesamtes hydrologisches Gebiet zu betrachten und keine Stauanlage sei.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche konkreten Fakten führten dazu, dass die Plothener Teiche als Hochwasserentstehungsgebiet eingestuft wurden und somit eine erhebliche Gefahr von diesen ausgehen würde?

2. Wann und in welcher Form werden die Kenntnisse der ortsansässigen Fachleute, der Kommune, der Teichbesitzer und Teichbewirtschafter in Maßnahmen der sogenannten Gefahrenabwehr einbezogen?

3. Welche Maßnahmen werden durch die Stauanlagenaufsicht (Thüringer Landesverwaltungsamt) zur

zeit durchgesetzt und wie werden die Eigentümer und Nutzer vor Ort einbezogen?

4. Wer ist für die Erarbeitung eines Gesamtkonzepts für die Region des Plothener Teichgebietes zuständig und wann und mit welcher Zielstellung wird mit der Erarbeitung eines Gesamtkonzepts begonnen?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz, Herr Staatssekretär Richwien.

Danke schön, Herr Präsident. Die Mündliche Anfrage von Frau Sedlacik beantworte ich für die Landesregierung wie folgt: Zunächst einmal möchte ich auf meine Antwort auf die Kleine Anfrage Nr. 786 vom September 2010 verweisen.

Zu Frage 1: Als Hochwasserentstehungsgebiet wird der obere Teil eines Einzugsgebiets bezeichnet, der Teil also, in dem die Gewässer entspringen. Großräumig ist Thüringen ein Hochwasserentstehungsgebiet zum Beispiel mit dem Thüringer Wald, kleinräumig sind es die Plothener Teiche. Die erhebliche Gefahr geht nicht von der Lage der Plothener Teiche aus. Wenn eine Gefahr an den Plothener Teichen besteht, so geht sie von dem baulichen oder dem Unterhaltungszustand der dort befindlichen Stauanlagen aus. Dies wird im Einzelfall von der Talsperrenaufsicht im Landesverwaltungsamt bewertet und begründet.

Zu Frage 2: Nach anfänglichen Anlaufschwierigkeiten werden diese nun grundsätzlich in die Maßnahmen einbezogen. Zuletzt gab es am 12.12.2011 ein umfassendes Gespräch zwischen dem Präsidenten des Thüringer Landesverwaltungsamts als zuständige Behörde und Vertretern der örtlichen Bürgerinitiative. Zusätzlich haben sie bestimmt aus der Presse entnehmen können, dass am 25.01. der Minister persönlich vor Ort war und mit allen gesprochen hat und, wenn meine Kenntnis richtig ist, auch der Präsident im März die nächste Gesprächsrunde durchführen wird.

Zu Frage 3: Die Stauanlagenaufsicht hat bisher Maßnahmen an den Anlagen im Eigentum des Freistaats gefordert. Diese werden im Auftrag des Eigentümers geplant und umgesetzt und von der Stauanlagenaufsicht kontrolliert. Über die Naturschutzverwaltung und die in ihrem Auftrag tätige Thüringer Landgesellschaft werden die Nutzer weitgehend informiert und eingebunden.

Zu Frage 4: Die Zuständigkeit für die Erarbeitung eines Gesamtkonzepts richtet sich nach dessen Zielstellung. Zunächst sind die Eigentümer, Staurechtsinhaber und Bewirtschafter von Stauanlagen

gefragt, bei übergeordneten Fragestellungen die Region, bei Fragestellungen von landesweitem Interesse die Landesverwaltung. Eigentümer von 330 Hektar Naturschutzflächen im Plothener Teichgebiet, davon zwei Drittel Teichflächen, ist der Freistaat. Zudem ist er durch die Anlage 5 des Thüringer Wassergesetzes verpflichtet, drei zusätzliche Anlagen des Plothener Teichgebietes zu unterhalten, das sind die sogenannten herrenlosen Teiche. Diese Aufgabe nimmt die TLUG wahr. Schon von daher besteht großes Interesse des TMLFUN an einem Gesamtkonzept.

Wie Sie aus der Presse entnommen haben, hat die Ministerpräsidentin die Erarbeitung eines Gesamtkonzepts dringend angeregt. Dem kann ich nur uneingeschränkt beipflichten. Es bedarf einer Gesamtbetrachtung des Gebiets. Die bisherige Vorgehensweise war wie folgt vorgesehen: Im vergangenen Jahr wurde durch die Thüringer Landgesellschaft eine Bestandserfassung durchgeführt. Diese befindet sich derzeit in der Abstimmung mit den ortsansässigen Fachleuten. Auf Grundlage dieser Bestandserfassung wäre als nächster Schritt ein hydrologisches Gutachten für das gesamte Teichgebiet zu erarbeiten. Aus diesem Gutachten wird dann unter anderem zu entnehmen sein, mit welchen Zuflüssen an welchem Teich zu rechnen ist. Gegenstand der Untersuchungen müssen auch der Zustand und die Dimensionierung der Absperrbauwerke der maßgeblichen Anlagen sein. Hieraus ergeben sich dann die Anforderungen, die an die einzelnen Teiche gestellt werden. Wichtig wird sein, die sachkundige und interessierte Öffentlichkeit in die Erarbeitung einzubinden.

Es gibt zunächst eine Nachfrage durch den Abgeordneten Barth, FDP.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Ich lasse die Fragestellerin gern vor.)

Okay, da ziehen wir die Fragestellerin vor, Frau Sedlacik.

Herr Staatssekretär, vielen Dank für die ausführliche Antwort. Es hat sich ja wirklich in der Zwischenzeit zwischen Fragestellung und Antwort einiges bewegt, auch dafür vielen Dank. Können Sie der Bürgerinitiative jetzt auch zusagen - also wir bekämen es ja dann schriftlich im Protokoll -, dass alle Versprechungen, die jetzt gemacht wurden - jawohl, wir setzen uns mit Euch an einen Tisch, wir werden dieses gesamte Teichgebiet als Gesamtkonzept weiterentwickeln, erhalten -, können Sie sagen, dass das definitiv in diesem Jahr so passiert mit den Verantwortlichen vor Ort?

Frau Sedlacik, Sie haben die Antwort schon selber gegeben. Sie haben gesagt, ich habe hier an dieser Stelle Ihnen schon zugesagt, dass wir den gesamten Bereich betrachten wollen. Das ist auch in der Fragestellung so beantwortet worden und der Minister hat es vor Ort zugesagt, wir werden dort eine Gesamtlösung mit den Beteiligten suchen. Der Teufel, sagt der Volksmund, steckt im Detail. Mit welcher Variante wir dort am schnellsten zum Zuge kommen, das werden dann die weiteren Gespräche zeigen, aber dass wir das gesamte Teichgebiet dort betrachten müssen, ich glaube, das habe ich hier auch in der Antwort wiedergegeben.

Jetzt die Nachfrage des Abgeordneten Barth.