Protokoll der Sitzung vom 21.06.2012

Mit dem Hochschulgesetz von 2006 hat das Land einen Ansatz der Steuerung gewählt, der unserer modernen Wissenschafts- und Hochschulentwicklung gerecht wird. Wir haben Steuerungsinstrumente geschaffen, die dafür sorgen, dass sich gute Ideen entfalten können. Wir haben die Rahmenvereinbarung, die über den Zeitraum von vier Jahren finanzielle und inhaltliche Eckdaten klar vorgibt. Wir haben Ziel- und Leistungsvereinbarungen, die für diesen Zeitraum der Rahmenvereinbarung die Umsetzung in konkrete Entwicklungen der Hochschulen vereinbart. Wir haben schließlich ebenso klar einen strategischen Hochschulentwicklungsdialog formuliert, der auf der Grundlage von hochschuleigenen Planungen, die übrigens im Gesetz abverlangt werden, für die gemeinsamen strukturellen Planungen unter Moderation des Landes in einem mittelfristigen Zeitraum, also über die Gültigkeit der Rahmenvereinbarung hinweg, sorgt.

Wir, verehrte Abgeordnete, müssen Hochschulentwicklungsplanung heute als fortlaufenden Prozess und als eine gemeinsame Aufgabe von Hochschule und Land verstehen, die der ständigen Aktualisierung bedarf. Eine Feststellung ist mir dabei wichtig: Natürlich bedeutet Hochschulautonomie nicht, die Hochschule sich selbst zu überlassen. Für die eigene Planung und die langfristige Profilierung der Hochschule braucht es aber Vertrauen und Erwartungssicherheit. Die garantieren wir unseren Hochschulen. Die finanziellen Eckpunkte dafür liefert die von Ihnen hier beschlossene Rahmenvereinbarung III, in der wir bis 2015 den Hochschulen Finanzzuweisungen - das ist ja schon zitiert worden in Höhe von 1,56 Mrd. € garantieren und damit im Vergleich zur vergangenen Vereinbarung den Beitrag des Landes noch einmal um 120 Mio. € erhöhen. Gleichzeitig enthält diese Rahmenvereinbarung III erstmals die genannte gemeinschaftliche Verpflichtung darauf, einen strategischen Entwicklungsdialog zu führen, und benennt die zentralen Prüfgegenstände und Abläufe dieses Prozesses.

Bis 2015 haben unsere Hochschulen jetzt Planungssicherheit. Wir haben also die Zeit, notwendige Anpassungsprozesse, die uns auch die weiter in die Zukunft gehende Entwicklung der demographischen Trends abverlangt, diese Planungsprozesse jetzt so zu führen, dass wir einen geordneten, strukturierten Anpassungsprozess an diese neuen, sich ergebenden Eckdaten vollziehen können.

Auf der Rahmenvereinbarung aufbauend führen wir derzeit Verhandlungen zu Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit jeder einzelnen Hochschule, die

bis nach der Sommerpause abgeschlossen und eine Grundlage dafür sind - das ist dort nämlich mit vereinbart -, dass wir im Oktober dieses Jahres die hochschuleigenen Entwicklungsplanungen der einzelnen Hochschulen vorliegen haben. Hier müssen die Hochschulen auf der Grundlage einer detaillierten Stärken-Schwächen-Analyse ihre Vorstellungen zur Profilbildung in Lehre und Forschung benennen. Und - das will ich an der Stelle unmissverständlich klarstellen - die Vorstellungen über diese Entwicklung müssen sich natürlich in dem von uns klar vorgegebenen Rahmen - vor allem auch dem finanziellen Rahmen - bewegen, den die Rahmenvereinbarung seit Herbst letzten Jahres den Hochschulen setzt.

