tisch den Opfern rechter Gewalt helfen muss. Das finden wir GRÜNE auch, aber in dem Augenblick muss doch die Kritik am amtierenden Innenminister hart werden, dass er in dieser Rede nichts dazu gesagt hat, wie praktische Hilfe aus Thüringen aussehen kann.
Herr Bergner, ich war sehr erstaunt, dass Sie die direkte Auseinandersetzung mit dem Schäfer-Bericht, seinen Folgen und seinen Ergebnissen weitestgehend umschifft haben. Sie haben sich darauf zurückgezogen, die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit zu beschwören. Diese Balance suchen wir alle und jeden Tag, aber heute ist der Tag, deutlich zu sagen, dass diese Balance zum Nachteil von zehn Menschen gekippt war und wir hier in Thüringen tragen Verantwortung dafür.
Was haben Sie getan? Sie haben nach einem halben Jahr des Fragenstellens, nach einer Regierungserklärung, die nur Fragen gestellt hat, gefordert, dass wir jetzt endlich mal Fragen stellen müssen. Das ist unglaublich.
All diese Fragen stehen seit Monaten im Raum und heute wäre der Tag der Antworten gewesen und diese Antworten dürfen wir einfordern. Eines will ich Ihnen ganz deutlich sagen: Sie haben versucht, eine Antwort zu geben; handwerkliche Fehler das ist nicht die Antwort, meine sehr verehrten Damen und Herren,
handwerkliche Fehler ist nicht die Antwort für dieses Komplettversagen von Bundesebene, Landesebenen und aller Sicherheitsbehörden. Das kann es wohl nicht gewesen sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, schauen Sie sich doch bitte die Presseerklärungen und die Dokumentation von Pressekonferenzen zur Veröffentlichung der politisch motivierten Kriminalitätsstatistiken der letzten Jahre von allen Innenministern der CDU und einmal auch der SPD an. Es war eine Verharmlosung und es war ein Gebrabbel von Extremismus, das diese Sicherheitsbehörden auf den falschen Pfad geführt hat. Das muss heute hier auch benannt werden.
Sie haben, um das ganz deutlich zu machen, in den letzten Jahren als CDU Beifall geklatscht, wenn die Innenminister ausgeführt haben, dass der Linksextremismus, dass Links ein enormes Gefahrenpotenzial hat, das immer weiter steigend ist und Rechts im Wesentlichen Propagandadelikte aufzeigt. Da haben Sie geklatscht und das war falsch. Es wäre heute der Tag gewesen, das kritisch zu beäugen.
Das scheint mir ein Kern der Auseinandersetzung zu sein, deshalb will ich noch einen Aspekt hinzufügen. Frau Renner hat sich bedankt - dem werde ich mich gleich anschließen -, dass der Innenminister nicht die Rhetorik der Extremismustheorie heute hier bedient hat. Aber Sie haben das wieder getan. Das ist der falsche Weg, in diesen Kategorien zu denken. Es ist der falsche Weg und das zeigt die Erfahrung dieser unglaublichen Verbrechensserie.
Ich glaube, eine Sache ist noch wichtig, hier im Parlament anzusprechen. Sie haben Frau Renner vorgeworfen, sie sei nicht klar an der Stelle, was sie denn nun wolle von der AG Kommission. Es muss doch mal deutlich hier in diesem Parlament gesagt werden, die Landesregierung hat eigenmächtig für sich entschieden - warum auch immer, das wissen wir nicht -, kein Zeuge erhält vorher Akteneinsicht. Das hat die Landesregierung für sich entschieden niemand hat sie darum gebeten, niemand hat das eingefordert -, um uns vier Wochen später zu erklären, dass sie sich dabei möglicherweise geirrt hat. Ich kann nur feststellen, diese Landesregierung schwimmt orientierungslos
