Protokoll der Sitzung vom 19.07.2012

(Zwischenruf Abg. Dr. Augsten, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Abwarten.)

kann ich nur danke schön sagen, Herr Augsten, dass Sie diesen Antrag gestellt haben. Wir hätten uns das gar nicht getraut. Also zu irgendwas seid ihr doch nütze.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich mache es ganz kurz, wir stimmen dem Antrag zu bis auf Punkt II.2., wo Sie hier das zunehmend verunreinigte Saatgut anführen. Das ist nicht der Fall und was nicht der Fall ist, das müssen wir nicht noch durch einen Antrag zementieren, das muss nicht sein. Ich bitte schon jetzt um getrennte Abstimmung bei Punkt II. und würde vorschlagen, dass wir allen Punkten außer II.2. in Ihrem Antrag zustimmen. Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Primas. Jetzt noch mal für mich: Sie wollen die II.2. extra abstimmen?

Die II.2. wollen wir ablehnen und deshalb müssen wir sie extra abstimmen, wenn wir den anderen zustimmen wollen.

Alles klar. Danke. Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Dr. Scheringer-Wright.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, manche von Ihnen erinnern sich vielleicht noch und Sie bestimmt, Herr Primas -, dass 2005 und 2008 hier in diesem Haus meine Fraktion zuerst als PDS und dann als DIE LINKE Anträge zur Unterstützung gentechnikfreier Zonen und zur Abwehr der Gefahren

(Zwischenruf Abg. Mühlbauer, SPD: Das hat sich vorhin anders angehört.)

durch transgenen Mais eingebracht hat. Damals haben Sie leider noch nicht so geredet, aber es ist ja nie zu spät, Herr Primas.

(Zwischenruf Abg. Mühlbauer, SPD: Das ist der Einfluss, der positive.)

Ich habe mich gefreut, dass Sie das jetzt so dargestellt haben. 2009 hat Frau Aigner den Mais MON 810 bundesweit verboten. Hier wurde 2010

(Abg. Hitzing)

fraktionsübergreifend ein entsprechender Beschluss gefasst und die Sozialministerin hat nachfolgend die Charta der gentechnikfreien Regionen unterzeichnet.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Schön!)

Der Landtagsbeschluss war butterweich, aber es war ein erster Schritt, besser als gar nichts. Nach zwei Jahren macht es Sinn, sich zu fragen, wo wir stehen und welche Forderungen und Maßnahmen wir brauchen, wenn wir es ernst meinen mit „Thüringen aktiv gegen den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen“. Vorab für die Zuschauer draußen wollte ich noch mal sagen, DIE LINKE hat sich immer für eine differenzierte Betrachtung der Biotechnologie eingesetzt. Grundlagenforschungen im Bereich Genetik, Gentechnik und insgesamt in der Biotechnologie sind notwendig und bringen uns auch voran. Aber die Aussagen, die Sie gebracht haben, Frau Hitzing, die sind einfach zu kurz gegriffen. Nicht alles, was man erforscht hat und was man kann, muss man auch einsetzen.

(Beifall Abg. Blechschmidt, DIE LINKE)

Das beste Beispiel ist die Atombombe. Wenn eine Technologie nur eingesetzt wird, um Profite zu steigern, gerade der Konzerne, während die Nebenwirkungen überhaupt nicht überrissen werden können, wie das bei der Agrogentechnik der Fall ist, dann lehnen wir das ab.

Aber zurück dazu, wo wir in Thüringen stehen. Sie haben das mit den Pachtverträgen gesagt und ich denke schon, es ist wichtig, auch bei Pachtverlängerung und bei denen, wo die Pachtverträge jetzt nicht neu gemacht werden, darauf hinzuweisen, dass Thüringen Gentechnikfreiheit verfolgt. Es sind auch nicht so viele, sechs Gemeinden und Städte, die sich dann wirklich als gentechnikfreie Zonen ausgerufen haben, wenn doch schon die Landesregierung und der Landtag diesen Schritt gemacht haben. Da muss vielleicht auch noch Beratung vor Ort passieren.