Entwicklungspläne der Hochschulen können natürlich keine Wunschlisten sein, die die Realität ausblenden. Insofern muss ich die Aussage eines Hochschulpräsidenten, die hier zitiert wurde, natürlich relativieren. Das kann der gar nicht so gesagt haben, weil verantwortliche Hochschulleitungen, Präsidenten autonomer Hochschulen, die mit hohen Kompetenzen und Entscheidungsbefugnissen ausgestattet sind, genau diese Verantwortung haben, dafür sind Sie berufen und ins Amt geholt worden, auf der Basis der Ihnen bekannten wirtschaftlichen und strukturellen Eckdaten ihre Hochschulen mit ihren Mitarbeitern zu entwickeln. Das ist eine Chance für die Hochschulen, denn Profilbildung heißt eben nicht immer nur, neue Studiengänge oder einfach Studentenzahlen umstrukturiert zu erhöhen, Forschungsaufgaben zu addieren, sondern klar aufzuzeigen, in welchen Bereichen die Hochschule die Stärken sieht, die sie wirklich zur Grundlage ihrer Entwicklung machen will, und dabei aber auch klar zu benennen, in welchen Punkten sie keine Priorität setzt, möglicherweise auch Strukturen verkleinert, zurückbaut, die dem Erfolg der Hochschule nicht in gleicher Weise dienen. Die Hochschulen müssen klar benennen, in welchen Bereichen sie ihre Schwerpunkte in Lehre, in der Forschung, in der Strukturentwicklung setzen wollen.

Meine Damen und Herren, die Thüringer Hochschullandschaft ist gekennzeichnet durch ihre Vollständigkeit, ihre Differenziertheit und ihre Vielteiligkeit. Ich sage bewusst Vielteiligkeit. Diese gut aufeinander abgestimmte Landschaft gilt es jetzt fortzuentwickeln und an die sich stets ändernden Rahmenbedingungen im Land anzupassen. Vergessen wir dabei aber nicht - und hier gilt mein ganz persönlicher Respekt ganz ausdrücklich allen Vorgängerregierungen -, dass gerade Thüringen in ganz herausragender Weise und, ich möchte sagen, konsequenter und schlüssiger als viele Nachbarländer nach 1990 die Wissenschafts- und Hochschullandschaft neu geordnet und damit Transformationsund Strukturanpassungsprozesse, viele davon sehr schmerzlich, das weiß ich, was ich hier in Erfurt sage, aber im Ergebnis erfolgreich vollzogen hat. An

(Staatssekretär Prof. Dr. Deufel)

dere Länder, ich will es ganz ausdrücklich sagen und das muss hier erlaubt sein zu sagen, holen diese Strukturanpassungsprozesse zum Teil erst heute nach. Ein Blick auf die Probleme der Hochschulmedizin oder Schließungsszenarien zum Abbau von redundanten Strukturen, etwa im Nachbarland Sachsen, sollen das unterstreichen. Wir sind in Thüringen zwei Schritte weiter und wollen auch in Zukunft voraus sein. Deshalb haben wir den strategischen Dialogprozess angestoßen und so angelegt, wie wir es getan haben. Es geht um langfristige Entwicklung über die Laufzeit der Rahmenvereinbarung III hinaus. Uns war es dabei von Anfang an wichtig, dass dieser Dialog auf Augenhöhe stattfindet und dass er von einem partnerschaftlichen Miteinander geprägt ist.

Schon im November 2011 hat Minister Matschie mit den Hochschulleitungen erste Gespräche geführt und den Dialogprozess aus dem Frühjahr 2010 in den Planungsprozess überführt. Lassen Sie mich Themenschwerpunkte aufführen, die damals genannt worden sind: Zum einen Kooperationen im Verwaltungs- und Dienstleistungsbereich, wo es uns darum geht, wie Angebote an verschiedenen Hochschulstandorten besser miteinander verknüpft werden können, wie Hochschulen und Forschungsinfrastruktur besser, wirksamer werden, an Hochschulbibliotheken, an Rechenzentren, im Bereich des Rechnungswesens, des Hochschulmarketings, das wir übrigens seit Jahren sehr erfolgreich hier für Thüringen führen. Diese Arbeit läuft seit Langem.

Zweites Thema - das Gesamtausbildungsangebot an den Hochschulen in Thüringen: In manchen Fächern gibt es Überkapazitäten, in anderen Fächern ist die Nachfrage größer als das Angebot. In eher wenigen Fällen in Thüringen gibt es Zulassungsbeschränkungen. Das kann man besser machen und hier gibt es Gestaltungsmöglichkeiten auch zwischen Universitäten und Fachhochschulen, also hochschultypübergreifend, und dieser Abgleich der Portfolios ist ein wesentlicher Gegenstand des angelaufenen Entwicklungsdialogs.

