Protokoll der Sitzung vom 22.02.2018

tungsgemeinschaften erfüllen das nicht. Was dort los ist: Die haben jetzt zum dritten Mal die Stelle eines Mitarbeiters in der Bauverwaltung ausgeschrieben, die Verwaltungsgemeinschaft An der Marke. Herr Präsident kennt den VG-Vorsitzenden, der gleichzeitig CDU-Vorsitzender der Kreistagsfraktion ist. Das wurde also zum dritten Mal ausgeschrieben – das ist eine E5-Stelle. Ich habe gestaunt, was die da von denen verlangen, das würde ich keinem Beschäftigten oder Beamten in der E12 oder A12 zutrauen. Der soll Bauleitplanung machen, der soll die Stellungnahme der Gemeinden bei Bauvorhaben – Bauordnungsbehörde ist der Landkreis – usw. durchsetzen, Straßenausbaubeiträge soll der machen. Die finden keinen!

Herr Kuschel, können wir uns vielleicht über die Leistungsfähigkeit der VG am Rande des Plenums noch mal besprechen? Allerdings ist Ihre Redezeit jetzt um. Die Redezeit ist ausgeschöpft.

Schade! Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe eine weitere Wortmeldung, Abgeordneter Mohring möchte sprechen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wollte noch einmal nach vorne gehen, weil die Einordnung zum Stand zur Gebietsreform in Thüringen, so wie sie jetzt der Abgeordnete Kuschel zuletzt gemacht hat, eine sehr subjektive, einseitige Betrachtungsweise ist.

(Beifall CDU)

Ein Stück hatte ich das Gefühl, dass der Antrag zur Freigabe von Cannabis und seine Einordnung ein Stück Einblick über den kausalen Zusammenhang geben. Deswegen will ich das noch mal ordnen.

Rot-Rot-Grün ist diese Wahlperiode angetreten und hat gesagt: Wir wollen eine Gebietsreform in Thüringen durchsetzen, hat Gesetzentwürfe vorgelegt, Leitbilder verabschiedet, Vorschaltgesetze gemacht. Dann sind die Menschen in diesem Land auf die Straße gegangen; über 140.000 haben gegen diese Gebietsreform unterschrieben, mehrere Landkreise haben geklagt, wir haben geklagt und wir haben am Ende vor dem Verfassungsgericht gewonnen, weil das Verfassungsgericht festgestellt

hat, dass das, was Sie vorgelegt haben, verfassungswidrig ist.

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das, was Sie vorgelegt haben, ist verfassungswidrig.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Nein!)

Es fällt Ihnen schwer, das zu verstehen, aber das war klare Rechtsprechung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Eine Lüge!)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Ein Lügner!)

(Unruhe DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was Sie zur Gebietsreform vorgelegt haben, war verfassungswidrig.

Was war das Ziel Ihrer Gebietsreform? Was war das Ziel? Die Hälfte der Landkreise abzuschaffen, mehrere Hundert Gemeinden ihrer Selbstständigkeit zu berauben und die Existenz der Verwaltungsgemeinschaften zu beenden – das war Ihr Ziel. Damit sind Sie als Gesetzgeber und linke Mehrheitsfraktion hier im Landtag gescheitert.

(Beifall CDU)

Auf dem Weg dahin haben Sie mehrere Hürden aufgebaut, wie Sie sich Thüringen vorstellen, was die Landkreisgrößen betrifft, was die Gemeindegrößen betrifft und was auch das existenzielle Ende der Verwaltungsgemeinschaften betrifft. All diese Maßstäbe, die Sie aufgestellt haben, finden jetzt, wenn der neue Staatssekretär – meine frühere linke befreundete Herzkammer – durch das Land zieht, keine Anwendung mehr. Heutzutage passiert Folgendes: Wenn der Staatssekretär aus dem Innenministerium auftritt, verspricht er denen, die vor Ort Veränderung wollen, freiwillig all das, was er früher als Politiker hier im Landtag abgelehnt hat; all das wird jetzt versprochen.

(Beifall CDU)

Und es findet seine Krönung in der von Gudrun Holbe angesprochenen Änderung der Thüringer Kommunalordnung, beim § 46, was die Zukunft der Verwaltungsgemeinschaften betrifft.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wir müssten es eigentlich nicht ändern!)

