Protokoll der Sitzung vom 23.05.2018

Gibt es weitere Wortmeldungen? Das sehe ich nicht. Dann schließe ich den vierten Teil der Aktuellen Stunde und rufe auf den fünften Teil

e) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Familiennachzug von Gefährdern nach Thüringen wirksam ausschließen“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/5738

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort Abgeordneten Herrgott von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, im Entwurf der Bundesregierung zum aktuellen Gesetz zum Familiennachzug heißt es: „Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzuges ist zu versagen, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfinden soll, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet […]“. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist gut so, dass es im Entwurf so drinsteht. Dabei muss und wird es auch bleiben. Dies gilt für jeden, der einmal ein sogenannter Gefährder war. Denn ob jemand wirklich

(Minister für Bildung, Jugend und Sport Holter)

seiner staatsgefährdenden Gesinnung abgeschworen hat, können wir nicht sicher prüfen. Ich bin froh, dass die Kollegen der SPD im Bund ihre abwegige Haltung zu diesem Thema der ehemaligen Gefährder aufgegeben haben und die Buchstaben des Koalitionsvertrags nun einhalten wollen – herzlichen Dank. Denn: Die Sicherheit unserer Bürger geht bei diesem Thema eindeutig vor, meine Damen und Herren.

Der Thüringer Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz lehnt ausweislich seiner Pressemitteilung diese Nachzugsregelung ab. Dies ist nicht verwunderlich. Dennoch, lieber Herr Lauinger, sollten Sie diese Position noch einmal überdenken.

Der Kompromiss zum Familiennachzug ermöglicht es, dass bis zu 1.000 Menschen pro Monat im Rahmen des Nachzugs zu uns kommen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bleiben Sie sachlich!)

Zu diesem Kompromiss stehen wir, meine Damen und Herren, denn dieser Kompromiss umfasst keine Angehörigen von Gefährdern oder – nach losem Bekenntnis – sogenannte ehemalige Gefährder.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, wer ist denn ein Ge- fährder?)

Das legen immer noch die Sicherheitsbehörden fest, Frau Rothe-Beinlich, und nicht wir in den Parlamenten, wer hier Gefährder ist und wer nicht.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wer denn, wann und wie?)

Meine Damen und Herren, wir fordern den Justizminister und die Landesregierung auf: Unterstützen Sie diese Bemühungen der Bundesregierung, diesen Familiennachzug verträglich zu begrenzen, mit Ankerzentren die Verfahren für Asylbewerber und Flüchtlinge zu beschleunigen

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Darum geht es!)

und zügig Rechtssicherheit zu schaffen und diese Menschen nicht, meine Damen und Herren, wie vorhin bereits ja schon mehrfach ausgeführt, auf das breite Land zu verteilen und die Kommunen mit diesen, wie Sie selbst sagen, perspektivlosen Menschen zu belasten.

(Beifall CDU)

Unterstützen Sie, meine Damen und Herren, unser Ansinnen, Aufnahme, Prüfung, Entscheidung und Rückführung bei Ablehnung zusammen mit zügiger Rechtsweggarantie vor Ort durch Verwaltungsgerichtsbarkeit am und im Ankerzentrum entsprechend zu zentralisieren. Nur diejenigen, die mit Anerkennung auf Zeit bei uns bleiben dürfen, müssen

wir mit aller Anstrengung integrieren und das wollen wir auch.

(Beifall CDU)

Diejenigen, die endgültig abgelehnt sind, meine Damen und Herren, müssen direkt aus den Ankerzentren zurück in die Länder verbracht werden, aus denen sie stammen, und bis zum Zeitpunkt dieser Verbringung auch in den Ankerzentren verbleiben.

(Beifall CDU)

Denn nur so, meine Damen und Herren, entlasten wir die Kommunen und konzentrieren Integration eindeutig auf die Menschen, die wir integrieren wollen und die wir auch mit aller Kraft integrieren müssen. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Als nächster Rednerin erteile ich Abgeordneter Berninger, Fraktion Die Linke, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren der demokratischen Fraktionen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Abgeordneter Herrgott beklagte vorhin bei einer Rede meiner Kollegin Astrid Rothe-Beinlich in einem Zwischenruf, sie würde polemisch reden. Meine Damen und Herren, Titel und Begründung der jetzt aufgerufenen Aktuellen Stunde ist nichts als das – reine Polemik.

Der Titel „Familiennachzug von Gefährdern nach Thüringen wirksam ausschließen“ suggeriert, dass der durch die Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zum Familiennachzug den Familiennachzug für die Angehörigen von Gefährdern ermögliche. Die Begründung suggeriert, der Familiennachzug für Gefährder werde nun wieder aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Dem ist nicht so, denn für Gefährder war überhaupt kein Familiennachzug vorgesehen.

(Zwischenruf Abg. Herrgott, CDU: Natürlich!)

