Protokoll der Sitzung vom 26.03.2015

Es liegen jetzt keine Wortmeldungen mehr vonseiten der Abgeordneten vor. Für die Landesregierung hat sich Frau Ministerin Taubert zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, auch ich möchte mich dem Dank an den Landesrechnungshof anschließen. Herr Dette und Herr Gerstenberger, richten Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen unseren herzlichen Dank aus.

Herr Dette hat einmal zu mir gesagt: Frau Taubert, der Rechnungshof steht immer an Ihrer Seite als Finanzministerin, denn Sie sind diejenigen, die natürlich sehr intensiv darauf schauen und auch die ganzen Daten aufnehmen, was mit dem Geld, das der Thüringer Landtag beschlossen hat, am Ende des Jahres auch passiert. Insofern haben Sie recht. Als ich im Ehrenamt angefangen habe – Sie wissen ja, wenn einer sagt, ich kann schon mit Geld umgehen, dann werden Sie im Verein immer Kassierer oder Schatzmeister, manchmal klingt es auch nach mehr, als es ist –, gab es mal eine Schatzmeister

schulung, an der ich teilgenommen habe, Anfang der 90er-Jahre und da sagte der Revisor: Die Herkunft unserer Mittel zwingt uns zur äußerster Sparsamkeit. – Ich denke, das ist unser gemeinsames Tun. Die Herkunft unserer Mittel, nämlich der Steuermittel, die wir einnehmen, zwingt uns natürlich zu äußerster Sparsamkeit.

Nun wissen Sie alle, ich war auch mal Fachministerin gewesen in einem Bereich, in dem ganz viele Ausgaben wichtig sind. Deswegen, glaube ich, ist es wichtig, dass man von beiden Seiten schaut. Das ist auch das Gute an dem gesamten Prozedere, das der Rechnungshof mit der Prüfung einleitet, und mit den Möglichkeiten, die die Landesregierung hat, zu erwidern, weil eben bei einer äußeren Betrachtung nicht alle Faktoren einfließen, warum man eine Entscheidung für die Geldausgabe in dieser Form gemacht hat. Auch da kann ich aus der Vergangenheit berichten, als ich noch im kommunalen Bereich tätig war und der Landesrechnungshof dann der Kommune sagte, ihr müsst jetzt 8 Millionen zurückzahlen bei einer Investition, da war natürlich die Luft ganz dünn gewesen. Wir sind sehr dankbar, dass wir sowohl mit der Landesregierung damals und auch mit dem Rechnungshof aufklären konnten, warum welche Zahlungen erfolgt sind, und wir auf beiden Seiten auch Zustimmung gefunden haben, dass die Rückzahlung in der Höhe gar nicht stattfinden muss. Das ist das Prozedere der Prüfung des Landesrechnungshofs.

Für die Schülerinnen und Schüler, die auf der Tribüne sitzen: Sie müssen sich vorstellen, Sie bekommen zur Klassenfahrt 50 Euro mit, die Geldgeber Eltern oder Großeltern sagen, du darfst es für das und für das einsetzen. Jetzt kommen Sie nach Hause und der Geldgeber fragt: Was hast du denn mit dem Geld gemacht? Jetzt wird geprüft und jetzt werden die Maßstäbe des Geldgebers angesetzt, ob Sie das Geld richtig ausgegeben haben oder nicht. So, wenn zwar auch laienhaft, können Sie sich diese Prüfung vorstellen. Dann müssen Sie auch mit Ihrem Geldgeber verhandeln, mit dem Ziel, alles Geld behalten zu dürfen, weil Sie eine sinnvolle Ausgabe zu Ihrer Klassenfahrt getätigt haben. So in etwa ist dieses Verfahren. Es ist nur wesentlich komplizierter, weil viele Gesetze einzuhalten sind.

