Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Wir stehen für Interessenvertretung!)

Jetzt will ich das schon noch mal für Sie rekapitulieren. Jeder fünfte Job in Deutschland ist abhängig von der Exportwirtschaft. Deswegen ist es irrig, zu glauben, dass Sie so in die Fußstapfen von Donald Trump treten

(Beifall DIE LINKE)

und sagen: Wir müssen jetzt hier mal mit Zöllen, mit Schutzmaßnahmen oder irgendwie gearteten Sanktionsmechanismen dafür Sorge tragen, dass das alles beschützt wird. Ich glaube, das greift zu kurz. Sondern wir müssen sauber die Aufgaben im Unternehmen machen. Das kann aber ernsthafterweise nur das Unternehmen zusammen mit seinen Mitarbeitern. Da gehört zur Ehrlichkeit hinzu, dass Opel seit 1999 keine Gewinne mehr gemacht hat. Das hat unter anderem auch damit zu tun, dass Opel durch GM mehr oder weniger ein Zugang zu internationalen Märkten verwehrt worden ist. Opel durfte nicht in die USA, Opel durfte an bestimmte Orte dieser Welt nicht. Und wenn wir nur mal den Vergleich zu einem anderen deutschen Unternehmen anstellen: VW schreibt saubere Gewinne, schafft es eben aber auch besonders, nicht im europäischen Markt zu punkten, sondern in China, in den USA oder eben in Südamerika. Und darum geht es. Es geht darum, internationale Wettbewerbsfähigkeit herzustellen, statt irgendwelche Schutzzölle hochzufahren, statt irgendwelche Sanktionsmaßnahmen anzudrohen. Das ist also in gewisser Weise ein erster wirtschaftlicher Punkt. Dann ist ein zweiter Punkt, dass wir das natürlich unterstützen müssen. Das ist etwas, wo wir als CDU-Fraktion auch sagen: Lasst uns alle Möglichkeiten in die Hand nehmen, den Standort noch attraktiver zu machen, lasst uns alle Möglichkeiten ausschöpfen, die kommende Innovation und auch die Digitalisierung zu stützen, die in der Automobilbranche mit wahnsinniger Geschwindigkeit auftrifft!

Was wir aber nicht brauchen – das kann ich Ihnen ehrlich sagen, Herr Höcke –, ist, dass wir gegen alles Fremde, gegen alles Internationale an allen Ecken und Enden zu Felde ziehen, weil das, was wir auch brauchen, diese Form von Internationalität hier in Thüringen ist, um den Standort für Opel in Eisenach auch weiterhin sicher zu machen. Ich will nicht so weit gehen, Ihnen vorzuwerfen, dass Sie ein Investitionshemmnis für internationale Direktinvestitionen in Thüringen sind. Aber was ich Ihnen schon sagen will, ist: Wenn wir es schaffen wollen, Opel am Standort Eisenach zukunftsfest zu machen, dann kann das nur funktionieren, indem wir die Rahmenbedingungen setzen, die politisch möglich sind, aber auch indem wir alles versuchen, an der Seite der Arbeitnehmer für den Standort zu streiten und sicherzustellen, dass die Innovationsfähigkeit, die das Werk hat, auch im Wettbewerb

(Abg. Höcke)

sichtbar gemacht werden kann. Dann mache ich mir keine Sorgen, weil ich glaube, dass deutsche Ingenieurskunst zusammen mit der Arbeitsamkeit und der Beredtheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Eisenach am Ende dafür Sorge tragen wird, dass dieses Werk in Eisenach auch weiterhin ein starkes Werk sein wird. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Es liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann schließe ich den zweiten Teil der Aktuellen Stunde und rufe auf den dritten Teil

c) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema: „Rechtsrocksaison 2018 – Klares Zeichen gegen Rechtsrockveranstaltungen in Thüringen setzen“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/5590

