Protokoll der Sitzung vom 20.07.2012

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie die Region kennen, dann denke ich mir schon, dass es hier ganz wichtig ist, diesen Schritt zu tun.

(Beifall FDP)

Darum wollte ich gern hier noch einmal bitten, dieses genauestens zu betrachten. Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU, FDP)

Vielen Dank. Ich sehe keine Wortmeldungen mehr, dann schließe ich die Debatte. Es wurde Ausschussüberweisung an den Innenausschuss beantragt. Wir stimmen über diese Ausschussüberweisung ab. Wer für die Überweisung an den Innenausschuss ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das ist die Zustimmung bei der FDP, der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? Es sind 4 Gegenstimmen aus der SPD. Wer enthält sich? Es gibt keine Enthaltungen. Damit ist die Überweisung bestätigt.

Ich schließe die Debatte zum Tagesordnungspunkt 6 und rufe auf den Tagesordnungspunkt 1 in seinen Teilen

a) Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen (Gesetz zur Stärkung der Verantwortlich- keit von Regierungsmitglie- dern gegenüber dem Parla- ment) Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/4533 ZWEITE und DRITTE BERATUNG

b) Gesetz zur einfachgesetzlichen Umsetzung des Artikels 69 a der Verfassung des Freistaats Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/4534 ZWEITE BERATUNG

Folgender Hinweis: Der Landtag hatte sich bei der Feststellung der Tagesordnung darüber verständigt, das Fünfte Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen in der Drucksache 5/4533 heute in zweiter und - sofern keine Ausschussüberweisung beschlossen wird - in dritter Beratung zu behandeln.

Wir beginnen mit der zweiten Beratung des Fünften Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen in der Drucksache 5/4533. Die Redezeit beträgt dafür 49 Minuten und 40 Sekunden. Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat sich

(Abg. Adams)

zu Wort gemeldet Abgeordneter Dr. Thomas Hartung von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, die Ministeranklage gab es im deutschen Recht schon einmal in der Weimarer Reichsverfassung. In die Nachkriegsverfassung wurde sie nur auf Länderebene teilweise übernommen. Bei der Diskussion der Thüringer Verfassung in der 1. Wahlperiode dieses Landtags wurde dieses Institut von CDU und SPD vorgeschlagen, die damalige PDS wollte es nicht. Nach ausführlicher Diskussion wurde dann davon abgesehen, die Ministeranklage in die Thüringer Verfassung aufzunehmen. Schon damals stellten die Kollegen nach eingehender Beratung fest, dass dieses Mittel nicht wirklich in die moderne Gewaltenteilung passt. Daran hat sich nichts geändert.

Das Parlament hat ausreichende Möglichkeiten und Rechte, einen gegen Recht und Gesetz verstoßenden Minister loszuwerden. Wir können das Verhalten eines Ministers, der Recht missachtet, durch einen Beschluss missbilligen. Einen Ministerpräsidenten oder eine Ministerpräsidentin, die das dann kalt lässt, können wir uns nicht vorstellen. Ein Ministerpräsident, der einen derartigen Minister im Amt belassen würde, kann man mit einem konstruktiven Misstrauensvotum abwählen. Damit ist dann auch die gesamte Regierung abgewählt. Dieser Gefahr wird er oder sie sich kaum aussetzen.

Ihr Antrag berücksichtigt aber vor allem nicht, dass unsere aufgeklärte Öffentlichkeit es ebenfalls gar nicht bis dahin kommen lassen wird. Minister müssen heutzutage nicht erst ihren Stuhl räumen, wenn sie gegen ein Gesetz verstoßen haben, der Stuhl wackelt viel früher. Amtsuntauglichkeit ergibt sich aus erschwindelten Doktortiteln, einer nicht wirksam ausgeübten Aufsicht über nachgeordnete Mitarbeiter oder auch schon mal aus einem Lebensund Arbeitsstil, der als unpassend betrachtet wird. Das erklärt auch, warum in keinem der Bundesländer, die ein Ministeranklageverfahren in ihrem Recht vorgesehen haben, dieses in den letzten 60 Jahren erfolgreich angewendet wurde.