Ein drittes Thema sind schließlich die künftigen Kompetenzzentren, die sich ergeben aus Hochschulstandort und hochschulartübergreifenden Zusammenarbeitsprozessen. An unseren Hochschulen haben sich Schwerpunkte gebildet, in denen wir gut sind. Wenn wir Kräfte bündeln, werden wir sicher besser werden. Es gibt Studiengänge, es gibt Themenbereiche, in denen eine Bündelung in Kompetenzzentren Sinn macht. Gegenstand - das ist bereits in der Rahmenvereinbarung genannt der Diskussion sind hier selbstverständlich - ich sage mit ergebnisoffenem Ausgang, weil das ein sehr differenziertes Thema ist - der Bereich der Ausbildung unserer Lehrer, der an zwei Standorten mit einigen Hilfsstandorten stattfindet, im Medienbereich, in der Architektur, im Bau- und Ingenieurwesen, in

der Erziehungswissenschaft und in der Betriebswirtschaft. Dies sind konkret Gegenstände der angelaufenen Gespräche.

Die Ergebnisse aus diesem Dialogprozess, aufbauend auf den Entwicklungsplänen, die wir im Herbst dieses Jahres von den Hochschulen eingefordert haben, werden wir in aller Tiefe und im Detail, aber im Respekt vor dem Gestaltungswillen unserer Hochschulen miteinander besprechen und vom Land aus selbstverständlich mit unseren standortund hochschulübergreifenden Vorstellungen versehen moderieren. Damit lässt sich am Ende des nächsten Jahres die Entwicklungsperspektive der Thüringer Hochschullandschaft ab 2016 klar benennen. Dieses Konzept zur strategischen Hochschulstrukturentwicklung werden wir bis Ende 2013 dem Thüringer Landtag vorlegen, so wie Sie in Ihrem Antrag von uns verlangen.

Werte Abgeordnete des Thüringer Landtags, die Thüringer Hochschulen und Forschungseinrichtungen befinden sich im Aufbruch. Die strategische Hochschulentwicklungsplanung hat begonnen, in den kommenden Jahren wird die Thüringer Forschungslandschaft an Profil gewinnen durch diese Herausbildung regionaler Stärken durch gezielte Schwerpunktförderung und sicher gestärkt durch den partnerschaftlichen Dialog zwischen den autonomen, für ihre Entwicklung eigenverantwortlichen Hochschulen und dem Land.

Herr Prof. Deufel, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Dr. Kaschuba?

Gern.

Ich wollte jetzt nur nachfragen: Sie haben gesagt, dass die Hochschulentwicklungspläne vorliegen, dass Sie das dialogisch bereden, aber ich muss auch jetzt im Anschluss an diese Ausschuss-Sitzung doch fragen, Sie waren leider verhindert, der Minister hat geantwortet - ich hätte fast gesagt, für Sie geantwortet. Meine Frage ist es jetzt tatsächlich: Nach welchen Kriterien können Sie uns das heute hier sagen oder gibt es Kriterien, nach denen diese Hochschulentwicklungspläne bewertet werden? Und werden die dialogisch bewertet oder bewertet die eine Seite die andere Seite? Das würde ich jetzt gern wissen.

Ich hatte gedacht, es gerade gesagt zu haben. Erstens: Wir verhandeln jetzt die Ziel- und Leistungsvereinbarung. Gegenstand der Ziel- und Leistungs

(Staatssekretär Prof. Dr. Deufel)

vereinbarung wird auf der Grundlage einer Mustergliederung, die den Hochschulen vorliegt, die Verpflichtung sein, zum Oktober dieses Jahres Hochschulentwicklungsplanungen vorzulegen. Die Eckpunkte dieser Planungen werden mit den Hochschulen so rechtzeitig vereinbart, dass wir diese Planungen - das ist Gegenstand aller Gespräche bisher gewesen - natürlich miteinander auch vergleichend diskutieren können. Es ist selbstverständlich vorgesehen, dass wir im Haus diese Planungen vergleichend bewerten und es ist dann aber vorgesehen, dass wir - das werden wir im Frühjahr nächsten Jahres im Dialog tun mit den Hochschulen, von uns moderiert - diese Planungen aufeinander abstimmen. Ich kann das Problem jetzt hier nicht wirklich sehen, das Sie formulieren wollen, weil einen Dialog, dessen Ende ich vorher vorgebe, würde ich nicht als offenen Dialog empfinden. Und eines ist auch klar: Hochschulen, die ihre eigene Entwicklung formulieren, wenn sie klug sind, werden die Bedingungen der Umgebung mit berücksichtigen und dort, wo sie so klug nicht waren, wird es Aufgabe des Landes sein, auf diese Umgebungsbedingungen hinzuweisen. Sie können sich darauf verlassen - deswegen habe ich ja vorher schon formuliert, was wir in der Rahmenvereinbarung als Themenfelder der Prüfung formuliert haben -, dass wir als Land sehr sorgfältig sehen, dass präzise die Punkte, wo wir im Portfolio z.B. Abgleichungsbedarf sehen, auch am Ende berücksichtigt sind.

