Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete, den mit der Änderung des UVP-Gesetzes bezweckten Schutz von Mensch und Natur unterstützen wir ausdrücklich. Bereits in der ersten Lesung wurden die wesentlichen Aspekte dieser Gesetzesänderung dargelegt. Diese Anpassung ist zum einen notwendig, um die europäischen Vorgaben umzusetzen und das hier vorliegende Änderungsgesetz der Landesregierung dient zur Klarstellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung und damit eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen ist, wenn in der Vorprüfung festgestellt wird, dass das Risiko eines schweren Unfalls mit gefährlichen Stoffen im Sinne der EURichtlinie besteht. Spannend war noch einmal die Ausschussberatung um den Änderungsantrag der regierungstragenden Fraktionen und die damit verbundene Windkraftdebatte. Nun könnten wir dem Änderungsantrag und der darin aufgeführten Argumentation folgen, dass nämlich das Landesrecht an das Bundesrecht angepasst wird. Inwieweit der Bundesgesetzgeber wirklich alle Fragen im Zusammenhang mit der Errichtung von Windkraftanlagen abschließend normiert, bleibt aus unserer Sicht fraglich. Diese Zweifel werden auch in den Stellungnahmen der Naturschutzverbände bestätigt. Wir hätten es begrüßt, wenn die Anpassung des Landesrechts an das Bundesrecht, was die Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens von Windkraftanlagen betrifft, durch ein separates Gesetzgebungsverfahren abgehandelt worden wäre. Das wäre ein wirklicher Ausdruck von Transparenz und vor allem Nachvollziehbarkeit bei Ihren Gesetzesinitiativen gewesen. Die regierungstragenden Fraktionen müssen sich nun den Vorwurf gefallen lassen, ihre wahren Absichten hinter einem notwendigen Gesetzgebungsverfahren zu verschleiern. Der vorliegende Gesetzentwurf ist auch ein Ausdruck von bundespolitischem Zwang, die Energiewende an der Bevölkerung vorbei durchzupeitschen. So macht sich die rot-rot-grüne Regierung hier im Land zum willfährigen Vollstrecker der Bundespolitik. Es geht im eigentlichen Sinne darum, den Bürgern möglichst wenig Mitsprache in Fragen der Errichtung von Windkraftanlagen zu geben. Die Beschneidung von Bürgerrechten lehnen wir entschieden ab. Der Umsetzung der EU-Richtlinie hingegen stimmen wir zu.
Vielen Dank jetzt einmal nicht für den Ausschuss, sondern für die Fraktion. Herr Geibert, wir sind von
Ihnen eigentlich eher substanziierte rechtliche Bewertungen gewöhnt. Mich wundert Ihr Redebeitrag deshalb ein Stück weit, den Sie vorhin gehalten haben, denn was Ihnen hier als Jurist bekannt ist, das ist, dass mit der Föderalismusreform noch einmal eine Abgrenzung zwischen Handlungsmöglichkeiten des Landes und des Bundes geklärt wurde. Die Frage, welche Regelungskompetenz der Thüringer Gesetzgeber hat, die ist inzwischen eine sehr komplizierte geworden.
Ich gebe zu, ich habe in der letzten Legislatur mehrfach daran zu knabbern gehabt, dass die Abweichungskompetenz bei bestimmten Gesetzen selbst von der Landtagsverwaltung noch geprüft wurde, sogar im Naturschutzrecht, in dem man noch weitgehende Möglichkeiten hat. Hier sind unsere Abweichungsmöglichkeiten sehr begrenzt. Das, was das Thüringer Gesetz abweichend vom Bundesgesetz geregelt hat, das kann nach der Föderalismusreform nicht mehr geregelt werden. Der Bund hat nämlich abschließend geregelt, dementsprechend kann es einfach nicht mehr in diesem Gesetz stehen. Das Gesetz ist zu berichtigen. Dieser Rechtstatsache muss man einfach folgen.
Das haben wir gemacht und dass die Landesregierung das durch eine Ermächtigung im Gesetz selbst tun kann, diese Bereinigung des Anhangs, das ist eine Idee Ihrer Partei gewesen. Denn das UVP-Gesetz 2007 hat gewiss nicht die Linke gemacht.