Nochmals ganz herzlichen Dank an alle auch vonseiten der Thüringer Landesregierung. Ich will den Dank auch auf die Vergangenheit richten, aber auch in Zukunft die Hoffnung damit verbinden, wir haben in den letzten fünf Jahren – das kann ich nun aus eigener Anschauung sagen – gemeinsam zwischen Rechnungshof und den Ministerien sehr viele Konsultationen gehabt. Auch das, glaube ich, ist etwas Gutes, was sich entwickelt hat. Man will ja die Ausgaben so tätigen als Fachminister, als Fachministerin, dass sie dann auch konform laufen. Man muss nicht im Rechnungshofbericht negativ er

(Abg. Dr. Pidde)

wähnt werden. Ich glaube nicht, dass das ein Ziel eines Fachministers oder einer Fachministerin ist. Die vielen Konsultationen haben dazu geführt, dass auch die Fehlerquote „geringer“ geworden ist. Auch das, glaube ich, ist ein Weg, den wir weitergehen sollen und müssen, damit wir genau den Steuerzahlern deutlich machen können, wir halten uns an den Spruch „Die Herkunft unserer Mittel zwingt uns zu äußerster Sparsamkeit“, aber wir wollen natürlich mit den Mitteln auch gestalten. Dass Gestaltung auch eine Aufgabe der Landesregierung ist – in der Vergangenheit jetzt für das Jahr 2012 ganz konkret, aber auch für die Zukunft –, das ist mir besonders wichtig.

Lassen Sie mich ein letztes Wort zu der Frage der Rücklagen sagen. Ich bin mir ganz sicher, dass ich in guter Fortführung der Überlegung von Dr. Voß den größeren Teil in der Rücklage behalten habe, weil ich natürlich weiß, dass er sich auch sehr intensiv mit den Sachsen unterhalten hat, und weiß, dass mit der Schuldenbremse, die wir jetzt haben, nicht mehr die Möglichkeit besteht, einfach mal im nächsten Haushalt einen Kredit aufzunehmen, um eine Delle in der wirtschaftlichen Entwicklung oder gar, wie wir es in der Vergangenheit hatten, viele Jahre Rezession zu überstehen. Genau deswegen ist es wichtig, dass wir weiterhin die Möglichkeit haben, Rücklagen zu bilden und aus den Rücklagen diese wirtschaftlichen Schwankungen abzufedern oder eben auch Investitionen zu tätigen, denn jeder von Ihnen, der im kommunalen Bereich sitzt und Verantwortung übernommen hat im Gemeinderat, im Kreistag oder im Stadtrat, der weiß ganz genau, dass eine Kommune, die ihre Pflichttilgung an den Vermögenshaushalt leisten kann, immer wieder Kredite aufnehmen kann. Und wir als Land dürfen das nicht mehr. Schon deshalb ist es geboten, dass wir Rücklagen einsetzen, Rücklagen bilden, um diese notwendigen Investitionen und Schwankungen auszugleichen. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sehe keine Wortmeldungen mehr. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in Drucksache 6/392 zu dem Antrag der Landesregierung auf Entlastung für das Haushaltsjahr 2012. Wer für die Entlastung stimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Wer stimmt gegen die Entlastung? Wer enthält sich? Mit der Enthaltung der Stimmen der AfD ist der Antrag angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in Drucksache 6/393 zu dem Antrag des Thüringer Rechnungshofs auf Entlastung für das Haushaltsjahr 2012. Wer die Entlastung erteilen

möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Mit den Stimmenthaltungen der Fraktion der AfD wurde der Beschlussempfehlung gefolgt.

Ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 5

Einsetzung eines Untersuchungsausschusses: „Mögliches Fehlverhalten des Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit als Aufsichtsbehörde im Zusammenhang mit dem Auffinden, der Sicherung, dem Sichten sowie der Räumung der in einem Aktenlager in Immelborn im Juli 2013 aufgefundenen Unterlagen“ Antrag der Abgeordneten Emde, Grob, Heym und weiterer Abgeordneter der Fraktion der CDU - Drucksache 6/206 dazu: Gutachtliche Äußerung des Ausschusses für Migration, Justiz und Verbraucherschutz gemäß § 2 Abs. 3 des Untersuchungsausschußgesetzes - Drucksache 6/394

Das Wort hat Frau Abgeordnete Marx aus dem Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz zur Berichterstattung.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben durch Beschluss des Landtags vom 27. Februar 2015 den Antrag auf Einrichtung des Untersuchungsausschusses gemäß § 2 Abs. 3 des Untersuchungsausschussgesetzes zur gutachtlichen Äußerung über die Zulässigkeit an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz überwiesen. Der Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Frage der Zulässigkeit des Antrags in seiner 5. Sitzung am 27. Februar 2015 und in seiner 6. Sitzung am 20. März 2015 beraten.