Dass der Weg, den wir einschlagen, richtig ist, hat aus meiner Sicht die Anhörung Anfang Februar hier gut gezeigt. Nun ist es so bei intelligenten Menschen, die Wahrnehmungen sind selektiv und es ist sehr erstaunlich, wie verschiedene Menschen mit verschiedenen Interessen und Hintergründen aus denselben Worten unterschiedliche Schlüsse ziehen können. Das ist auch völlig unbenommen.

Ich war sehr interessiert, aber nicht wirklich überrascht, dass die Vertreter der Landesrektorenkonferenz, der Leibniz-Gesellschaft oder eben des CHE, mit denen wir im Gespräch sind, auf deren Vorstellungen basierend ja unser Weg entwickelt worden ist, diesem Weg im Grundsatz zugestimmt haben. Wenn Sie, Herr Abgeordneter Voigt, die Stellungnahmen zu Ende lesen, werden Sie feststellen, dass die Instrumente, die ich Ihnen genannt habe, und die Prozesse, wie ich sie benannt habe, dort sich wörtlich wiederfinden.

Es ist keine Diskussion über Reihenfolge, es ist eine Diskussion darüber, wie ich diesen Prozess zielorientiert zu einem vernünftigen Ergebnis führen kann.

Dass wir richtig liegen, zeigt auch ein Blick auf den aktuellen Förderatlas der Deutschen Forschungsgemeinschaft, soeben Ende Mai erschienen. Die Thüringer Hochschulen schneiden in der Einwer

bung von Drittmitteln hervorragend ab. Wir haben uns von 2003 bis 2009 von 63 Mio. € auf 121 Mio. € Drittmitteleinwerbung verdoppelt. Das bezieht sich jetzt auf die DFG-abgefragten Mittel. Spitzenplätze belegen unsere Hochschulen dort, wo einzelne Fächer besonders erfolgreich an der Profilierung dieser Hochschulen gearbeitet haben, an der Profilierung ihrer Fächer gearbeitet haben. So der Platz 1 im bundesdeutschen Ranking für die Psychologie in Jena, die Plätze 2 und 3 für Astrophysik und Optik, so der Platz 2 für Elektrotechnik der TU Ilmenau und für die Bauhaus-Universität Weimar, die mit ihrem Spezialgebiet Bauwesen und Architektur bundesweit auf Platz 5 liegt. Eindrucksvolle Profilierungserfolge, die diese Hochschulen jetzt einfahren.

An den Thüringer Hochschulen wird exzellente Forschung betrieben. Das haben wir seit dem vergangenen Freitag bestätigt - ich durfte in Bonn dabei sein, wo wir das Ergebnis der Exzellenzinitiative dieser Runde erarbeitet haben und wo es mich besonders gefreut hat, dass die Jenaer School of Microbial Communication ihren Fortsetzungsantrag, und zwar ohne Diskussion, bewilligt bekam. Es war eines der schönsten Gutachten, das ich in den letzten Jahren hierzu lesen konnte. Hier wird Forschung von Weltrang betrieben und, das ist mir besonders wichtig, an dieser Graduiertenschule wird wissenschaftlicher Nachwuchs auf höchstem Niveau gefördert und gefordert. Darauf können wir wirklich stolz sein und ich gratuliere nochmals allen Forscherinnen und Forschern, Herrn Prof. Brakhage, Frau Prof. Kothe, die das möglich gemacht haben.