Im Gegenteil – und da möchte ich aus der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zitieren: „§ 27 Absatz 3a Satz 1 ermöglicht es, den Nachzug von Familienangehörigen zu terroristischen Gefährdern, Hasspredigern und Leitern verbotener Vereine zu versagen. [...] § 27 Absatz 3a Satz 2 und 3 entsprechen den Ausnahmevorschriften des § 5 Absatz 4 Satz 2 und 3, die es ermöglichen, den besonderen Belangen des Schutzes von Ehe und Familie aus Artikel 6 des Grundgesetzes und Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention im Einzelfall gerecht zu werden.“ Im Gesetzentwurf steht in Satz 2 dieses § 27 Abs. 3a: „Von Satz 1 können in begründeten Einzelfällen Ausnahmen zugelassen werden, wenn sich derjeni

(Abg. Herrgott)

ge, zu dem der Familiennachzug stattfinden soll, gegenüber den zuständigen Behörden offenbart und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand nimmt.“ Es geht also um Ausnahmen in Einzelfällen, um glaubhafte Versicherung, kein Gefährder mehr zu sein.

(Zwischenruf Abg. Herrgott, CDU: Wie soll das denn gehen?)

Meine Damen und Herren, ich möchte nicht dergestalt missverstanden werden, dass ich die Kategorie oder diesen unbestimmten Begriff der terroristischen Gefährder gutheiße. Das Einstufungsverfahren, ohne dass ein Ermittlungsverfahren nötig ist oder ein richterlicher Beschluss, bleibt allein der Polizei überlassen. Eine Spezifizierung der dafür nötigen objektiven Hinweise oder vorliegenden Tatsachen gibt es nicht. Bayern hat es jüngst auf die Spitze getrieben und Polizeigewahrsam für bis zu drei Monate für sogenannte Gefährder ermöglicht, ohne Anklage, ohne dass ein Straftatbestand vorliegen muss, ohne Rechtsbeistand. Abgeordneter Herrgott hat gerade eben auch deutlich gemacht, wie schwierig diese Kategorisierung ist, er hat nämlich vermeintlich straffällig Gewordene mit „Gefährdern“ vermischt und gleich in einem Atemzug genannt. Rechtsstaatlich, meine Damen und Herren, ist das alles nicht.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, mit der Begründung der Aktuellen Stunde suggeriert die CDU auch, dass die rot-rot-grüne Landesregierung mit der Ablehnung des Gesetzes zum Familiennachzug den Familiennachzug zu Gefährdern befürworte. Dem ist nicht so. Diese Suggestion ist blanke Polemik, meine Damen und Herren. Herr Abgeordneter Herrgott, ich rede gern mal mit Ihnen darüber, weshalb wir die derzeitige Aussetzung und die geplante Begrenzung des Familiennachzugs zu geflüchteten Menschen ablehnen und strikt für die Familie streiten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für jetzt soll ein Zitat aus unserem Integrationskonzept genügen: „Der Schutz der Familie ist ein Grundrecht, das auch allen am Integrationsprozess Beteiligten zusteht. Dieser Schutz ist integraler Bestandteil eines erfolgreichen Integrationsprozesses.“

Meine Damen und Herren, wenn das Gesetz zur Beschränkung des Familiennachzugs Spielräume lässt, von denen Sie in der Begründung Ihrer Aktuellen Stunde sprechen, dann werden wir als rot-rotgrüne Koalition und Landesregierung diese auch ausschöpfen, nämlich im Sinne der geflüchteten Menschen. Und gern werden wir dann auch mit Ihnen öffentlich und sachlich darüber reden, aber nicht auf Grundlage eines solch offensichtlich popu

listischen und jeder Grundlage entbehrenden Antrags für eine Aktuelle Stunde.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächstem Redner erteile ich Herrn Abgeordneten Henke von der Fraktion der AfD das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Werte Abgeordnete, werte Gäste, ich will hier ohne Umschweife direkt auf den Punkt kommen. Die hier von der CDU aufgestellte Forderung nach dem Ausschluss des Familiennachzugs für Gefährder ist ebenso verlogen wie heuchlerisch.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Man sollte aber nicht von sich auf andere schließen!)

Nachdem Frau Merkel im Herbst 2015 die Grenzen für eine völlig unkontrollierte Zuwanderung von über einer Million Kulturfremden, die überwiegend aus islamisch geprägten Ländern stammen, geöffnet hat, will sich nun die Thüringer CDU als die Partei aufspielen, die die innere Sicherheit aufrechterhalten und Deutschland vor noch mehr islamischen Gefährdern bewahren will.

(Beifall AfD)

Wie viele Gefährder dabei infolge der Grenzöffnung tatsächlich nach Deutschland gelangen konnten, ist jedoch bislang immer noch völlig unklar. Ich erinnere hier an den Skandal um das BAMF. Da ist ja die Spitze des Eisbergs noch nicht erreicht. Da bin ich mal interessiert, was da noch so alles rauskommen wird. Klar ist nur, dass die Anzahl der vom Bundeskriminalamt in Deutschland erfassten Gefährder seit dem November 2015 von 420 Personen auf gegenwärtig mehr als 760 Personen angestiegen ist. Damit befindet sich zugleich auch die Wahrscheinlichkeit eines Terroranschlags auf einem bisher noch nie dagewesenen Höchststand. All das haben wir der von Frau Merkel geführten CDU zu verdanken.

(Beifall AfD)

Nun aber versucht die Thüringer CDU, sich hier mit diesem Antrag als die Partei aufzuspielen, die bemüht ist, eine weitere unkontrollierte Zuwanderung von Gefährdern zu unterbinden. Dass hinter diesem Antrag aber in Wirklichkeit nicht mehr steckt, als die Absicht, die Stimmenverluste bei der Landtagswahl im kommenden Jahr möglichst gering zu halten, kann man sogleich auf den ersten Blick erkennen.

(Beifall AfD)