Meine Damen und Herren, aber noch zu der fachlichen Frage. Wir haben bei der letzten Änderung des UVP-Gesetzes auch schon versucht, diese Passage zu ändern, weil sie nämlich nicht etwa eine Passage ist, die vor großen naturschutzfachlichen Gefahren schützen soll. Es ist eine Passage, die Kleinwindkraftanlagen verhindern sollte, eine Passage, die dazu gedacht war, den Versuch der Selbstversorgung durch Windkraft zu unterbinden. Denn von welchen Anlagen reden wir hier? Wir reden nicht von der 100 Meter hohen Anlage mit einem 5-Megawatt-Generator oder 7,5-Megawatt-Generator, wir reden von einer Anlage von 10 Kilowatt Leistung. Das sind Anlagen, wie sie ein Landwirtschaftsbetrieb errichtet, wie sie ein kleiner Handwerker errichtet, um Eigenstromerzeugung zu machen, um von den hohen Strompreisen wegzukommen. Um diese Anlagen geht es. 35 Meter Masthöhe – so etwas setzt man sich üblicherweise nicht in ein Vorranggebiet Windkraft, weil dafür die Flächen dort viel zu wertvoll sind. Das sind Anlagen zur Selbstversorgung. Wenn ich für eine solche Anlage von 10 kW Leistung, die 20.000 Kilowattstunden im Jahr erzeugt, eine Umweltverträglichkeitsprüfung fordere, dann weiß ich, dass allein die Kosten des Verfahrens so hoch sind, dass niemand mehr über eine solche Investition nachdenken wird.
Deshalb gilt trotzdem noch Baurecht, deshalb gilt trotzdem noch Planungsrecht. Das heißt, solche Anlagen kann ich auch nicht überall errichten, die kann ich auch nicht in ein FFH-Gebiet oder in ein Vogelschutzgebiet stellen. Das ist alles durch andere Rechtsbereiche entsprechend verhindert und dementsprechend muss keiner Sorgen haben, dass der Naturschutz hier mit Füßen getreten wird. Das, was wir damit erreichen wollen, ist die Chance, erneuerbare Energien gerade im Bereich der Eigenversorgung voranzutreiben. Das ist die inhaltliche Frage. Auf der anderen Seite steht hier dem Freistaat Thüringen eine Regelungskompetenz nach der abschließenden Regelung des Bundes sowieso nicht mehr zu. Danke schön.
Aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir jetzt keine Wortmeldungen mehr vor. Die Ministerin für Umwelt, Energie und Naturschutz, Frau Siegesmund, hat das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf will die Landesregierung nicht nur EU-Recht umsetzen, sondern Thüringen auch im Bereich der Umweltverträglichkeitsprüfung weiter voranbringen. In der Tat, mit diesem ersten Gesetzentwurf aus meinem Haus, seitdem Rot-Rot-Grün regiert, bringen wir das UVP-Gesetz auf den neuesten Stand, und zwar auch innerhalb der Frist, die notwendig ist. Das ist ein großer Erfolg, deswegen herzlichen Dank an alle, die daran mitgewirkt haben, herzlichen Dank für die gute Debatte.
Wir setzen, meine sehr geehrten Damen und Herren, unseren Teil an der vollständigen Umsetzung der sogenannten Seveso-III-Richtlinie fristgemäß um. Dem Bund steht keine Gesetzgebungszuständigkeit in diesem von uns zu regelnden Bereich zu, deswegen auch unser Voranschreiten in diesem Bereich.
Diese vollständige und rechtzeitige Umsetzung von EU-Recht sei auch allen Skeptikern ins Stammbuch geschrieben. Sie ist richtig, sie ist wichtig. Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, wir regeln hier nicht den Krümmungsradius von Gurken oder anderen Dingen, sondern wir setzen eine der ökologisch bedeutsamsten EU-Richtlinien um, nämlich die zur Vermeidung von schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen. Das geht uns alle an.
