Protokoll der Sitzung vom 02.05.2012

Ich muss Ihnen jetzt mal ganz ehrlich sagen, als ich hier gegen diese Leitung schon debattiert und gesprochen habe, war an die FDP noch überhaupt nicht zu denken.

(Beifall DIE LINKE)

Und an Sie, Herr Weber, kann ich mich in dieser Zeit auch nicht erinnern. Herr Weber noch eins, das möchte ich Ihnen auch noch mal konkret sagen: Egal, wie es kommt, sollte ich am 6. Mai tatsächlich Landrätin werden, dann kann ich Ihnen jetzt schon versprechen,

(Beifall DIE LINKE)

dann werde ich auch weiterhin gegen diese 380kV-Leitung kämpfen, und zwar dann mit den Möglichkeiten, die mir als Landrätin zur Verfügung stehen. Sie können sich dann überlegen, ob Sie mich dabei unterstützen wollen oder nicht.

(Beifall DIE LINKE)

Ich möchte jetzt hier noch mal eines sagen: Die Bürgerinnen und Bürger - das sind keine Neinsager - haben seit 2007 Alternativen auf den Tisch gelegt, haben immer wieder davon gesprochen, wie man Netzoptimierung möglich machen kann. Die Alternativen sind da, sind gegeben. Amprion zeigt das jetzt, macht uns das an dieser Stelle vor. Ich sage Ihnen eins, diese 380-kV-Leitung, sollte sie

denn gebaut werden und wir werden alles versuchen, diese Leitung zu verhindern, das sage ich Ihnen hier auch noch mal mit aller Deutlichkeit

(Zwischenruf aus dem Hause)

- warten wir erst einmal ein Stück ab -, dann ist das ein Relikt der Vergangenheit. Niemand wird mehr in Deutschland noch solche Leitungen bauen, man wird sich auf Optimierung, Netzumbau von Netzneubau konzentrieren.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn wir über regenerative Energien sprechen, dann müssen wir auch darüber sprechen, dass das fluktuierende Energien sind, dass die eine ganz andere Übertragungsphilosophie haben als die jetzige, die konventionelle Energie,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wissen Sie auch, wo elektrischer Strom fließt? Wissen Sie das?)

und dann muss man auch über ganz andere Transportmittel, über ganz andere Netze reden. Daran kommen Sie in überhaupt keiner Weise hier auch noch mal vorbei. Ich sage das jetzt noch mal an dieser Stelle: Wir haben jetzt noch die Möglichkeit, diesen Bau aufzuhalten. Die Ministerpräsidentin hat die Zweifel geäußert, sie hat es gesagt. Sie kann also mit den juristischen Möglichkeiten, die ihr das Bundesverwaltungsgesetz hier auch gibt, sagen: Ich will noch mal von Amts wegen eine Überprüfung, ist diese Leitung tatsächlich notwendig. Diese Möglichkeit besteht und sie kann den Beschluss aufheben, auch in einem streitigen Gerichtsverfahren. Ich fordere hier noch einmal auf, dies zu tun. Das ist notwendig, das ist wichtig für die Erhaltung der Umwelt, wenn wir auch wollen, dass dezentrale Energiestrukturen - und hier sprechen wir ja auch immer im Land Thüringen mehrfach nun darüber, dass wir Dezentralität haben wollen in den Städten und Gemeinden, dann müssen wir diese 380-kVLeitung verhindern und sollten uns mehr auf die Erzeugung regenerativer Energien vor Ort konzentrieren. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Ramelow, war das eine Redeanmeldung? Dann für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Ramelow.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich bin schon ein bisschen irritiert, dass das Thema Leitung jetzt auf einmal als Wahlkampfthema von Frau Enders angesprochen wird, während Frau Enders darauf hinweist, dass es einen interessanten Vorgang gibt, dass die Ministerpräsidentin dieses Bundeslandes

(Abg. Adams)

vor wenigen Tagen interessante Ausführungen gemacht hat. Ich glaube nicht, dass Frau Enders - lieber Herr Weber, das können selbst Sie mir nicht einreden - nun Wahlkampfunterstützung von der Ministerpräsidentin bekommt.

(Beifall DIE LINKE)

Da habe ich irgendwas falsch verstanden von den Aufrufen der SPD im Ilm-Kreis. Aber jenseits der Frage, wer wen bei Stichwahlen unterstützt, gab es den Vorgang und den fand ich elektrisierend, als ich in der „Süddeutschen Zeitung“ lesen durfte, dass Frau Ministerpräsidentin Lieberknecht klar und deutlich die Frage aufwirft, wenn Bayern und Baden-Württemberg als energieautarke Bundesländer sich aufstellen wollen, dann ist die Frage nach dieser Monstertrasse aktueller, wie sie noch nie war, denn der Bau hat noch nicht begonnen.

