Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Einundzwanzigste Rundfunkänderungsstaatsvertrag verfügt auf den ersten Blick über einen recht überschaubaren Regelungsgehalt. Schwerpunkt der Vertragsnovelle sind nämlich fast ausschließlich rundfunkrechtliche Anpassungen, die aus dem Inkrafttreten der EU-Datenschutz-Grundverordnung am 25. Mai dieses Jahres resultieren. Dennoch entfaltet der neue Staatsvertrag medienrechtlich und medienpolitisch grundsätzliche Bedeutung, geht es bei ihm doch um nicht weniger als um eine prinzipielle Abwägung zwischen zwei bedeutenden Verfassungsgütern: dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung auf der einen Seite und der in Artikel 5 Grundgesetz verankerten Medien- und Informationsfreiheit auf der anderen Seite.
Meine Damen und Herren, die EU-Verordnung legt – das macht ihr Name schon deutlich – ihr Hauptaugenmerk auf den Datenschutz. Nach Artikel 6 der Datenschutz-Grundverordnung ist die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche und nicht öffentliche Stellen nur dann zulässig, wenn die davon betroffenen Personen ihre Einwilligung gegeben haben. Personenbezogene Daten wiederum werden in Artikel 4 der Verordnung definiert als „alle Informationen [...], die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen“. Nach den Bestimmungen der Artikel 12 bis 18 hat jedermann nicht nur ein Recht auf Auskunft darüber, ob und welche seiner Daten aus welchem Anlass und mit welchem Zweck erhoben worden sind, er kann zudem eine Berichtigung von Daten, die aus seiner Sicht nicht korrekt sind, verlangen oder sogar deren Sperrung herbeiführen.
Meine Damen und Herren, diese recht weitgehenden Datenschutzbestimmungen haben grundsätzlich ihre Berechtigung. Schließlich möchte niemand, dass ungefragt Informationen über ihn gesammelt, strukturiert und in Form umfassender Datenprofile für beliebige Zwecke genutzt oder an Dritte weitergegeben werden. Der rasante technische Fort
schritt im Online-Bereich macht den gläsernen Menschen schon heute ohne Weiteres möglich, da wir bei allem, was wir im Internet tun, digitale Fingerabdrücke und Datenspuren hinterlassen. Die EU tut daher gut daran, europaweit gültige Standards für die informationelle Selbstbestimmung zu fassen und dadurch dem Datensammeln enge Grenzen zu setzen.
Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die Medien sind bei ihrer Arbeit zwingend auf die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten angewiesen. Jedwede journalistische Tätigkeit ist undenkbar, wenn es in ihrem Rahmen nicht möglich sein sollte, personenbezogene Daten auch ohne Einwilligung von Betroffenen zu erheben und zu nutzen. Wie soll eine versteckte Recherche funktionieren, wenn jedermann im Anschluss umfangreiche Auskunfts-, Berichtigungsoder sogar Löschungsansprüche geltend machen kann? Wie ist es unter solchen Bedingungen um den Quellenschutz bestellt? Wird es überhaupt noch kritische Medienberichterstattungen geben können oder nur noch weichgespülte, inhaltsleere und mit allen und jedem abgestimmte offiziöse Verlautbarungen?
Meine Damen und Herren, das sind die berechtigten Sorgen, die Medienschaffende und Medienpolitiker schon während der Erarbeitung der Datenschutz-Grundverordnung der EU umgetrieben haben. Informationelle Selbstbestimmung darf aus unserer Sicht nicht bis zu einem Extrempunkt geführt werden, bei dem die Medienfreiheit als solche infrage gestellt und faktisch über Bord gekippt wird. Es muss hier vielmehr zu einem vernünftigen Ausgleich zwischen den beiden Verfassungsgütern kommen. Ich finde es daher gut, dass die EU-Gremien dieser Auffassung letztlich ebenfalls gefolgt sind. Artikel 85 der Datenschutz-Grundverordnung ermöglicht nun den Mitgliedstaaten Abweichungen und Ausnahmen von den an anderer Stelle des Textes getroffenen Datenschutzbestimmungen, wenn es um die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten für journalistische oder literarische Zwecke im Interesse der Meinungs- und Informationsfreiheit geht.