Vielleicht noch ein Zweites: Selbstverständlich haben wir dem Zustand, den wir vorgefunden haben, dass Thüringen in der Zahl und im Umfang der bundesgeförderten Forschung weit zurückliegt, nicht tatenlos zugesehen. Ich bin deswegen ebenfalls besonders froh, dass für ein weiteres Institut aus Thüringen, nämlich das IPHT in Jena, es vor wenigen Wochen gelungen ist, den nächsten Schritt zu nehmen für eine Aufnahme in die Leibniz-Gemeinschaft, so dass wir am Ende dann hoffentlich ein drittes Leibniz-Institut in Jena haben. Diese Erfolge ermutigen uns, den Weg der Profilbildung gemeinsam mit unseren Hochschulen weiterzugehen. Eines ist dabei klar, unsere Erwartungen, ich denke, auch Ihre Erwartungen an unsere Hochschulen sind hoch. Ich bin mir sicher, dass dank der Voraussetzungen, die wir gemeinsam für die Hochschulen geschaffen haben, und dank der Voraussetzungen, die die Hochschulen mitbringen, und der Voraussetzungen, die dieses Land Thüringen für die Wissenschaft bietet, diese Erwartungen sich erfüllen können. Ich danke.

(Beifall CDU, SPD)

(Staatssekretär Prof. Dr. Deufel)

Vielen herzlichen Dank, Herr Staatssekretär, für Ihre umfangreichen Ausführungen. Es gibt jetzt einen weiteren Wortbeitrag, und zwar vom Abgeordneten Dr. Voigt für die CDU-Fraktion.

Werte Frau Präsidentin, lieber Staatssekretär Deufel, machen Sie es sich doch bitte nicht so schwer. Es geht doch hier nicht darum, wer war jetzt der Erste in der Initiierung einer wichtigen Fragestellung für die Hochschullandschaft des Freistaats. Man kann noch einen Tick weiter zurückgehen, weil der letzte Landeshochschulplan, die Brücke will ich Ihnen ja bauen, schon lange ausgelaufen ist, bevor Sie überhaupt im Amt waren. Insofern war das schon eine Aufgabe, die quasi auf Sie gewartet hat. Aber jetzt sich die Frage oder den Prozess hier umzudeuten, das haben Sie gar nicht nötig, weil die Prozesse, die Sie initiiert haben mit dem Hochschuldialog, doch wirklich richtig waren. Das haben unterschiedliche Redner doch hier bedeutet. Aber am Ende beißt die Maus auch keinen Faden ab, dieser Dialogprozess ist nicht allein Hochschulplanung. Auch dieser Hochschulplan, von dem im Ausschuss geredet worden ist, da schreibt auch das Hochschulgesetz eine klare Regelung vor. Das ist auch sachlogisch, dass man nämlich sagt, okay, es gibt einen Hochschulplan, der quasi abstrakte Zielvorstellungen für die Hochschullandschaft Thüringens formuliert. Darunter gibt es eine Rahmenvereinbarung, die für die Gesamtheit der Hochschulen, bezogen auf bestimmte Instrumente, die Finanzierungsvoraussetzung schafft. Darunter gibt es dann Ziel- und Leistungsvereinbarungen, die individuell für jede Hochschule messbar einzelne Kernzahlen so rausarbeitet, damit diese beiden anderen Dinge am Ende auch funktionieren. Da glaube ich, dass in dem Hochschuldialog, den ich wirklich - ich kann den einfach nur loben, das ist ein hervorragender Prozess. Sie haben auch einen Hochschulgipfel initiiert, das sind ja alles Fragestellungen, die will ich wirklich goutieren. Aber Aspekte wie Forschungskooperation, wie bekommen wir dieses Forschungsclustering vielleicht besser hin, ohne konkrete Vorgaben über die Forschungsziele zu machen, weil Sie da in der Tat recht haben, da kann die Wissenschaft nicht staatlich geplant werden; inhaltliche Dopplungen stärker herauszuarbeiten; die Fragen einer internationalen Strategie, wie wir da als Land Thüringen aufgestellt werden; genauso auch im Marketing-Bereich; die Klärung strategisch-fachlicher Akzente, die wir setzen wollen; regionale Einflussfaktoren; Ressourcen- und Strukturplanung; Verknüpfung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen mit den Universitäten - das sind doch alles Aspekte, ich will es mal gelinde sagen, die sind in dem Dialog noch etwas unterbelichtet. An diesem Punkt kann ich Ihnen wirklich nur sagen, und da de