In der 5. Sitzung hatten wir beschlossen, zwei Sachverständige in der 6. Sitzung mündlich anzuhören und die Landtagsverwaltung mit einer schriftlichen gutachtlichen Stellungnahme zu beauftragen. Die Stellungnahme des Landtags ging am 16. März ein und wurde als Vorlage 6/190 verteilt. Die schriftliche Vorabstellungnahme vom Sachverständigen Prof. Dr. Ohler vom 16. März 2015 sowie die Vorabstellungnahme vom Sachverständigen Prof. Dr. Wolff vom 19. März 2015 gingen ebenfalls

(Ministerin Taubert)

den Mitgliedern des Ausschusses zur Kenntnisnahme zu.

In der 6. Sitzung am 20. März wurden Prof. Dr. Ohler sowie Prof. Dr. Wolff als Sachverständige in öffentlicher Sitzung angehört. Die Teilnehmer fanden das alles sehr interessant und wie immer gibt es natürlich unter Juristen auch verschiedene Meinungen. Wir haben dann nach Auswertung der Stellungnahmen und Beratungen als Mitglieder des Ausschusses für Migration, Justiz und Verbraucherschutz mehrheitlich folgende gutachtliche Stellungnahme beschlossen. Die besteht aus dem Satz: „Es bestehen keine verfassungsrechtlichen, gleichwohl aber europarechtliche Bedenken gegen die Einsetzung des beabsichtigten Untersuchungsausschusses.“ Über dieses Ergebnis kann jetzt der Landtag diskutieren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen Wortmeldungen vor. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Abgeordnete Berninger, Fraktion Die Linke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die sehr lebhafte Anhörung im Ausschuss und die deutlich unterschiedlichen Positionen der beiden Gutachter – Herr Prof. Ohler, der den Untersuchungsausschuss in der von der CDU gewünschten Form für zulässig hielt, und der Position des Herrn Prof. Wolff, der diesen Untersuchungsausschuss aus europarechtlichen Gründen für hoch problematisch erachtet und den Einreicherinnen geraten hat, lieber auf den Antrag zu verzichten –, diese sehr lebhafte Anhörung und die Positionen zeigen, die intensivere Prüfung des Antrags durch den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz war sinnvoll, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Zu den Gutachten der Professoren kam noch die von Frau Marx eben benannte gutachtliche Stellungnahme der Landtagsverwaltung hinzu, die Grenzen des Untersuchungsrechts aufgezeigt hat, die aus der unabhängigen Stellung des Datenschutzbeauftragten zum Schutz der Wirksamkeit seiner Tätigkeit abzuleiten sind.

Für meine Fraktion ergibt sich aus dieser Debatte im Ausschuss folgende Positionierung: Das Minderheitenrecht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, ist selbstverständlich zu respektieren, soweit sich nicht verfassungsrechtliche Schranken entgegenstellen. Wie die von den Koalitionsfraktionen getragene gutachtliche Empfehlung des Aus

