Protokoll der Sitzung vom 21.09.2012

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Voß. Ist die Beratung zum Sofortbericht gewünscht? Ich sehe allgemeines Nicken. Vielen Dank. Auf Verlangen aller Fraktionen eröffne ich also die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer I des Antrags der FDP, gleichzeitig zu Nummer II des Antrags der FDP und zum Antrag der Fraktion DIE LINKE. Mir liegt eine Rednerliste vor und das Wort hat als erster Redner Herr Abgeordneter Barth für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, Gebietsreform, Gebiets- und Funktionalreform, Polizeiaufgabengesetz, steuerliche Absetzbarkeit von FuE-Aufwendungen, die Klärung der Floating-Lehrer, das Heimgesetz, das Biosphärenreservat Südharz, der Hochschulentwicklungsplan, es gibt eine ganze Menge von Dingen, die aus dem Koalitionsvertrag der schwarz-roten Landesregierung noch nicht abgearbeitet sind. Es gab - der eine oder andere wird es gesehen haben - eine tolle Broschüre: „Halbe Zeit - ganzer Erfolg“.

(Zwischenruf Abg. Baumann, SPD: Sag doch mal, was wir schon abgearbeitet haben.)

„Halbe Zeit - ganzer Erfolg“ würde ja heißen, alles ist schon abgearbeitet und, meine Damen und Her

ren, Sie können viel schieben, Sie können das alles mit schönen Worten auch übertünchen, auch bis zum Ende der Legislatur, es gibt ein Thema, da schaffen Sie das nicht, da können Sie genauso nicht operieren, und das ist der Haushalt.

(Beifall FDP)

Den Haushalt müssen Sie vorlegen

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Er wird kommen.)

und - ja, er wird kommen, klar, da muss man kein Prophet sein, das ist gar nicht zu vermeiden -, Herr Minister, wenn Sie jetzt hier stehen und sagen, die Landesregierung bedauert, dass noch kein Haushaltsentwurf vorliegt, das kommt mir so ein bisschen vor wie ein Leistungssportler, der sich zur Vorbereitung auf ein großes Ereignis die ganze Zeit falsch ernährt hat, die ganze Zeit nicht zum Training gegangen ist und am Ende dann bedauert, dass er sein Ziel nicht erreicht hat,

(Beifall FDP)

aber zuzuschreiben hat er es sich alleine, einzig und alleine sich. Deshalb, wenn dieses Bedauern vielleicht der schwache Versuch einer Entschuldigung gewesen ist, dann würde ich Ihnen das hoch anrechnen wollen, aber in Wahrheit ist es einfach nur ein Versagen, welches an dieser Stelle zu konstatieren ist, und das, obwohl wir lange Zeit ja alle mit Beteuerungen gut ausgestattet und versehen worden sind: Der Haushalt kommt rechtzeitig; das ist alles gar kein ernster Streit, das ist alles gar nicht so gemeint. Natürlich wird im September zum Plenum der Haushalt so rechtzeitig vorliegen, dass zum September-Plenum auch die erste Lesung erfolgen kann. Ja, Frau Ministerin, das war ja bei einer gewissen Verordnung zum Ladenschlussgesetz auch so, dass mehrfach erzählt wurde, die kommt im I. Quartal, die kommt gleich nach Silvester; jetzt liegt sie immer noch im Ausschuss. Das hat ja alles auch eine gewisse Kontinuität an dieser Stelle.

Aber weil das eben im Unterschied zum Haushalt so ist, dass Sie alles schieben können, nur diesen Haushalt nicht, deswegen ist gar nicht die Frage, ob er kommt, sondern die Frage ist, wann er kommt, Punkt 1. Und die zweite Frage und die, Herr Minister, haben Sie nicht beantwortet: Warum liegt er bisher nicht vor?

(Beifall FDP)

Sie haben bedauert, dass er nicht vorliegt. Aber warum er eigentlich nicht vorliegt, das hat er ausdrücklich nicht gesagt. Insofern sind die Fragen zumindest auch nicht wirklich zufriedenstellend beantwortet, die wir gestellt haben. Weil diese Fragen aber ganz spannend sind, deswegen haben wir nicht nur einen Antrag gestellt zum Thema, sondern dieses Berichtsersuchen vorweggeschaltet. Ich hätte die Antworten ganz spannend gefunden. Ich ha

(Minister Dr. Voß)

be nicht ernsthaft welche erwartet, das gebe ich auch zu, aber interessant wäre es ja gewesen.

