Protokoll der Sitzung vom 26.04.2018

(Abg. Herold)

Wochen und Monaten durchaus weiter diskutieren sollten.

Ich würde gern auf drei Punkte eingehen, die meiner Meinung nach und aus Sicht meiner Fraktion im Rahmen der Anhörung im Innenausschuss noch mal intensiver diskutiert werden sollten.

Da geht es zum einen um die Frage einer verbindlichen Beteiligung der Personalvertretung an personellen, sozialen, organisatorischen oder sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen. Diese könnte den Kriterienkatalog ersetzen, der bisher regelt, in welchen Fällen Mitbestimmung möglich ist und der immer wieder zu Uneinigkeiten darüber führt, wann Mitbestimmung erforderlich ist und wann nicht.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen außerdem noch mal über die Frage der Anpassung der Bemessungsgrößen bei Freistellungsregelungen von Personalräten und auch die Frage, inwieweit diese flexibler gehandhabt werden – zum Beispiel, dass auch die Aufteilung dieser Freistellung auf verschiedene Personen möglich ist – sprechen.

Ein dritter und aus meiner Sicht wichtiger Punkt ist die Frage: Brauchen wir eine Regelung zur Mitbestimmung von studentischen Beschäftigten an Hochschulen? Es ist nicht unmittelbar plausibel, warum die geringfügig Beschäftigten im Einzelhandel an betrieblichen Interessen beteiligt werden müssen, die studentischen Beschäftigten an einer Hochschule aber nicht. Darüber werden wir im Innenausschuss weiter reden müssen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt ist es insgesamt nicht überraschend, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Frage unterschiedliche Auffassungen haben und die Kommunen als Arbeitgeber natürlich auch dazu eine andere Auffassung haben, inwieweit Mitbestimmung tatsächlich ausgeweitet werden muss. Meiner Meinung nach muss aber in diesem Sinne gelten, dass wir das, was wir durch das Betriebsverfassungsgesetz von der freien Wirtschaft erwarten, auch im öffentlichen Dienst einlösen müssen. Und mein Anspruch ist in diesem Sinne ganz klar, die Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten im öffentlichen Dienst weiter zu stärken, weil Mitbestimmung produktiv macht, darauf weisen ganz unterschiedliche Studien hin; eine aktuelle gibt es von der HansBöckler-Stiftung, die darauf hinweist, dass mitbestimmte Firmen im Schnitt 6,4 Prozent produktiver sind als die, die keine Mitbestimmung haben,

(Beifall DIE LINKE)

und das auch, weil Betriebs- und Personalräte ein wichtiges Sprachrohr sind und dem Informations

austausch zwischen Beschäftigten und Arbeitgeber dienen.

Ich freue mich in diesem Sinne auf die Beratung im Innen- und Kommunalausschuss und möchte aber abschließend noch eine Sache sagen, die in diesem Zusammenhang auch wichtig ist. Zurzeit finden nicht nur in Thüringen, aber auch in Thüringen die Wahlen der Personal- und Betriebsräte statt. Liebe Kolleginnen und Kollegen in den Dienststellen der öffentlichen Verwaltung, in den Betrieben: Gehen Sie wählen, nutzen Sie Ihre Stimme, machen Sie davon Gebrauch, stärken Sie damit Ihre eigene Stimme, die Stimme Ihrer Personalvertretung, Ihres Betriebsrats! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Als Nächster hat Abgeordneter Adams für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident, werte Kollegen, liebe Gäste hier im Thüringer Landtag, mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung erfüllen wir einen weiteren Punkt aus unserem Koalitionsvertrag. In dem heißt es dazu: „Ein moderner öffentlicher Dienst braucht ein zukunftsorientiertes Personalvertretungsrecht. Die Koalitionspartner bekennen sich daher zu einer weiteren Fortentwicklung des Thüringer Personalvertretungsgesetzes unter Einbeziehung von Gewerkschaften und Berufsverbänden.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, genau das hat die Landesregierung getan, das Ergebnis liegt uns heute vor und wir können es debattieren.