schusses darlegt, gibt es keine verfassungsrechtlichen, sehr wohl aber, wie auch Prof. Wolff in der Anhörung deutlich gemacht hat, starke europarechtliche Bedenken. Der Ausschuss kann eingesetzt werden, muss sich aber mit Blick auf die europarechtlich garantierte Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten, die sich auch im Thüringer Datenschutzgesetz wiederfindet, an sehr enge Grenzen bei der Untersuchung halten. In dieser Verantwortung stehen die Einreicherinnen des Untersuchungsantrags, vor allem in Bezug auf die Ausgestaltung des Fragenkatalogs, den dieser Untersuchungsausschusseinsetzungsantrag enthält. Neben der Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten ist auch der verfassungsrechtlich gebotene Schutz privater und höchst persönlicher Daten Dritter durch diesen Untersuchungsausschuss zu gewährleisten und wir können Ihnen versprechen, wir Koalitionsfraktionen werden sehr genau darauf achten, dass diese unverzichtbaren rechtlichen Zulässigkeitsschranken bei der Untersuchung auch eingehalten werden, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt – und das sagen nicht nur die beiden Gutachter, sondern zu diesem Schluss kann man auch in der Auslegung des Grundsatzurteils des Europäischen Gerichtshofs vom März 2010 zur Unabhängigkeit der Datenschutzarbeit kommen – kein absolutes Tabu für die parlamentarische Untersuchung der Arbeit des Datenschutzbeauftragten als Teil der staatlichen Verwaltungsstrukturen. Allerdings gibt es relative Tabus, nämlich die zum Schutz der unabhängigen Stellung und Prüfarbeit des Beauftragten, zumal Deutschland verpflichtet ist, die EURichtlinie, die den Unabhängigkeitsschutz des Datenschutzbeauftragten enthält, umzusetzen. Im EuGH-Urteil vom 9. März 2010 findet sich im Kapitel zur Würdigung durch den Gerichtshof folgende Passage – Frau Präsidentin, ich zitiere –: „Was erstens den Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 95/46 angeht, ist angesichts des Fehlens einer Definition in der Richtlinie auf den gewöhnlichen Sinn der Wendung ‚in völliger Unabhängigkeit‘ abzustellen. In Bezug auf öffentliche Stellen bezeichnet der Begriff ‚Unabhängigkeit‘ in der Regel eine Stellung, in der gewährleistet ist, dass die betreffende Stelle völlig frei von Weisungen und Druck handeln kann. Entgegen dem Standpunkt der Bundesrepublik Deutschland deutet nichts darauf hin, dass das Unabhängigkeitserfordernis allein das Verhältnis zwischen den Kontrollstellen und den ihrer Kontrolle unterstellten Einrichtungen beträfe. Im Gegenteil wird der Begriff ‚Unabhängigkeit‘ durch das Adjektiv ‚völlig‘ verstärkt, was eine Entscheidungsgewalt impliziert, die jeglicher Einflussnahme von außerhalb der Kontrollstelle, sei sie unmittelbar oder mittelbar, entzogen ist.“

(Abg. Marx)

Diese in dem genannten Zitat angeführten Feststellungen sind so grundsätzlich in ihrer Aussage, meine Damen und Herren, dass der im Gutachten der Landtagsverwaltung auf Seite 20 gemachten Aussage – Zitat –: „Vielmehr ist das parlamentarische Kontrollrecht gänzlich anders gegründet und geartet als die vom EuGH als unzulässig angesehene staatliche Aufsicht.“ nur mit Blick auf die rechtliche Grundlage, aber nicht mit dem Blick auf den Begriff „geartet“ zugestimmt werden kann, den ich so interpretiere, dass gemeint ist, in der Art ihrer Wirkungsweise, wenn man „geartet“ schreibt.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Hauptsa- che nicht „entartet“!)

Dem kann man nicht zustimmen, denn bestimmte Arten und Weisen der parlamentarischen Untersuchungen können sehr wohl vergleichbares faktisches Druckpotenzial enthalten wie Handlungen einer staatlichen Aufsicht. Darauf haben beide Anzuhörende, Prof. Ohler und Prof. Wolff, in unterschiedlicher Ausprägung zwar, aber doch mehrfach in der mündlichen Ausschussanhörung hingewiesen.

Das EuGH-Urteil enthält keine ausdrückliche Entscheidung über die Zulässigkeit eines Parlamentsuntersuchungsausschusses. Es macht aber deutlich, dass der Unabhängigkeitsschutz ein Instrument zum Schutz der wirksamen Arbeit des Datenschutzbeauftragten und nicht absolut zu sehen ist. Damit ist aber die Arbeit des Untersuchungsausschusses in ihren Abläufen so zu gestalten, dass sie nicht zum nach diesem EuGH-Urteil verbotenen Einflussnahmeinstrument und Druckmittel werden darf. Das heißt, die Untersuchung muss so verlaufen, dass durch den Untersuchungsausschuss – eingeschlossen auch der öffentliche Umgang damit, meine Damen und Herren – der Datenschutzbeauftragte und seine Arbeit nicht so polemisierend an den Pranger gestellt werden, dass seine Handlungsmöglichkeiten und seine Amtsautorität mit Blick auf laufende datenschutzrechtliche Vorgänge leiden.