Die Richtlinie trägt den Namen „Seveso“ nach einem Ort nördlich von Mailand. Eine damals nicht für möglich gehaltene Katastrophe hat sich in den
70er-Jahren ihren Weg gebahnt. Eine unbekannte Menge hochgiftigen Dioxins gelangte vor fast 40 Jahren aus einer Chemiefabrik in die Umwelt. Seitdem steht der Name „Seveso“ wie ein Menetekel für das hohe Gefahrenpotenzial industrieller Tätigkeiten in diesem Bereich. Die sogenannte Seveso-III-Richtlinie ist der bislang letzte Baustein in einer Reihe von Richtlinien, mit denen die EU völlig zu Recht möglichen Auswirkungen von Industrieunfällen auf Menschen und Umwelt zu begegnen versucht. Das macht sie auch so wichtig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir schaffen mit dem Gesetz die notwendige effektive Möglichkeit der Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit an der Entscheidungsfindung. Deswegen hat mich vorhin die Interpretation sehr verwundert, dass wir an dieser Stelle die Öffentlichkeit nicht genug beteiligen würden. Im Gegenteil, das ist ja das Herzstück dessen, was wir hier an Reform sozusagen auf den Weg gebracht haben,
nämlich es geht darum, für zehn Vorhaben die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung anzuordnen. Das heißt, der Erfahrungsraum wird erweitert und wir schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe: Es findet eine Öffentlichkeitsbeteiligung genau in den Verfahren statt, für die es bislang gar keine Pflicht zur Öffentlichkeitsbeteiligung gab, und es wird eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt, die auch noch den Anforderungen rechtgemäß der Richtlinie entspricht. Genau das ist Sinn und Zweck der Veränderungen.
Noch mal herzlichen Dank für die Debatte, die Änderungen und den Entschließungsantrag der regierungstragenden Fraktionen, dem sich die Landesregierung natürlich sehr gern annehmen wird. Ich bitte um Ihre Zustimmung zu diesem wichtigen Gesetz. Herzlichen Dank.
Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann kommen wir zur Abstimmung zu dem Gesetzentwurf, als Erstes über die Beschlussempfehlung des Ausschusses – Entschuldigung. Herr Primas?
Damit bitte ich die Schriftführer. Wir kommen zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Energie und Naturschutz in Drucksache 6/521. Ich eröffne die Abstimmung.
Ich kann das Ergebnis bekannt geben: Abgegeben wurden 84 Stimmen. Mit Ja stimmten 45 Abgeordnete, mit Nein 30 und 9 enthielten sich der Stimme. Damit ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Energie und Naturschutz angenommen.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 6/207 in zweiter Beratung unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Abstimmung der Beschlussempfehlung in der Drucksache 6/521. Wer diesem Gesetzentwurf die Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei den Gegenstimmen der CDU und Stimmenthaltungen von der AfD ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen von SPD, Linken, Bündnis 90/Die Grünen angenommen.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung. Wer für den Gesetzentwurf stimmt, den bitte ich, sich jetzt von den Plätzen zu erheben. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei der Mehrheit der Zustimmung ist der Gesetzentwurf angenommen.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung zu dem Entschließungsantrag. Wird Ausschussüberweisung beantragt? Das kann ich nicht erkennen. Dann stimmen wir über den Entschließungsantrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen in Drucksache 6/551 ab. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei Gegenstimmen der Fraktion der CDU und bei Enthaltung der Fraktion der AfD und der Zustimmung der Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und SPD ist der Entschließungsantrag angenommen.
Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Geodateninfrastrukturgesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/342 ZWEITE BERATUNG
Ich eröffne die Aussprache. Zu Wort hat sich Abgeordneter Kobelt von der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen gemeldet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen Abgeordneten! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Krumpe, vielen Dank erst mal für den Antrag. Wir finden es gut, dass es zumindest von Ihnen heute einen Antrag gibt, der versucht, tatsächlich inhaltliche Vorschläge und Verbesserungen zu einem Thema zu machen, die wir hier auch diskutieren können. Unstrittig ist die Erhebung, Verarbeitung, Verwendung und Bereitstellung von Geodaten in einem Prozess, der vielen Menschen zugute kommen kann, wenn er demokratisch, bürger- und nutzerfreundlich umgesetzt wird. Hier sehen wir auch aufgrund des technischen Fortschritts durchaus ständigen Handlungsbedarf. Der vorliegende Gesetzentwurf hilft uns hier aber leider nicht weiter. Stattdessen bewegt er sich auf Nebenschauplätzen. Die dort aufgeführte angeblich fehlende Konformität des aktuellen Gesetzes mit dem EU-Recht besteht so nicht, da die Prüfung durch die EU-Kommission noch gar nicht abgeschlossen ist.