Ein zukunftsfähiges Personalvertretungsgesetz oder -recht heißt für uns Grüne natürlich immer ein Mehr an Mitbestimmung, an Beteiligung. Mitbestimmung und Beteiligung sind wichtige Elemente unserer politischen Arbeit. Das haben wir zum Beispiel beim Gesetz über das Verfahren bei Einwohnerantrag, Bürgerbegehren, Bürgerentscheid gezeigt, und natürlich ist uns auch das Gesetz, das wir derzeit im Innen- und Kommunalausschuss diskutieren, das Gesetz zum weiteren Ausbau der direkten Demokratie auf Landesebene, ein wichtiges Anliegen.

Heute nun betriebliche Mitbestimmung im Personalvertretungsgesetz: Eines muss heute in der Debatte hier im Landtag und dann auch in den Ausschüssen ganz klar sein: dass es dabei um mehr Mitbe

(Abg. Lehmann)

stimmung gehen muss. Das muss das Ziel dieses Gesetzes sein.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir alle kennen, weil es als Anlage beigefügt war, zum Beispiel auch die Stellungnahme der Gewerkschaften, des tbb beamtenbund und tarifunion und des DGB, und die Gewerkschaften sagen natürlich: Dieses Gesetz geht nicht weit genug. Sie kritisieren das und machen bessere Vorschläge. Um ein Beispiel zu nennen: Der DGB fordert, sich generell am schleswig-holsteinischen Mitbestimmungsgesetz zu orientieren. Insbesondere möchte er, dass die §§ 51 und 58 übernommen werden. Das heißt, es gibt dann eine sogenannte Allzuständigkeit der Personalräte: Alles, was in der Dienststelle diskutiert wird, alles, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeht, kann der Personalrat dann auch zu seiner Sache machen und sich hier engagieren. Das ist natürlich wesentlich weitgehender, als es der Entwurf der Landesregierung vorsieht. Man wird das diskutieren müssen, wir stellen jedoch an dieser Stelle fest, dass die Gewerkschaften sagen: Ihr müsst in diesem Personalvertretungsgesetz mehr bieten als bisher drinsteht.

Aber auch von der anderen Seite – wenn ich das so sagen darf –, den kommunalen Arbeitgebern, von denen wir schon im Februar eine Stellungnahme zugesandt bekommen haben, gibt es Kritik an dem Gesetz. Die kommunalen Arbeitgeber formulieren zum Beispiel bezogen auf die Rücknahme von Maßnahmen und das Initiativrecht: Aufgrund der gravierenden Auswirkungen fordern wir Sie auf, die geplanten Änderungen zum Initiativrecht und zur Rücknahme von Maßnahmen aus dem Gesetzentwurf zu streichen. Das heißt, wir haben – wenn wir es mal in einer Waage sehen wollen – eine von beiden Seiten relativ ausgewogene Kritik an dem Gesetz. Man könnte statistisch sagen: Dann wird das wohl ein gutes Gesetz sein. Wenn alle dieses Gesetz kritisieren, ist es der Landesregierung hier wahrscheinlich gelungen, einen guten Kompromiss vorzuschlagen.

Das Ergebnis dieser Betrachtung könnte sein, dass man sagt: Wir haben keinen Änderungsbedarf. Dem, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist natürlich nicht so; nicht nur, weil es das schöne Struck‘sche Gesetz gibt – Kein Gesetz verlässt das Parlament so, wie es hineingekommen ist –, sondern weil wir auch eigene Anliegen haben, die uns besonders wichtig sind. Kollegin Lehmann hat das eben schon angesprochen: Die Beteiligung von studentischen Hilfskräften und Drittmittelbeschäftigten ist eine Sache, die wir uns auch im Koalitionsvertrag vorgenommen haben und weshalb wir extra noch einmal festgehalten haben, dass wir hier die Mitbestimmungsrechte erweitern wollen. Deshalb kann uns das nicht ganz zufriedenstellen, wenn die