Als Eckpunkte sind unverzichtbar zu berücksichtigen, dass der Untersuchungsausschuss keine laufenden Verfahren in seine Arbeit einbeziehen darf, denn das wäre eine verbotene unmittelbare Einmischung. Das heißt aber auch, dass eine an sich zulässige Untersuchung so sachlich und ausgewogen in ihrer Sachverhaltsaufklärung sein muss, dass hier kein Missbrauchspotenzial entsteht. Meine Damen und Herren der CDU, den Eindruck haben Sie zumindest dadurch erweckt, dass bereits in der Innenausschusssitzung am 19. Februar Ihrerseits keine Fragen mehr offen waren, als es auf Ihren Antrag hin um genau diesen von Ihnen im Untersuchungsausschuss thematisierten Sachverhalt ging.

Es darf keine Prangerwirkung zulasten des Beauftragten entstehen, vielmehr – darauf möchte ich

deutlich hinweisen – müssen auch die Verantwortung und das Fehlverhalten anderer Beteiligter im Rahmen der Untersuchung aufgeklärt werden.

(Beifall Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LIN- KE)

Eine gewisse Einseitigkeit lässt sich aber in dem Widerspruch erkennen, dass sich der Titel bzw. der Obersatz Ihres Untersuchungsausschussauftrags nur auf den Datenschutzbeauftragten bezieht und dann wiederum aber Fragen gestellt werden, die schon jetzt erkennbar eben nicht nur seinen Verantwortungsbereich betreffen, zum Beispiel in der Frage 18 im Teil B Ihres Antrags, in der es um den Zutritt Unbefugter geht. Leider werden im Untersuchungsausschussantrag Fragen zu Verantwortlichkeiten anderer, die zuungunsten seiner Arbeit gegebenenfalls nicht eingehalten wurden, nicht ausdrücklich gestellt, zum Beispiel ein mögliches Fehlverhalten des Innenministeriums oder der Polizei.

Hier muss man zumindest das Stichwort „Unterstützungspflicht“ nennen. § 38 Abs. 1 Satz 1 im Thüringer Datenschutzgesetz lautet: „Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und seine Beauftragten sind von allen öffentlichen Stellen in der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen.“ Zwar ist der Untersuchungsausschuss gerade kein Strafprozess, aber angesichts der strengen Vorgaben des EuGH verbietet sich politisch instrumentelle Einseitigkeit in der Arbeit des Untersuchungsausschusses zur Sachverhaltsermittlung.

Der Unabhängigkeitsschutz bezieht sich auf den Schutz der Arbeit im Bereich der Aufsicht über private Daten vor verbotener staatlicher Einmischung über den indirekten Weg der Aufsicht über den Datenschutzbeauftragten. Diese Schutzgrenze hat dann aber auch der Untersuchungsausschuss als Teil einer öffentlichen Einrichtung bzw. eines staatlichen Verfassungsorgans zu wahren. Das hat Prof. Ohler indirekt in Punkt 10 seiner schriftlichen Stellungnahme angesprochen, in dem er sich zu den Verfahrensvorkehrungen geäußert hat, während das Landtagsgutachten leider auf diesen Punkt nicht eingeht. Beide Gutachten sind aber unseres Erachtens an diesen Stellen mit Blick auf die Vorgaben des EuGH zu schwach. Im Untersuchungsantrag gibt es Fragen, zum Beispiel die Fragen 2 und 3 oder die Frage 20 im Teil B, die nach konkreten Inhalten der Akten fragen. Solche Fragen sind aber unter den eben genannten Kriterien als unzulässig einzustufen.