Ich eröffne die Aussprache und erteile der Abgeordneten Henfling, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Präsidentin, am vergangenen Wochenende fand das Schild-und-Schwert-Festival im sächsischen Ostritz statt. Das Festival begann am 20. April und zog sich dann auch noch über den 21. Das ist natürlich kein zufällig gewähltes Datum für den Beginn eines solchen Festivals. Es ist der Geburtstag von Adolf Hitler und dieses Festival stand natürlich in einem klaren Bezug zum Nationalsozialismus. Dort feierten mehrere hundert Nazis sozusagen den Geburtstag eines Diktators, indem sie unter anderem Rechtsrockmusik hörten, indem eine Kampfveranstaltung in der MMA-Szene stattfand, ein Liederabend und diverse andere Sachen wie zum Beispiel noch eine Tattoo-Convention.

Nun liegt Ostritz nicht in Thüringen, aber es wäre fahrlässig und unklug – das zeigt der NSU-Untersuchungsausschuss –, wenn wir bei der Analyse und bei dem Blick auf die Neonaziszene in Thüringen an Ländergrenzen haltmachen würden. Der Anmelder in Ostritz ist kein Unbekannter: Es handelt sich dabei um Thorsten Heise, der bekanntermaßen im thüringischen Fretterode zu Hause ist und auch von hier aus tätig ist. Unter anderem waren auch Personen aus dem uns vom letzten Jahr bekannten größeren Veranstaltungsspektrum in Ostritz zugegen – Tommy Frenck beispielweise oder Axel Schlimper –

und haben dort gemeinsam mit ihren Neonazifreunden gefeiert und vor allen Dingen eins gemacht: Sie haben dafür gesorgt, dass sie Geld einnehmen und dass sie die neonazistische Szene in Ostritz stärken und sich darüber hinaus vernetzen.

Der Rechtsrock-Experte Jan Raabe konstatierte vor einem Jahr in einem Interview: Während die Anzahl der Nazi-Konzerte überall stagniert oder zurückgeht, steigt sie in Thüringen weiterhin an. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen feststellen – und das haben wir im letzten Jahr auch schon mehrfach getan –, dass wir in Thüringen leider Gottes zu den Spitzenreitern gehören, was die Rechtsrock-Events angeht. Im letzten Jahr haben fast 10.000 Menschen an Rechtsrock-Veranstaltungen in Thüringen teilgenommen. 2016 waren es noch knapp 5.000 und 2015 knapp 2.000. Das ist sehr besorgniserregend und das sollte uns zu denken geben. Denn diese Veranstaltungen sind ein Symptom, sie sind nicht die Ursache für neonazistische Aktivitäten, sondern aus unserer Sicht ein Symptom für eine gut vernetzte und diverse Neonaziszene in Thüringen, die deutliche Kontinuitäten aufweist. Die Protagonistinnen und Protagonisten in dieser Szene machen das nicht erst seit ein paar Jahren, sondern sind teilweise Jahrzehnte in dieser Szene eingebunden und organisieren diverse Veranstaltungen.

Wir sind der Überzeugung, dass wir das ganze Problem an der Wurzel packen müssen. Natürlich müssen wir gegen Rechtsrock-Veranstaltungen vorgehen. Aber ein Punkt liegt natürlich auch darin, dass wir beispielsweise eine hohe Dichte an neonazistischen Immobilien in Thüringen haben. Die Mobile Beratung für Demokratie in Thüringen hat unter anderem hier wieder gezählt, dass wir mittlerweile von mindestens 15 Immobilien ausgehen müssen, die in der Hand von Neonazis liegen oder vorwiegend von diesen genutzt werden. Die sind natürlich Rückzugsorte und die sind auch Ausgangspunkte für die Organisation solcher Rechtsrock-Events. Genannt sei da unter anderem die „Erlebnis-Scheune“ in Kirchheim oder auch der „Goldene Löwe“, der von Tommy Frenck in Kloster Veßra betrieben wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Groteske – und das haben wir in den letzten Monaten hier häufig diskutiert – ist, dass diese RechtsrockVeranstaltungen als politische Versammlungen angemeldet werden und damit unter dem besonderen Schutz des Staates stehen, wodurch insbesondere auch diverse Annehmlichkeiten vorhanden sind, nämlich, dass die Polizei diese Veranstaltungen auch tatsächlich schützen muss. Das ist ärgerlich. Wir haben aber auch in den letzten Wochen festgestellt, dass wir an dieser Situation aus Thüringen heraus zurzeit nichts ändern können. Dazu braucht es wahrscheinlich tatsächlich ein Gerichtsurteil.