Landesregierung sagt: Na ja, wenn ihr die alle mit beteiligen wollt, dann habt Ihr das Problem, dass Ihr 3.000 zusätzliche Mitbestimmungsfälle habt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, genau da liegt der Hase im Pfeffer: Es sind relativ viele Menschen, die im Augenblick von der Mitbestimmung ausgeschlossen sind. Wir finden, das ist kein Weg für eine zukunftsweisende Mitbestimmung. Wir wollen auch studentischen Hilfskräften und Drittmittelbeschäftigten die Möglichkeit zur Mitbestimmung geben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Darüber werden wir gemeinsam im Ausschuss diskutieren, werden anhören und sicherlich dann mit verschiedenen Änderungsanträgen zurück ins Parlament kommen und abstimmen. Auf jeden Fall – meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist heute schon klar – wird Thüringen ein fortentwickeltes, ein besseres Personalvertretungsgesetz bekommen. Mehr Mitbestimmung – das ist unser Ziel, meine sehr verehrten Damen und Herren. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen von den Abgeordneten, von der Landesregierung auch nicht. Damit kommen wir zur beantragten Ausschussüberweisung. Es wurde beantragt, den Gesetzentwurf an den Innen- und Kommunalausschuss zu überweisen. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen von allen Kollegen. Danke schön. Gegenstimmen? Enthaltungen? Das ist offensichtlich nicht der Fall, damit einstimmig geschehen.

Es wurde die Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss beantragt. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Es wäre nett, wenn die Besucher vielleicht etwas leiser sind. Haushaltsund Finanzausschuss? Das sind die CDU-Fraktion und die AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Aus den Koalitionsfraktionen. Damit mit Mehrheit abgelehnt. Es bleibt bei der Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss. Über die Federführung müssen wir nicht abstimmen. Danke schön.

Ich rufe damit nun vereinbarungsgemäß auf den Tagesordnungspunkt 16

Für eine Erfassung von Messerangriffen in der Polizeilichen Kriminalstatistik Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/5553

(Abg. Adams)

Die Fraktion wünscht das Wort zur Begründung, wurde mir signalisiert. Herr Abgeordneter Fiedler, dafür haben Sie das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ränge haben sich schon total gelichtet, aber nichtsdestotrotz möchte ich heute eine kurze Begründung zu unserem Antrag „Für eine Erfassung von Messerangriffen in der Polizeilichen Kriminalstatistik“ geben. Meine Fraktion verfolgt hier in diesem Antrag zwei Intentionen: Erstens soll sich Thüringen auf Bundesebene oder – genauer gesagt – im Rahmen der Innenministerkonferenz proaktiv dafür einsetzen, dass die bundeseinheitlichen Erfassungskriterien in der Polizeilichen Kriminalstatistik – PKS – um das Kriterium „Angriffe mit Messern und anderen Stichwaffen“ erweitert werden und – zweitens – dass im Freistaat ab sofort jeder Angriff mit Messern und anderen Stichwaffen in einer eigenen landesweiten Statistik erfasst wird.

Warum fordern wir diese zwei Punkte? Weil uns mittlerweile beinahe täglich aus ganz Deutschland Vorfälle, Angriffe oder Gewalttaten, die unter Verwendung von Stichwaffen erfolgen, ereilen. Erst am Wochenende stach ein 18-jähriger Asylbewerber in Saalfeld mit einem Messer auf einen Security-Mitarbeiter ein und verletzte diesen. Bereits Anfang April hatte ebenfalls ein 18-Jähriger zwei Männer in Dingelstädt im Eichsfeld mit einem Messer attackiert und schwer verletzt. Einer der beiden Verletzten liegt laut dem MDR mit schwersten Verletzungen in der Uni-Klinik Göttingen. Oder auch ganz aktuell der Vorfall am Wochenende in Hamburg, als bei einem Streit zwischen zwei Personengruppen ein 21-Jähriger mit einem Messer schwer verletzt wurde. Erinnern will ich auch an die schwere Messerattacke in Niedersachsen Ende März 2018. Nach einem Streit mit Jugendlichen in Burgwedel wurde eine Frau niedergestochen. Die 24-Jährige kam mit lebensgefährlichen Verletzungen in ein Krankenhaus – die mutmaßlichen Täter: ein 17- und ein 14-jähriger syrischer Flüchtling. Auch die vereitelte Messerattacke auf dem Berliner Halbmarathon vor wenigen Wochen bestätigt, dass Stichwaffen offenbar immer häufiger Anwendung finden, vor allem bei jungen Tätern.

