Protokoll der Sitzung vom 22.02.2018

Heute wurden wieder Argumente ausgetauscht, ob die Reform erforderlich ist oder nicht. Das zeigt, dass wir bei der Debatte in den letzten Jahren keine neuen Erkenntnisse gewonnen haben, was die Notwendigkeit der Reform betrifft. Seit 2004/2005 ist der Reformbedarf mehr als überdeutlich. Wir ha

ben nur eines: Das ist ein Entscheidungsproblem und das gehen wir als Rot-Rot-Grün heute an. Wer hätte das noch vor einigen Monaten gedacht? Damals dachten viele, insbesondere die Kritiker, dass hier gar nichts mehr stattfindet.

Wie notwendig das gerade in Bezug auf die Verwaltungsgemeinschaften ist, will ich an zwei Meldungen von heute deutlich machen. Der Bürgermeister von Neustadt sagt, er würde gern einen Antrag auf Bedarfszuweisung stellen, aber die einzige Mitarbeiterin in der Kämmerei der VG Langer Berg ist seit Wochen krank. Deshalb kann kein Antrag gestellt werden – alle Achtung.

Die Gemeinschaftsversammlung Riechheimer Berg – auch eine Verwaltungsgemeinschaft im Ilm-Kreis – hat gestern die Anhebung der Kindertagesstättengebühren um 20 Prozent beschlossen; dort haben die Mitgliedsgemeinden über eine Zweckvereinbarung die Kindertagesstätten an die VG übertragen. Gleichzeitig hat in der gleichen Versammlung die Mehrzahl der Bürgermeister gesagt, ihre VG ist finanziell gut aufgestellt. Das stimmt, aber den Preis bezahlen die Bürgerinnen und Bürger und in dem Fall sogar die Eltern – und das muss abgewogen werden. Das heißt, so eine Reform hat immer Chancen und Risiken. Wir reden gar nicht die Risiken weg, aber wir müssen uns als Gesetzgeber damit auseinandersetzen, wie wir Chancen und Risiken abwägen.

Der Vorwurf heute an die beteiligten Kommunen, die jetzt im Gesetz stehen, sie hätten sich von uns kaufen lassen, ist ungeheuerlich. So billig lassen sich Kommunen nicht einkaufen, dass sie für 200 Euro pro Einwohner sozusagen an die Strukturveränderung gehen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da gibt es andere Ursachen: weil die Kommunen erkannt haben, dass insbesondere mit Blick auf die Leistungsfähigkeit der Verwaltung gehandelt werden muss. Das ist die eigentliche Ursache und das ist die Herausforderung. Darauf werde ich noch mal eingehen, wenn ich auf die Verwaltungsgemeinschaften abstelle.

Zum Vorwurf, Rot-Rot-Grün hätte vorliegende Anträge schneller bearbeiten können: Wenn wir genauso herangegangen wären wie die CDU – nämlich Augen zu und durch, wir machen jede Gemeindeneugliederung, unabhängig davon, welche raumordnerischen und landesplanerischen Verwerfungen entstehen –, dann wäre es schneller gegangen. Mit dem müssen wir uns jetzt auseinandersetzen. Deswegen haben wir gesagt: Wir brauchen zuerst ein Leitbild – das ist im Dezember 2015 durch die Landesregierung bestätigt worden – und gehen Schritt für Schritt vorwärts. Die gleiche Fraktion sagt: Jetzt sind wir wieder zu schnell, denn wir

(Abg. Holbe)

müssten erst die Kommunalordnung ändern und dürften kein paralleles Verfahren machen. Ja, was wollen Sie denn? Ich weiß, was Sie wollen. Sie wollen dieses Land in eine Winterstarre versetzen, keinerlei Veränderungen und damit die Zukunftschancen dieses Landes riskieren. Das ist unverantwortlich. Das können die hier drüben machen, aber Sie sind doch konstruktive Opposition, sehr geehrte CDU,

(Beifall DIE LINKE)

und müssten deshalb anders herangehen. Es gibt ja Ansätze. Das heißt, schneller wäre es nur möglich gewesen, wenn wir tatsächlich wie die CDU alles einfach durchgewunken hätten.

(Zwischenruf Abg. Holbe, CDU: Das hat nie- mand behauptet!)

