Protokoll der Sitzung vom 22.06.2012

In Eisenach sieht es tatsächlich so aus, dass man die Kuh vom Eis hat, dass wohl der Finanzminister aus dem allgemeinen Haushalt hier zuschießt bzw. die Stadt Eisenach die Genehmigung erhalten hat oder erhalten wird, doch Gelder für die freiwillige Aufgabe Theater auszugeben. Das ist grundsätzlich gut. Das Theater hat seine Existenzberechtigung und der Theaterstandort ist sehr traditionsreich und muss auch gehalten werden. Ich habe aber beim letzten Mal schon darauf hingewiesen und das mache ich jetzt auch noch einmal: Mit dieser Sondergenehmigung ist natürlich die Kommunalaufsicht ausgehebelt worden und auch die kommunale Rechtsprechung, die kommunale Gesetzgebung in Thüringen. Da sehe ich eine Gefahr.

(Beifall FDP)

Wir wissen alle, primäre Finanzierung ist immer Pflichtaufgabe, dann freiwillige Aufgaben. Damit wurde es also Eisenach gestattet, seinen städtischen Anteil rechtsverbindlich zuzusagen trotz der Haushaltskonsolidierung. Auch die Lage in Altenburg/Gera ist sehr prekär. Das hat Frau Dr. Klaubert sehr ausdrücklich und sehr deutlich hier klargemacht. Das Thema Haustarifvertrag ist ein Problem. Die Bühnenarbeiter weigern sich, sich diesem Haustarifvertrag anzuschließen bzw. den auszuhandeln. Da muss ich auch sagen, wir haben bereits im letzten Jahr darüber gesprochen und ich hatte damals schon meine Bedenken angemeldet, dass es eventuell schwierig wird, Flächentarifverträge anzukündigen, und das bei vollem Bewusstsein, dass das Geld eventuell dann doch nicht reicht. Denn ich habe nicht mehr Geld zur Verfügung im Haus, wenn ich vom Haustarifvertrag weggehe, die ja anders abgeschlossen waren.

(Beifall FDP)

Jetzt ist es so, dass sich die Angestellten verschaukelt fühlen. Das ist meines Erachtens nachvollziehbar und die Erwartungen, die hier geweckt wurden, sind eben nicht erfüllbar. Wir stimmen dem Herrn Minister Matschie ausdrücklich zu, dass die Sparten erhalten werden sollen. Tatsächlich ist auch erst einmal der Träger am Zug. Die Akteure vor Ort müssen unbedingt aufeinander zugehen, damit es nicht zu einem Kulturabbau per Rechenschieber kommt.

(Beifall FDP)

Das ist das große Problem. In Erfurt hat also der Stadtrat dem Vertragsentwurf bis jetzt noch nicht zugestimmt. Es wäre ein schlechtes Signal grundsätzlich, wenn alle Verträge noch einmal aufge

(Abg. Rothe-Beinlich)

macht werden müssten, denn wenn das Instrument der Finanzierungsvereinbarung nicht mehr greift und auch seine Zuverlässigkeit verliert, dann ist die längerfristige Planbarkeit der Häuser überhaupt nicht mehr gegeben.

(Beifall FDP)

Wir lehnen aus diesem Grunde auch die pauschale Forderung nach Nachverhandlungen ab. Wir bleiben auch dabei, dass die Kommunen so ausgestattet sein müssen, dass sie sich freiwillige Aufgaben und auch Kultur leisten können. Wir haben auch das schon gehört. Ich denke, gerade die Kulturfinanzierung wird ein wichtiger Schwerpunkt sein, wenn es um die Diskussion des neuen KFA geht, um ganz einfach den Kommunen das auch zu ermöglichen, freiwillige Aufgaben zu finanzieren.

