Protokoll der Sitzung vom 20.03.2018

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werte Besucher auf der Besuchertribüne! Nein, wir haben es bei diesem Sachverhalt nicht mit einem gewöhnlichen Kriminalfall aus der ostdeutschen Provinz zu tun. Tatsächlich handelt es sich hier um ein für Thüringen einmaliges Ermittlungsverfahren mit augenfälligen Besonderheiten.

(Abg. Kräuter)

Dass die Ermittlungsbehörden hochexplosives Material – kiloweise Chemikalien – sicherstellen, die zur Herstellung von weiterem Sprengstoff geeignet sind, ist an sich schon außergewöhnlich genug. Dass die Funde nicht an einem, sondern an verschiedenen Tatorten gesichert wurden, ist ein weiterer Fakt, der für gezieltes und konspiratives Vorgehen spricht. Dass offenbar auch ein mobiles Labor zur Herstellung von Sprengmitteln vorgefunden wurde, stellt die Spitze der tatbezogenen Besonderheiten dar. Was immer auch unter einem „mobilen Labor“ zu verstehen ist, eines ist doch klar: Ein mobiles Labor hat die Aufgabe, die ein mobiles Labor eben hat – an jedem Punkt in Thüringen, in Deutschland oder anderswo jederzeit zum Einsatz zu gelangen.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das war ein Einkaufswagen!)

(Beifall AfD)

Auf die spannende Frage der Beziehung der Täter untereinander, die Frage, ob und in welcher Art und Weise diese alleine oder gegebenenfalls zusammen gewirkt haben, und auf die Frage, ob und in welchen Netzwerken diese eingebunden waren, oder auch, wer von den Vorhaben, von den Taten wusste, will ich an dieser Stelle hier vorne gar nicht eingehen, auch nicht auf die aus meiner Sicht völlig offene Motivlage. Auch darf doch die Frage gestattet sein, in wie vielen vergleichbaren Fällen, Herr Minister, Thüringer Behörden in den letzten Jahren mit welchen Ergebnissen wegen des Straftatbestands „Vorbereitung eines Explosions- und Strahlungsverbrechens“ nach § 310 Strafgesetzbuch Ermittlungen führten – übrigens ein Verbrechenstatbestand mit Mindeststrafandrohung von einem Jahr und mehr, der aus guten Gründen in die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte fällt.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Ziel unseres Antrags ist es, zunächst ganz einfach aufzuklären. Viele entscheidende Fragen sind noch offen, ich habe nur einige wenige angerissen. Und sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wenn Sie der „Tagesspiegel“ richtig zitiert hat, haben Sie in diesem Zusammenhang von Hysterie gesprochen, aber ich denke, es geht nicht um Hysterie, es geht auch in erster Linie nicht um uns Parlamentarier, es geht vor allem um die Menschen in unserem Freistaat. Diese haben einen berechtigten und auch nachvollziehbaren Anspruch darauf, umfassend und zeitnah – selbstverständlich unter Wahrung ermittlungstaktischer Erfordernisse – informiert und unterrichtet zu werden,

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Und sachlich!)

und darauf müssen die Menschen in Thüringen auch vertrauen können.

(Beifall CDU)

Oftmals, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, hilft ein Blick in die Vergangenheit, auch wenn dieser Blick in diesem Fall sehr schmerzlich ist. Ich will es noch einmal sagen: Bombenbauer des NSU aus Thüringen waren es, die dazu beitrugen, dass eine schier unglaubliche, schreckliche und beschämende Mordserie von Thüringen aus in die Republik getragen wurde und damit eines der dunkelsten Kapitel in der Thüringer Geschichte schrieben – bittere Wahrheiten. Die Frage stand und steht ja auch immer noch. Frau Marx als Vorsitzende des Untersuchungsausschusses – einer von mehreren sogenannten NSU-Untersuchungsausschüssen in der Bundesrepublik – weiß es ja: Was hätte man – und das ist die zentrale Frage – damals wissen können? Was hätte man damals wissen müssen? Wurde hinreichend und der Bedeutung der Sache angemessen ermittelt? Immerhin wurde doch auch damals Sprengstoff aufgefunden. Da hätten doch alle Alarmglocken der Ermittler schrillen müssen – oder etwa nicht?

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haben sie ja auch!)