Im Übrigen, sagen Sie mal, bei Gehren und Pennewitz: Wie sollten wir das denn ohne Lösung für die Verwaltungsgemeinschaft, die Sie einfordern, lösen? Dort hat die Verwaltungsgemeinschaft übrigens die Auflösung beschlossen, das ist klar. Aber wir konnten das gar nicht eher lösen, bis wir eine Lösung für Herschdorf und Neustadt gefunden hatten. Das ist so. Das heißt, Sie machen Druck an einer Stelle und nehmen wieder Verwerfungen billigend in Kauf. Das kann doch aber nicht die Lösung sein. Wir wollen tatsächlich dieses Land so aufstellen, dass die Strukturen dann auch 20 Jahre Bestand haben. Das ist bei Ihnen nicht der Fall.

Im Übrigen darf ich Sie daran erinnern: Sie waren es, die 2011 im Dezember im Rahmen eines Entschließungsantrags hier im Landtag gemeinsam mit dem damaligen Koalitionspartner zu Recht ein Eckpunktepapier für künftige Reformen beschlossen haben. Darin steht: Verwaltungsgemeinschaften sind ein Auslaufmodell. Der politische Irrtum ist mir ja nicht fremd. Aber bei Ihnen geht es im Sekundentakt, dass Sie Ihre Meinung ändern. 2014 hat die damalige amtierende Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht der SPD ein Angebot gemacht und gesagt: Wenn sie die Koalition fortsetzt, wird innerhalb von wenigen Wochen und Monaten dem Landtag ein Gesetzentwurf zur Abschaffung der Verwaltungsgemeinschaften zugeleitet. Eine vernünftige Sache.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Hat sie nicht gesagt! Sie sagen nicht die Wahrheit!)

Von daher müssen Sie heute hier erläutern, warum Erkenntnisse, die Sie vor kurzer Zeit hatten, jetzt nicht mehr stimmen, außer Sie sagen, es geht ausschließlich gegen Rot-Rot-Grün. Da ist Ihnen jedes Mittel recht, auch das Mittel, dass auf der kommunalen Ebene weiterhin Strukturen bestehen, die eben nicht durchgängig Leistungsfähigkeit erzeugen.

Meine Damen und Herren, es wurde gesagt, es sind zu wenige Fälle, zu wenig Resonanz. 60 Gemeinden ist schon mal ein Aufschlag. Ich habe hier schon mal bei einer Debatte zum Vorschaltgesetz eine Prognose getroffen und gesagt: Wenn wir es geschickt anstellen, die Kommunen die Abwägung machen, die Chancen eher im Mittelpunkt der Auseinandersetzung sehen und nicht zu sehr in den Risiken, werden wir bis zu 70 Prozent der kreisangehörigen Gemeinden neu gliedern können. Ich bleibe bei dieser Prognose, dass wir da nahe herankommen. Die Aktivitäten über das ganze Land hinweg zeugen davon, das ist vernünftig. Und dann werden wir ein Problem bekommen, was die Landkreise betrifft. Im Ilm-Kreis wird die Debatte geführt. Wenn alle Reformen umgesetzt werden, haben wir noch sechs Gemeinden und davon zwei große Städte, die 80 Prozent der Bevölkerung des Landkreises stellen, und damit eine hohe Abhängigkeit des Landkreises von zwei Kommunen. Ich weiß nicht, welchen Sinn das dann noch macht und ob da nicht neue Konflikte entstehen. Ich glaube, wir bekommen im Ergebnis der Gebietsreform auf gemeindlicher Ebene auch wieder eine Debatte, welche vernünftige Struktur auf Landkreisebene wir brauchen.

Meine Damen und Herren, die CDU setzt auf Freiwilligkeit. Das machen wir auch. Aber die CDU muss hier mal einen Widerspruch erklären. Sie sagt: Strukturen, die im Ergebnis der Freiwilligkeit entstehen, funktionieren super. Wieso sollen dann nicht die gleichen Strukturen, die möglicherweise durch den Gesetzgeber auch mal gegen den Willen eines Beteiligten entstehen, diese Leistungsfähigkeit nicht aufweisen?

(Zwischenruf Abg. Bühl, CDU: Weil die Men- schen vor Ort da nicht mitmachen!)

Den Widerspruch konnte mir bisher keiner erklären. Die gesetzlichen Grundlagen sind die gleichen, die Strukturen sind die gleichen, es funktioniert natürlich genauso, meine Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Bühl, CDU: Sie missach- ten den Willen der Menschen!)