Der Datenschutzbeauftragte, meine Damen und Herren, unterliegt der Verschwiegenheitspflicht. Soweit sich Fragen auf konkrete Gesprächsinhalte, zum Beispiel die in den Fragen 5 und 6, beziehen, stellen Angaben dazu eine Verletzung dieser Verschwiegenheitspflicht dar, die in § 36 des Datenschutzgesetzes geregelt ist. Nach § 36 Abs. 4 entscheidet der Datenschutzbeauftragte selbst über ei

ne Aussagegenehmigung für sich. Das ist Ausdruck seiner unabhängigen Stellung in seiner datenschutzrechtlichen Arbeit. Dieser Punkt fällt, auch wenn er dort nicht direkt angesprochen ist, mit unter den Unabhängigkeitsschutz durch Verfahren, den Prof. Ohler in seiner Stellungnahme ansprach. Sollte sich der Datenschutzbeauftragte überhaupt zur Aussage entschließen, dann hat er an diesen Stellen ein umfassendes Recht auf Vertraulichkeit der Sitzung, meine Damen und Herren. Gestützt wird dieser Schutz auch durch ein Aussageverweigerungsrecht im Bundesdatenschutzgesetz, das ebenfalls bei Bedarf auf Landesebene anwendbar ist.

Die im EuGH-Urteil angesprochene weitreichende Unabhängigkeit verwehrt zwar nicht die parlamentarische Sachaufklärungsarbeit, soweit bestimmte datenschutzrechtliche und andere Vorgaben berücksichtigt sind, aber man muss in Abwägung zwischen Untersuchungsrecht des Parlaments und Unabhängigkeit der Arbeit des Datenschutzbeauftragten von Folgendem ausgehen: Der Abschlussbericht darf eine wertungsfreie Sachverhaltsdarstellung als Ergebnis der Aufklärungsarbeit enthalten. Der Abschlussbericht darf aber keine Handlungsempfehlung für die Gestaltung der zukünftigen Arbeit des Datenschutzbeauftragten enthalten. Handlungsempfehlungen dürfen sich höchstens auf die Ebene der Gesetzgebung beziehen. Denn die Darstellung von Handlungsempfehlungen an den Beauftragten in einem öffentlich zugänglichen Bericht enthielte im Sinne der EuGH-Rechtsprechung verbotenes Druckpotenzial auf die Unabhängigkeit der Stellung und der laufenden und auch der zukünftigen inhaltlichen Arbeit. Angesichts der angesprochenen problematischen Sachverhalte sollten die entsprechenden Fragen von den Einreicherinnen und Einreichern aus dem Fragenkatalog genommen werden und bei Fragen, die die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht betreffen, zumindest in der Antragsbegründung deutlich gemacht werden, dass die Problemlage hinsichtlich der Anforderungen an die Verfahrensgestaltung im Untersuchungsausschuss erkannt wurde. Hinzu kommt, dass die Einreicherinnen und Einreicher auch gehalten sind, im Rahmen einer sachlichen und von missbräuchlicher Polemik freien Aufarbeitung die Mitverantwortung anderer Beteiligter an Fehlern und Missständen umfassend und zutreffend zu erfassen. Noch besser wäre es allerdings unserer Ansicht nach, aus den angesprochenen europarechtlichen Gründen auf diese Untersuchung zu verzichten, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der AfD hat der Abgeordnete Brandner das Wort.

Meine Damen und Herren, liebe Schüler und Lehrer! Zunächst, Frau Berninger, vielen Dank für Ihre kurzen, knackigen und unterhaltsamen Ausführungen, die allerdings weitestgehend an der Sache vorbeigingen. Ich darf noch mal in Erinnerung rufen, dass es hier nicht um den klassischen Datenschutzbeauftragtenfall geht, sondern darum, dass zufällig in Thüringen Berge von Akten gefunden wurden, die freiwillig von den Berechtigten zur Vernichtung herausgegeben wurden. Daraufhin gab es eine Problematik, was wir mit diesen Akten machen: Vernichten wir die, bewachen wir die? Und daraus entsponn sich in der letzten Legislaturperiode ein Streit zwischen Altparteien.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Es scheint ein Problem Ihrer Fraktion zu sein, dass Sie den Sachverhalt nicht verstehen!)

(Unruhe DIE LINKE)