Die mangelnde Interoperabilität trifft aus unserer Sicht ebenfalls nicht zu, denn die Richtlinie 2007/ 2/EG enthält keine Regelung zur rechtlichen Interoperabilität. Sie definiert lediglich den entsprechenden technischen Begriff. Diese Definition steht in keinem Zusammenhang mit Zugriffs- und Lizenzbedingungen. Das Thüringer Geodateninfrastrukturgesetz regelt die Arbeit und rechtlichen Belange der geodatenführenden Behörden. Es kann und soll, wie im Gesetzentwurf vorgeschlagen, ausdrücklich nicht die Anwendungsbereiche zum Beispiel des Ingenieur- und Vermessungswesens oder anderer Bereiche reglementieren. Für die Kommunen entstehen aufgrund des Gesetzes auch keine Kosten, denn das Land finanziert und stellt die Geodaten über das Geoproxyportal allen kostenfrei zur Verfügung. Weitere Kosten können zwar entstehen, wenn eine Weiterverwertung der durch das Land zur Verfügung gestellten Geodaten durch Behörden, Kommunen oder sonstige Dritte beabsichtigt ist, dabei entstehende Aufwände müssen dann folgerichtig auch durch diese getragen werden. Natürlich wollen auch wir dafür Sorge tragen, dass die Interoperabilität der Geoinformationsdaten kontinuierlich verbessert und an die aktuellen technischen Standards angepasst wird. Doch dies ist keine Aufgabe, die ein Gesetz erfüllen kann und soll. Das wäre im schlechtesten Sinn des Wortes unnötige Bürokratie. Stattdessen setzen die Koalitionsfraktionen auf den fruchtbaren Dialog auf Arbeitsebene zwischen dem Land und den Kommunen sowie den anderen Nutzern der Geodaten. Der Gesetzentwurf der AfD ist deshalb nicht geeignet, das Thüringer Geodateninfrastrukturgesetz und damit die EURichtlinie im Sinne der Kommunen und der Men
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete, zunächst einmal möchte ich auf die Wortmeldung der ersten Gesetzeslesung zu sprechen kommen. Frau Scheringer-Wright hat im letzten Plenum für die Regierungsfraktionen ohne jegliche Begründung ausgeführt, dass der Gesetzentwurf das Ziel einer Demokratisierung der Geodaten nicht verfolge und dass unser Entwurf wirtschaftliches Eigeninteresse von bestimmten Lobbygruppen stärke. Will man diesen Ausführungen einen Sinn abgewinnen, dann mag man unter Demokratisierung der Geodaten eine Demokratisierung des Zugangs zu Geodatenbeständen verstehen und darum geht es hier sehr wohl. Denn damit ist gemeint, dass natürliche und juristische Personen öffentliche Umweltdaten, die bereits über Steuern finanziert wurden, nutzen dürfen und gerade nicht ausschließlich diejenigen, die über ein ganz besonders großes Geldpolster verfügen.
Ich kenne kein innovatives kleines Unternehmen, welches sich für ein innovatives Softwareprojekt die Geotopografie Gesamtdeutschlands leisten kann – Google hingegen schon. Oder mit anderen Worten: Statt öffentlich finanzierte Produkte mit den Auftraggebern ihrer Verwaltung – nämlich den Bürgern – zu teilen, werden Global Player quersubventioniert. Genau das findet Frau Scheringer-Wright auch noch richtig, wenn sie meint: „Wer mit den Datensätzen weiteres Handeln ermöglichen oder damit Geld verdienen will, muss dieses natürlich auch selbst finanzieren.“ Mit dieser Auffassung katapultiert uns die Koalition zurück in das Zeitalter des Web 1.0,
obwohl sich die Landesverwaltung seit Jahren organisatorisch und technisch auf das Web 2.0 vorbereitet, welches sich im behördlichen Umfeld dadurch kennzeichnet, dass auf Grundlage von geteiltem Wissen ein interaktives Zusammenwirken mit der Gesellschaft über das Internet ermöglicht wird. Bereits zum zweiten Mal – das erste Mal war die Ablehnung der Enquetekommission zum Open Government – werden von den regierungstragenden Fraktionen Konzepte eines offenen und transparenten Verwaltungs- und Regierungshandelns abge