Es bleibt deshalb bei dem, was wir schon in den vergangenen Beratungen ausgeführt haben. Wir haben keine Regelungslücke, die durch Ihre Anträge gefüllt werden müsste. Eine funktionierende demokratische Kontrolle braucht nicht durch einen Rechtsweg ersetzt oder ergänzt zu werden. Wir stimmen daher auch heute gegen Ihre Anträge. Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank. Für die Fraktion DIE LINKE hat das Wort Abgeordneter Knut Korschewsky.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei den vorliegenden Gesetzentwürfen der Fraktion DIE LINKE geht es um die Herstellung politisch-juristischer Verantwortlichkeit für die Ebene der Landesregierung, also für die Minister. Angesichts doch einiger in der Vergangenheit - ich hatte es in der ersten Lesung schon benannt - deutlicher Missstände beim Regierungshandeln in Thüringen ist nicht wirklich nachvollziehbar, warum diese LINKE-Vorschläge auf Einführung der Ministeranklage in Verfassung und in das Verfassungsgerichtshofsgesetz nicht mal in den Ausschüssen weiterberaten wurde, um sich darüber noch einmal zu verständigen. Denn die Verantwortungslücke, die Herr Hartung hier angesprochen hat, die es angeblich nicht gibt, die ich auch schon in der ersten Lesung beschrieben habe, ist nach Ansicht der LINKEN-Fraktion tatsächlich ein Problem, das angegangen werden muss. Das von einigen Rednerinnen und Rednern angeführte Argument in der ersten Lesung zum Gesetzentwurf, dass die Ministeranklage ein veraltetes Instrument aus vorrepublikanischen Zeiten sei, ist aus unserer Sicht in keiner Weise wirklich überzeugend. Auch das Prinzip der Gewaltenteilung ist ein Prinzip und Instrument, das in vorrepublikanischen Zeiten entwickelt wurde, aber niemand hier im Raum und darüber hinaus würde das Prinzip der Gewaltenteilung infrage stellen, meine lieben Damen und Herren. Im Gegenteil. Und wenn es um diese vorrepublikanische Funktion der Ministeranklage ginge, wieso haben dann das Grundgesetz die Anklage des Bundespräsidenten und mehrere Landesverfassungen die Ministeranklage beim Neuanfang nach Kriegsende festgeschrieben? Gerade in diesem Zeitraum sind doch die neuen Verfassungen und deren Regelungen besonders intensiv auf Sinnhaftigkeit und Ausgestaltung diskutiert worden. Warum hätten die Verfassungsmacherinnen gerade in dieser intensiven Diskussion zur Prüfungsphase angeblich veraltete beziehungsweise angeblich nutzlose Regelungen einfach so übernehmen sollen? Die Umstände sprechen doch eher dafür, dass die Regelungen zur Ministeranklage sehr bewusst als sinnvoll bewertet in die damals neuen Verfassungen aufgenommen wurden. Auch die Tatsache, dass es in Deutschland seit 1949 noch keine erfolgreiche, das heißt im Endeffekt mit einer Verurteilung endenden Anklage gegeben hat, spricht nicht gegen das Instrument, weil allein das Aufnehmen - auch das hatten wir in der ersten Lesung schon einmal begründet - einer Anklagemöglichkeit und die öffentliche Darstellung dieser Anklagemöglichkeit dazu geführt haben, dass es Verän

