Protokoll der Sitzung vom 29.04.2015

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ihre Infragestellung der Singularität des Holocausts durch Bezug auf totalitarismustheoretische Argumentationsmuster lehne ich persönlich ab. Ich bin da ganz nah bei dem, was Frau Rothe-Beinlich sagte. Der 8. Mai 1945 ist der Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus. Diese Befreiung des deutschen Volkes vom NS-Regime haben wir den Alliierten, den Truppen der Roten Armee, der USArmy, der Royal Army und all denjenigen, die Frau König in ihrer Rede auch als Widerständler beschrieb und die ich nicht explizit aufführe, zu verdanken.

Vor wenigen Wochen haben wir in beeindruckender Weise den 70. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora gefeiert. Wir haben einen Empfang der Landesregierung gemacht im Hotel Elephant. Es gab im Vorfeld eine Diskussion, ob wir es den KZ-Überlebenden zumuten können, im Hotel Elephant zu sein. Sie haben gesagt, das ist keine Zumutung, das ist für uns eine Feier, in dem Hotel, in dem Hitler gesessen hat und das er zu seinem Hauptquartier erkoren hatte, hier zu feiern, unsere Befreiung. Denn: Wir haben überlebt, er nicht; das ist für uns immer ein guter Ort. Für mich waren es diese Sätze und die Begegnungen mit den ehemaligen Häftlingen, die als Zeitzeugen Unaussprechliches zu berichten wussten. Sie haben am eigenen Leib erlebt, was wir heute als die Hölle von Buchenwald und Mittelbau-Dora bezeichnen. Für sie war bereits der 11. April 1945 der Tag ihrer Befreiung.

Aber wie hat das deutsche Volk den 8. Mai 1945 empfunden? Als Befreiung oder als Niederlage? Die bedingungslose Kapitulation war die Folge eines totalen Krieges, der von deutschem Boden ausgegangen ist und der 60 Millionen Menschen das Leben kostete, darunter mehr als 6 Millionen Ermordete in Vernichtungs- und Konzentrationsla

(Abg. Rothe-Beinlich)

gern. Es war dieser Krieg, den die Deutschen entfesselt hatten. Er sprengte die Grenzen jeglicher bis damals herrschender Vorstellungen. Er war von Anfang an verbunden mit der Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden, von Roma und Sinti. Er zielte ab auf die Vernichtung der Slawen. Politisch und weltanschaulich Andersdenkende sollten ausgeschaltet werden. Über 18 Millionen Deutsche waren unter Waffen, über 7 Millionen 1943 Mitglied der NSDAP. Und bevor Auschwitz errichtet wurde, waren bereits Hunderttausende Männer, Frauen und Kinder durch die Einsatzgruppen hinter der Ostfront erschossen, ertränkt oder erschlagen worden. Wir verdanken es der sogenannten Wehrmachtsausstellung, auf die einzelne Deutschnationale noch einen Anschlag verübt haben, dass heute keiner mehr sagen kann, mein Großvater war kein Verbrecher, wenn er über seinen Wehrmachtsgroßvater sprach. Aber all diese Verbrechen konnten nicht lediglich von einer Handvoll Männer oder Frauen verübt worden sein. So treu, wie viele zu ihrem Führer standen, genauso einhellig trugen auch Hitler und seine Clique mit dem Ende des Krieges die Hauptverantwortung. Aber nach dem, was wir heute wissen über den Holocaust und über die Verbrechen des Zweiten Weltkrieges, wird klar: Die Massenvernichtung ging einher mit Massenbeteiligung. Es war die Beteiligung der vielen. Und es war eine Beteiligung dessen, was gern die Mitte der Gesellschaft genannt wird. Wenn Herr Höcke heute meint, wegen Windrädern im Wald würde – ich zitiere – „der deutsche Michel aufstehen“, dann waren es diese 7 Millionen deutsche Michel, die 1943 der NSDAP angehört haben und die nicht vergessen werden dürfen. Dies war auch einer der Punkte, die am 8. Mai 1945 den Ausgangspunkt dafür stellten, dass sich viele Deutsche die Frage nach Schuld und Vergeltung zu stellen hatten. Aber viele empfanden die Befreiung nicht als Geschenk der Geschichte, weil sie viel zu sehr in den Gräueln verstrickt waren oder weil sie nicht ihre Stimme gegen das Unrecht erhoben hatten. Verfolgung und Völkermord des deutschen Faschismus waren nur möglich, weil sich zu viele Deutsche hinter dem „Nicht-Wissen-Wollen“ verschanzten, weil sie weggeschaut haben –