Das, was Sie machen, ist ganz entscheidend für die Betrachtungen zur Gebietsreform. Sie wollten die Verwaltungsgemeinschaften per Gesetz abschaf

(Abg. Kuschel)

fen. Das ist Ihnen misslungen. Und weil Ihnen das misslungen ist, versuchen Sie jetzt über die vermeintliche, pseudohafte Behauptung von Freiwilligkeit, die Zerstörung der kommunalen Gemeinschaft vor Ort und Eingriffe in die kommunale Selbstverwaltung mit der Änderung des Gesetzes genau das zwangsweise durchzusetzen, bei dem Sie vorher gescheitert sind.

(Beifall CDU)

Wissen Sie, woran das liegt? Weil wir bisher in der Kommunalordnung eine Sicherheit eingebaut hatten, die immer noch gilt. Sie verstoßen gegen dieses geltende Recht, indem Sie Gesetze vorlegen, die sagen, das, was da drinsteht, wenden wir nicht mehr an, denn wir wollen es einfach anders machen. Und das zerstört das Vertrauen in den Rechtsstaat, das zerstört das Vertrauen an die Ordnung und das,

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das Vertrauen in die Politik zerstören solche Lü- gen, Herr Mohring!)

was der Gesetzgeber in Gesetzen festgelegt hat, die veröffentlicht sind. Wenn Sie sie als Gesetzgeber in der Mehrheit nicht mehr anwenden, dann missachten Sie unser Demokratieprinzip. Daran will ich einfach mal appellieren. Sie missachten das, Sie verstoßen dagegen. Sie verstoßen gegen geltendes Recht in diesem Land.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und Sie erzählen Unfug!)

Jetzt sagen Sie, wir schaffen diese doppelte Mehrheit für Veränderungen von Verwaltungsgemeinschaften ab. Was heißt diese doppelte Mehrheit? Das heißt, die Mehrheit der Gemeinden mit der Mehrheit der Einwohner muss zustimmen, wenn sich die Verwaltungsgemeinschaft verändert, dass vielleicht jemand austritt, dass vielleicht der Antrag besteht, was dazuzutun, überhaupt die Strukturveränderung in der Verwaltungsgemeinschaft vorzunehmen.

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Selbst das ist falsch!)

Jetzt sagen Sie, das schaffen wir ab, die doppelte Mehrheit, dass also die vor Ort in der Gemeinschaft, die sich entwickelt hat, sich gemeinsam Gedanken machen, wie die Veränderung aussehen kann.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Es wird doch damit nicht abgeschafft!)

Das schaffen Sie ab, weil Sie sagen: Jetzt kann eine einzelne Gemeinde, vielleicht die kleinste, vielleicht die leistungsstärkste, vielleicht die umlage

kraftfähigste, vielleicht der Zentrale Ort, den Antrag stellen, dass er aus dieser VG raus will.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Na, wenn die das wollen! Das ist Selbstbestim- mung!)

Nein, eben nicht!

Und damit sagen Sie, jetzt geht es nur noch nach Gemeinwohl. Dann ist ganz entlarvend, was der Abgeordnete Kuschel hier eben ganz zum Schluss seiner Rede gesagt hat: Dann entscheiden wir mit Mehrheit, ob das Gemeinwohl gilt oder nicht. Das ist skandalös!

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Nein, das steht in der Verfassung! Das ist Verfassungsrecht!)

Nein, eben nicht. Verfassungsrecht ist, sich am Gemeinwohl zu orientieren, aber Sie haben gesagt, Sie entscheiden das mit Mehrheit, ob Gemeinwohl da ist

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Im- mer!)

oder nicht, und das ist das Entscheidende.

Und was Sie vorhaben, ist Folgendes.

(Unruhe DIE LINKE)

Ja, zu Recht müssen Sie aufschreien, weil das ein ganz gefährlicher Punkt in Ihrem Gesetzentwurf ist. Möglicherweise sehen wir uns woanders wieder und besprechen die Fragen noch konkreter. Offensichtlich muss man Ihnen oft nachhelfen bei den Fragen, wie Verfassungsrecht in diesem Land anzuwenden ist und wie Gesetze in diesem Land anzuwenden sind.