und sie weiß nicht, was sie tut. Sie weiß nicht, wohin sie diese Debatte treiben soll, was sie erreichen will. Ich glaube, man muss das ganz deutlich sagen. Wenn Frau Renner hier den Verdacht der Zeugenbeeinflussung anspricht, dann sind die Möglichkeiten der Akteneinsicht einer Zeugin/eines Zeugen und das Beeinflussen durch eine Kommission zwei vollkommen verschiedene Sachverhalte. Das muss in der Debatte auch klargestellt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Innenminister, ich habe Sie gestern unberechtigterweise, weil ich nur den Titel Ihrer Regierungserklärung kannte, im Vorfeld kritisiert. Dafür möchte ich mich entschuldigen. Sie haben heute hier keine Extremismusrhetorik abgeliefert. Das ist gut so und es soll am Anfang stehen, dass wir uns dafür bedanken. Ich werde darauf noch zurückkommen. Es ist auch richtig, dass Sie in Ihren Konsequenzen erwähnt haben, dass die Information verbessert werden muss. Ich glaube, das liegt auch auf der Hand, das war nicht allzu neu. Es mag richtig sein, obwohl ich dabei ein gutes Stück Skepsis
habe, dass wir auf Bundesebene jetzt ein gemeinsames Zentrum zur Abwehr rechtsextremistischer Gefahren und dazu einen Informationsaustausch organisieren. Das mag richtig sein, aber es ist weder neu noch ist es der Schlüssel zu einem wirklichen Erfolg im Kampf gegen Rechts. Was bringt uns diese Regierungserklärung? Das ist die Frage, die wir uns stellen. Nichts Neues heißt die klare Antwort,
nichts Neues, überhaupt nichts Neues. Sie sagen, dass Sie organisatorisch nun einiges angehen wollen. Sie wollen das LKA umbauen, organisatorisch neu strukturieren, aber das haben Sie vor einem Jahr in der Polizeistrukturreform schon gesagt. Sie wollen es jetzt nur schneller machen. Sie sagen dem Parlament keinen Anhaltspunkt, wie, und das in einer Regierungserklärung, die wir alle heiß erwartet haben. Das ist schwach. Sie haben auch keine wirklich neuen Gesetzesinitiativen vorgestellt. Zum Beispiel legen Sie dar, dass Sie an die Waffenbehörden eine Verordnung erlassen haben, wie nun mit Personen, die eine Mitgliedschaft in einer rechten Organisation haben, umzugehen sei. Das ist ein alter Hut. Das Bundesverwaltungsgericht hat am 30.09.2009 schon entschieden, dass man das machen kann. Warum hat es Thüringen nicht getan? Warum kommt erst jetzt die Verordnung?
Kein Wort davon in Ihrer Regierungserklärung, das kritisch dem Parlament ehrlich zu sagen. Wir müssen nachschauen, um diesen Sachverhalt aufzuklären. Sie sagen, das NPD-Verbot sei eine Antwort, eine Konsequenz aus dem Schäfer-Bericht. Sie wissen, dass wir darüber einen Dissens haben, aber das ist wirklich kein neuer Ansatz. Ich warne davor, das als Lösung zu sehen, denn Sie wissen viel besser als ich, wie schwierig der Weg dorthin wird. Ob das gelingt, wissen wir heute alle zusammen noch nicht. Wohin uns das führen wird, ob wir dann eine rechtsextremismusfreie Gesellschaft haben, wenn wir die NPD verboten haben, ich bezweifle das sehr.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, neu wäre eine neue Rhetorik gewesen, neu wäre eine Rhetorik gewesen, Herr Innenminister, in der Sie nicht nur im Passiv sprechen.
Neu wäre auch eine Rhetorik gewesen, die nicht immer - und hier nehme ich nicht ganz die Position von Frau Renner ein - verweist in der Bezeichnung der Terrorgruppe der rechtsextremistischen Straftäter auf einen Ort in Sachsen. Die Sachsen machen das übrigens genauso, die sagen immer das Jenaer Trio. Machen wir das doch mal konkret, wenn wir Bezeichnungen suchen, dann nehmen wir doch Bezeichnungen, die auf unsere Verantwortung hinweisen und lassen Sie uns dazu stehen. Es waren unsere Staatsanwälte, die versagt haben, es sind unsere Fahnder, die versagt haben, und es ist unser Geheimdienst, der versagt hat. Dieses Parlament trägt die Verantwortung dafür, die Aufklärung zu organisieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hatte gesagt, ich will noch einmal auf die Rhetorik der Extremismustheorie zurückkommen. Ich würde mich sehr freuen, wenn in Zukunft in diesem Parlament, wenn wir über Rechtsextremismus sprechen, diese Rhetorik nicht immer wieder bemüht wird.
