Protokoll der Sitzung vom 23.02.2012

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, mit diesem Gesetzentwurf soll geregelt werden, dass der Bürgermeister der Stadt Oberhof auch künftig hauptamtlich tätig ist. Dies soll nicht nur für die Kommunalwahl 2012 gelten, sondern nach dem Wortlaut des Entwurfs - und darauf kommt es ja an - offensichtlich für alle künftigen Wahlen in der Stadt Oberhof. Aus diesem Grund halte ich es für erforderlich, die Fraktion DIE LINKE erneut daran zu erinnern, dass die Stadt Oberhof nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen bis Ende des Jahres 2012 eine Neugliederung ihrer Verwaltungsstruktur beantragen muss. Sofern alle erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind, wird die Landesregierung diesen Antrag Oberhofs im nächstmöglichen

(Abg. Bergner)

Neugliederungsgesetz berücksichtigen und dem Landtag einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. Sollte Oberhof bis zum Ende dieses Jahres keinen Neugliederungsantrag bei der Landesregierung einreichen, wird der Gesetzgeber eine Neugliederung der Stadt Oberhof vornehmen, denn dazu hat er sich mit der Änderung des § 46 Abs. 3 der Thüringer Kommunalordnung im Jahre 2008 verpflichtet. Gestatten Sie mir bitte an dieser Stelle ein Zitat aus dem Konzept für die Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform in Thüringen, der Fraktion DIE LINKE, es lautet wie folgt, ich zitiere: „Die Wissenschaftler sehen die sogenannten Kosten der Kleinheit als Ursache dafür, dass unterhalb einer bestimmten Größe keine Verwaltung effizient organisiert werden kann.“ …

Herr Staatssekretär …

„Wir wollen Thüringen die Chance geben, sich zum modernsten und innovativsten Land der Bundesrepublik Deutschland zu entwickeln.“

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Adams?

Ich schlage vor, wir machen das im Anschluss.

Im Anschluss, danke.

Wenn die Fraktion DIE LINKE dieser Auffassung ist, sollte sie sich dieser Entwicklung nicht entgegenstellen. Angesichts der besonderen Bedeutung Oberhofs - die der Kollege Staschewski ja eben auch noch mal herausgestellt hat - für Sport und Tourismus im Thüringer Wald ist nicht nachvollziehbar, dass eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung der kommunalen Verwaltungsstrukturen der Stadt Oberhof nach den Vorstellungen der Fraktion DIE LINKE verhindert werden soll. Denn es wäre wohl nur dann sinnvoll, den künftigen Status des Bürgermeisters einer Gemeinde dauerhaft zu regeln, wenn die Gemeinde in absehbarer Zeit fortbestehen soll. Die die Landesregierung tragenden Parteien haben sich bereits in ihrer Koalitionsvereinbarung vom Oktober 2009 darauf geeinigt, die Stadt Oberhof als sportliches und touristisches Zentrum im Thüringer Wald, insbesondere durch den Ausbau der touristischen Infrastruktur, weiterzuentwickeln. Im Oktober 2010 hat die Landesregierung

das Handlungskonzept „Wintersport- und Tourismuszentrum Oberhof“ verabschiedet und arbeitet seither mit Nachdruck an der Umsetzung dieses Konzepts.

Herr Staatssekretär, es gibt erneut einen Nachfragewunsch von der Frau Abgeordneten Leukefeld. Gestatten Sie die Nachfrage?

Ja.

Zwei Fragen, Herr Staatssekretär:

1. Ist Ihnen bekannt, dass der Stadtrat in Oberhof einen Beschluss gefasst hat, der zum Wohle von Oberhof die Bereitschaft zur Eingliederung in eine andere Kommune vorsieht?

2. Ist Ihnen auch bekannt, dass es bisher keine Bereitschaft von anderen Kommunen im Umfeld gibt, Oberhof einzugemeinden?

Das Erste ist mir natürlich bekannt. Den Beschluss hat der Stadtrat gefasst. Der Beschluss ist allerdings mit einigen Einschränkungen verbunden, die noch erfüllt werden sollen aus Sicht der Stadt Oberhof. Ansonsten findet eine Vielzahl von Gesprächen statt, auch mit der Stadt Zella-Mehlis. Aber heute Nachmittag ist ja noch die Mündliche Anfrage von Herrn Abgeordneten Kuschel dran, da werde ich dann klarstellen, dass seine Behauptungen hier in der Rede unzutreffend sind.

