Protokoll der Sitzung vom 02.05.2012

(Zwischenruf Abg. Enders, DIE LINKE: Das ist falsch.)

Ich möchte Ihnen gerne noch ein paar Zahlen aus dem letzten Jahr nachliefern. Im Dezember 2011 war die Bestandsleitung bis auf die Feiertage täglich überlastet, in Spitzenzeiten bis zu 120 Prozent. Würde eines der beiden parallelen Übertragungssysteme ausfallen, hätte das verbleibende System in der Spitze bis zu 3.200 Ampere transportieren müssen. Ähnlich dramatische Werte lassen sich für März 2012 nachweisen und können über die Internetplattform abgerufen werden. Wem das nicht genügt, der muss einfach mal reinschauen und die Zahlen in Ruhe anschauen.

Gegenwärtig liegt der Planfeststellungsbeschluss des Landesverwaltungsamts vom Februar dieses

Jahres dem Bundesverwaltungsgericht zur gerichtlichen Prüfung vor. In einem Rechtsstaat ist es geübte Praxis und ein ganz gewöhnlicher Vorgang. Daraus kann man übrigens keine Rückschlüsse im Hinblick auf mögliche Mängel ziehen und ableiten. Das Bundesverwaltungsgericht hat auch keinen Baustopp angeordnet, wie das teilweise behauptet wird.

(Zwischenruf Abg. Enders, DIE LINKE: Ein vorläufiger Baustopp ist verhängt worden.)

Hierüber ist noch gar nicht entschieden worden. Stattdessen haben die Richter den Vorhabensträger lediglich gebeten, vor Abschluss des Eilverfahrens die Errichtung der Leitung vorerst nicht weiterzubetreiben. Das ist ein Unterschied.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, für das Gelingen der Energiewende sind neue Netze zum Transport des regenerativ erzeugten Stroms von entscheidender Bedeutung. Dies gilt im Übrigen sowohl für das Übertragungsnetz als auch für die Verteilnetze. Und uns hier in Thüringen betrifft diese Problematik aufgrund seiner Lage eben zwischen den Erzeugungsschwerpunkten im Norden. Erst heute oder gestern gab es wieder die Meldung: Massiver Ausbau der Offshore-Anlagen wird von der Bundesregierung angestrebt. Das heißt, dieser Erzeugungsschwerpunkt im Norden soll noch ausgebaut werden und der Verbrauchschwerpunkt im Süden in besonderer Weise. Gerade deshalb brauchen wir diese 380-kV-Leitung. An dieser Notwendigkeit - das ist auch ein Märchen, man muss mal ein bisschen die Fakten vor Augen halten - ändern doch auch nicht die Pläne Bayerns und BadenWürttembergs nichts, die sich mehr oder weniger ambitioniert den Ausbau von Erneuerbaren auf die Fahne schreiben - müssen die ja auch. Indem die Atomkraftwerke, Gott sei Dank, abgestellt werden, müssen die natürlich auch die Erneuerbaren ausbauen. Welche Erzeugungskapazitäten wann und wo errichtet werden, ist doch heute noch gar nicht in diesem Maße absehbar. Konkret belegt und bezifferbar ist aber der Übertragungsbedarf zwischen den einzelnen Regionen in Deutschland. Dieser Bedarf, diese Analyse spricht eindeutig für den Bau.

Im Übrigen, um das auch noch mal klarzumachen, das sieht Bayern auch so. Der Staatsminister für Wirtschaft, der zuständig ist in Bayern, Herr Zeil, hat sich erst jüngst in einem Brief an unseren Wirtschaftsminister Machnig gewandt und noch mal aus Sicht Bayerns auf die Bedeutung der 380-kV-Leitung für den Freistaat Bayern hingewiesen. Also auch die Bayern sehen das so, und wir haben einen Brief von Herrn Zeil, wo er noch mal deutlich macht, wie wichtig dieser Ausbau ist, dieser Remptendorf-Redwitz-Engpass, dass der aufgehoben wird. Es gibt also gar keinen Grund dafür, das klare Bekenntnis zum Bau der Hochspannungsleitung seitens der Landesregierung in Zweifel zu ziehen.