(Präsidentin Diezel)

derungen im politischen Bewusstsein und im politischen Handeln gegeben hat, bis zu einem Rücktritt auf europäischer Ebene von Tony Blair. Deshalb hier nur der Hinweis, dass es in der Verfassung noch andere Regelungen gibt, die selten bis nie angewandt werden, deren Sinnhaftigkeit, wie angeblich bei der Ministeranklage, nicht infrage gestellt wird. Damit Sie nicht erst fragen müssen, das ist zum Beispiel das konstruktive Misstrauensvotum oder die Bestimmung zur Auflösung des Landtages, ich kann mich nicht daran erinnern, dass das infrage gestellt wird. Schon mit der oben angesprochenen Vorfeldwirkung würden durch die Regelungen zur Ministeranklage die Möglichkeit der parlamentarischen Kontrolle und die Rückbindung der Minister an Parlament und Öffentlichkeit gestärkt. Denn es ist faktisch eben nicht so, dass die Verantwortlichkeit und Rückbindung der Regierung an das Parlament wirklich schon optimal ausgeformt wären. Hier wäre ein neues Instrument, mit dem auch weiter gearbeitet werden könnte.

Nur ein Seitenblick zu diesem Themenfeld, meine Damen und Herren, nach geltender Rechtsprechung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs sollen nicht einmal die Aufforderungen in von der Parlamentsarbeit beschlossenen Anträgen rechtliche Bindungswirkung für die Regierung haben, selbst wenn die Anträge zur Ausübung der parlamentarischen Kontrolle gelten sollen. Auch das ist doch zu hinterfragen. Also wurde um das Jahr 1949 beim demokratischen und republikanischen Neuanfang für eine ganze Reihe von Verfassungen entschieden, das Instrument der Ministeranklage aufzunehmen und es wurde damit offensichtlich als sinnvoll erachtet, dieses in die Verfassungen zu implementieren. Warum sollten wir in Thüringen zur Schließung einer Verantwortungslücke, Minister unterliegen nicht dem Disziplinarrecht für Beamte, nicht die Ministeranklage in die Verfassung und das Verfassungsgerichtshofsgesetz aufnehmen? Für uns ist es nicht nachvollziehbar, weil wir damit tatsächlich eine Lücke in der Gesetzgebung in Thüringen schließen würden und somit das Instrument einfach auch für uns aufnehmen. Überhaupt nicht nachzuvollziehen ist die Aussage von Frau Kollegin Marx in der ersten Lesung, die Ministeranklage sei nicht notwendig, denn und ich zitiere aus dem Protokoll: „Wir haben inzwischen andere Maßstäbe an Politik und an das, was Minister tun sollen und was nicht“. Das Zitat ist im Übrigen auf Seite 125 der Arbeitsfassung des Protokolls der Sitzung vom 21.06. zu finden. Was meinen Sie, Frau Kollegin Marx - leider ist sie heute nicht da -, mit diesen anderen Maßstäben? Beurteilungsmaßstab für die Ministeranklage soll der Verstoß gegen Gesetze und Amtspflichten sein. Ich kenne keine anderen Maßstäbe. Nur dieses sind die Maßstäbe. Welche anderen Maßstäbe soll es geben? Also ist hier die Gesetzlichkeit der einzige Maßstab, der tatsächlich hier auch in An

wendung zu bringen ist, und keine anderen Maßstäbe.

Die Einhaltung der Verfassung und der Gesetze und die korrekte Erfüllung der Amtspflichten ist doch auch heute und ganz aktuell der einzig geltende Maßstab, um die Amtsführung eines Ministers zu bewerten, und nichts anderes. Was soll also antiquiert sein an der Einführung der Ministeranklage? Nichts aus unserer Sicht. Natürlich werden Politiker heute jederzeit öffentlich bewertet. Das macht aber eine fundierte gerichtliche Aufarbeitung und Durchleuchtung des Ministerfalles aus unserer Sicht trotz alledem nicht überflüssig, denn bei allem Respekt vor der Leistung des investigativen Journalismus und der kritischen Öffentlichkeit, die umfassende Aufarbeitung des Sachverhalts und die eindeutige Klärung der Verantwortlichkeit von politischen Verantwortungsträgern in der Landesregierung kann das nicht ersetzen, kann nicht die Medienöffentlichkeit ersetzen, zumal bekannt ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Medienöffentlichkeit bzw. die Öffentlichkeit nicht immer und in jedem Fall eine sachliche und fundierte Einschätzung von Sachverhalten trifft. Das ist nun wahrlich auch nicht unbekannt.