(Beifall DIE LINKE)

Und wenn Uwe Höhn fragt: Wie oft noch, wie oft noch? Ich habe ihm einmal eine Alternativtrasse von hier vorn vorgeschlagen. Uwe Höhn, da kannst du jetzt eine Sekunde hinhören. Da habe ich gesagt, dass auf der bestehenden 220-kV-Leitung, die an deinem Haus vorbeigeht, der Umbau auch erfolgen könnte. Da hast du gesagt, ja, dann geht es bei mir am Haus vorbei.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das hätte ich auch akzeptieren müssen.)

Aber, ich meine, wenn wir auf dem Niveau so weitermachen, Frau Enders hat überhaupt nicht die Frage aufgeworfen, dass diese Leitung nicht bei ihr nicht vorbei soll, sondern sie hat die Frage aufgeworfen, die die Ministerpräsidentin in der letzten Woche öffentlich thematisiert hat. Wenn zwei Nachbarbundesländer ein Energiemanagement von Energieautarkie für ihr Bundesland als Zielvorstellung haben, dann müssen wir doch hier darüber nachdenken, ob wir dann noch unsere Umwelt so verschandeln, wie sie dann verschandelt wird.

(Beifall DIE LINKE)

Diese Frage ist berechtigt, Herr Worm, da gebe ich Ihnen ausdrücklich recht, diese Frage ist aufgeworfen, die müsste beantwortet werden, und zwar ganz nüchtern und rational und mit den ganzen Kennzahlen, die für die Leitung hätten bis heute veröffentlicht werden müssen. Vor einer Woche lese ich, dass die Energiebetreiber jetzt in Zukunft die Leitungsflusszahlen ins Internet stellen wollen jeweils einen Tag danach. Als es im öffentlichen Anhörungsverfahren darum ging, dass die Leitungsflusszahlen vorgelegt werden, sind sie nicht vorgelegt worden. Jetzt sollen sie später mal ins Netz gestellt werden. Die Frage aber ist: Ein Bundesland wie Thüringen - und deswegen finde ich es spannend, wenn Bayern und Baden-Württemberg ankündigen, energieautark sein zu wollen, ich hatte den Minister

Machnig auch immer so verstanden, dass Thüringen das Bundesland sein will, das sich auf eine Eigenenergiebasis stellen will, so dass die Wertschöpfungskette der Energieproduktion endlich in Thüringen bleibt. Also wenn wir das Gleiche tun, was Bayern und Baden-Württemberg ankündigen, dann könnten wir uns doch mal auf die Kernformel verständigen - dezentral, regional und regenerativ.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn das die Kernformel wäre und wir dann eine bundesweite Planung hätten, wie jedes Bundesland seine Hausaufgaben macht, dann wäre Thüringen sogar das Land, das dabei der Gewinner wäre, ohne dass wir unsere Flächen durchverkabeln müssten und die Kupferbergwerke in die Luft gehängt werden mit immer teureren Anlagen. Die Leistungsgrenzen sind doch jetzt schon erreicht, die dieses System bisher zugelassen oder gebremst haben. Aber auch an der bestehenden Trassenführung und an den bestehenden Trassen, an den vorhandenen Trassen hätte es jetzt schon eine Leitungsoptimierung geben können, die zukunftsträchtig ist. Jetzt kommt noch die HGÜ-Technologie dazu, entwickelt an der Universität Ilmenau. Dort gibt es einen ganzen Forschungsverbund, der sich nur um Hochleistungsgleichstromübertragung kümmert.

Ich hatte ein Gespräch, als Herr Neldner noch bei 50Hertz war, da hat er mir erzählt, dass sie jetzt eine Modellanlage für das Baltikum auf HGÜ-Technik planen. Da habe ich ihn an die Uni Ilmenau verwiesen. Die Forscher haben wir hier. Das heißt, die gleichen Leute, die uns die traditionelle Leitung hier reinstellen, sind längst damit beschäftigt, HGÜTechnologie in anderen Regionen Europas auf den Weg zu bringen. Da ist doch die Frage, wenn jetzt der erste Netzbetreiber, nämlich Amprion, sagt, wir können bei bestimmten Querungen mit der HGÜTechnologie arbeiten, dann kostet das Umsetzen des Stroms beim Einspeisen und Entnehmen entsprechend mehr Geld. Aber es verschandelt viel, viel weniger die Natur und wenn wir dann auf großen Strombrücken HGÜ-Technologie mit einsetzen würden, hätten wir Alternativen zu dem, was da ist. Das ist noch nie so aktuell gewesen wie zurzeit. Amprion war letzte Woche, die Äußerung von Frau Ministerpräsidentin war letzte Woche und die Ankündigung von Flusszahlen war auch letzte Woche.

Herr Abgeordneter Ramelow.

