Protokoll der Sitzung vom 21.03.2012

ne oder nur geringe Unterschiede für gleichwertige Arbeit.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es gibt doch gar keine...)

Sie wollen ja alles vorschreiben wie früher, von der Wiege bis zur Bahre Formulare, das haben wir früher mal gesagt, aber das trifft hundertprozentig zu.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir wollen Gerechtigkeit.)

Ja, ja, Herr Oberlehrer, kommen Sie dann vor und reden Sie dann, wenn ich fertig bin.

Wir sind in der Aktuellen Stunde, da hat der Redner das Recht, 5 Minuten an diesem Pult zu sprechen. Zwischenfragen und Ähnliches sind nicht gestattet. Wir ziehen jetzt mal 10 Sekunden ab, die ich gesprochen habe. Herr Untermann, Sie haben wieder das Wort.

Danke schön.

(Beifall FDP)

Einen Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin aufgrund des Geschlechts zu bevorzugen oder zu benachteiligen, das können sich Unternehmen gar nicht leisten.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Es gilt das gesprochene freie Wort und nicht das vorgelesene.)

Ich kann lesen, ich weiß nicht, ob Sie es lesen können, Herr Kuschel.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wir sind aber in der Aktuellen Stunde und nicht in der Vorlesestunde.)

Bekomme ich dann noch 10 Sekunden dazu jetzt oder was?

(Heiterkeit DIE LINKE)

Es ist doch wichtig, was hier rauskommt - oder?

Das können sich Unternehmen auf der Suche nach Fachkräften aus ihrem ureigenen Interesse heraus einfach nicht leisten.

Lassen Sie mich zum Ende kommen. Die wahre Herausforderung für eine gleichberechtigte Bildungs-, Familien- und Arbeitsmarktpolitik liegt darin, den Eltern in Thüringen mit flexiblen, bedarfsorientierten Betreuungsmöglichkeiten die Vereinbarkeit von Kind und Karriere zu erleichtern bzw. zu ermöglichen. Dies könnte ein wichtiger Baustein für Thüringen sein, den sogenannten Equal Pay Day

im kommenden Jahr in Richtung Jahresanfang zu rücken, meine sehr verehrten Damen und Herren. Nur so können wir erreichen, dass alle Bürgerinnen und Bürger des Freistaats gleichgestellt sind.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Wissen Sie die Prozentzahl von Thüringen? Das sind keine 23 Prozent. Da sage ich Ihnen aber morgen etwas dazu.

Nur so können sie einer ihrer Qualifikation angemessenen Tätigkeit nachgehen, die auch gerecht entlohnt wird.

(Unruhe DIE LINKE)

Fairerweise muss man hier aber auch darauf hinweisen, dass Politik nur die Rahmenbedingungen setzt. Selbstbewusstsein, Verhandlungsgeschick und die Fähigkeiten, sich verkaufen zu können, das obliegt einem jeden selbst. Beim Setzen der richtigen Rahmenbedingungen erfordert dieses Thema künftig keine Aktuelle Stunde mehr. Übrigens bekommen unsere Beschäftigten in der Fraktion, ob Frau oder Mann, für die gleiche Arbeit mindestens den gleichen Lohn. Das können Sie gerne nachprüfen. Danke.

(Beifall FDP)

Es gibt noch eine Redemeldung. Für die FDP-Fraktion hat sich der Abgeordnete Barth zu Wort gemeldet. 4 Minuten und 10 Sekunden, wird mir gesagt, sind noch in der Aktuellen Stunde übrig.

Die werde ich nicht brauchen, liebe Frau Präsidentin. Herzlichen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich will nur eines sagen, nicht dass er das nötig hätte, dass ich mich hier vor ihn stelle, aber, lieber Herr Kollege Kuschel, ich weiß nicht, wann Sie das letzte Mal gearbeitet haben, und bei manchem anderen hier will ich das jetzt auch gar nicht nachfragen, aber wenn sich hier vorne jemand hinstellt, der sein Leben lang gearbeitet hat und jetzt im Landtag ist und vielleicht nicht so geschliffen reden kann wie der eine oder andere das hier drauf hat, dafür aber Lebenserfahrung hat, über die viele hier genauso wenig verfügen, dann ist es einfach unanständig, wenn Sie sich hier lustig machen und wenn Sie solche Zwischenfragen stellen. Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Für die Landesregierung Minister Machnig bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es kommt ja nicht häufig vor, dass ich mit dem Kollegen Barth einer Meinung bin. Ich stimme ausdrücklich zu, und zwar aus einem Grunde:

(Beifall FDP)

Jeder Mensch hat unterschiedliche Talente. Die Menschen sind unterschiedlich und ich bin sehr froh, dass wir in Deutschland ein parlamentarisches System haben, in dem sehr unterschiedliche Begabungen und unterschiedliche berufliche Hintergründe eine Rolle spielen. Aus meiner Partei haben in vielen Parlamenten auch Leute gesessen, die haben einen Großteil ihres Lebens an der Werkbank gearbeitet und die konnten manchmal auch nicht so reden, wie das der eine oder andere kann. Auch die haben unseren Respekt verdient. Das, denke ich, sollten wir hier auch deutlich machen.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Jetzt komme ich zum Thema: Das Thema ist aus meiner Sicht eines der großen Themen, mit dem wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten beschäftigt sein werden, denn es geht um einen tiefgreifenden kulturellen Wandel und um einen tiefgreifenden beschäftigungspolitischen Wandel. Oder ich bringe es auf folgende Formel: Frauen wussten das schon immer, Männer müssen das lernen: Ohne Frauen in der Arbeitswelt geht in den nächsten Jahren nichts mehr, denn wir stehen vor einem tiefgreifenden demographischen Wandel. Wir stehen vor einem tiefgreifenden beschäftigungspolitischen Wandel und ohne eine hohe Frauenerwerbsquote wird das in den nächsten Jahren nicht gehen, weder in Thüringen noch deutschlandweit.