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

politisch und im Alltag, wie Frau König ausgeführt hat. Festzuhalten ist die Tatsache, dass zu viele die Nationalsozialisten aktiv oder passiv unterstützten, dass der deutsche Michel eben nicht seine Stimme erhob, als am 9. November 1938 in Deutschland und auch in Thüringen die Synagogen brannten, dass der deutsche Michel eben nicht die Stimme erhob, als am 21. August 1935 die Thüringer Staatszeitung menschenverachtend titelte: „Hier will man keine Juden haben!“ Dass die, die Herr Höcke eben gern als deutschen Michel bezeichnet,

schwiegen, als fast sieben Jahre später am Samstag, dem 9. November 1942, ein Bahntransport die Wartburgstadt Eisenach verließ und als um 11.02 Uhr das Abfahrsignal ertönte und von den 58 Mitfahrenden keiner wusste, wohin die Reise gehen sollte. Aber wir wissen, dass es ein Zug in den Tod war und niemand wiederkam. Dieser Zug war einer der ersten Transporte, der mit 515 Thüringer Juden am nächsten Tag, am 10. Mai 1942, von Weimar aus seine Todesfahrt in die Vernichtungslager im Osten fortsetzte. Hier verlieren sich dann die Spuren der meisten Opfer. Nur einer von ihnen aus diesem Zug hat die Zeit des Nationalsozialismus tatsächlich überlebt. Der deutsche Michel schwieg auch, als Sinti und Roma in den Vernichtungslagern verschwanden. Er hat auch nicht die Stimme erhoben, als die SS von 1937 bis 1940 im Weimarer Krematorium rund 2.000 Leichen einäschern ließ, obwohl die regelmäßigen Leichentransporte von Buchenwald nach Weimar Stadtgespräch waren. Die Verstrickung und das Mitläufertum machten den 8. Mai zu einem schwierigen Datum in der deutschen Geschichte. Im Westen verhinderte das Verdrängen über Jahrzehnte eine aktive Auseinandersetzung mit dem deutschen Faschismus. Im Osten war man seit der Gründung der DDR aufs Engste mit der Sowjetunion in der Allianz der Befreiten mit den Befreiern verbunden. 1950 wurde der „Tag der Befreiung“ als staatlicher Feiertag verankert. Auf der einen Seite standen Wille und Realität der systematischen Entnazifizierung. Gewürdigt wurden die, die sich zum Preis des eigenen Lebens oder dessen Gefährdung am Widerstand gegen die Nazis beteiligt hatten, aber eben vor allem Kommunistinnen und Kommunisten unter Aussparung liberaler, sozialdemokratischer, sozialistischer und nicht der Staatsdoktrin nahestehender Widerständlerinnen und Widerständler. Auf der anderen Seite hat es auch in der DDR de facto eine weitgehende Entlastung von Schuld gegeben. Es ist nicht wirklich nach der Verantwortung jedes Einzelnen gefragt worden, denn es muss bezweifelt werden, dass sich entlang zufälliger geografischer Grenzen der Besatzungszonen mit einem Schlag Befreite und Unterlegene, Nazis und Widerständler, Anhänger und Zweifler voneinander trennten. Mittäterschaft durch Schweigen, durch Zusehen, durch Denunziation, durch Ausgrenzung und Demütigung ist auch in der DDR nicht wirklich ehrlich und offensiv diskutiert worden. Auf der Strecke blieb in beiden deutschen Staaten die notwendige, ehrliche und umfassende Aufarbeitung, die freilich im Zuge der 1968er-Revolte, der einige kulturell sehr ablehnend gegenüberstehen, früher als auf dem Gebiet der DDR begonnen wurde aufzubrechen. In dieser Beziehung gab es viel zu vergessen. Zuerst gab es nur Hitler und seine Clique. Das spiegelt sich bis heute in gewisser Hinsicht in dem Wort „Hitlerfaschismus“ wider. Als Täter galten die Schläger und Sadisten, Personen also, die außerhalb der Kultur