Meine Damen und Herren, mit dem Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag nutzen die Bundesländer die in Artikel 85 eingeräumten Kompetenzen und schaffen ein mit dem EU-Datenschutzrecht vereinbares Medienprivileg für den öffentlich-rechtlichen und den privaten Rundfunk in Deutschland. Wie auch bisher haben die Rundfunkanstalten das Recht, im Rahmen der journalistischredaktionellen Arbeit, also bei der Recherche, der Vorbereitung von Medienangeboten oder der allgemeinen Informationssammlung, personenbezogene Daten auch ohne Einwilligung der Betroffenen sowie unter Ausschluss von Auskunfts- und Berechtigungsansprüchen zu erheben und zu verarbeiten. Damit wird den Belangen der Medien in einem eng
umgrenzten Feld Genüge getan, ohne die berechtigten Anliegen des Datenschutzes an anderer Stelle auszuhebeln.
Meine Damen und Herren, die Ergänzung der EUDatenschutz-Grundverordnung durch den Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag bietet daher für mich einen gelungenen Ausgleich zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und der für eine differenzierte öffentliche Meinungsbildung unerlässlichen Medien- und Informationsfreiheit. Datenkraken wird künftig das Leben schwerer gemacht, den Journalistinnen und Journalisten aber glücklicherweise nicht. Damit ist in einem rechtlich und politisch sensiblen Bereich eine gute und faire Balance zwischen konkurrierenden Interessenlagen geschaffen worden.
Meine Fraktion spricht sich für die Annahme des Zustimmungsgesetzes zum Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag aus. Wir haben das vorher ausführlich im Ausschuss für Europa, Kultur und Medien beraten und deshalb haben wir uns auch dafür ausgesprochen, die zweite Beratung gleich anzuschließen. Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Präsidentin, es war heute wie Weihnachten und Geburtstag zusammen für Herrn Höcke, die EU und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in einem Antrag bashen zu dürfen; ganz großes Kino. Sie haben sich hier hingestellt und gesagt, Sie sind für Datenschutz und Sie sind für das Medienprivileg. Sie haben aber nicht gesagt, wie. Das ist genau das Problem Ihrer Politik – in Anführungsstrichen –, dass Sie immer sagen, was schlecht ist, aber selbst keine eigenen Vorschläge haben, wie man es besser machen kann. Die Datenschutz-Grundverordnung, um die es hier hauptsächlich in diesem Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag geht, ist eine sehr detailliert und sehr gut ausgearbeitete Grundverordnung, die natürlich auf Europaebene geschehen muss, weil Daten nämlich vor nationalen Grenzen keinen Halt machen. Auch das ist, glaube ich, in der AfD immer noch nicht angekommen.
Um mal an das anzuknüpfen, was Ihre Kollegin Frau Herold gestern gemacht hat – sie hat ja gestern Victor Klemperer hier zitiert, der sich wahrscheinlich mehrfach im Grab herumgedreht hat, als sie das gemacht hat –: „Was jemand willentlich ver
bergen will, […] die Sprache bringt es an den Tag.“ Ich finde, wie Sie hier teilweise sprechen, ist wirklich sehr unterirdisch. Sie sprechen hier von Wucherungen, wenn Sie von staatlichen Institutionen sprechen, von Postenkartellen – das ist eine faschistoide Sprache, die Sie hier anwenden.
Das muss man, glaube ich, einfach noch mal betonen, weil ich fürchte, dass viele Leute sich so sehr daran gewöhnt haben, dass es ihnen gar nicht mehr auffällt, wie Sie hier agieren.
Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem. Ich möchte noch mal ganz kurz drei Sätze zu diesem Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag verlieren. Die Datenschutz-Grundverordnung ist ein richtiger Schritt, den wir auf europäischer Ebene gegangen sind, schlicht und ergreifend auch mit dem, was wir um die Enthüllungen von Edward Snowden in Europa gelernt haben sollten, und vor allen Dingen auch mit dem Bewusstsein, das wir damit geschaffen haben, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht darauf zu wissen, was mit unseren Daten passiert, ein sehr wichtiges ist.