(Abg. Prof. Dr. Voigt)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, warum diese Aktuelle Stunde, worum geht es uns? Uns ist es wichtig, das hier zu thematisieren und darauf hinzuweisen, dass wir auch in diesem Jahr sehr wahrscheinlich von einigen Rechtsrock-Großevents heimgesucht werden. Uns ist es wichtig, dazu aufzurufen, die zivilgesellschaftlichen Proteste dagegen zu unterstützen. Dazu gehört es einerseits auch, zu sagen, dass es uns wichtig ist, dass wir die Ostritzerinnen und Ostritzer und die Leute, die sich da entgegengestellt haben, unterstützen

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und auf der anderen Seite aber eben auch mit Blick auf die anstehenden Veranstaltungen in Thüringen parteiübergreifend zu einer Unterstützung aufzurufen, das ist uns sehr wichtig. Der heutige Tag hat gezeigt, dass Bewegung drin ist, die Steuerfahndung hat heute bei zwei Protagonisten eine Hausdurchsuchung gemacht.

Frau Abgeordnete Henfling, Ihre Zeit ist um.

Ich komme zum Schluss. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, das ist ein guter Anfang und wir sind da auf einem guten Weg, die Neonaziszene tatsächlich empfindlich zu stören. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Fiedler, Fraktion der CDU, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sprechen heute zur Aktuellen Stunde von Bündnis 90/Die Grünen, RechtsrockSaison 2018. Ich will vorwegschicken, dass wir als CDU-Fraktion uns klar und deutlich gegen jedwede Form von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Extremismus aussprechen. Es muss ja immer wieder wiederholt werden, weil man sonst meint, man macht es nicht. Deswegen sage ich es immer ausdrücklich. Dass diese Versammlungen von bestimmten Personengruppen gezielt genutzt werden, um nationalsozialistisches Gedankengut zu befeuern, ist uns leider auch klar. Daher werden Sie in unseren Reihen auch niemanden finden, der da irgendwo für Rechtsrock-Konzerte wäre, und das schon seit vielen, vielen Jahren.

Ich will Ihnen noch mal kurz ein paar Dinge sagen: Gerade Versammlungs- und Meinungsfreiheit können nicht über die rechtsstaatlichen Grenzen hinaus eingegrenzt werden. Das heißt im Klartext, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit aus Artikel 8 Grundgesetz ist gerade im Kontext mit der ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit, Artikel 5 Grundgesetz, ein hohes rechtsstaatliches Gut, welches aufgrund von politischem Druck oder öffentlichen Erwartungen nicht zur Disposition stehen darf. Ich will das an der Stelle noch mal deutlich machen. Es hilft nichts, wenn man erst Erwartungen weckt, dass auf Grundlage des Versammlungsrechts auch einige Öffnungen in Richtung Länder geschehen, dass man Erwartungen weckt, dass man hier was ändern könnte. Wenn man dann genau hinschaut, dann ist das gar nicht so einfach, dort etwas zu machen. Das ist einfach so. Deswegen denke ich, muss man sehr aufpassen, dass man nicht in die Einschränkungen des Versammlungsrechts etc. hineingeht, sondern wir müssen die rechtsstaatlichen Mittel, die wir haben, nutzen, um solche Dinge weiterhin zu unterdrücken. Wir haben ja das Problem nicht erst seit gestern – leider, will ich ganz ausdrücklich sagen. Seit vielen Jahren ist das so, aber es ist auch unter Rot-Rot-Grün deutlich mehr geworden, meine Damen und Herren, nicht etwa weniger, es ist mehr geworden. Ich will das gar nicht böswillig oder in irgendeiner Form jemandem unterstellen. Ich erinnere mich an die Debatten, als wir hier die Rechtsrock-Konzerte und das alles hatten, wie da über uns hergefallen wurde. Es ist nicht so einfach, hier was zu unternehmen. Das ist unser Hauptproblem. Wenn ich mir überlege, dass wir heute auf das Bundesnaturschutzgesetz zurückgreifen müssen, um gegebenenfalls etwas verbieten zu dürfen und zu können, dass irgendwelche Vögel dort nisten usw., die gestört werden. Es mag eine Hilfskrücke sein, ich glaube nur nicht daran, dass sie wirkt. Das sind solche Dinge, da müssen wir einfach aufpassen. Für mich und für meine Fraktion ist ganz klar: Wir müssen hier mit allen Mittel dagegen vorgehen, damit Thüringen nicht weiter verstärkt zum Rechtsrock-Konzertland wird.