Sie wollen – wie gesagt – nur eine andere Debatte führen. Was die Gemeindestruktur betrifft, hat die Vertreterin der SPD hier schon die Struktur aufgezeigt. Ich will Ihnen hier die Struktur am anderen Ende noch hinzufügen. Wir haben nur noch 68 Gemeinden mit mehr als 5.000 Einwohnern – nur noch 68! Von daher zeigen schon diese Zahlen, wo der Reformbedarf ist.

Wir können zur Kenntnis nehmen – und das hätte auch keiner erwartet –, dass die Wirtschaft, der Landesrechnungshof, die Gewerkschaften die Reform fordern und an der Seite der Landesregierung stehen. Von daher geht es dort um Detailfragen. Aber im Grunde genommen wird dort die Notwendigkeit der Reform überhaupt nicht mehr angezwei

felt. Es gibt nur einen tatsächlichen Zweifler im demokratischen Spektrum – und das ist die CDU.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Und das Volk!)

Meine Damen und Herren, zur Verwaltungsgemeinschaft. Wir haben uns lange in der Abwägung damit beschäftigt: Kann man die Verwaltungsgemeinschaft weiterentwickeln? Die Konstruktionsfehler, die dort offensichtlich sind – und da teile ich auch die Hinweise der Vorredner: das ist überhaupt kein Vorwurf an die dort Aktiven, sondern das sind strukturelle Probleme, die wir als Gesetzgeber zu verantworten haben –, damit haben wir uns beschäftigt. Die Verbandsgemeinde wäre ein solches Instrument gewesen. Aber auch dort wurden mehr Bedenken geäußert, als die Chancen gesehen. Deshalb haben wir uns entschlossen, das nicht weiter zu verfolgen.

Ich will Ihnen mal die Probleme der Verwaltungsgemeinschaften stichpunktartig benennen, auch für die Öffentlichkeit, da kann das nachvollzogen werden, dass das eben nicht reformierbar ist – nicht in jedem Fall, einiges geht schon. Da ist die Rolle des VG-Vorsitzenden. Unstrittig, wir durchbrechen dort das Gewaltenteilungsgebot unserer Demokratie, weil der VG-Vorsitzende sowohl politisch agieren kann als auch alle Instrumente des Vollzugs in der Hand hat und sogar Stimmen in der VG-Versammlung. Er ist nicht einmal direkt gewählt, sondern nur indirekt. Also die Rolle des VG-Vorsitzenden hätte man heilen können. Da hätte man einen Laufbahnbeamten damit betraut oder so, das hätte man gegebenenfalls heilen können.

Wir haben die Finanzierung über eine steuerkraftunabhängige Umlage. Das führt dazu, dass die finanziellen Situationen der Kommunen innerhalb einer VG weiter auseinandergehen. Anstatt das zu harmonisieren, geht es weiter auseinander, weil die Leistungsstärkeren einen viel geringeren Beitrag aus dem Steueraufkommen an die VG abtreten müssen als die Finanzschwachen. Ich habe das immer an dem Beispiel der VG Großbreitenbach deutlich gemacht – die Zahlen stimmen jetzt nicht mehr ganz exakt, weil sie aus dem Jahr 2014 sind. Die Stadt Großbreitenbach mit einer Steuerkraft von 2.000 Euro pro Einwohner – VG-Umlage 120 Euro – bezahlt also 6 Prozent ihres Steueraufkommens als VG-Umlage. Bei der Gemeinde Böhlen mit 72 Euro pro Einwohner hat das Steueraufkommen nicht einmal gereicht, um die VG-Umlage zu bezahlen. Das kann doch nicht gerecht sein. Diese Gleichmacherei wurde übrigens immer den Linken vorgeworfen. Aber wir haben es erkannt und haben gesagt: Das geht nicht!

Das Nächste: Wir haben den Bürgermeister, der verantwortlich ist für Beschlussvorbereitungen und den Vollzug der Beschlüsse. Der hat aber gar keinen Zugriff auf die Vollzugspotenziale, die hat nur

die VG. Das heißt, es muss eine ständige Auseinandersetzung zwischen Bürgermeistern und VGVorsitzendem stattfinden. Dort, wo die Leute sich einigermaßen verstehen, geht das. Aber wir haben viele Beispiele, wo es nicht funktioniert, wo sich die VG-Vorsitzenden als Aufsicht über den Bürgermeister und nicht als Dienstleister verstehen.

(Zwischenruf Abg. Bühl, CDU: Sie haben sich als VG-Vorsitzender beworben, Sie woll- ten doch auch VG-Vorsitzender sein!)