Die Datenschutz-Grundverordnung selbst hat sechs Grundsätze, auf denen personenbezogene Daten verarbeitet werden sollen: Das sind die Rechtmäßigkeit, die Zweckbindung, die Datenminimierung, die Richtigkeit, die Speicherbegrenzung sowie die Integrität und Vertraulichkeit. Darin, das haben die Kolleginnen und Kollegen – das waren nur Kollegen bisher, das muss ich gar nicht gendern – auch schon angesprochen, ergibt sich natürlich in Bezug auf den Medienbereich ein Konfliktpotenzial, was beispielsweise den Quellenschutz angeht. Da hat die Datenschutz-Grundverordnung aber bereits schon in ihrem Artikel 85 angelegt, dass sie für die Verarbeitung personenbezogener Daten für journalistische Zwecke im Interesse der Meinungsfreiheit und der Informationsfreiheit erforderliche Abweichungen und Ausnahmen zulässt. Das heißt, die Datenschutz-Grundverordnung war schon selbst so schlau zu regeln, dass man hier schlicht und ergreifend eine Abwägung treffen muss. Gemeinhin nennen wir das Medienprivileg und das nehmen wir jetzt hier auch vor.
Der Einundzwanzigste Rundfunkänderungsstaatsvertrag nimmt sich dieser Problematik an und – auch das haben die Kollegen gesagt – das macht er auch gut und macht er auch richtig. Die rechtlich zulässige Ausklammerung einzelner Vorschriften und Bereiche ist durch die besondere Stellung der Meinungs- und Informationsfreiheit an dieser Stelle gedeckt.
der Zusammenarbeit der Medienanstalten angesprochen worden – sind für uns sinnvoll und schlüssig. Sie sind aus unserer Sicht gut geregelt. Wir können natürlich immer wieder unsere Kritik anbringen, was Staatsverträge angeht, das ist ja nichts Neues. Das werden wir aber aus Thüringen heraus an dieser Stelle nicht ändern und deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, würden wir heute hier gerne allen die Zustimmung zu diesem Staatsvertrag empfehlen, weil er wichtig ist und das Medienprivileg insbesondere der Anstalten sicherstellt. Vielen Dank.
Ich schließe die erste Beratung und rufe die zweite Beratung des Gesetzentwurfs auf. Wird Aussprache gewünscht? Das kann ich nicht erkennen.
Dann stimmen wir über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 6/5307 in zweiter Beratung ab. Wer stimmt für den Gesetzentwurf? Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen und der CDU-Fraktion. Wer stimmt dagegen? Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Damit ist der Gesetzentwurf angenommen.
Und wir kommen zur Schlussabstimmung. Ich bitte Sie, sich von den Plätzen zu erheben, wer dem Gesetzentwurf zustimmt. Das sind die Koalitionsfraktionen und die CDU-Fraktion. Gegenstimmen? Das ist die AfD-Fraktion. Stimmenthaltungen kann ich nicht erkennen. Damit ist der Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung angenommen und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
Bevor wir in die Mittagspause gehen und uns um 13.35 Uhr wieder treffen, möchte ich noch bekannt geben, dass 5 Minuten nach Beginn der Mittagspause im Raum F 004 eine außerordentliche Sitzung des Innen- und Kommunalausschusses stattfindet und der Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit im Raum F 202 eine Sitzung durchführt. Wir gehen jetzt in die Mittagspause.
Ich rufe die Mündlichen Anfragen auf und bitte die Abgeordneten, ihre Fragen vorzutragen. Der Innenausschuss scheint noch nicht ganz fertig zu sein. Dann trägt Kollege Blechschmidt die Frage in der Drucksache 6/5292 anstelle des Abgeordneten Kuschel vor. Bitte, Herr Blechschmidt.
Im Zusammenhang mit Gemeindeneugliederungsmaßnahmen und dem geplanten Beitritt von Schmiedefeld und Gehlberg in die kreisfreie Stadt Suhl erklärte die Sparkasse Arnstadt-Ilmenau, dass sie nach dem Wechsel nicht mehr für die beiden Gemeinden zuständig sei. Die Filiale in Schmiedefeld und das Sparkassenmobil in Gehlberg würden wegfallen. Beides müsste die Rhön-RennsteigSparkasse übernehmen.