Da fragen Sie mal Ihre Kollegin Marx und die Untersucher im NSU-Untersuchungsausschuss.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte ein weiteres Feld aufgreifen – die Frage der Zuständigkeiten innerhalb der Ermittlungsbehörden, also Polizei und Justiz. Zunächst nach Thüringen – da habe ich vernommen, Herr Minister, dass Sie höchst selbst die Ermittlungen an das LKA übertragen haben, was ich befürworte, aber auch das gehört zu den Besonderheiten dieses Falls. Ich will den Bogen weiter spannen: Wie stellt sich die Zusammenarbeit zwischen Landes- und Bundesbehörden dar? Ein mobiles Labor, das geeignet ist, jederzeit und überall eingesetzt zu werden. Daraus erwächst aus meiner Erfahrung, dass hier eine länderübergreifende höchst sensible Gefahrenlage und damit auch die Zuständigkeit des BKA zu bestimmen ist. Ein Tatverdächtiger bewirbt sich als Laborant bei der Bundeswehr. Ähnliche Fälle sind doch bekannt. Erinnern möchte ich an den Gefährder Franco A., der es geschafft hat, sich durch sein schier unglaubliches Doppelleben als Soldat bei der Bundeswehr einzuschleusen.

Ihre Redezeit endet gleich.

Hier drängt sich die Frage auf: Wie war das in diesem Fall? War es eine gezielte Bewerbungsaktion? Auch hier sehe ich den Militärischen Abschirmdienst in der Pflicht. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter Walk. Die AfDFraktion wünscht auch das Wort zur Begründung. Herr Abgeordneter Höcke, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne, was ist in den letzten Jahren aus unserem beschaulichen Freistaat Thüringen geworden? Seit der großen Grenzöffnung der Altparteien sorgen illegale Einwanderer in Thüringen dafür, dass die innere Sicherheit immer mehr zerfällt, und jetzt leben auch noch die hiesigen Linksextremisten ihre von der Politik eingeräumte Narrenfreiheit zügellos aus.

(Beifall AfD)

Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, was genau ist passiert? Ich will den Sachverhalt in Kürze in Erinnerung rufen. Nachdem einem Zeugen aufgefallen ist, dass ein Mann eine größere Lieferung von Düngemitteln erhalten hatte, informierte er diesbezüglich die örtliche Polizei. Daraufhin kam es am vergangenen Dienstag zu Hausdurchsuchungen im Raum Rudolstadt. Die Beamten stellten bei diesen Durchsuchungen Schreckschusswaffen, Cannabis, eine Cannabisaufzuchtanlage, eine fahrbare Bombenwerkstatt, gebrauchsfähigen Sprengstoff sowie die unglaubliche Menge von 100 Kilogramm Chemikalien zur Herstellung von Sprengstoff sicher. Gegenwärtig wird zwei Männern im Alter von 25 und 31 Jahren die Vorbereitung eines Explosions- und Strahlungsverbrechens vorgeworfen.

Jetzt, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete und sehr geehrte Besucher auf der Tribüne, stellen Sie sich bitte mal vor, man hätte bei diesen Hausdurchsuchungen Hinweise auf einen rechtsextremistischen Hintergrund aufgeklärt. Was wäre dann wohl passiert? Ich kann Ihnen sagen, was dann passiert wäre. Sämtliche Regierungsmitglieder mit dem Ministerpräsidenten an der Spitze hätten bereits Minuten später ihre Erschütterung und tiefe Betroffenheit medial kundgetan.

(Beifall AfD)

Ein wahrer Twittersturm wäre unter Führung unseres Tweetkönigs und Ministerpräsidenten Bodo Ramelow losgebrochen. Mit Sicherheit wäre auch von einem neuen nationalsozialistischen Untergrund die Rede gewesen. Die Bundesstaatsanwaltschaft, sehr geehrte Kollegen, hätte die Ermittlungen an sich gezogen und die potenziellen Terroristen wären wegen Verdunkelungsgefahr stante pede sofort verhaftet und mit Kapuzen über dem Kopf nach Karlsruhe zur Vernehmung geflogen worden.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kapuzen über dem Kopf? Wir sind hier nicht im schlechten Krimi!)

Und bereits am Wochenende hätten die berufenen zivilgesellschaftlichen Gruppen die ersten Lichterketten organisiert und heute würden wir wahrscheinlich in diesem Plenum über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beraten und mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen wahrscheinlich auch beschließen.