Noch aktueller geht es gar nicht. Frau Enders, ich brauche dich eigentlich hier, damit du hier weiter gegen solche Monsterleitungen kämpfst.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Weber, das war eine Wortmeldung? Da müssen wir jetzt einmal sehen, wie lange die Landesregierung spricht, falls sie spricht. Herr Staatssekretär Staschewski, bitte für die Landesregierung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Abgeordnete, liebe Frau Enders und alle, die jetzt Presseberichte zitiert haben, ich kann jetzt einmal erzählen, was die Ministerpräsidentin im Kabinett gesagt hat. Sie hat gesagt, mitnichten ist die Interpretation so zu verstehen oder ist sie richtig wiedergegeben, dass sie sich da abwendet von dieser Leitung, sondern die Landesregierung steht zur 380-kV-Leitung.

(Zwischenruf Abg. Enders, DIE LINKE: In drei Zeitungen hat sie das gesagt.)

Insofern, Herr Ramelow, das ist eine klare Aussage der Landesregierung und wir brauchen die auch. Auch was Sie in den Presseberichten immer lesen, man kann natürlich einmal hypothetisch diese Frage durchdenken. Wenn wir eine absolute Autarkie haben in den einzelnen Ländern und wir bräuchten diese Vernetzung nicht mehr, ja das wäre ein Märchen. Das wäre schön. Das wird aber so schnell nicht kommen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Frau Lieberknecht erzählt Märchen? Herr Staschewski, ich bitte Sie! Nie würde Sie das tun.)

Wir brauchen im Moment diese Leitung und nicht nur im Moment, sondern auch in absehbarer Zukunft, denn eines ist auch ganz klar, weder hat sich die Gesetzeslage bisher geändert noch ist die energiewirtschaftliche Notwendigkeit dieser Leitungen entfallen. Frau Enders, da können Sie jetzt noch fünfmal sagen, wir müssen das noch einmal anschauen - es gibt ein Gutachten von verschiedenen Leuten, wir haben ausführlich diskutiert, wir haben hier im Landtag am 18. Mai Expertenanhörungen gemacht und hier haben unterschiedliche Perspektiven Stellung zu dem Projekt genommen. Das alles ist geschehen.

Und die angehörten Fachleute haben sich dabei fast ausnahmslos für das Leitungsvorhaben ausgesprochen. Die Landesregierung bzw. der Freistaat Thüringen besitzt bei diesem Vorhaben, und das wissen Sie auch genau, keine wirkliche Handlungsund Gesetzgebungskompetenz,

(Zwischenruf Abg. Enders, DIE LINKE: Aber die Entwicklung ist doch weitergegangen in der Zeit.)

sondern die 380-kV-Leitung durch den Thüringer Wald ist per Bundesgesetz angeordnet worden und es ist laut Energieleitungsausbaugesetz vorrangi

ges Projekt von europäischem Interesse. Was Sie wollen und was wir alle wollen, das stimmt - Transparenz. Obwohl wir den Prozess vor Ort faktisch nicht beeinflussen können, wollen wir Ihnen doch darstellen, warum diese Leitung notwendig ist. Erstens ist es geschehen im Planfeststellungsverfahren. Das Thüringer Landesverwaltungsamt hat in der Genehmigung im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens substanziiert begründet, warum die Leitung energiewirtschaftlich notwendig ist. Zweitens stellt der Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz mittlerweile wirklich alle Lastflussdaten ein. Das verstehe ich jetzt nicht. Das haben Sie immer gefordert, jetzt sagen Sie, es ist nicht ausreichend.

(Zwischenruf Abg. Enders, DIE LINKE: Ha- ben Sie die Lastflussdaten geprüft?)

Er stellt diese Lastflussdaten ins Internet ein. Damit ist es nunmehr für jedermann nachvollziehbar, auch für Sie, wenn man es lesen will, welch massiver Auslastung insbesondere auch die 380-kV-Leitung Remptendorf-Redwitz unterliegt, zu deren Entlastung die in Aussicht genommene Süd-West-Kuppelleitung wesentlich beitragen soll. Ich sage Ihnen eines: Hätten Sie die Verantwortung als Energiestaatssekretärin oder Energieminister, würden Sie sich sehr wohl überlegen, ob Sie sich dagegenstellen. Weil, wenn dann irgendwann mal die Lichter ausgehen nicht nur in Thüringen, dann sind Sie nämlich dafür verantwortlich, wenn Sie das dann boykottieren. Ich will diese Verantwortung nicht tragen. Ich nehme diese Verantwortung wahr.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Wir sind hier durch diese Remptendorf-Redwitz-Angelegenheit, nicht nur was Thüringen anbelangt, sondern es betrifft Bayern,

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

das betrifft Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Hamburg.

(Zwischenruf Abg. Enders, DIE LINKE: Das ist falsch.)