(Minister Prof. Dr. Hoff)

nation gedacht wurden, mit denen man auch hier in Weimar und Thüringen nichts zu tun hatte oder haben wollte oder glaubte, nichts zu tun zu haben. Die Mitte der Gesellschaft ist das Spannende, wenn man sich fragt, was den Zivilisationsbruch ermöglicht hat. Umso mehr stellt sich immer wieder die Frage, weshalb es lediglich die Ränder der Gesellschaft sein sollen, die die Demokratie bedrohen und weshalb ausgerechnet die Mitte gegen das Unmenschliche immun sein soll. Pegida und Co. mit ihren rassistischen Ausfällen kommen aus der Mitte der Gesellschaft. Diese Mitte gefährdet Menschlichkeit und Gerechtigkeit, sie gefährdet gesellschaftlichen Fortschritt, sie macht mobil gegen Menschenrechte, gegen Frauenrechte, gegen eine inklusive Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund müssen wir uns die Frage stellen: Wo fing es an – wo fängt es an? Oder vielleicht weniger die Frage stellen, als die Antwort darauf suchen und finden. Historische Ereignisse und Abläufe, erlassene Gesetze, alles das ist schnell referiert, aber was hat das für jede Familie, jedes Paar, für jeden Einzelnen bedeutet? Wie viele Erniedrigungen, wie viele traumatische Bilder, wie viele Trennungen lagen bereits hinter den Jüdinnen und Juden, unter den Menschen aus ganz Europa, bevor sie starben? Wann hatten diese begonnen? Lange vor den Deportationen, vor dem Beginn des Krieges, oftmals auch lange vor dem Verrat der deutschnationalen Republik 1933. Wir nennen auch deshalb den Begriff der Befreiung, weil es um mehr ging als um eine militärische Kapitulation. Es ging darum, antisemitische und rassistische Hetze im Salon, in der Universität, in den Medien, in einer akademischen und bürgerlichen Welt zu beenden. Es ging darum, die Menschenrechte und ihre Unantastbarkeit zu definieren, genau diesen Gedanken in der Mitte der Gesellschaft zu verankern.

(Beifall DIE LINKE)

Mit dem Gedenken wollen wir an die Häftlinge in den Lagern erinnern, an die Versteckten, an die Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer, an die alliierten Soldatinnen und Soldaten, an alle, die für unsere Befreiung ihr Leben ließen. Die Aprilund Maitage 1945 waren Sehnsuchtstage all derer, die durch die Naziideologie zu Verlorenen und Verzweifelten gemacht worden sind. 70 Jahre und später soll Raum sein für diese Erinnerung und unsere Auseinandersetzung damit. Es müssen natürlich nicht alle übereinstimmen mit der Vorstellung davon, was das adäquate Gedenken an einen Tag der Befreiung ist, denn auch die Auseinandersetzung darüber führt uns immer wieder auf den Kern der Debatte zurück, was wir unter Befreiung verstehen. Genau diese Auseinandersetzung, die wir hier führen, ist notwendig, weil es darum geht, dieses Bewusstsein in der Gesellschaft wachzuhalten. Insofern möchte ich hier abschließend aus dem Schwur von Buchenwald zitieren: „Die Vernichtung

des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“ Ich meine, dass dies aktueller ist denn je. Die Forderung des „nie wieder“ erfordert jeden Tag aufs Neue unser Herz, unseren Verstand. In diesem Sinne verstehe ich den 8. Mai als Tag der Befreiung. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aufgrund der längeren Redezeit

(Beifall AfD)

der Landesregierung stehen jetzt für jede Fraktion noch 30 Sekunden Redezeit zur Verfügung. Herr Abgeordneter Brandner.