An dieser Stelle noch eine Erläuterung zur Gesetzesbegründung. Das Ministeranklageverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist im Unterschied zu einem Verfahren vor Strafgerichten zur Klärung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit ein Gerichtsverfahren, das die Amtsverantwortlichkeit des Ministers bzw. der Ministerin für sein politisches Handeln zu klären, Verstöße festzustellen und diese gegebenenfalls durch Richtigstellung zu sanktionieren. Die Weigerung, sich mit der Ministeranklage und den Vorstellungen der Fraktion DIE LINKE zu beschäftigen im Ausschuss, zeigt nur, dass bei vielen im politischen Bereich sich eine immer nachlässigere Haltung eingeschlichen haben könnte zu der Frage, was Politiker dürfen und was Politikerinnen und Politiker eben nicht dürfen, was sanktioniert werden soll oder was möglicherweise auch nicht sanktioniert werden soll.

Wir als LINKE-Fraktion wollten bzw. wollen mit unseren Gesetzesänderungsvorschlägen nicht nur Symbolpolitik betreiben. Wir haben das nicht eingebracht, weil es gerade einen aktuellen Fall gibt, sondern wir wollen hier eine vorbeugende Möglichkeit in die Gesetzesproblematik einbringen. Es geht tatsächlich um das Schließen dieser Verantwortungslücke, welche schon mehrfach angesprochen wurde, auch bei Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitikern. Jeder normale Arbeitnehmer, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat auch zu gewärtigen, dass er für Pflichtversäumnisse sanktioniert wird. Warum soll es dann für Ministerinnen und Minister nicht ein vergleichbares Instrument geben? Ich glaube, die Öffentlichkeit würde dieses nicht

verstehen, wenn wir nicht wenigstens die Debatte darüber auch im Ausschuss führen.

Diese immer nachlässigere Haltung von Mitgliedern auch der sogenannten politischen Klasse trägt sehr viel - so finde ich - zu Politik- und Demokratieverdrossenheit bei. Genau diesem, meine Damen und Herren, muss und sollten wir auch entgegenwirken. Aus diesem Grunde bitte ich Sie noch einmal darum, unsere Gesetzentwürfe im Justiz- und Verfassungsausschuss weiterzubehandeln. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. Für die CDU-Fraktion hat Abgeordneter Manfred Scherer das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, im letzten Plenum ist von allen Fraktionen das Für und Wider der sogenannten Ministeranklageregelung in der Verfassung erörtert worden. Ich habe dort für die CDU-Fraktion erklärt, weshalb wir den Antrag der LINKEN ablehnen. Ich will nur schlagwortartig diese Gründe noch einmal betonen und herausstellen.

1. Dass andere Länder eine solche Regelung haben, ist kein Argument, denn die dortigen Regelungen stammen aus der Zeit der konstitutionellen Monarchie und waren damals - das ist vorhin schon angeklungen - die einzige Möglichkeit des Parlaments, gegenüber dem Monarchen auf die Entlassung eines Ministers hinzuwirken. Ich gehe davon aus, dass wir im Moment keine Monarchie haben.

2. Die Ministeranklage passt nicht nur nicht in unser parlamentarisches Verfassungssystem, sie hat sich auch als praktisch völlig bedeutungslos und als ungeeignetes politisches Mittel erwiesen. In bundesrepublikanischer Zeit hat es eine Ministeranklage in keinem der Länder gegeben und das ist auch durchaus erklärbar, weil es nämlich eine Zweidrittelmehrheit braucht, also auch die Zustimmung der die Regierung tragenden Partei oder Parteien, und das ist politisch praktisch ausgeschlossen.