(Beifall CDU)

Der Ausgangspunkt für die ganze Misere ist ja gewesen, dass es eines schönen Tages plötzlich eine Debatte darüber gegeben hat, ob der Doppelhaushalt denn wirklich das Verfahren der Wahl ist oder ob man nicht vielleicht doch lieber einen Einzelhaushalt machen soll. Nun wissen wir alle, die CDU sagt, wir wollen lieber einen Doppelhaushalt haben, weil der Planungssicherheit bietet, weil auch die Haushaltskonsolidierung auf diesem Weg ein Stück weit vorangetrieben werden kann. Die SPD ihrerseits sagt, wir sehen erhebliche finanzpolitische Risiken, der Minister hat das ja eben auch noch mal ausgeführt, und setzen deshalb lieber auf einen Einzelhaushalt. Jetzt kann man diese Sachen alle unterschiedlich bewerten. Für uns ist klar, wir haben das auch schon oft in der Öffentlichkeit gesagt, dass wir natürlich ganz klar die Vorzüge bei einem Doppelhaushalt sehen.

Kollege Huster, das ist auch keine Anmaßung an dieser Stelle, sondern das ist einfach eine Positionierung, das darf man anders sehen. Aber es ist keine Anmaßung, sondern wir sind ausdrücklich der Meinung, Doppelhaushalt ist das Mittel der Wahl, weil wir auch bei der Einschätzung der Union offenbar sind, dass nämlich getreu der Formulierung des Koalitionsvertrags die finanzpolitischen Rahmenbedingungen genau so sind, dass dieses Instrument auch wahrgenommen werden kann.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Herr Barth, wir haben das bewusst niedrigschwel- lig formuliert.)

Ist ja auch in Ordnung, muss man ja auch. Das hat auch seine Begründung, dass man die Hürden nicht allzu hoch setzt, deswegen ist es ja auch gut, dass wir über beide Anträge an der Stelle beraten. Aber die Frage ist - und wenn ich jetzt höre, dass im Oktober ein Haushalt vorgelegt werden soll -, da auch das in Ihrer Rede, Herr Minister, zumindest unwidersprochen geblieben ist, dass ein ausverhandelter Doppelhaushalt vorliegt. Von einem ausverhandelten Einzelhaushalt habe ich noch nichts gehört. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie, wir haben heute den 21. September, wenn ich es jetzt richtig weiß, bis zum 2. Oktober, das wäre ja dann wohl die Kabinettssitzung, auf der das dann auch passieren muss, dass Sie das schaffen in den paar Tagen, aus dem Doppelhaushalt einen Einzelhaushalt zu machen. Man kann ja die Zahlen nicht alle einfach durch zwei teilen. Also nehme ich doch mal an, es spricht einiges für die Vermutung, dass wir einen Doppelhaushalt bekommen.

(Zwischenruf Taubert, Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit: Schade, dass Sie noch nie einen Haushalt gesehen haben!)

Jetzt erhebt sich natürlich die Frage: Was ist denn die neue Erkenntnis, insbesondere bei den Kollegen der SPD, dass wir nun vielleicht doch einen Doppelhaushalt bekommen, oder - ich begrüße Werner Pidde in unserer Mitte

(Beifall FDP)

was ist denn der Preis für den Doppelhaushalt? Ich sage, der Preis für einen Doppelhaushalt …

(Zwischenruf aus dem Hause)

Aber durch 2, von einem Doppelhaushalt zu einem Einzelhaushalt - habe ich mal 2 gesagt? Nein.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Es gibt aber schon auf der Regierungsbank Leu- te, die bezweifeln das, ob das richtig war.)

Ja, da gibt es auch immer Leute, die auch manchmal Schwierigkeiten mit dem Rechnen haben. Das ist jetzt kein Alleinstellungsmerkmal.

(Beifall FDP)

Verrechnen kann sich aber jeder mal, das will ich auch gern zugeben.