Ich bitte hier um etwas weniger Emotion, mehr sachliche Diskussion und Faktenschau, so wie wir das eigentlich auch geübt haben im Mai hier, als die Experten angehört wurden. Ich glaube, da war das Ergebnis eindeutig. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Für alle Abgeordneten, die noch Redewünsche haben, der Herr Staatssekretär hat seine Redezeit unterschritten. Demzufolge gibt es keine Redezeit mehr für die Abgeordneten und ich schließe diesen Teil der Aktuellen Stunde.

Ich rufe auf den letzten und fünften Teil

e) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema: „Kostenwahrheit am Treibstoffmarkt schaffen - Dieselsteuer harmonisieren!“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/4383

Frau Abgeordnete Schubert erhält das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, weniger Emotionen, mehr Sachlichkeit, das ist genau das, was wir auch für dieses Thema brauchen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die EU-Kommission hat den Vorschlag gemacht, Kraftstoffe europaweit in Zukunft nach ihrem Energiegehalt zu besteuern. In Deutschland umgesetzt, würde das endlich einen längst überfälligen Subventionstatbestand reformieren, der 60 Jahre alt ist. Zu diesem Thema übt sich der Verkehrsminister in Populismus, in gnadenlosem Populismus muss man sagen. Ich verweise auf die Pressemitteilung, wo er zum x-ten Male die Benzinpreisbremse in den Himmel jubelt, um in der gleichen Pressemitteilung mit zwei knappen Sätzen diesen Vorschlag, der in Gänze noch nicht mal auf dem Tisch liegt, abzulehnen. Das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun. Das sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Man würde eine Verbindung finden und die mache ich jetzt mal. Die Benzinpreisbremse ist keine, das wissen Sie auch. Wir haben diesen Ansatz immer begrüßt im Sinne des Verbraucherschutzes, aber dass dadurch Benzin billiger wird, ist ein Trugschluss. Das zeigen auch die Erfahrungen mit dem österreichischen Modell. Sie erreichen dadurch weniger Stress für Kundinnen und Kunden der Tankstellen, die sich in Zukunft dann eben nur noch einmal am Tag darauf einstellen müssen, dass die

(Staatssekretär Staschewski)

Benzinpreise angehoben werden. Allerdings ist die ablehnende Haltung zu dem Vorschlag der Dieselbesteuerung eine Bremse, und zwar eine Innovationsbremse für die Automobilindustrie.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Automobilstandort Deutschland, wenn man ihn so bezeichnen will, nimmt dadurch Schaden. Im Grunde genommen ist es eine rein steuerrechtliche Frage, und insofern wäre ich interessierter daran Herr Voß ist ja auch da -, was der Finanzminister dazu ausführt und nicht der Herr Carius, der sich offensichtlich in der Nähe von Tankstellen von seinen Emotionen immer sehr wegtragen lässt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Gleiche gilt allerdings auch für seinen Kollegen aus dem Wirtschaftsressort, wie ich vorhin erfahren musste. Herr Carius ist nicht da, aber ich sage es trotzdem, man möge es ihm zutragen: Solche Äußerungen sind mit verantwortlich dafür, dass die Leute sich von Europa abwenden, dass wir Europaskepsis haben, dass es heißt,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