Jetzt komme ich im Weiteren am Schluss noch einmal zur Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde des Landesverwaltungsamts heute zurückgewiesen. Die Urteilsgründe stehen noch aus, aber selbstverständlich wird diese Entscheidung respektiert, wie sich das für eine auf Gewaltenteilung ausgerichtete Ordnung gehört. Damit hat die Stadt Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung für die Wahl eines hauptamtlichen Bürgermeisters. Unabhängig davon ist eine Regelung, wie sie in dem vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE vorgeschlagen wird, weder notwendig noch sinnvoll. Die vorgeschlagene Regelung widerspricht insbesondere der Intention des Gesetzgebers für die Stärkung und langfristige Sicherung der Leistungsfähigkeit, Verwaltungskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Kommunen auch mit Blick auf den Beschluss des Landtags vom 15. Dezember des letzten Jahres. Zur Weiterentwicklung der gemeindlichen Strukturen im Land rege ich aus Sicht der

(Staatssekretär Rieder)

Landesregierung an, den Entwurf der Fraktion DIE LINKE abzulehnen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Es gibt hier den Wunsch der Nachfrage von Herrn Abgeordneten Adams. Bitte schön, Herr Adams.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär Rieder, Sie haben zum Teil meine Frage schon bei der Beantwortung der Zwischenfrage von Frau Kollegin Leukefeld beantwortet, aber um das noch mal direkt nachfragen zu können: Sie hatten den Weg beschrieben, wie Oberhof zu einer Gebietsreform kommen kann oder einer Eingemeindung von weiteren Orten/Ortschaften oder einer Fusionierung, welchen Weg auch immer man beschreiten will.

1. Ist Ihnen bekannt, welche Hemmnisse es auf dem Weg gibt, da Oberhof diesen Weg ja gehen will?

2. Sieht sich die Landesregierung in der Lage, in einem zielgerichteten, moderierten Prozess diesen Weg zu beschleunigen?

Wir befinden uns zur Zeit in der Freiwilligkeitsphase. In dieser Phase unterstützt und berät die Landesregierung natürlich alle Kommunen, aber es bleibt festzuhalten: Es ist eine Freiwilligkeitsphase und es kann nichts erzwungen werden bis Ende des Jahres. Danach ist der Gesetzgeber am Zug. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Herr Kuschel, Sie hatten eine Wortmeldung signalisiert, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es machen sich noch ein paar klarstellende und richtigstellende Ausführungen erforderlich. Einige Redner haben auch Fragen gestellt, da gehört es zum guten Ton, wenn wir auch diese Fragen beantworten, insbesondere was Herrn Hey angeht.

Herr Adams und Herr Hey, Sie hatten thematisiert, dass es sich um ein Einzelfallgesetz handelt. Ich stimme Ihnen beiden zu, grundsätzlich soll im Rahmen eines Gesetzes keine Einzelfallregelung erfolgen. Aber wir haben in Thüringen bereits gesetzliche Regelungen, die auf den Einzelfall abzielen,

und zwar immer dort, wo die besondere Situation das rechtfertigt. Ich möchte beispielhaft auch für Herrn Hey benennen, die Regelung im Finanzausgleichsgesetz zur Ermittlung der Bedarfsmesszahl für die Stadt Erfurt. Dort haben wir eine Regelung, die besagt, die Stadt Erfurt hat bei der Berechnung der Bedarfsmesszahlen immer mindestens 200.000 Einwohner, völlig unabhängig von der tatsächlichen Einwohnerzahl, wenn sie unterhalb von 200.000 liegt. Hat sie mehr als 200.000, dann wird natürlich die reale Einwohnerzahl zugrunde gelegt. Man hat also mit dieser Regelung für die Stadt Erfurt eingestanden, dass sie als Landeshauptstadt natürlich einen besonderen Status hat. Man könnte auch sehr frei formulieren, das ist die Hauptstadtregelung, die Landeshauptstadtregelung innerhalb des Finanzausgleichs. Und da es nur eine Landeshauptstadt gibt, ist das eine Einzelfallregelung.

(Beifall SPD)

Das ist auch vernünftig. Das haben wir immer mitgetragen, weil wir akzeptieren, dass eine Landeshauptstadt besondere Aufwendungen hat. Hier haben wir auch einen besonderen Fall, nämlich die Stadt Oberhof. Die Landesregierung hat diese Situation, in der wir uns jetzt befinden, verursacht. Wir müssen jetzt in Bezug auf Fristen, die das Kommunalwahlgesetz uns stellt mit Blick auf den Wahltermin, eine Lösung präsentieren. Das machen wir mit unserem Gesetzentwurf.

Da komme ich zum zweiten Vorwurf, der da besagt, wir würden das unbefristet wollen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Rieder hat darauf verwiesen, wir haben in der Thüringer Kommunalordnung die Regelung des § 46 Abs. 3. Dort ist formuliert, darf ich noch mal in Erinnerung bringen, dass, wenn eine Gemeinde über eine gewisse Zeit, zwei Jahre, die Einwohnerzahl von 3.000 Einwohnern unterschreitet und keiner Verwaltungsgemeinschaft angehört, dann ist sie neu zu ordnen, und zwar unabhängig vom Status des Bürgermeisters. Das ist dabei völlig unerheblich. Insofern ist dort schon die Befristung drin und unser Gesetzentwurf bedarf nicht noch mal einer Befristung. Durch die Wirkung von § 46 Abs. 3 ist klar, spätestens im Jahr 2013 muss die Stadt Oberhof neu geordnet werden. In welcher Art und Weise, da gibt es verschiedene Varianten. Der Herr Innenminister hat sich geäußert, die Vorzugsvariante wäre Zella-Mehlis. Wir als LINKE haben uns auch geäußert, da hat ja Herr Bergner wieder den Versuch unternommen, unser Konzept für eine Funktional-, Verwaltungsund Gebietsreform etwas frei zu interpretieren. Herr Bergner, es ist Ihnen erneut nicht gelungen, es ist kein Widerspruch, was wir formuliert haben.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das mag Ihre Sicht der Dinge sein, aber es trifft nicht zu.)