Klar ist, dass ein Doppelhaushalt eine ganze Reihe von Punkten, von Vorzügen bietet, die wir ausdrücklich begrüßen. Er muss drei Bedingungen erfüllen: Er muss sparsam sein, er muss konservativ gerechnet sein und er muss natürlich auch einen entsprechenden Anteil an Schuldentilgung bieten. Dann bietet auch ein Doppelhaushalt Sicherheit gegen Unwägbarkeiten in der finanzpolitischen Entwicklung in den nächsten zwei Jahren, wenn man sich genau an diese drei Dinge hält.

(Beifall FDP)

Angesichts eines Steuerplus - wir haben das heute gerade gehört, Bund und Länder haben ein Steuerplus von etwa 13 Prozent jetzt im letzten Monat gegenüber August 2011 - kann ich mir beim besten Willen kaum irgendeine Begründung vorstellen, die wirklich zieht, die wirklich gegen einen erhöhten Anteil an Schuldentilgung spricht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Ich habe die Frage gestern schon einmal gestellt und will sie noch einmal stellen, vielleicht beantwortet sie mir ja irgendjemand entweder von der Regierung oder von der SPD. Sie sind an einer ganzen Reihe von Landesregierungen beteiligt und wenn ich das richtig überblicke, haben bis auf NordrheinWestfalen, was in Haushaltsfragen weiß Gott kein Vorbild ist,

(Beifall FDP)

alle Landesregierungen oder fast alle anderen Landesregierungen Doppelhaushalte. Was macht Thüringens Situation bei der Eurokrise, bei den internationalen Finanzentwicklungen, bei den europäi

schen Finanzentwicklungen so exklusiv, dass ausgerecht in dem kleinen Thüringen die Risiken so groß sind, dass man keinen Doppelhaushalt machen kann? Ich vermag das nicht nachzuvollziehen

(Beifall FDP)

und es hat mir auch noch keiner erklärt. Aber auch hier wieder: Wenn Sie recht haben mit Ihrer konservativen Herangehensweise, mit Ihren Befürchtungen, dann muss man an der Stelle, spätestens an dem Tag, wo Sie hier einen Doppelhaushalt vorlegen, fragen, was ist es denn gewesen, dass Ihre Bedenken so plötzlich zerstreut hat? Wie hoch ist der Preis Ihrer Bedenken gewesen? Das ist die Frage, die am Ende steht.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, es wird am Ende so sein, dass wir im Oktober - wenn das, was der Finanzminister, das ist ja die einzige einigermaßen konkrete Ankündigung und ich würde dem Finanzminister glauben, dass nach den vielen Ankündigungen, die wir in der letzten Zeit gehört haben, die unerfüllt geblieben sind, es denn jetzt schon relativ sicher ist, dass wir dann im Oktober auch wirklich den Haushalt vorgelegt bekommen, denn das wäre noch einmal ein Zacken, den ich mir kaum vorstellen kann, sich heute hier hinzustellen und zu sagen, wir legen im Oktober vor und das dann auch wieder nicht hinzubekommen, das würde eine erneute Debatte nötig machen. Wenn wir also im Oktober dann einen Haushalt bekommen, meine Damen und Herren, dann schließt sich die parlamentarische Debatte an und das Haushaltsrecht ist das Königsrecht des Parlaments.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Das bedeutet natürlich auch, dass wir gerade bei einem Doppelhaushalt diese Beratung hier so schnell wie möglich

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Zü- gig! …zögern.)

- das ist völlig richtig -, aber eben auch so ausführlich und so gründlich wie nötig durchführen, damit wir am Ende auch sicher sind, dass die Zahlen, die wir beschließen, auch einigermaßen Bestand haben.

(Beifall FDP)

Weil ich schon ahne, dass das kommt, sage ich, dass wir uns dann als Parlament auch jedes Versuchs seitens der Landesregierung, das Parlament politisch zu erpressen, erwehren müssen.

(Beifall FDP)

Wenn es zu vorläufiger Haushaltsführung kommt und all die Dinge, die hier verschiedene Redner auch aus den Koalitionsfraktionen gelegentlich schon mal skizziert haben, zuletzt auch bei den