was von Europa kommt, kann man sowieso vergessen. Das finde ich hochgradig gefährlich. Diese Subventionierung von Diesel war ursprünglich dafür gedacht, das Transportgewerbe zu unterstützen, und zwar nur das Transportgewerbe. Heute sind knapp die Hälfte der Fahrzeuge, die im privaten Gebrauch sind, Dieselfahrzeuge. Um diesen Fehler zu korrigieren, hat man auch die Kfz-Steuer wiederum für Dieselfahrzeuge angehoben. Also man hat versucht, einen Fehler mit einem zweiten Fehler zu korrigieren. Das ist auch klar, wenn dieser Vorschlag umgesetzt würde, nämlich Diesel so zu besteuern, dass man die Steuer konsequent am Energiegehalt und den CO2-Emissonen ausrichtet, dann heißt es auch, dass wir die Kfz-Steuer für Dieselfahrzeuge natürlich erniedrigen. So stellt man einen transparenten und möglichst fairen Wettbewerb dar. Den haben wir bis jetzt nicht in diesem Bereich. Dieser nicht vorhandene Wettbewerb führt auch dazu, dass das erste Hybrid-Fahrzeug bei Toyota vom Band gelaufen ist und nicht beispielsweise bei Opel.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Leider ist die Debatte dazu sehr undifferenziert und wird vor allem von Argumenten der Automobilindustrie und des ADAC dominiert. Lesen Sie sich das Interview mit Herrn Dudenhöffer durch, ich glaube, niemand wird hier bestreiten, dass diesem Automobilexperten das Wohl des Automobilstandorts am Herzen liegt. Und Herr Dudenhöffer sagt, dieser Vorschlag der EU-Kommission ist genau das, was wir brauchen für die Automobilindustrie. Der Vorschlag ist richtig.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was wurde damals geschrien, als der Katalysator eingeführt wurde. Der Untergang des Automobilstandortes wurde beschworen, genauso wie bei der Einführung von bleifreiem Benzin. Und was ist passiert? Gar nichts ist passiert. Niemand würde bestreiten, dass das richtige Entscheidungen waren, die nur Vorteile haben. Insbesondere enttäuscht bin ich auch, dass gerade die Sozialdemokraten zu Felde ziehen gegen diesen Vorschlag. Gleichzeitig wird - und das passt überhaupt nicht zusammen - in Ilmenau - Herr Machnig preist es ja auch an - das Automobilzentrum gefördert, die an alternativen Antriebstechnologien forschen. Wie konsequent ist das denn, wenn man auf der anderen Seite den Wettbewerb dafür nicht herstellt, der genau diese Anreize auch liefern würde? Und was Investitionssicherheit angeht, dieser Vorschlag würde in 10 Jahren greifen. Fragen Sie mal die Solarindustrie, was sie von Innovationssicherheit in diesem Land hält. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Kowalleck das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gestern war ich auch zum 1. Mai unterwegs. In Saalfeld ist es mittlerweile seit drei Jahren Tradition, dort ein Seifenkistenrennen zu veranstalten. Wenn ich die Ausführungen von Frau Schubert höre, ist das wahrscheinlich auch so ein bisschen die Vorstellung der Zukunft der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ist das alt.)

Ich muss aber auch sagen, ich habe eine Veranstaltung im Saalfelder Schlosspark besucht, die traditionell dort von Parteien und Gewerkschaften durchgeführt wird. Viele von Ihnen haben das ja heute schon in der Debatte mitbekommen, immer wieder ist hier in den Redebeiträgen die Sorge um den Arbeitsstandort Thüringen angesprochen worden. Auch diese Aktuelle Stunde hat etwas damit zu tun, denn viele Arbeitnehmer sind eben auf das Auto angewiesen. Die gewaltigen finanziellen Belastungen für die Mobilität werden auch immer mehr zum Problem.

(Zwischenruf Abg. Bärwolff, DIE LINKE: Des- halb fahrscheinfreie ÖPNV.)

Es wurde eben angesprochen, die EU-Kommission schlägt vor, dass Kraftstoffe künftig einheitlich nach ihrer Energiedichte und ihrem CO2-Ausstoß besteuert werden sollen. Das bedeutet, dass Diesel höher besteuert werden muss, da 1 l Dieselkraftstoff energiehaltiger ist als 1 l Benzin. Verbraucher und Un

(Abg. Schubert)

ternehmen sollen so motiviert werden, auf umweltfreundlichere Kraftstoffe umzusteigen.