(Beifall FDP)

Denn dass die Kultur wichtig ist, das steht hier außer Frage. Der Vorschlag der Fraktion DIE LINKE, über die Kulturabgabe allen Kommunen eine Abgabe abzufordern, den lehnen wir ab. Wir sind der Meinung, das ist der falsche Weg. Ich glaube auch, dass dieses Prinzip, dass alle bezahlen für die Standorte, auf wenig Akzeptanz im Land Thüringen treffen wird bei den Kommunen. Was wir allerdings ausdrücklich auch unterstützen, ist die Forderung der Fraktion DIE LINKE nach einem Landeskulturkonzept. Herr Matschie hat schon lange erklärt, dass er an diesem Landeskulturkonzept arbeitet und das voranbringen will, und darauf freuen wir uns. Das ist sehr wichtig, die Fülle der einzigartigen Thüringer Kulturlandschaft verdient ein akzeptables, verlässliches Landeskulturkonzept. Im Ergebnis dieser Diskussion zu dem vom Ministerium vorgelegten Landeskulturkonzept, was hoffentlich recht bald kommt, geht es natürlich auch darum, wie wird die Kultur finanziert und wie wird sie so finanziert, dass sie verlässlich ist für die Kommunen, die Theater beherbergen und auch als Träger zu finanzieren haben. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Kellner zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, als Erstes freue ich mich mal, dass unsere Theater mittlerweile alle erhalten werden konnten, die Theaterstandorte. Ich denke, das war nicht von vornherein zu sehen, das haben wir geschafft, das steht im Koalitionsvertrag, den haben wir erfüllt. Ich denke, das ist erst einmal das gute Zeichen. Bei allen Schwierigkeiten, die auch im Vorfeld damit zusam

menhingen, ist doch der Erfolg da, alle Theaterstandorte bleiben erhalten.

Was die Finanzierung anbelangt, so ist das vom Land auf den Weg gebracht worden, die Verträge sind weitestgehend alle abgeschlossen, bis auf Erfurt, was jetzt im Stadtrat noch hängt. Ich möchte auch an der Stelle sagen, es kann nicht sein, dass das Land als Erstes in die Bresche springt, wenn es irgendwo brennt. In erster Linie sind die Kommunen auch mitverantwortlich, mit als Träger ihren Eigenanteil zu bringen.

Da bin ich gleich bei Eisenach, was uns ja mehrfach hier beschäftigt hat. Das hat ja eine Ursache gehabt, und dass es auf den letzten Drücker passiert ist, hat mit dem Land nichts zu tun. Die Landesfinanzierung stand, der Anteil des Landes war bereitgestellt; der Eigenanteil der Kommune hat gefehlt. Jetzt ging das Tauziehen über Monate hin und her. Das Landesverwaltungsamt hat mehrfach aufgefordert, ein Konsolidierungskonzept vorzulegen, damit der Eigenanteil dargestellt werden kann oder eben auch nicht. Aber wir brauchen ja immer eine Grundlage, wenn das Land einspringen soll, wenn die Mittel wirklich nicht aufzubringen sind. Das Konsolidierungskonzept in einer Kommune legt fest, was für mich wichtig ist. Da muss man abwägen und da muss man letztendlich auch Prioritäten setzen. Wenn man die Priorität zum Theater hin setzt, dann muss man andere freiwillige Leistungen runterfahren. Das muss das Konsolidierungskonzept aussagen. Wenn dann immer noch nicht die Möglichkeit besteht, aus eigenen Mitteln das zu schaffen, dann, denke ich mir, ist das Land immer bereit - und das hat man jetzt auch in Eisenach ganz deutlich gesehen - einzuspringen.

Aber wenn wir diesen Grundsatz verlassen, erst das Land und dann der kommunale Anteil irgendwann, werden wir im Prinzip nicht mehr zurechtkommen. Deswegen meine Bitte auch an die kommunalen Träger, wir sind ja in Gotha auch kommunaler Träger von der Philharmonie, dass wir natürlich in erster Linie auch schauen müssen, dass wir unseren Eigenanteil hinbekommen.

Was Altenburg/Eisenach anbelangt, das wurde hier auch schon mehrfach diskutiert. Hier gibt es ja einen abgeschlossenen Vertrag. Hier gab es einen Vertrag, wo man sich einig war, der Träger mit dem Land Thüringen. Den Vertrag hat man auch unterschrieben. Dann habe ich nicht verstanden, wenn das Defizit bekannt war, vor allen Dingen in dieser Größenordnung angeblich schon vorher bekannt war, dass man dann den Vertrag unterschreibt. Das kann ich nicht nachvollziehen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, DIE LINKE: Das kann ich auch noch mal erklären.)

