Ferner spricht sich die CDU-Fraktion auch eindeutig für das weitere Erlernen der Schreibschrift als elementare Kulturtechnik in den Thüringer Grundschulen aus.
Leider ist die Schreibschrift seit Veränderung im Jahr 2010 nicht mehr im Lehrplan der Grundschulen verbindlich verankert.
Nach den Lehrplänen erlernen die Schüler eine individuelle Handschrift bis Klasse 4. Das kann allerdings jede Schriftart sein, zum Beispiel eine Mischung aus Druck- und Schreibschrift.
Wir sind der Überzeugung, dass es richtig ist, die Schreibschrift als Kulturgut in den Grundschulen zu bewahren und wieder verbindlich in den Lehrplänen zu verankern. Generationen von Schülern und damit auch Vorfahren der heutigen Schüler, haben ganz selbstverständlich in der Schule Schreibschrift gelernt.
Wir wollen nicht, dass die heutige Schreibschrift zum Altdeutsch unserer Kinder wird und unsere Kinder heute geschriebene Briefe später nicht mehr lesen können. Schreiben mit verbundener Schreibschrift ist eine grundlegende Kulturtechnik. Sie stärkt motorische Fähigkeiten von Kindern und ist zudem eine individuelle Bereicherung für jeden einzelnen Menschen.
Das sind Eigenschaften, die auch der Persönlichkeitsentwicklung von jungen Menschen nur zuträglich sind. Handschrift verlangt gezielte Anleitung und besonderes Training von Anfang an. Das Experimentieren und das eigenständige Erarbeiten der Schrift müssen beendet und die eingeleitete Übergangszeit erhöht werden.
Noch eines darf in der aktuellen Schriftdiskussion nicht übersehen werden: Die Handschrift bedeutet den Kindern sehr viel, sie ist eine Quelle positiver oder eben auch manchmal negativer Selbstwahrnehmung. Sorge um ihre Handschrift begreifen Kinder als Sorge um sich selbst und zeigen sich ausgesprochen dankbar für jede hilfreiche Anleitung. Individuelle Förderung ist gerade im Bereich Schrifterwerb wichtig und sehr wirksam. Dem Anspruch, kein Kind zurückzulassen, wird man derzeit in diesem Punkt leider oft nicht gerecht.
Auch wenn wir die Forderung der AfD nach einer eigenständigen Studie nicht für notwendig erachten, wollen wir uns dennoch gern im Bildungsausschuss grundsätzlich mit dem Problem der Rechtschreibleistung und auch mit dem Problem Schreibschrift beschäftigen und unterstützen daher den Antrag zur Überweisung. Vielen Dank.
Entschuldigung, wollten Sie nicht noch eine Frage beantworten, Herr Abgeordneter Bühl? Gut. Jetzt hat der Abgeordnete Wolf von der Fraktion Die Linke das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auf der Tribüne und natürlich auch im Netz begrüße ich auch alle herzlich! Herr Brandner, mit Ihrem Rechtschreibantrag können Sie sicherlich den rechten Flügel Ihrer Fraktion, der offensichtlich, was man der Zeitung entnehmen kann, zutiefst gespalten ist,
überzeugen, aber ganz sicher nicht die Pädagoginnen und Pädagogen in Thüringen, ganz sicher nicht die Eltern und ganz sicher nicht die Bildungsinteressierten in Thüringen.
Denn das, was Sie wiedergegeben haben, entspricht schlicht und einfach nicht der Realität. Von daher kann man ja schon fast dankbar sein, dass Sie es aufgerufen haben, um Ihnen da ein Stück weit weiterzuhelfen.
Ich verweise mal auf den § 2 des Thüringer Schulgesetzes. Dort ist auch noch mal untersetzt, was unter Bildung und Erziehung in Thüringen verstanden wird. Sie kommen aus Hessen, haben da lange Jahre an einem Gymnasium gearbeitet. Dort gibt es sicherlich andere Gesetzmäßigkeiten. Lesen Sie es sich einfach mal durch, es ist klug untersetzt, es hat eine Basis und es geht auch tief. Es ist eben nicht nur die Bildung, sondern es ist ein umfassendes Menschenbild, was wir den Schülern über unsere Schulen vermitteln wollen. Ich denke, darum sollte es auch gehen.
Zur Aussprache steht der Antrag der Fraktion rechts von hier, „Rechtschreibfähigkeit der Thüringer Schüler“, welcher neben dem Berichtsbegehren ein Ersuchen auf regelmäßige Berichterstattung vorlegt. Begründet wird der Antrag mit einer diffusen Wahrnehmung am – sagen wir es doch offen – Stammtisch oder vielleicht Abendbrottisch, dass Thüringer Schülerinnen und Schüler erhebliche Rechtschreibdefizite in der deutschen Sprache haben.
Mit der Wahrnehmung von Studienergebnissen, welche konstant Thüringer Schülerinnen und Schülern in nationalen und internationalen Vergleichs
studien vordere, wenn nicht sogar erste Plätze ausweisen, hat dies nichts zu tun und blendet diese allemal aus.