(Beifall CDU)

Das fängt damit an – ob Sie es hören wollen oder nicht –, dass wir in Thüringen genügend Polizei haben. Wenn ich nicht genügend Polizisten habe, habe ich schon an verschiedenen Stellen verloren. Das geht damit weiter, dass man auch bestimmte Dinge entsprechend vorbereiten muss. Vorbereiten heißt in dem Fall, der Verfassungsschutz muss gestärkt werden, damit ich überhaupt Erkenntnisse habe, wer hat überhaupt vor, das und das hier zu machen. Auch das ist ein Punkt, den wir dringend brauchen.

Und, meine Damen und Herren, mir tut der Innenminister fast ein bisschen leid, er versucht hier im

(Abg. Henfling)

mer die Quadratur des Kreises: Er hat zu wenig Polizisten, er darf das und das nicht machen, Bodycams lassen ihm die Linken nicht zu usw. Fakt ist eins, man muss hier den Truppenteilen – ich nenne sie mal so –, die hier einrücken und ihre nationalsozialistische Gesinnung und ähnliche Dinge ausleben wollen, im Vorfeld mit Druck begegnen. So haben es Bayern und andere immer gemacht. Man muss im Vorfeld die Kontrollen der Polizei verschärfen. Da muss jedes Auto durchsucht werden, die müssen merken, hier ist Gegendruck vorhanden. Dann muss man – ich habe vorhin noch mal mit meiner Kollegin gesprochen – ein Alkoholverbot überlegen, wie es jetzt in Sachsen gemacht wurde. Wenn man aber ein Alkoholverbot ausspricht, muss man es am Ende auch umsetzen können – dafür muss man genug Polizei und andere Kräfte haben. Wenn das nicht eingehalten wird, ist das ein Grund, um die Brüder auseinanderzutreiben. Um das Alkoholverbot durchzusetzen, muss man aber genug Kräfte haben.

Mir fallen da noch viele Dinge ein. Der Innenminister hat gesagt, dass er die Kommunen vor Ort unterstützen will. Hier müssen sattelfeste Bescheide raus. Die Bescheide müssen so gestrickt sein, dass sie – nach Möglichkeit – auch vor Gericht standhalten. Ich sage, nach Möglichkeit standhalten. Deswegen, Herr Innenminister: Sie haben unsere Unterstützung, das heißt aber auch, hier muss der Druck vonseiten der Polizei, der Finanzämter, Verwaltungsbehörden kommen – alle müssen hier an einem Strang ziehen,

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist um.

ich weiß, in drei Sekunden drehen Sie ab – damit man hier auch gemeinsam entsprechend handelt …