Daran wäre ich sehr interessiert, weil die Informationen bei mir so angekommen waren, ich habe

(Abg. Hitzing)

einen Vertrag unterschrieben und hinterher reicht das Geld nicht, wohl wissend im Vorfeld. Auch hier hat das Land natürlich sich bewegt und hat wieder Geld zur Verfügung gestellt, wenn der kommunale Träger mitzieht. Ich denke, das ist auch mehr als gerecht, dass beide Partner das machen.

Was die Beteiligung angeht, dieser Kulturförderausgleich, wie das in Ihrem Antrag DIE LINKE vorschlägt, mag das im ersten Moment natürlich verführerisch sein, viele kleine Beträge in einer Summe und alles ist gut. Hier muss ich sagen, die Kulturlandschaft ist eben mehr als Theater und Orchester.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, eindeutig.)

(Beifall CDU)

Frau Rothe-Beinlich hat ja eine ganze Menge aufgezählt, was die Kulturlandschaft ausmacht. Bei mir im Wahlkreis gibt es Dutzende Museen, in den Dörfern Kulturvereine und es gibt auch Bibliotheken mittlerweile wieder, was von den Kommunen finanziert wird, was die Kommunen selber leisten. Wenn wir jetzt anfangen, diese Trennung vorzunehmen, dass auf der einen Seite die Hochkultur verstärkt gefördert wird, aber alle bezahlen, dann halte ich das für bedenklich zum einen, zum anderen muss ich sagen, gerade wo die Landkreise Träger sind, bei den Orchestern, Theatern, bei der Hochkultur, dann sind ja die Kommunen über die Kreisumlage direkt betroffen. Ein Großteil der Gemeinden zahlt letztendlich schon für diese Theater und Orchester dadurch, dass sie über die Kreisumlage die Finanzierung mitgestalten. Also an der Stelle haben wir de facto schon einen Kulturförderausgleich. Jetzt haben wir sicherlich ein paar Bereiche, wo das nicht der Fall ist, aber die werden das nicht reißen, das muss ich auch sagen. Noch etwas obendrauf zu setzen, halte ich für äußerst fragwürdig und auch schwierig, weil, wie gesagt, die Kreisumlage an der Stelle schon die kleinen Gemeinden mit einbezieht. Was die Städte anbelangt, die bekommen schon mehr Geld als der ländliche Raum, als die kleinen Gemeinden über die veredelte Schlüsselzuweisung, die bekommen doch schon mehr Geld, weil sie auch mehr Lasten haben, das ist so und das ist wichtig so, das halte ich auch für gerecht, dass man hier eine Differenzierung macht zwischen den Städten, die Aufgaben wahrnehmen auch für den ländlichen Raum und dafür mehr Geld bekommen. Was darüber hinausgeht, sollte nach wie vor auf freiwilliger Basis passieren, freiwillig sollten das die Kommunen, die Träger gestalten, so wie das in den letzten Jahren war. Ich denke, von diesem Prinzip sollte man erst mal nicht abrücken. Wenn jetzt immer der Kommunale Finanzausgleich mit bedient wird, da sind die Erwartungshaltungen ja riesig - letztendlich ist es doch so, dass man dann

wieder eine Umverteilung macht zulasten der Kommunen. Das Geld fehlt.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Das muss nicht sein.)

Man kann es auch drucken. Es fehlt, da müssen wir uns nichts vormachen. Jetzt muss man wirklich mal genau schauen, wie viel wird jetzt schon finanziert von den Kommunen, von den kleinen, vom ländlichen Raum. Herr Hey, bestes Beispiel: Der Landkreis Gotha steckt viel Geld in die Philharmonie, was ich auch als richtig und wichtig empfinde, das kostet die kleinen Gemeinden alle richtig Geld. Die Diskussion haben wir jedes Mal im Kreistag, dieses durchzubringen, weil dann keine Jubelstürme stattfinden, das ist so und der Anteil ist nicht gering. Aber die Entscheidung soll nach wie vor bei den Kommunen bleiben, soll nach wie vor freiwillige Leistung sein und es sollte nicht dazu kommen, dass man eine Umverteilung macht, ohne den, der abgeben muss, zu fragen oder die Möglichkeit zu geben, selber zu entscheiden. In diesem Sinn werden wir diesen Gesetzentwurf ablehnen. Danke.