(Staatssekretär Rieder)

Kein Widerspruch, wir haben weder in unserem Konzept Großgemeinden vorgesehen, sondern wir haben eine flexible Grenze. Wir haben gesagt, 5.000 ist für uns eine Untergrenze, aber nicht starr, sondern die Gemeinden, die von der Leistungsfähigkeit her auch mit einer geringeren Einwohnerzahl auskommen, können das für sich in Anspruch nehmen. Sie dürfen daraus nur nicht Sonderansprüche gegenüber dem Land geltend machen. Sie müssen das dann schon selbst regeln können; also sehr flexibel.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, erstaunlich ist, dass weder Herr Rieder für die Landesregierung noch Herr Hey für die SPD auf den Fall Schweina eingegangen sind. Sie müssen doch mal erläutern, was im Fall Schweina anders ist als im Fall Oberhof.

(Beifall DIE LINKE)

Hier thematisieren Sie, Herr Rieder, zu Recht, die Oberhoferinnen und Oberhofer wählen jetzt einen hauptamtlichen Bürgermeister, der möglicherweise nach anderthalb oder zwei Jahren in den einstweiligen Ruhestand versetzt wird bis zur Beendigung seiner Wahlperiode, wenn er nicht in seiner Besoldungsgruppe dann in neuen Strukturen beschäftigt werden kann. Bei der Gemeinde Schweina sind das ganze fünf Monate und da sehen Sie komischerweise überhaupt kein Problem. Dort gäbe es ja die Lösung, indem Sie einfach durch Rechtsverordnung die Erfüllung von Steinbach der Stadt Bad Liebenstein zuordnen für diesen Übergangszeitraum. Das wäre also viel einfacher zu lösen. Insofern bieten Sie natürlich hier Raum für Spekulationen. Eine Spekulation ist eben das Parteibuch des Bürgermeisters.

(Beifall DIE LINKE)

Der Bürgermeister von Oberhof ist Freier Wähler und der von Schweina ist SPD. Da kann man jetzt trefflich spekulieren. Das wollen wir nicht, aber nur Sie können den Raum für Spekulationen selbst nehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Diskussion hat gezeigt, dass eher alles für unseren Gesetzentwurf spricht. Die Bedenken, die geäußert wurden, was Befristung und Einzelfallregelung betrifft, habe ich hier dargelegt, sie sind nicht überzeugend. Einzelfallregelungen gibt es in anderen Gesetzen, die Befristung ergibt sich aus § 46 Abs. 3. Weitere Argumente, die gegen unseren Gesetzentwurf sprechen, wurden durch Sie hier nicht vorgetragen. Das heißt, wenn Sie tatsächlich dieses Haus ernst nehmen als Austausch von sachlichen Argumenten, dann müssen Sie jetzt noch mal hier an das Mikrofon und noch einmal andere Argumente vortragen, die gegen unseren Gesetzentwurf sprechen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. Es gibt eine weitere Wortmeldung vom Abgeordneten Dirk Adams. Bitte schön.

Frau Präsidentin, vielen Dank. Sehr geehrte Damen und Herren, es geht ganz schnell. Ich wollte Herrn Staatssekretär Rieder nur bitten, vielleicht meine zuerst gestellte Frage noch zu beantworten: Welches sind denn im Augenblick die Hemmnisse auf dem Weg zu einem freiwilligen Zusammenschluss? Erkennt die Landesregierung hier ihre Verantwortung, beim Ausräumen dieser Hemmnisse zu helfen und welche Maßnahmen haben Sie unternommen? Wenn Sie das vielleicht dem Plenum kurz sagen könnten.

Vielen Dank. Herr Staatssekretär Rieder, bitte.

Herr Abgeordneter Adams, ich habe eben schon darauf hingewiesen, dass wir uns in der Freiwilligkeitsphase befinden und Herr dieser Freiwilligkeitsphase sind natürlich auch die Kommunen. Einen Hinweis möchte ich Ihnen geben, das ist der Beschluss der Stadt Oberhof, der eben schon von Frau Abgeordneten Leukefeld zitiert wurde. Die Stadt Oberhof hat also grundsätzlich eine Offenheit für ein Zusammengehen mit anderen Gemeinden beschlossen, hat das aber mit einigen Einschränkungen verbunden. Die Landesregierung ist gerade dabei, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Einschränkungen beseitigt werden. Danke.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann schließe ich die erste Beratung und diesen Tagesordnungspunkt.

Bevor wir in die Mittagspause treten, gestatten Sie mir noch den Hinweis, dass sich jetzt im Anschluss der Freundeskreis Litauen in der F 002 trifft. Wir treten in die Mittagspause ein und setzen um 14.00 Uhr mit der Fragestunde fort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir treten in den weiteren Verlauf der Plenarsitzung und ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25

Fragestunde