Herr Hoff, ich muss es kurz machen: Das, was Sie hier abgeliefert haben, war unterste Schublade und voll am Thema vorbei. Einen solchen Blödsinn, Herr Hoff, ich wäre deutschnational...

Herr Abgeordneter Brandner, aber für diesen „Blödsinn“ an die Landesregierung erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein solcher Unsinn, Herr Hoff, ich sei deutschnational, weil ich an die Millionen Opfer nach dem 8. Mai 1945 erinnert habe, ist an den Haaren herbeigezogen. Mich in eine Reihe zu stellen als Deutschnationaler, der Weimar zugrunde gerichtet hat und dann auch noch die Heeresausstellung angezündet hat, also da fehlt mir wirklich jedes Verständnis. Sie sollten sich mal überlegen, ob Sie hier als Regierungsmitglied weiterhin so einen Müll abliefern wollen, ganz ehrlich.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Müller, DIE LINKE: Nächster Ordnungsruf!)

Herr Brandner, ich ermahne Sie hier noch einmal ausdrücklich, auch für „Müll“ kann ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen und beim dritten müssen Sie den Plenarsaal verlassen. Das geht überhaupt nicht, in so einer Art und Weise in diesem Hohen Haus zu wirken.

(Minister Prof. Dr. Hoff)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Beim nächsten Mal können wir aufhören!)

Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 1

Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer UVP-Gesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/207 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Energie und Naturschutz - Drucksache 6/521

dazu: Entschließungsantrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Drucksache 6/551

ZWEITE BERATUNG

Das Wort hat Herr Abgeordneter Kummer aus dem Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz zur Berichterstattung.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Ministerin Anja Siegesmund, wir haben es geschafft! Es gab ja ein bisschen Sorgen, ob das vorliegende Gesetz rechtzeitig verabschiedet werden kann. Der Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz hat den Gesetzentwurf der Landesregierung am 25. Februar überwiesen bekommen, hat in zwei Tagungen dazu beraten und den Gesetzentwurf mit einer geringfügigen Änderung so angenommen, dass er in dieser Sitzung rechtzeitig verabschiedet werden kann, um damit auch die Fristen, die uns das europäische Recht setzt, einzuhalten, um das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz an die Vorschriften der Seveso-Richtlinie anzupassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Ausschuss hat eine schriftliche Anhörung zum Gesetzgebungsverfahren durchgeführt und dabei nicht nur den Gesetzestext an die Anzuhörenden weitergeleitet, sondern auch noch einen Änderungsvorschlag der Koalition bezüglich einer Änderung der Anlage 1 des Gesetzes. Es gab daraufhin verschiedene Rückmeldungen. Die meisten Anzuhörenden hatten keine Einwände. NABU und GRÜNE LIGA hatte Einwände gegen die Änderungen der Koalition und die Stadt Erfurt bat darum, eine Abgrenzung des Begriffs „Nachbarschaft von Störfallanlagen“ abzusichern, damit es hier nicht zu Rechtsstreitigkeiten kommt. Ich denke mal, dass das Ministerium dieser Bitte der Stadt Erfurt bei der späteren Durchführung des Gesetzgebungsverfahrens folgen wird.