3. Eine anachronistische Regelung in die Verfassung neu aufzunehmen, die lediglich symbolisch ist

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Doch, das glaube ich.)

- und, Kollege Korschewsky, da können Sie gerade sagen, was Sie wollen hier, das glauben Sie selbst nicht, dass es nicht nur symbolisch von Ihnen gemeint ist, und dass es nicht doch einen konkreten Anlass gibt, dass Sie dies jetzt in dieser Form bringen. Natürlich gibt es einen konkreten Anlass dafür, so eine Regelung aufzunehmen, die dann letztlich allenfalls zu politischer Aufmerksamkeit führen

kann oder gebraucht werden kann, aber nicht zu einer tatsächlichen Aufklärung möglicher Verfehlungen beitragen kann. Eine solche Regelung aufzunehmen, ist ein Missbrauch unserer Verfassung und wird von uns deshalb abgelehnt. Danke schön.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank. Für die FDP-Fraktion hat das Wort Abgeordneter Dirk Bergner.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beraten heute über einen Gesetzentwurf zur Einführung der Ministeranklage in Thüringen.

(Beifall Abg. Barth, FDP)

Leider ist es nicht zu einer Ausschussüberweisung gekommen.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Kann ja noch nachgeholt werden.)

Wir haben im Juniplenum unsere Meinung schon dargelegt und haben für eine Ausschussüberweisung gestimmt, um detailliert über die Sinnhaftigkeit einer Ministeranklage in Thüringen zu debattieren. Wie schon gesagt, wollten es die Fraktionen von CDU und SPD nicht, das bedauern wir ausdrücklich.

(Beifall FDP)

Ich will nur kurz auf den Inhalt der Gesetzentwürfe eingehen. Die Ministeranklage soll ermöglichen, dass beim Verfassungsgerichtshof eine Anklage gegen Mitglieder der Regierung erhoben werden kann, wenn sie vorsätzlich oder grob fahrlässig die Verfassung oder ein anderes Gesetz verletzt haben. Die Anklage muss von mindestens einem Drittel der Mitglieder des Landtags erhoben und von zwei Dritteln beschlossen werden. Dies sind schon relativ hohe Hürden, die auch berechtigt sind, um die Regierungsfähigkeit zu gewährleisten. Das Urteil des Verfassungsgerichtshofes kann dazu führen, dass dem Minister das Amt aberkannt und ganz oder teilweise die Versorgungsansprüche entzogen werden können. Die Ministeranklage hat einen historischen Hintergrund - aus dem Konstitutionalismus, also einer Übergangsform zwischen Absolutismus und parlamentarischer Monarchie. Dem Parlament sollte mangels anderer Einflussrechte auf die Regierung die Möglichkeit eingeräumt werden, die Verfassungsmäßigkeit des Regierungshandelns zu überprüfen.

Dass die Ministeranklage in der heutigen Zeit eher auch einen symbolischen Wert hat, lässt sich schnell aufzeigen. Zu einem Verfahren vor einem Verfassungsgericht ist es in den acht Bundeslän

(Abg. Korschewsky)

dern, bei denen eine Ministeranklage vorgesehen ist, noch nicht gekommen. Dass ein Antrag zur Durchführung einer Ministeranklage aber auch hinreichend Außenwirkung hat, hat auch der ehemalige Justizminister Dr. Heinz-Georg Bamberger, SPD, durch einen Antrag in Rheinland-Pfalz vom 09.02.2011 zu spüren bekommen.

Nun ergibt sich die Frage, ob und wofür wir die Ministeranklage in Thüringen brauchen. In Thüringen gibt es auch heute schon verschiedene Möglichkeiten, durch Verfahren Druck auf die Ministerpräsidentin und auf unsere obersten Landesorgane auszuüben. Es gibt die Möglichkeit eines Untersuchungsausschusses, die Möglichkeit des Organstreitverfahrens - da klingelt ein Telefon - und auch die Möglichkeit, der Ministerpräsidentin das Misstrauen auszusprechen.