chiffriere ich mal, was die Kollegin Kaschuba, glaube ich, mit den Kriterien meinte: Es ist doch klar, wenn es Vorstellungswerte der Betroffenen, der Hochschulen gibt, dann müssen die doch an irgendwas gespiegelt werden, was quasi die gesamtgesellschaftliche Zielsetzung deutlich macht, damit am Ende klar ist, dass nicht nur die einzelnen Wünsch-dir-Werte aus den Hochschulen gelten, sondern natürlich auch das, was für die gesamte Hochschullandschaft Thüringens relevant ist. Sie können sich sicher sein, ich versuche schon genau wie die Kollegen auch im Ausschuss, die Dinge zu Ende zu lesen in den Anhörungsunterlagen. Da liest sich für mich eine klare Reihenfolge heraus. Ich will es nur an einem Beispiel mal deutlich machen, warum ich glaube, dass die Notwendigkeit mittlerweile deutlich ist: Wenn die TU Ilmenau und der Hochschulrat der TU Ilmenau quasi einen Plan vorlegen, dass die gesamte Ingenieursausbildung im Freistaat federführend an der TU Ilmenau festgemacht werden soll, dann zeigt das zumindest für mich die Notwendigkeit, dass hier im Freistaat mal darüber geredet werden muss, wie so etwas strukturiert sein soll. Mit Verlaub: Klar gibt es drei Kooperations-AGs innerhalb der Landesrektorenkonferenz. Da nehme ich jetzt einfach mal Ihr Wort für bare Münze, dass dies von Ihnen initiiert worden ist und sich die Landesrektorenkonferenz

(Zwischenruf Prof. Dr. Deufel, Staatssekre- tär: Auf Betreiben der Landesregierung.)

ja gut, da ist es nach meinem Kenntnisstand angesiedelt unter Ihrer Federführung. Das nehme ich mal so zur Kenntnis. Aber da sind ja trotzdem noch Punkte, die daneben stehen. Ich finde schon, wir sollten den Anspruch haben, gesellschaftliche Ziele auf der einen Seite mit den Vorstellungen, die wir haben, für diese, sage ich mal, Hochschul-Community, die es im Freistaat gibt, und ich meine, 50.000 Studenten und neun Hochschulen sind ja nicht irgendwas, dass man die formulieren kann. Ich glaube, es ist in den Anhörungen oder in der Anhörung deutlich geworden, sowohl in der schriftlichen als auch in der mündlichen, dass wir schon den Mut haben sollten, diese Wissenschaftslandschaft auch zu gestalten. Wenn Prof. Dicke in der Anhörung davon spricht, dass er für seine einzelne Hochschule da jetzt einen Entwicklungsplan bis 2025 schreiben will, dann zeigt mir das doch, dass es da offensichtlich auch Notwendigkeiten in den einzelnen Einrichtungen gibt. Also insofern reden Sie doch das, was Sie da gemacht haben, nicht schlechter, aber tun Sie auch nicht so, als ob das, was hier im Parlament passiert ist, quasi nur eine Begleitmusik für etwas gewesen ist, was so schon voll auf dem Gleis stand. Ich glaube, das wäre meiner Meinung nach zu kurz gegriffen. Ich glaube, es gab eine große Einigkeit im Ausschuss, diesen Kurs zu unterstützen. Insofern, denke ich, sollte man diesen Ball eher aufnehmen.

Wenn Visionen die Kunst bedeutet, Unsichtbares sehend zu machen, dann habe ich, glaube ich, schon einen klaren Erwartungswert, wie wir diesen Campus Thüringen auch entwickeln wollen. Es soll ein attraktiver Campus Thüringen sein, der an unterschiedlichen Standorten Studenten die Möglichkeit gibt, klar definierte Module so wählen zu können, dass eine exzellente Lehre übergreifend im Freistaat stattfinden kann, dass sowohl E-LearningAngebote weltweit buchbar sind wie auch internationale Austauschprogramme, dass man im Freistaat an Spitzenforschung teilnehmen kann, wenn die auch mal in außeruniversitären Einrichtungen stattfindet oder vielleicht mal in einem Unternehmen. Wir wollen gemeinschaftlich eine Hochschule Thüringen bauen, in der Studenten bereits im Studium aktiv Karriereangebote bekommen in und außerhalb der Hochschule.