Meine Damen und Herren, wir hatten im Ausschuss eine interessante Diskussion über die Frage des Bepackungsverbots von Gesetzentwürfen und der Regelungskompetenz des Landes im Vergleich zu der Regelungskompetenz des Bundes. In diesem Zusammenhang ist der dem Ausschuss vorgelegte Änderungsvorschlag der Koalitionsfraktionen noch einmal geändert worden und dementsprechend nur ein Teil davon in den Gesetzentwurf aufgenommen worden. Sie sehen es in der Beschlussempfehlung, dass in Artikel 1 Nummer 1 die Nummer 4.1 und das nachstehende Komma gestrichen werden sollen. Mit dieser Änderung bittet der Ausschuss mehrheitlich um Zustimmung zur Beschlussempfehlung und Verabschiedung dieses Gesetzes. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich frage die Fraktionen, ob jemand das Wort zur Begründung des Entschließungsantrags wünscht. Damit eröffne ich die Aussprache und das Wort erhält die Abgeordnete Becker, Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Kummer ist ja schon auf ein paar Inhalte des Gesetzentwurfs eingegangen. Unstrittig im Hohen Haus war von Anfang an, dass wir es schnell verabschieden wollen und inhaltlich gab es da auch keine unterschiedlichen Auffassungen zu dem, was die Landesregierung uns vorgelegt hat. Herr Kummer hat darauf hingewiesen, am 31. Mai 2015 müsste es in Thüringen umgesetzt werden. Das schaffen wir, da wir heute erst den 29. April haben.

Wir hatten schon bei der Einbringung des Gesetzes in der ersten Lesung darauf hingewiesen, dass die Koalition gern in der Anlage 1 den Punkt 4.1 gestrichen haben wollte, wo es um die Windkraftanlagen geht. Diese Diskussion – das hat auch Herr Kummer schon angesprochen – wurde dann sehr interessant im Umweltausschuss, weil dann Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion mit dem Bepackungsverbot kamen und dann stellte sich noch heraus, dass dieser Absatz dem Bundesgesetz widerspricht und eigentlich schon auf Bundesgesetzebene vollends geregelt ist und damit nichtig ist in unserem Gesetz.

(Beifall DIE LINKE)

Aber auch das überzeugte die Kolleginnen und Kollgen der CDU nicht, das mitzutragen, sondern sie sagten, das ist juristisch umstritten. Wie immer, wenn zwei Juristen zwei Meinungen haben und wir nicht zueinanderkommen, hat sich dann die rot-rotgrüne Koalition entschieden, das Gesetz nicht zu

(Vizepräsidentin Jung)

belasten und es vielleicht infrage zu stellen, sondern wir bitten die Landesregierung mit unserem Entschließungsantrag, die Änderung im UVP-Gesetz nach Anlage 1 vorzunehmen. Das Recht dazu hat sie. In § 3 des Thüringer UVP-Gesetzes ist geregelt, dass die Frau Ministerin das Recht hat, dies mit unserem Einvernehmen aus der Liste herauszunehmen. Darum bitten wir in diesem Entschließungsantrag. Sonst gab es inhaltlich wirklich keine Auseinandersetzungen. Wir waren alle einer Meinung. Die Anzuhörenden hat Herr Kummer schon vorgetragen. Ich bitte um Zustimmung zum Gesetz und um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag, damit das Gesetz fristgerecht veröffentlicht werden kann. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU hat sich Abgeordneter Geibert zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, um es gleich vorab zu sagen: Dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Landesregierung hätten wir ohne Weiteres zugestimmt. Ja, wir hatten im Hinblick auf die Umsetzungsfrist für EU-Recht sogar signalisiert, den Entwurf ohne Verweisung an den Ausschuss sofort in erster und zweiter Lesung zu beraten, um die Umsetzungsfrist in jedem Fall einhalten zu können. Problematisch ist die ganze Diskussion jedoch durch den von RotRot-Grün im Ausschuss eingebrachten Änderungsantrag geworden. Was wollten die regierungstragenden Fraktionen mit ihrem Änderungsantrag? Sie wollen heimlich, still und leise durch die Hintertür die Abwägung wichtiger, insbesondere naturschutzrechtlicher und naturschutzfachlicher Gesichtspunkte und Belange bei Windparks mit einer unbegrenzten Anzahl von Anlagen und einer Höhe von mehr als 35 Metern und weniger als 50 Metern oder von bis zu zwei Anlagen und unbegrenzter Höhe über 35 Metern schlichtweg aushebeln. Hier soll noch nicht einmal mehr eine standortbezogene Vorprüfung vorgesehen werden. Um dieses Ziel zu erreichen, scheint nahezu jedes Mittel recht zu sein.