Die Kommission hat aber auch in der aktuellen Diskussion schon ihre Vorstellungen abgemildert, indem die Übergangsfrist vom Jahr 2020 auf das Jahr 2023 geändert wurde. Ich muss aber auch sagen, Sie sprechen hier die Europaskepsis an. Es muss da aber festgehalten werden, dass die Pferde, die in Brüssel gesattelt werden, nicht immer von uns geritten werden müssen. Da verstehen wir an dieser Stelle nicht die Haltung der GRÜNEN. Kennen Sie überhaupt die Konsequenzen Ihrer Forderung? Die Kostenwahrheit für den Bürger sehen Sie doch jeden Tag an der Tankstelle und da kann man in diesem Zusammenhang ganz und gar nicht von Harmonie sprechen. Eine Anhebung des Dieselsteuersatzes um bis zu 22 Cent ist kontraproduktiv. Eine Änderung des Dieselsteuersatzes schadet nicht nur dem Standort Deutschland, nein, das schadet insbesondere auch dem Automobilstandort Thüringen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Automarkt sind hierbei nicht absehbar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Autofahrer dürfen nicht länger als Sündenböcke und Melkkühe der Nation betrachtet werden.

(Beifall CDU, FDP)

Nichts anderes stellt die Unterstützung zur Erhöhung der Dieselsteuer durch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dar. Die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag lehnt diesen Vorstoß strikt ab. Den EUPlänen dürfen wir einfach nicht zustimmen. Selbst die Mehrheit der EU-Abgeordneten lehnt eine höhere Besteuerung von Diesel ab. Das zeigt die Plenarsitzung im vorigen Monat. Wir sind verpflichtet, uns für den Standort Deutschland einzusetzen. Eine Lenkungsfunktion für den Umstieg umweltfreundlicherer Fahrzeuge erreichen wir nur durch gezielte Förderung und nicht durch Strafsteuern. Die Gestaltung der Steuer sollte auch zukünftig den Mitgliedsländern überlassen werden.

Erinnert werden muss hier an dieser Stelle auch an die Auswirkungen für die Logistikbranche. Die Lkw fahren bekanntlich mit Diesel und damit hat eine Verteuerung extreme Auswirkungen nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für den Bürger. Die Folgen für die Beschäftigung habe ich bereits eingangs angesprochen. Wichtiger als die Forderung der GRÜNEN ist die Umsetzung der Vorschläge von Minister Carius zur Stabilisierung der Benzinpreisentwicklung. Hier kann für die Endverbraucher Transparenz und Stabilität am Benzinmarkt vorangetrieben werden. Dies muss aktuell klar im Vordergrund stehen. Hierbei unterstützen wir den Weg von Minister Carius zu fairen und transparenten Spritpreisen.

Meine Damen und Herren, wie titelt heute auch Stern online „Kabinett bekämpft Benzinabzocke“.

Die Bundesregierung geht gegen höhere Benzinpreise vor. Das Bundeskabinett hat einem Gesetzentwurf zur Einrichtung einer neuen Meldestelle zur Preisentwicklung zugestimmt. Damit soll eine strengere Aufsicht über die Entwicklung der Benzinpreise gewährleistet werden. Hier sehen wir den richtigen Weg, den sollten wir weiter beschreiten und nicht mit Phantasieforderungen weiter gegen unseren Standort Thüringen vorgehen.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Abgeordnete Dr. Lukin das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte jetzt nach dem gegebenen Redebeitrag noch mal zwei Vorbemerkungen machen.

1. Man kann nicht Klimaschutz fordern und dann jeden Lösungsansatz im Verkehr verunglimpfen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

2. Ich habe irgendwie so ein bisschen das Gefühl, dass diese lediglich 13-seitige EU-Richtlinie, die heißt auch noch „Intelligentere Energiebesteuerung in der EU - Vorschlag für eine Änderung der Energiesteuerrichtlinie“, nicht gelesen wurde.