Last, but not least, warum soll sich nicht der Freistaat Thüringen mal aufmachen, das beste Weiterbildungsangebot in der Bundesrepublik zu haben, um hier neue Zielgruppen an die Hochschule heranzuführen und lebenslanges Lernen wirklich zu machen. Insofern glaube ich, dass die Hochschulplanung gut im Parlament und im Ministerium begleitet ist, und wenn man das gemeinschaftlich mit den betroffenen Gruppen zusammenbindet, dann wird es ein erfolgreicher Kurs, und ich glaube, für den haben heute hier alle geworben. So verstehe ich auch den Antrag, der vorliegt.

(Beifall CDU)

Vielen herzlichen Dank, Herr Dr. Voigt. Als Nächste hat sich zu Wort gemeldet die Abgeordnete Franka Hitzing für die FDP-Fraktion.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte auch noch mal auf die Worte des Herrn Staatssekretär zu sprechen kommen. Ich finde auch - Herr Dr. Voigt, Sie haben mir da in einigen Passagen natürlich schon vorgegriffen - es ist ein wirklich großer Wurf, dass wir es im Ausschuss geschafft haben, über Kompromisse - so will ich es mal sagen - zu einem gemeinsamen Antrag zu kommen. Sie sagten vorhin, Herr Staatssekretär, dass all das, was jetzt diese fünf Fraktionen mit dem gemeinsamen Antrag hier auf den Weg bringen wollen, eigentlich nur die Bestätigung dessen ist, was das Ministerium sowieso schon initiiert hat und vorhatte. Da muss ich Ihnen sagen - ganz meine subjektive Meinung -, dann haben Sie das aber gut versteckt, dass Sie diese Initiative hatten.

(Beifall FDP)

Das war mir so nicht aufgefallen. Wir haben im letzten Jahr diesen Antrag eingebracht, vor einem

Jahr. Also er ist wirklich ein Jahr alt. Der Dialogprozess, von dem Sie sprechen, den es vorher schon gab, war auch notwendig. Durch das Ziehen der Notfallklausel gab es ja plötzlich unbedingt Dialogbedarf. Die Hochschulen haben alle nur ein Problem gehabt: Wir wollen Planungssicherheit. Wir wollen wissen, wohin das Schiff fährt. Wir müssen miteinander reden, damit wir unseren wissenschaftlichen Auftrag und unseren Lehrauftrag auch erfüllen können.

(Beifall FDP)

Das ist doch der Grund gewesen - auch wieder unsere Auffassung -, das muss man einfach der Wahrheit oder der Ehrlichkeit halber dazusagen. Deshalb sehe ich diese Bedeutung der Hochschulvereinbarung des Hochschulplans so gravierend wichtig, Herr Dr. Voigt hat es ausgeführt. Es ist einfach so, wenn wir Bildungsland Nummer 1 sein wollen - auch Herr Minister Matschie benutzt diesen Terminus oft -, dann muss es natürlich eine relativ klare Richtung geben, wohin wir fahren, wohin soll die Reise gehen. Das brauchen die Hochschulen. Sie brauchen einen Rahmen, in dem sie sich dann natürlich eigenverantwortlich bewegen können. Die Rahmenvereinbarung III ist nun beschlossen worden. Ich wünsche mir, dass sie verlässlich ist, denn Verlässlichkeit ist tatsächlich das einzig Wichtige, das wir brauchen und das die Hochschulen brauchen.

(Beifall FDP)

Ich habe im letzten Jahr alle neun Hochschulen besucht und habe mich mit den verschiedenen Vertretern, sowohl mit der Hochschulleitung als auch mit den Studierenden, unterhalten. Genau das ist eigentlich immer wieder herausgekommen - Verlässlichkeit. Dazu ist die Hochschulentwicklungsplanung notwendig. Ich sage es Ihnen noch mal: Ich bin der Meinung, die beiden Oppositionsanträge aus dem Jahr 2011 waren der Anstoß für diese Debatte und auch für die Initiative und nichts anderes. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen herzlichen Dank, Frau Hitzing. Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich die Abgeordnete Dr. Kaschuba für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Prof. Dr. Deufel, an sich war das ja selbsterklärend, was Sie hier gemacht haben. Eigentlich wollte ich dazu nicht so direkt noch etwas sagen, aber da alle etwas dazu sagen, versuche ich das auch noch mal. Ich denke, dass das Ministerium wirklich nicht durch Aktivismus besonders deutlich hervorgetre

(Abg. Dr. Voigt)