Wir haben in Thüringen eine ausdifferenzierte Schullandschaft, die über die letzten 25 Jahre weiterentwickelt worden ist. Die ist geprägt davon, dass allen Schülerinnen und Schülern mit ihren unterschiedlichen Begabungen, mit ihrer unterschiedlichen Herkunft die beste Schullaufbahn ermöglicht werden soll. Wir haben uns ausdrücklich zu diesem strukturierten Schulsystem bekannt, wenn wir auch Schwerpunkte auf das längere gemeinsame Lernen setzen wollen und setzen werden, weil wir es einfach als den besseren Weg der Integration aller Schülerinnen und Schüler ansehen.
Die Ergebnisse der letzten PISA-Erhebung, bei der Thüringer Schülerinnen und Schüler international auf vorderen Plätzen lagen und deutschlandweit auf Platz 2, bei der IGLU-Erhebung von 2011 auf Platz 1, zeigen, dass wir neben modernen Lehrplänen und einer modernen Schulstruktur einen Schatz in den Thüringer Schulen haben. Das sind die Thüringer Lehrerinnen und Lehrer, die sonderpädagogischen Fachkräfte und die Erzieherinnen und Erzieher, überwiegend – das muss man hier auch einmal betonen – mit DDR-Ausbildung, welche durch ihr Engagement und ihren Willen, sich neuen Methoden, Konzepten und Lehrplänen zu stellen, diese Erfolge sicherstellen und die Sie mit Ihrem Antrag unter Generalverdacht der Unfähigkeit stellen.
Ich sage von hier aus den Kolleginnen und Kollegen unseren Dank für die hervorragende Arbeit der letzten 25 Jahre und sage
es auch ganz deutlich: Es erschließt sich mir nicht, dass gute Arbeit an den Schulen keine Wertschätzung erfährt.
Erich Fried sagte einmal: „Wer will, dass die Welt so bleibt, wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt.“ Die Thüringer Schulen stehen vor erheblichen Herausforderungen. Ich benenne hier nur einige: Wir haben eine sehr heterogene Schülerschicht, Schüler, die mit ganz unterschiedlichen Geschwindigkeiten im Klassenverbund den Lehrplan durch die Lehrkräfte vermittelt bekommen und die durch eine kluge Binnendifferenzierung – all das steht in den Lehrplänen, all das steht zum Beispiel auch in der Lehrerdienstordnung – dort auch mitgenommen werden. Uns ist es wichtig, dass jedes Kind sich willkommen fühlt, unabhängig von der individuellen Befähigung, der sozialen Herkunft und des sozialen Hintergrunds. Deswegen ist es unter anderem wichtig – und dazu haben wir uns auch klar bekannt –, das Schulsozialarbeiterprogramm in Thüringen fortzuschreiben. Das sichert auch die Konti
Wir haben mit der Umsetzung der inklusiven Schule, mit der Umsetzung des Entwicklungsplans Inklusion, eine ganz eigene Herausforderung. Viele Schulen haben sich in Thüringen auf den Weg gemacht, um allen Schülern ohne Unterscheidung eine Schule bieten zu können. Eine Schule für alle ist das, was wir anstreben.
Der Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün bekennt sich da ganz eindeutig, dort die Qualitätsaspekte in den Blick zu nehmen und dort über die Qualität auch die Inklusion zu garantieren. Ich weiß nicht, ob gestern nur ich allein die Zahlen gehört habe –
ich habe gestern mitgenommen, dass in den Thüringer Schulen im März 2015 allein in den allgemeinbildenden Schulen 671 Langzeiterkrankte sind. Wir haben derzeit den Höchststand der passiven Altersteilzeit erreicht. Das sind etwa 1.200 Kolleginnen und Kollegen. Um es einmal anders zu sagen: Uns fehlen zur Erfüllung des Bildungsauftrags gut 12 Prozent der Beschäftigten.
Ich bin jedes Mal, wenn ich in den Schulen bin, immer wieder erstaunt, aber es trägt mich auch immer wieder weiter, wenn ich sehe, mit welchem Engagement die Schulleitung, die Lehrkräfte, die sonderpädagogischen Fachkräfte sich dieser Aufgabe stellen und auch unter schwierigen Bedingungen beste Ergebnisse erzielen. Ich denke, da haben sie unsere Unterstützung verdient und haben vor allen Dingen nicht verdient, dass wir sie mit zusätzlicher Bürokratie belasten.
Wenn ich Ihren Antrag, Herr Höcke, richtig gelesen habe in Punkt 2, dann soll das ja gerade Grundlage sein, dass Sie sich wünschen, dass eine jährliche Erhebung der Kompetenz im Bereich Orthografie stattfindet. Sie müssten auch wissen als Lehrer, dass das tief in das Schulleben eingreift, tief in den Ablauf eingreift,
und vor allen Dingen mit welchem Ziel? Deutschland hat sich nach dem PISA-Schock auf den Weg gemacht – das ist heute schon breit erörtert worden, deswegen brauche ich darauf nicht weiter einzugehen –, um mit nationalen Bildungsstandards auch wirklich Vergleiche herzustellen und daraus lernen zu können. Bildungsföderalismus fußt auf der Unterschiedlichkeit, aber auch auf der Möglichkeit, voneinander zu lernen.
(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Herr Kollege, wenn Sie heute noch mit PISA argumentie- ren, sind Sie wirklich von gestern! PISA wird so kritisch gesehen!)