Es stehen dort Transaktionskosten an – ich habe das mal durch zwei Studenten der Fachhochschule Nordhausen ermitteln lassen –: 17 Prozent der allgemeinen Verwaltungskosten einer Verwaltungsgemeinschaft entfallen nur auf diesen Kommunikationsprozess zwischen den Bürgermeistern und der VG, weil es dauernd Konflikte gibt, unterschiedliche Auffassungen, wie ist ein Beschluss auszulegen, wie ist er zu vollziehen. Das habe ich natürlich bei einer Einheits- und Landgemeinde nicht, weil dort der Bürgermeister, der für den Vollzug der Beschlüsse zuständig ist, gleichzeitig der Behördenleiter ist. Das muss doch selbst für Sie einsehbar sein.

13 Satzungen hat im Durchschnitt jede Gemeinde. Die müssen gepflegt und fortgeschrieben werden, manche jährlich – wie die Haushaltssatzung, die muss sogar bewirtschaftet werden –, manche natürlich nur in größeren Abständen. Das bindet Verwaltungsressourcen, die nicht für andere Dinge zur Verfügung stehen. Auch klar!

Und das Letzte: Die Finanzkraft wird zersplittert, weil jede Gemeinde ihren eigenen Haushalt hat. Das sehen wir jetzt zum Beispiel bei der neuen Investitionspauschale – 11,51 Euro pro Einwohner, das heißt, in zwei Dritteln der Gemeinden kommt weniger als 10.000 Euro an. Mir tut das immer leid. Wenn das größere Strukturen wären, könnten die Mittel konzentriert werden. Wir haben doch die Beispiele, dass Einheitsgemeinden schon 1994 entstanden sind: Ilmtal – um Stadtilm haben sich damals 21 Gemeinden zusammengetan, die gehen jetzt nach Stadtilm. Gehen Sie durch die Dörfer und die erzählen: Jawohl, wir haben die Mittel konzentriert. Einen Ortsteil nach dem anderen konnten wir machen, weil wir Finanzkraft bündeln konnten. Und das wollen wir künftig allen gewähren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt noch mal zur Auseinandersetzung zu § 46 Abs. 1 Satz 2 ThürKO. Für die Öffentlichkeit will ich es mal vorlesen. Rechtsnormen können interpretiert werden, aber diese eigentlich nicht, denn sie formuliert so klar, dass die Befürchtungen, die Sie äußern, ins Leere laufen. Dort steht nämlich drin: „Verwaltungsgemeinschaften können durch Gesetz gebildet, geändert, erweitert und aufgelöst werden, sofern Gründe des öffentlichen Wohls nicht entgegenstehen.“ Das heißt, die Kompetenz für VG-Änderun

gen, -Auflösungen usw. liegt bei uns und es gibt einen Maßstab: „öffentliches Wohl“. Jetzt kommt der Satz 2, auf den Sie sich immer beziehen: „Von den beteiligten Gemeinden kann ein entsprechender Antrag an das […] zuständige Ministerium gestellt werden.“ Das hebt aber nicht die Regelung des Satzes 1 auf. Das heißt, es ist nur eine Ergänzung. Gemeinden können das Verfahren auf den Weg bringen, aber wir sind immer frei, die Strukturen von Verwaltungsgemeinschaften zu verändern, wenn wir der Überzeugung sind, dass das im Interesse des öffentlichen Wohls notwendig ist, nichts weiter.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß nicht, woher Sie derartige Fehlinterpretationen nehmen und damit Leute verunsichern, weil natürlich die ehrenamtlichen Bürgermeister und Gemeinderäte nicht die Möglichkeiten haben wie wir, das rechtlich interpretieren und prüfen zu lassen. Um es noch mal zusammenzufassen: Die Gemeinden können Anträge stellen und natürlich werden im Gesetzgebungsverfahren auch die Verwaltungsgemeinschaften angehört. Aber das, was Sie konstruieren, dass angeblich dort ein Vetorecht besteht, ist jetzt schon nicht gegeben. Und nur zur Klarstellung nehmen wir es aus dem Gesetz heraus, weil Sie es immer fehlinterpretieren und damit Leute verunsichern. Sie tun damit diesem Land tatsächlich nicht mal ansatzweise einen Gefallen.