Die durchgeführte Anhörung hat ergeben, dass insbesondere vom NABU und auch von der GRÜNEN LIGA Bedenken vor allem gegen den Änderungsantrag der Linksfraktionen bestehen. Diese Bedenken teilen wir ausdrücklich. Der Änderungsantrag ist ein weiterer Baustein für den Slogan „Wind über alles – was interessieren uns die Interessen von Bürgern und Kommunen, was interessiert uns der Landschafts- oder der Naturschutz!“. Wo bleiben denn da die Transparenz und die Berücksichtigung des Bürgerwillens, die von der Regierungskoalition bis

in die Koalitionsvereinbarung hinein wie eine Monstranz vor sich hergetragen werden? Durch die nunmehr vorgenommene Änderung des Änderungsantrags wird die Intransparenz auf die Spitze getrieben, denn jetzt wurde angekündigt, dass die Landesregierung beabsichtige, von einer Ermächtigung in § 3 Abs. 4 des UVP-Gesetzes Thüringen Gebrauch zu machen und die umstrittene Auflistung in der Anlage 1 einfach auf kaltem Wege zu bereinigen. Das ist jetzt auch der Gegenstand des Entschließungsantrags. Dem soll mit der Streichung von Ziffer 4.1 mit dem nunmehr abgespeckten Änderungsantrag der Boden bereitet werden. Der Verzicht auf die UVP nimmt dann die Möglichkeit, im Verfahren naturschutzfachliche Aspekte vorzutragen und die vorgesehene Maßnahme mit anderen Aspekten wie Landschaftsplanung, Arten- und Tierschutz, Lärmschutz und Einfluss auf die Menschen und vieles mehr auszugleichen. Dieses Recht, das Sie, als Sie noch Opposition waren, vehement eingefordert haben – übrigens zu Recht –, treten Sie nun selbst mit Füßen.

(Beifall CDU)

Ich will es noch einmal wiederholen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wir hätten dem Gesetzentwurf der Landesregierung zugestimmt, in erster und zweiter Lesung gleich zusammen, wenn nicht Rot-Rot-Grün diesen Gesetzentwurf mit sachfremden Dingen bepackt hätte. Gegen einen Gesetzentwurf, der schlicht EU-Recht umsetzt und die Schutzinteressen der Bürger aufgreift, hatten und haben wir keine Bedenken. Einem Gesetz, das Bürgerrechte und naturschutzfachliche Prüf- und Beteiligungsrechte missachtet oder einer solchen Missachtung Vorschub leistet, werden wir nicht zustimmen. Das Gleiche gilt für den Entschließungsantrag. Der Entschließungsantrag formuliert in seiner Begründung: „Der Bund hat in seinem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) bezogen auf den oben genannten Sachverhalt inzwischen eine abschließende Regelung getroffen.“ Der Antrag wurde heute als Tischvorlage ausgehändigt, damit man möglichst wenig Zeit hat, sich damit zu beschäftigen. Aber bereits der erste Blick zeigt, dass von „inzwischen“ keine Rede sein kann, denn die Regelung des UVP-Gesetzes des Bundes ist seit 2007 wortgleich dieselbe wie heute. Und 2007 ist das Inkrafttreten des UVP-Gesetzes Thüringens gewesen. Also eine Rechtsänderung gibt es in keiner Art und Weise. Vielen Dank.