Zu den unter II. aufgeführten Anforderungen an die Landesregierung: Das mit den Pachtverträgen habe ich schon gesagt; angesichts zunehmender Verunreinigung von Saatgut ist es natürlich schon wichtig, Herr Primas, die Kontrolldichte zu erhöhen. Dass Sie ausgerechnet diesen Punkt ablehnen wollen, erschließt sich mir nicht. Unter 3. wird im Antrag gefordert, angesichts des Honig-Urteils des Europäischen Gerichtshofs das Gentechnikrecht in Deutschland zu verschärfen. Das ist unbedingt notwendig, denn zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs kam das vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof dazu und beide Urteile zusammen sagen aus, dass Honig, der mit Pollen von transgenen Pflanzen verunreinigt ist, nicht verkauft werden darf, wenn die transgene Pflanze keine Lebensmittelzulassung hat. Das ist auch ein Problem, weil,

Frau Taubert, es werden zwar keine Pflanzen kommerziell angebaut, aber es gibt immer noch Versuchsflächen in Deutschland - KWS, Niedersachsen, also gar nicht so weit von der sachsen-anhaltinischen Grenze, Sachsen-Anhalt haben Sie genannt. Da werden schon gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut, die auch gar keine Zulassung haben und damit natürlich für Imker eine Gefahr darstellen. Die Imkerei hat keinen Rechtsanspruch auf Schutz ihrer Bienen vor den gentechnischen Pflanzen und das ist wirklich absurd und da muss was passieren. An dem Beispiel zeigt sich eben, die Koexistenz, so wie sie in das Gentechnikgesetz geschrieben war, mit den Abständen, funktioniert nicht und das war schon damals klar, als die GRÜNE-Ministerin Künast das Gesetz erlassen hat. Auch damals haben Fachleute darauf hingewiesen, das funktioniert nicht und deswegen ist es dringend geboten, das zu überarbeiten.

DIE LINKE-Fraktion im Bundestag hat in diesem Juni genauso einen Antrag in den Bundestag eingebracht. Der Antrag ist jetzt im Ausschuss und damit ist jetzt schon genau der richtige Zeitpunkt, auch noch einmal so eine Novellierung des Gentechnikgesetzes zu unterstützen, damit das auch durchgesetzt wird. Dann war im Antrag zu lesen, die Landesregierung möge sich gegen die angekündigte Zulassung der sechs gentechnisch veränderten Maissorten durch die EU-Kommission einsetzen. Das unterstützen wir, wobei uns die Ministerin ja gerade mitgeteilt hat, dass die jetzt genehmigt sind und da wäre dann die Krux, so oder so, wir werden das sowieso unterstützen, aber da ist die Krux. Es muss auch darum gehen, dass unabhängig von den Zulassungen diese Maislinien oder andere Gentech-Pflanzen in Thüringen nicht angebaut werden. Die Landesregierung - und das will sie ja machen - muss sich grundsätzlich dafür einsetzen, dass keine transgenen Pflanzen angebaut werden dürfen und da war mir das eben zu unspezifisch. Wie wollen Sie das machen? Sie sind ja in der Regierung. Wenn ich jetzt in der Regierung wäre, würde ich Ihnen einen genauen Maßnahmenkatalog liefern.

Zur Forderung, die Bestrebung des Bundesverbraucherschutzministeriums zu unterstützen, die Aufweichung der Nulltoleranzregelung zu verhindern: Dieses Anliegen unterstützt meine Fraktion. Denn wenn die Nulltoleranz aufgegeben wird, gefährdet das die ökologische Landwirtschaft und eine gentechnikfreie, konventionelle Landwirtschaft ist praktisch nicht mehr möglich. DIE LINKE lehnt solche Vorstöße, wie sie vor allem aus der FDP kommen, entschieden ab. Auch die Entscheidung auf europäischer Ebene, dass in der EU nicht zulässige GVO unter 0,1 Prozent in Futtermitteln ohne Kennzeichnung geduldet werden sollen, stellt für die gentechnikfreie Landwirtschaft ein Fiasko dar. Mit solchen Entscheidungen soll eine schleichende

Verseuchung aller Bereiche der Landwirtschaft mit GVO verwirklicht werden, um letztendlich die Gentechnik gesellschaftsfähig zu machen mit dem Argument, dass sowieso GVO überall in der Landwirtschaft vorkäme. Diese Vorgehensweise widerspricht jeglichen demokratischen Regeln, denn damit haben Landwirte und Verbraucher überhaupt keine Entscheidungsfreiheit mehr. Wie gesagt, bei Futtermitteln ist das so. Wichtig ist nun, dass Lebensmittel und Saatgut möglichst frei von Gentechnik bleiben. Deswegen muss der Vorschlag der EUKommission von Deutschland eindeutig abgelehnt werden. Damit im Zusammenhang steht, dass endlich eine Kennzeichnungspflicht für Produkte, die von Tieren stammen, welche GVO-Futter erhalten haben, eingeführt werden muss. Zum Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern müssen gentechnisch veränderte Organismen in Lebensmitteln und im Tierfutter gekennzeichnet werden. Es gibt wirklich eine Kennzeichnungslücke, die geschlossen werden muß, wenn man den Verbrauchern eine Wahl lassen will. Wahlfreiheit ist ein hohes Gut. Frau Hitzing, Sie fragen, was will man alles auf die Konservendose schreiben, was alles drin ist. Wir wollen gar nicht, dass so viele verschiedene chemische Zusätze drin sind. Da muss man auch den Beipackzettel nicht schreiben.