Die Auflistung aus den letzten Wochen und Monaten ließe sich jetzt ohne Probleme noch eine ganze Weile fortsetzen. Aber wie viele Messerattacken gibt es in Deutschland tatsächlich? Und ist die Zahl solcher Delikte gestiegen und falls ja, in welchem Umfang? Fragen über Fragen, die derzeit zwar hitzig diskutiert werden, aber ungeachtet der Dunkelziffer leider nicht genau beantwortet werden können, da belastbare Zahlen bzw. Statistiken fehlen. Verantwortlich hierfür sind die sogenannten bundeseinheitlichen Erfassungskriterien in der PKS, al

so der Polizeilichen Kriminalstatistik, wonach diese Taten nicht gesondert ausgewiesen werden, ganz im Gegenteil zu Gewalttaten mit Schusswaffen. Nach Einschätzung von Sicherheitsexperten haben Angriffe mit Stichwaffen in den letzten zwei Jahren deutschlandweit massiv zugenommen. Aufgrund der fehlenden statistischen Erfassung kann gegenwärtig aber leider nicht mit hinreichender Sicherheit ermittelt werden, in welchem Umfang Angriffe mit Messern und anderen Stichwaffen erfolgen und ob und in welcher Höhe es in den vergangenen Jahren tatsächlich eine Zunahme dieser Angriffe gab.

Die gesonderte Erfassung solcher Angriffe ist nach unserer Sicht auch deshalb erforderlich, da nur im Falle einer umfassenden Kenntnis aller Fakten und Zahlen wirksame und zielgerichtete Gegen- und Präventionsmaßnahmen auch und insbesondere zum Schutz unserer Polizisten entwickelt werden können.

Ich begrüße ausdrücklich die Ankündigung von unserem Innenminister Maier, der im Rahmen der Vorstellung der PKS von Thüringen auf Nachfrage eines Pressevertreters verkündete, künftige Angriffe mit Messern gesondert statistisch erfassen zu wollen, aber hierzu in meiner Rede später mehr. Herr Minister, ich freue mich!

(Beifall CDU, AfD)

Ja, da kann man auch mal klopfen, wenn der Minister etwas Vernünftiges macht.

Auch andere haben inzwischen erkannt, dass das Fehlen belastbarer Zahlen in der PKS einer Änderung bedarf, so etwa NRW, wo die Polizei ab 2019 Gewalttaten mit Stichwaffen gesondert erfassen will, oder Niedersachsen, wo das SPD-geführte Innenministerium bekannt gab, künftig ebenfalls eine gesonderte Statistik zu führen, oder Baden-Württemberg, die für Juni sogar eine entsprechende Initiative bei der Innenministerkonferenz angekündigt haben.

Das soll es zur Begründung sein, die Redezeit ist um.

(Beifall CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter Fiedler. Damit eröffne ich die Beratung. Als Erster hat Abgeordneter Henke für die AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Gäste, werte Abgeordnete! In den vergangenen zwei Jahren hat sich die Sicherheitslage hier in Deutschland mit Auswirkung auf unser aller Leben sehr schnell und sehr stark verändert, da gebe ich dem Abgeordneten Fiedler recht.

(Präsident Carius)

In Anbetracht der Tatsache, dass die Anzahl der in Thüringen erfassten Messerattacken seit 2012 von 225 auf mittlerweile 364 Vorfälle pro Jahr angestiegen ist, besteht für mich auch gar kein Zweifel daran, dass die eingeforderte gesonderte Erfassung von Angriffen mit Messern und anderen Stichwaffen ein Gebot der Stunde ist. Auch hier bedanke ich mich bei Herrn Innenminister Maier, dass er dies durchaus machen möchte.

(Beifall AfD)