Dann wurde gesagt, wir machen Wildwuchs und lassen irgendwie weiße Flecken zurück. Zeigen Sie das im Gesetz, zeigen Sie im Gesetz, wo wir irgendwo einen weißen Fleck zurücklassen! Nirgends lassen wir das zurück.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich komme zu den zwei Beispielen, die Sie hier benannt haben, wo Sie gefragt haben, warum wir das jetzt nicht aufnehmen: Gramme-Aue und An der Marke, zwei Verwaltungsgemeinschaften, die für sich genommen nicht einen Punkt des Eckpunktepapiers – und dort hat der Landtag sich mit demokratischer Mehrheit positioniert – erfüllen. Kein Zentraler Ort, beide sind, wenn sie sich zusammentun – die Einwohnerzahl spielt bei VG keine Rolle, das haben Sie 2007 oder 2008 rausgenommen, Sie waren das –, und beide Verwaltungsgemeinschaften liegen im Einzugsbereichs des Oberzentrums Erfurt und des Mittelzentrums Sömmerda. Es liegt also keine Voraussetzung vor und trotzdem wird das gemacht. Ich bedaure es, dass ein oberster Landesbediensteter, nämlich der Präsident des Landesamts für Vermessung und Geoinformation, der ehrenamtlicher Bürgermeister in Schloßvippach ist, Gemeinden dort in eine falsche Richtung schickt. Das kann nicht funktionieren. Ich erwarte von einem Landesbediensteten mehr Verantwortung. Ich

kann das nicht beeinflussen, ich bin nicht Dienstherr dieses Menschen. 2012 gab es dort ein Bürgerbegehren, neue Strukturen zu schaffen. Die gleichen Leute, die jetzt die große VG bilden wollen, haben damals das Bürgerbegehren ins Leere laufen lassen – der Präsident war als Kommunalpolitiker und Landtagsabgeordneter mit beteiligt. Da fragen sich die Leute vor Ort: Was ist denn da los? Es ist klar: Das ist jetzt eine reine Abwehrfusion gegen die Pläne von Rot-Rot-Grün und nichts anderes. Das erzeugt keine Leistungsfähigkeit vor Ort und überhaupt nichts. Deshalb hat die Landesregierung zu Recht diesen Antrag nicht berücksichtigt.

Gestatten Sie eine Anfrage der Abgeordneten Holbe?

Selbstverständlich.

Bitte.

Herr Kuschel, Sie haben doch gerade lang und breit ausgeführt, welche Synergieeffekte entstehen, wenn sich Verwaltungen zusammenschließen, dass Personal qualifizierter eingesetzt werden kann. Oft sind es ja bei Ihnen auch Verwaltungsgemeinschaften, die einfach nur eine Einheitsgemeinde werden. Da sehe ich diese Effekte nicht – gleiches Konstrukt, gleiches Personal.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Nein! Das ist ein deutlicher Unterschied!)

Hier in diesem Fall will ich ausdrücklich noch mal nachfragen: In welcher Vorschrift steht denn geschrieben, dass ein Zusammenschluss dieser beiden VGs nicht möglich ist? Welche Gesetzlichkeit legen Sie zugrunde?

§ 46 Abs. 1 Satz 1 ThürKO. Die machen Gebrauch von Satz 2 – sie können einen Antrag stellen –, da steht aber nicht, dass sie einen Anspruch auf Umsetzung des Antrags haben, sondern in Satz 1 steht: Durch Gesetz wird eine Verwaltungsgemeinschaft neu strukturiert und da ist das Kriterium des öffentlichen Interesses. Der Landtag hat in einer demokratischen Entscheidung das öffentliche Interesse im Eckpunktepapier zum Leitbild unter Berücksichtigung des Urteils des Verfassungsgerichts im Dezember 2017 bestätigt. Das müssen Sie akzeptieren. Das müssen Sie akzeptieren, dass der Landtag sich politisch dazu geäußert hat, was öffentliches Interesse ist. Und die beiden Verwal

tungsgemeinschaften erfüllen das nicht. Was dort los ist: Die haben jetzt zum dritten Mal die Stelle eines Mitarbeiters in der Bauverwaltung ausgeschrieben, die Verwaltungsgemeinschaft An der Marke. Herr Präsident kennt den VG-Vorsitzenden, der gleichzeitig CDU-Vorsitzender der Kreistagsfraktion ist. Das wurde also zum dritten Mal ausgeschrieben – das ist eine E5-Stelle. Ich habe gestaunt, was die da von denen verlangen, das würde ich keinem Beschäftigten oder Beamten in der E12 oder A12 zutrauen. Der soll Bauleitplanung machen, der soll die Stellungnahme der Gemeinden bei Bauvorhaben – Bauordnungsbehörde ist der Landkreis – usw. durchsetzen, Straßenausbaubeiträge soll der machen. Die finden keinen!