Wenn wir uns all diese Baustellen anschauen, so sehen wir, dass wir uns auch in Thüringen nicht ausruhen können.

(Beifall Abg. Bärwolff, DIE LINKE)

Wir finden den Antrag insgesamt gar nicht schlecht, ganz zielführend. Aber wir hätten bestimmte Sachen gerne in den Ausschüssen beraten, Herr Augsten, um das zu schärfen, um die Forderungen zu schärfen, die jetzt gestellt werden müssen und was auch auf Bundesebene gemacht werden muss, damit es nämlich spezifischer wird als das, was Ministerin Taubert jetzt vorgeschlagen hat. Deswegen beantrage ich für meine Fraktion eine Überweisung an den Agrarausschuss und an den Sozialausschuss. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Das Wort hat jetzt die Frau Abgeordnete Mühlbauer für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zuerst mal ein Dankeschön sagen, ein Dankeschön an unsere Ministerin für den ausführlichen Sofortbericht, ein Dankeschön an die Kollegen der CDU für diese wegweisenden Entscheidungen, die wir 2010 hier getroffen haben. Frau Scheringer-Wright, 2010 kannte ich

Sie noch nicht, da hat Ihr Kollege Kummer hier gesprochen. Deswegen kann ich Ihnen keine Wiederholung vorwerfen. Aber wir haben Kollegen Kummer weiterentwickelt in den Jahren ’10 bis ’12. Dass Sie die Positionen schon vor ’10 hatten, freut mich, ist aber nicht so deutlich kommuniziert worden.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Er auch, er auch. er auch.)

Das nur als kleine Anmerkung. Mich freut es jetzt, dass DIE LINKE auch einen Quantensprung in der Entwicklung zur Gentechnik gemacht hat und wir Sie auch 1:1 in unserem Boot begrüßen dürfen.

(Zwischenruf Abg. Kummer, DIE LINKE: Was soll denn das?)

Diesbezüglich willkommen im Klub, danke, Frau Scheringer-Wright.

Frau Abgeordnete Mühlbauer, es gibt den Wunsch auf eine Zwischenfrage.

Nachher bitte.

Frau Abgeordnete Mühlbauer lässt das nicht zu.

Doch, bitte im Nachgang, wenn ich fertig bin. Werte Kollegin Hitzing, erstens mal es war eine Wiederholung. Der Rede durfte ich schon mal lauschen. Ich konnte jetzt nicht nachlesen, zu welchem unserer vielfältigen Anträge wir dies schon gehört hatten. Aber wir kennen Sie eigentlich alle als selbstdenkendes Wesen. Dass Sie hier das Auftragswerk und einen Lobbyismus der BASF starten, enttäuscht mich doch ein bisschen. Da denke ich mir, da können wir auch noch anderes von Ihnen erwarten. Aber diesbezüglich, denke ich mal, nur eine Anmerkung - Hunger geht nicht mit Gentechnik, schon gar nicht mit grüner Gentechnik zu bekämpfen. Hunger ist ein Verteilungsproblem.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Solange wir Tank und Tonne hier nicht in den Griff bekommen und 30, 40 Prozent unserer Produkte wegschmeißen können

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Und zu viel Fleisch essen.)

auf billigstem Niveau, werden wir die Frage des Hungers nicht lösen. Hunger hier in die Debatte einzubringen und die mit unserem hohen Standard hier zu diskutieren, frage ich Sie, wie sollen bitte die

(Abg. Dr. Scheringer-Wright)

hungernden Menschen unsere Entwicklungsingenieure bezahlen. Das führt dazu, dass die Spirale sich vergrößert. Das ist nicht meine Politik und das kann nicht mein Weg sein. Da werden wir nicht auf einem Level diskutieren können.

Habe ich mich schon bedankt bei Ihnen, Herr Augsten, für den Antrag?

(Zwischenruf Abg. Schubert, Adams, Dr. Augsten, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, wir warten darauf.)

Dann ist es jetzt der Moment - vielen Dank an BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vielen Dank für den Antrag und vielen Dank, dass Sie nach zwei Jahren, wo Sie uns immer geprüft haben, ob wir das ehrlich meinen, auch festgestellt haben, ja die meinen es ehrlich, die packen Sachen an, die schreiben die in den Koalitionsvertrag und die tun das. Das ist, lassen Sie mich das heute mal so sagen, nicht nur ein Beispiel, das ist das Beispiel unserer Politik, unserer Glaubwürdigkeit und unserer Leistung für den Freistaat Thüringen.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sie machen eine Regierungs- erklärung.)