1. Welche Veränderungen der Zuständigkeit der Sparkassen ergeben sich, wenn die Gemeinden Schmiedefeld und Gehlberg aus dem Ilm-Kreis zur kreisfreien Stadt Suhl wechseln?
3. Unter welchen Voraussetzungen kann die Sparkasse Arnstadt-Ilmenau weiterhin Leistungen in Schmiedefeld und Gehlberg anbieten, wenn diese Gemeinden Ortsteile der kreisfreien Stadt Suhl werden sollten?
4. Welche Änderungen hinsichtlich der Kundenstruktur und -zuständigkeit in Bezug auf die beiden Sparkassen ergeben sich für die Bürgerinnen und Bürger der beiden Gemeinden, wenn die dargestellte Gemeindeneugliederung vollzogen wird?
Für die Landesregierung hat eigentlich das Finanzministerium das Wort. Wird das Finanzministerium ebenso wie der Fragesteller vertreten? Die Finanzministerin kommt. Wir haben die Frage schon vernommen, die Antwort fehlt uns. Es geht um die Frage in Drucksache 6/5292. Die Ministerin hat das Wort. Bitte, Frau Taubert.
Meine Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel, vorgetragen von Herrn Blechschmidt, wie folgt:
Zu Frage 1: § 6 Abs. 1 Thüringer Sparkassengesetz regelt – ich zitiere –: „Geschäftsgebiet der Sparkassen ist das Gebiet ihres Trägers, bei Zweckverbandssparkassen der räumliche Wirkungskreis des Zweckverbandes. Die geschäftliche Betätigung der Sparkassen ist nach Maßgabe der Sparkassenverordnung grundsätzlich auf ihr Geschäftsgebiet beschränkt.“ Demzufolge würde ein Wechsel der genannten Gemeinden vom Ilm-Kreis in die kreisfreie Stadt Suhl dazu führen, dass das
betroffene Gebiet nicht mehr zum Geschäftsgebiet der Sparkasse Arnstadt-Ilmenau gehören würde, sondern dann zum Geschäftsgebiet der RhönRennsteig-Sparkasse.
Zu Frage 2: Der Wechsel des Geschäftsgebiets würde zeitgleich mit der kommunalen Neugliederung eintreten. Für Folgeveränderungen in solchen Fällen sieht das Thüringer Sparkassengesetz keinen Zeitraum vor. Die Landesregierung geht davon aus, dass betroffene Sparkassen und ihre Träger sich auf einen zeitlich angemessenen Zeitraum und eine angemessene Regelung verständigen. Ich will darauf verweisen, dass wir im letzten Thüringer Maßnahmengesetz von 1994 eine Frist von zwei Jahren als Übergangszeitraum festgelegt haben. Im jetzigen Gesetzentwurf zu Gemeindeneugliederungen sind keine kreisübergreifenden Zusammenschlüsse dabei, sodass man gegebenenfalls, wenn so ein Zusammenschluss käme, dann vielleicht so was auch noch mit regeln könnte oder sich darauf berufen könnte.
Zu Frage 3: Gemäß § 6 Abs. 2 Thüringer Sparkassengesetz dürfen die Sparkassen als Ausschluss des Regionalprinzips nur in ihrem Geschäftsgebiet Zweigstellen errichten und betreiben. Ausnahmen hiervon bedürfen der Zustimmung der betroffenen Sparkasse, deren Träger sowie der Sparkassenaufsichtsbehörde. Insoweit könnte die Sparkasse Arnstadt-Ilmenau in dem genannten Neugliederungsfall in dem Gebiet vor Ort ihre Leistungen ohne Weiteres nicht mehr anbieten.
Zu Frage 4: Die Sparkassenaufsicht ist eine Rechtsaufsichtsbehörde, das heißt, spezifische Erkenntnisse zur Kundenstruktur liegen bei uns nicht vor. Bezüglich der Kundenzuständigkeit wird zunächst auf die Beantwortung der Fragen 1 und 3 verwiesen. Im Übrigen geht die Landesregierung davon aus, dass Sparkassen, die von einer Gebietsneugliederung betroffen wären, eine kundenfreundliche Regelung zum Übergang der Kundenbeziehungen treffen würden.