(Beifall CDU, SPD)

Das ist die Aufgabe, vor der wir stehen und dazu brauchen wir Rahmenbedingungen, Betreuung und Ähnliches, aber wir brauchen auch das ganz klare Signal: Wir wollen endlich im 21. Jahrhundert ankommen. Und das heißt, Frauen müssen die gleichen Verdienstmöglichkeiten haben und die gleichen Verdienste haben wie Männer.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Untermann, ich glaube Ihnen sogar, dass Sie das in Ihrer Praxis so praktiziert haben, Männer und Frauen, vielleicht nicht so unterschiedlich zu bezahlen. Nur Statistik sagt etwas anderes, und zwar einerseits, dass es nach wie vor eine gewaltige Differenz gibt bei den Lohnhöhen von Männern und Frauen. Ich will Ihnen mal sagen, in Deutschland verdient eine Frau im Schnitt 2.312 €, ein Mann 2.932 €. Das ist diese berühmte Differenz von 22 Prozent. In Thüringen - und das ist das Bedenkliche - haben wir für Frauen - und Frau Pelke hat die Zahl vorhin genannt - 1.794 €. Wir liegen damit

(Abg. Untermann)

unter dem Bundesschnitt 518 €, das ist eine Menge Geld, 518 € unter dem Bundesschnitt. Wenn man nur den Schnitt der ostdeutschen Bundesländer betrachtet, liegt Thüringen um 224 € hinter dem Schnitt der ostdeutschen Länder. Ich finde, das geht nicht, sondern wir müssen uns dafür einsetzen auch angesichts des demographischen Wandels, dass sich daran etwas ändert. Es muss sich auch etwas daran ändern, dass Frauen in viel höherem Maße in Teilzeit, Leiharbeit und im Niedriglohnjob beschäftigt sind. Das sind 40 Prozent der Arbeitnehmerinnen in Thüringen, 40 Prozent. Die Zahl 43 Prozent ist genannt worden, das ist wahr, unter 8,50 €. Aber 40 Prozent sind in prekären oder Niedriglohnbeschäftigungsverhältnis. Obwohl, und das ist jetzt wieder die gute Nachricht, Thüringen eine hohe Frauenerwerbsquote hat, höher als in anderen Ländern. Man könnte das jetzt auf folgende Formel bringen. Der Preis, der beschäftigungspolitische Erfolg, ist zulasten der Lohnentwicklung gegangen, und zwar massiv. Das müssen wir in Übereinstimmung bringen, das ist die Aufgabe, weil sonst eines passiert, und das passiert gerade Tag für Tag nach wie vor in Thüringen: Wir verlieren viele Frauen, die gehen, und gerade die gut qualifizierten Frauen gehen. Das ist nicht nur ein Problem für die Männer und für die Reproduktionsquote im Lande, sondern ist auch für den Arbeits- und Beschäftigungssektor ein riesiges Problem. Deswegen, glaube ich, sollten wir alle ein gemeinsames Interesse haben. Wir müssen in der Lohnpolitik vorankommen und die Tarifpartner müssen dort zunächst mal ihren Job machen. Erstens muss das Lohnniveau in Thüringen insgesamt steigen und die Lohndifferenzierung zwischen Männern und Frauen muss rückläufig sein. Zweitens müssen wir auch bei den Frauen für eines werben, das sage ich auch mit großem Nachdruck, dass Frauen sich nicht immer abdrängen lassen in die klassischen Frauenberufe. Auch das ist ein Problem.

(Beifall SPD, FDP)

Wir müssen Frauen dafür gewinnen, in den sogenannten MINT-Berufen auch Karrierechancen zu sehen, ich sage das ausdrücklich, im Ingenieurbereich, im mathematischen, im naturwissenschaftlichen Sektor und eben nicht in den klassischen Frauenbereichen und nicht als Zuverdienstpartnerschaft, wie Frau Rothe-Beinlich es richtigerweise gesagt hat. Im Übrigen ist das Beste, was wir machen können, dass wir endlich steuerlich auch entgegenwirken. Das Ehegattensplitting

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Habe ich doch gesagt.)

- das sage ich ja, unterstütze ich ja auch - in der heutigen Form für einen Zopf von vorvorgestern,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

der nämlich die alte Rollenteilung zementiert und ich finde, da sollten wir etwas tun.

(Beifall SPD)

Last, but not least, wir sollten doch ehrlich sein im Parlament, weil, selbst wenn wir einen Mindestlohn in Deutschland hätten, noch keine Probleme gelöst sind. Um das auch klar zu sagen, ist noch kein Problem gelöst für Frauen, sondern wir haben das Niveau ein wenig nach oben gefahren, das strukturelle Problem bleibt.

(Beifall Abg. Pelke, SPD)

Deswegen müssen wir bei den Tarifpartnern werben. Wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich die Lebensbedingungen und auch die Betreuungssituationen verändern. Wir müssten es für normal erklären, auch halten und unterstützen, wenn Frauen Karriere machen.