Sie haben einen guten Anfang heute dafür gesetzt, das würde mich freuen. Aber wir brauchen auch eine Rhetorik, die nach den wirklichen Ursachen sucht und diese benennt. Sie haben an einer Stelle gesagt, Sie wollen Staatsanwälte, Fahnder, Polizisten und Ermittler dafür sensibilisieren, wenn Migranten Opfer von Verbrechen werden. Ich glaube, es ist wieder der falsche Fokus, weil Sie wieder nicht im Blick haben, was ist denn mit Andersdenkenden, was ist denn mit Menschen, die von den Rechten als Linke erkannt werden, nur weil sie bunte Haare haben und ein bisschen mehr Vielfalt in unsere Gesellschaft bringen wollen. Es geht um gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und es wäre mir wichtig, dass wir diese Begrifflichkeit in unsere Debatten einführen
Neu hätten auch zivilgesellschaftliche Ansätze sein können. Die Landesregierung hätte heute sagen können, Initiativen wie MOBIT und Ähnliche werden wir in Zukunft dauerhaft ohne jährliches Warten und Bangen um die Zuschüsse so finanziell unterstützen, dass sie eine gute Arbeit in allen Regionen Thüringens machen können, dass sie sich ausbreiten können und dass sie ihre Projekte wie „Nazi in Parlamenten“ und Ähnliches gut durchführen können. Das wäre eine Ansage,
das wäre ein Ergebnis gewesen, darüber hätte die Presse schreiben können. Es wäre auch gut gewesen - Herr Höhn hat das dankenswerterweise schon angesprochen -, wenn Sie etwas zur Extre
einfach zu sagen, wir machen das nicht in Thüringen, wir wollen das nicht. Und es wäre fortschrittlich gewesen und ein Nach-Vorne-Denken, wenn wir über unsere Thüringer Kommunalordnung gesprochen hätten. Sie so zu verändern, dass die Geschäftsordnungen unserer Stadträte, unserer Gemeinderäte, unserer Landkreise, Landkreistage so verändert werden, dass Debatten eingefordert werden, dass es nicht möglich ist, ratzfatz drüber zu gehen und Minderheiten kaum ein Fragerecht haben, kaum eine Beteiligungsmöglichkeit haben.
Es wäre richtig gewesen, in diesem Zusammenhang mehr Demokratie in den Mund zu nehmen und zu zeigen, dass wir Menschen, die sich nach rechts wenden, weil sie enttäuscht sind von unserer parlamentarischen Demokratie, zurückzuholen und zu zeigen, ja, wir haben das verstanden, wir wollen Beteiligung organisieren. Das wäre ein Ansatz gewesen, der hätte neu sein können, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir hätten über Organisation sprechen können und hätten uns kritisch mit der Polizeistrukturreform, die Sie im letzten Jahr auf den Weg gebracht haben, auseinandersetzen können. Es mag für Wahlkämpfe und in konservativer Sicherheitsanalyse immer günstig sein, mehr blau auf die Straße zu bringen, aber eines wird doch deutlich: Wir brauchen Expertise, wir brauchen Kenner der Szene vor Ort, und das heißt vor allen Dingen, dass wir in die Ausbildung investieren müssen und nicht ständig neue Strukturen schaffen, die alles neu durcheinanderwirbeln und dabei darauf schauen, dass wir möglichst viele Polizisten auf der Straße im Streifendienst haben, sondern wir brauchen die Expertise, um uns diesen Phänomenen entgegenstellen zu können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, neu wäre auch gewesen - und Herr Höhn hat das angemahnt -, wenn Sie Verantwortung übernommen hätten, Verantwortung benannt hätten.
Ich glaube, dass die Schäfer-Kommission eine unendlich wichtige Arbeit geleistet hat, und es ist gut, dass wir sie hatten. Dennoch müssen Sie sich doch nach sechs Monaten jetzt kritisch damit auseinandersetzen, dass das Parlament und die Ausschüsse an Ihnen abgeperlt sind mit ihren Fragen in der Zeit der Arbeit der Schäfer-Kommission mit dem Verweis darauf, die Schäfer-Kommission arbeitet noch, und jetzt abperlen mit unseren Fragen an Sie, dass Sie sagen: Fragen Sie Herrn Schäfer, das
ist doch nicht meine Arbeit gewesen. Sie müssen die Verantwortung übernehmen für das, was in diesem Land an Aufklärung jetzt zu schaffen ist. Sie können diese Verantwortung nicht weiterdelegieren und Sie müssen die Gremien, die dafür von Gesetzes wegen installiert sind, ernst nehmen, hier insbesondere die Parlamentarische Kontrollkommission.