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist um. Als nächste Rednerin hat Abgeordnete König-Preuss, Fraktion Die Linke, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich war ein bisschen irritiert über die Aktuelle Stunde, weil sich für mich natürlich auch die Frage stellt, in welcher Form wir denn das klare Zeichen gegen die Rechtsrock-Veranstaltung in Thüringen setzen können – was wir bisher noch nicht gemacht haben – und wo die Möglichkeit ist, insbesondere diejenigen, die in Themar oder auch in anderen Städten etwas dagegen unternehmen, zu unterstützen, was über das Bisherige hinausgeht. Und vor allem: Wo wecken wir dann

auch hoffentlich keine falschen Erwartungen, weil es durch das Versammlungsrecht – und das ist ein Grundrecht – gewisse Bedingungen gibt, die wir hier auch einhalten. Da ist es ein Stück zu einfach zu sagen, es braucht mehr Durchsetzung – Herr Fiedler, das richtet sich jetzt an Sie –,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich bin da!)

mehr Möglichkeiten, um das zu verhindern. Wir hätten das alle – glaube ich – sehr gern. Nur ist im letzten Jahr sehr viel probiert worden.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Nicht ge- nug!)

Es ist geprüft worden, inwieweit das Versammlungsrecht dahin gehend konkretisiert werden kann. Das ist deswegen nicht so einfach möglich, weil es sich dabei um ein Grundrecht handelt.

Ich will ein paar Sachen zu den Rechtsrock-Veranstaltungen sagen, die es im letzten Jahr, aber auch jetzt am Wochenende in Ostritz gegeben hat. Ich war selber mit da, sowohl im letzten Jahr bei den dreien, die in Themar stattgefunden haben, als eben jetzt auch in Sachsen. Eines muss man festhalten: Das sind keine reinen Konzertveranstaltungen, sondern es sind an erster Stelle internationale Neonazi-Netzwerktreffen, und dann nicht von irgendwelchen Neonazis, sondern von einer militanten Szene. Beispielsweise sowohl jetzt in Ostritz am vergangenen Wochenende als auch im letzten Jahr bei den Konzerten sind diverse Anhänger von in Deutschland verbotenen Organisationen wie beispielsweise Blood & Honour aufgelaufen, die sogar diese Codes offen getragen haben, ebenso Combat-18-Strukturen, die in Deutschland wieder entstehen, und dazu eben diverse Anhänger, sei es aus den rechten Parteien, die es in Deutschland gibt, der Dritte Weg, die NPD, DIE RECHTE, aber zum Teil auch Sympathisanten der AfD. So sind beispielsweise in Ostritz jetzt am Wochenende die Identitären mit aufgetreten, von denen sich bisher zumindest in der Theorie noch distanziert wurde. In der Praxis hat sich spätestens mit Ostritz gezeigt, wo der Weg hingeht und mit wem die AfD da an unterschiedlichen Stellen zusammenarbeitet. Das soll auch klarmachen, dass es nicht nur ein Problem ist, das wir hier in Thüringen haben, sondern das auch in anderen Bundesländern besteht und es eigentlich, um es mal auf den Punkt zu bringen, ein internationales Problem angesichts dessen ist, aus welchen Ländern die Teilnehmer in den vergangenen Jahren und Monaten hier einreisten. Da geht es nicht nur um die europäischen Länder, sondern da kommen zum Teil Teilnehmer aus Neuseeland, aus den USA, aus Russland, aus Großbritannien und auch weiteren Ländern. Die treffen sich nicht nur, um Musik zu hören, sondern vor allem und an erster Stelle, um sich zu vernetzen und dann auch ideologisch zu festigen, bis dahin, dass bei derartigen Konzerten dann auch Planungen zu Anschlä

(Abg. Fiedler)

gen vorbereitet werden. Am Ende sind es Darstellungsmöglichkeiten für die rechte Szene, Darstellungsmöglichkeiten für ein neu gesteigertes Selbstbewusstsein, dem es Einhalt zu gebieten gilt.