(Beifall CDU)

Danke, Herr Abgeordneter Kellner. Es hat sich jetzt der Abgeordnete Meyer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe mich mal wieder zu dem ersten Wort aus dem Antrag zu Wort gemeldet, zum Thema Finanzierung. Das ist mein Thema und ich finde, wenn das Dogma, das hier immer vor sich hergetragen wird, das kenne ich seit 20 Jahren aus dem Stadtrat in Weimar auch, dass Theater und Orchester das originäre Herzstück der kulturellen Leistung in diesem Land sind, nicht Literatur, nicht bildende Kunst, sondern Theater und Orchester, wenn das so ist, muss das ganze Land solidarisch dafür sorgen, dass diese Theater weiter da sind.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Theater, lebendige Theater sind bespielte Theater. Jetzt kommt der zweite Teil des Themas, bespielte Theater sind nicht immer nur Theater mit einem eigenen Ensemble, das sage ich hier als Finanzmensch. Den Mut muss man auch haben, das zu sagen. Wo es dann passiert, ist eine ganz andere Frage, aber die beiden Dogmen gehören zusammen. Auch die Historie Thüringens kennt Theater, die kein eigenes Ensemble hatten und trotzdem Weltgeltung gehabt haben, meines Wissens zumindest.

(Abg. Kellner)

Drittes Thema: Das Land hat - ich hätte fast ein Wort gesagt, das mir einen Ordnungsruf einbringt die Pflicht und Schuldigkeit, für Tariftreue zu sorgen. In allen öffentlich geförderten Einrichtungen, wenn wir über das Entsendegesetz sprechen, sprechen wir darüber auch, dass wir Theatermitarbeiterinnen und -mitarbeiter meinen. Tariftreue dort heißt, Haustarife unter einem bestimmten Niveau sind nicht zulässig.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Auch das muss gesagt werden. Dann sind wir schon bei der Frage: Um wie viel Geld geht es eigentlich? Da hat der Minister ein ganz schweres Problem, da bin ich ganz bei ihm, das ist ihm auch nicht unklar, dass das so ist. Auch da gilt es als ein drittes oder viertes Dogma, natürlich sind die Kommunen verantwortlich, aber dann geben Sie doch diesen Kommunen, Entschuldigung, auch endlich einmal die Chance, das tun zu können.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich bin nicht der Oberbürgermeister von Eisenach, aber Eisenach ist definitiv zu klein, um diese Bürde alleine stemmen zu können. Wenn der Landkreis zurzeit nicht bereit ist, das zu tun, was in Gera und Altenburg der Landkreis gemacht hat, nämlich mit zu tun daran, dann muss man ihn dazu freundlicherweise verpflichten. Das Einfachste wäre, die Kreisfreiheit aufzugeben.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das ist das vierte oder fünfte Dogma. Natürlich müsste es dann innerhalb der Kommunen die Möglichkeit geben zu antworten.

Als Letztes: Nein, Herr Kellner, ich glaube nicht, dass es die Chance gibt, dass wir glauben können, dass es über die Kommunen irgendeine Art von dauerhafter Lösung gibt. Wir werden uns weiterhin von Jahr zu Jahr, von zwei Jahren zu zwei Jahren hangeln. Die zentrale Frage wird hier auf diesem leeren Platz gelöst. Der Kommunale Finanzausgleich muss dafür sorgen, dass dieses Dogma, dass das eine Pflichtaufgabe des Landes Thüringen ist,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

weil wir uns dazu bekennen, dass unsere Theater und Orchester eine Pflichtaufgabe sind, auch entsprechend auszustatten sind (was auch bedeutet, dass andere kein Geld mehr bekommen werden, sei es in der Kultur, sei es im Sozialen, in der Infra- struktur oder wo auch immer).

Eine letzte Bemerkung von mir - ich habe noch eine Minute - und die geht jetzt mal an die Strategen von

der CDU, obwohl Herr Mohring gerade telefoniert, das ist nun mal nicht zu ändern. Meiner Ansicht nach haben Sie jetzt die einmalige Chance, nachdem die Oberbürgermeister- und Landrätewahlen, freundlich formuliert, Veränderungen gebracht haben, zu realisieren, dass nicht mehr das flache Land das ist, wo Sie gewinnen können. Wenn Sie jetzt auch die Städte gewinnen wollen als CDU, dann machen Sie endlich eine Strukturdebatte, die dafür sorgt, dass die Städte auch leben können, wenn sie Theater besitzen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)