Das, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, wäre passiert, wenn es sich um einen potenziellen Rechtsterroristen gehandelt hätte.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das sind alles Mutmaßungen!)

Aber es handelt sich nicht um einen potenziellen Rechtsterroristen oder um Rechtsterroristen, sondern um potenzielle Linksterroristen,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach, das wissen Sie schon?)

denn zumindest einer der Tatverdächtigen gehört zur linksextremen Szene Thüringens und war bis vor Kurzem sogar Sprecher der Antifagruppe „Bündnis für Zivilcourage und Menschenrechte“.

Was waren jetzt die tatsächlichen Reaktionen der Zuständigen, nämlich der Landesregierung? Das LKA – nicht das BKA, sehr geehrte Kollegen – ist erst vier Tage nach den Hausdurchsuchungen eingebunden worden. Noch am Freitag erklärte der hiesige Staatsschutz wörtlich, man sehe keine Anzeichen für einen politischen Hintergrund und würde daher auch nicht ermitteln. Die Tatverdächtigen, Herr Innenminister, sind selbstverständlich weiter auf freiem Fuß. Und der Herr Ministerpräsident Bodo Ramelow hüllt sich seit genau einer Woche in tiefes Schweigen. Kein Wort zu den Hausdurchsuchungen,

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

kein Wort ist von Ihrer Seite zu hören über die verfehlten Auszeichnungen dieser linksextremen Bombenbauer mit einem Demokratiepreis.

(Beifall AfD)

Noch nicht mal das Steuergeld, das diese Ganoven erhalten haben, fordern Sie im Sinne des Gemeinwohls zurück. Das ist ein Skandal.

(Beifall AfD)

Ich sage Ihnen, was hier los ist, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Landesregierung:

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haben Sie schon mal was von „Rechtsstaat“ gehört?)

Sie machen hier nichts anderes als eine VogelStrauß-Politik, weil Sie unangenehmen Fragen aus dem Weg gehen wollen. Fragen, wie zum Beispiel danach, warum die Landesregierung nicht vorab genau prüft, wem sie eigentlich solche mit mehreren Tausend Euro Steuergeld dotierte Demokratiepreise aushändigt, oder Fragen danach, warum das LKA nicht sofort am Anfang die Ermittlungen übernommen hat, oder auch die Frage, welche Abgeordnete oder Abgeordneten intensive Kontakte in linksextreme Kreise pflegen. Fest steht jedenfalls, sehr geehrte Landesregierung,

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Ein weißes Hemd macht noch keinen Demokra- ten!)

dass Sie wegen ideologischer Verblendung oder zumindest wegen ideologischer Vorvereinnahmung nicht zu einer gebotenen neutralen Amtsführung willens und in der Lage sind.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mit ideologischer Verblen- dung kennen Sie sich ja aus!)

(Beifall AfD)

Weil ihr Herz für einen Linksstaat schlägt, eiern sie rum und fügen damit dem Rechtsstaat schweren Schaden zu. Es wird Zeit, dass der rot-rot-grüne Spuk in Thüringen beendet wird. Aber vorher verlangen wir von Ihnen im Namen der Menschen im Lande Thüringen, dass Sie umfänglich Auskunft erteilen über die Gefährdungslage durch Linksextremismus in Thüringen. Wir fordern Sie auch im Rahmen unseres Antrags auf, unverzüglich eine Extremismusklausel in Kraft zu setzen und einzuführen, mit der verhindert wird, dass in Zukunft auch nur ein Cent Steuergeld in demokratiefeindliche Projekte investiert wird.

Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, zum Ende zu kommen.

Wir freuen uns auf den Bericht der Landesregierung und auf die Diskussion zu diesem Thema. Herzlichen Dank.

(Beifall AfD)

Danke schön. Die Landesregierung hat angekündigt, keinen Sofortbericht zu erstatten, dennoch gebe ich dem Innenminister, Herrn Maier, das Wort zum Bericht. Bitte schön, Herr Maier.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Besucherinnen und Besucher! Bitte entschuldigen Sie, erkältungsbedingt ist meine Stimme heute etwas heiser. Ich möchte Ihnen trotzdem zu einem sehr ernsthaften Thema berichten. Es geht um einen Sprengstofffund bzw. um Materialien, die zur Herstellung von Sprengstoff genutzt werden können. Damit bewegen wir uns im Strafbestand eines Verbrechens nach § 310 Strafgesetzbuch.