Aber, Herr Fiedler, mit dem Alkoholverbot ist das ein bisschen einfach formuliert. In Ostritz gab es das Alkoholverbot; in Ostritz hat das dazu geführt, dass sich Gruppen von bis zu 20/25 Neonazis durch die kleine Stadt bewegt haben, auf dem Weg dorthin sowohl Einwohnerinnen und Einwohner als auch Menschen bedroht haben, die angereist waren, um den Protest zu unterstützen. Da hilft im Zweifelsfall nicht nur mehr Polizei, sondern das ist dann eine Frage der Verhältnismäßigkeit. Sagt man, okay, lieber sind die auf ihrem Gelände und haben dort ihr Leichtbier, oder lässt man, wie in Ostritz geschehen, schwerstalkoholisierte, militante und aggressive Neonazis durch eine Stadt laufen. Ich finde, an der Stelle muss man abwägen, was man denn damit erreichen will.

Zuletzt: Ja, es ist notwendig, den Protest zu unterstützen. Das haben mehrere von uns im letzten Jahr in Themar getan. An der Stelle auch danke an die Abgeordneten, die bei der parlamentarischen Beobachtungsgruppe mitgemacht oder das in anderer Form unterstützt haben. Aber: Protest braucht immer auch Geld. Von daher: Wenn diejenigen, die dieses Jahr keine Chance haben, den Protest vor Ort mit zu unterstützen, etwas machen wollen, dann geben Sie doch eine Spende an das Bürgerbündnis gegen rechts in Themar, um darüber den Protest mit zu unterstützen. Wir zumindest werden es machen. Wir werden aber auch in Themar und in anderen Städten mit vor Ort sein, um gegen jegliche Form von Neonazi- und Rechtsrock-Konzerten zu protestieren. Ich hoffe, dass viele von den anderen Abgeordneten auch da sind. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der SPD hat sich Abgeordnete Lehmann zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, es ist kein neues Thema, über das wir hier heute in der Aktuellen Stunde sprechen – das haben auch meine Vorrednerinnen und Vorredner schon gesagt –, aber es ist bedauerlicherweise ein immer noch aktuelles und drängendes Thema. Das wird auch spätestens dann sichtbar, wenn man sich zum Beispiel die Berichterstattung in der überregionalen Presse im Nachgang des letzten Jahres ansieht. Wenn zum Beispiel „Der Spiegel“ titelt, dass Thüringen Hochburg der Neonazi-Konzerte ist, wenn „Die Welt“ ti

telt, dass in Thüringen ein rechtsradikales Ökosystem gewachsen ist, dann ist das auch für uns als Parlament natürlich immer wieder ein Anlass, hier auch deutlich zu machen, dass das in Thüringen keinen Platz hat und dass Demokratie und Weltoffenheit für uns wichtige Prinzipien sind, mit denen wir arbeiten. Wir wissen aber auch, dass die neonazistische Musikszene in Thüringen fest verankert ist. Das wissen wir auch nicht erst seit heute, sondern zum Beispiel aus Veröffentlichungen von MOBIT, die schon seit 2007 zählen, wie viele Liederabende, Rechtsrock-Konzerte und Großveranstaltungen in Thüringen stattgefunden haben. Das sind in den letzten elf Jahren weit über 300 mit einer steigenden Entwicklung. Insbesondere zwischen 2014 und 2017 ist die Zahl massiv angestiegen und hatte 2017 mit 59 Veranstaltungen ihren Höhepunkt. Nirgendwo in Deutschland werden mehr vergleichbare Konzerte oder mehr vergleichbare Veranstaltungen gezählt. Das muss auch für uns erschreckend sein, denn das bedeutet, dass im Schnitt jedes Wochenende in Thüringen ein Rechtsrock-Konzert stattfindet. Das hat auch damit zu tun, dass wir in Thüringen eine große Dichte an rechten Immobilien haben und damit immer auch ein Raum geschaffen wird, in dem eine neonazistische Eventkultur relativ offen ausgelebt werden kann, und ein Großteil der Veranstaltungen der Szene eben genau in diesen Szene-Immobilien stattfindet. Für uns als öffentliche Hand ist das deswegen ein Problem, weil wir hier kaum Möglichkeiten haben, irgendeine rechtliche Handhabe vorzunehmen.