Jörg Geibert
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Vielen Dank, Frau Präsidentin. Mit dem Ziel, noch möglichst viele Tagesordnungspunkte in den beiden Plenartagen abzuarbeiten, beantragen wir, den Tagesordnungspunkt 1 gemeinsam mit 12 a und 12 b zu beraten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, wir erledigen mit dem – hoffentlich gleich – anstehenden Beschluss über den Entwurf der Datenschutzordnung des Thüringer Landtags gleich mehrere Aufgaben. Wir schaffen Rechtssicherheit in einem nicht ganz einfachen Bereich, der sowohl für die Fraktionen als auch für die Abgeordneten von großer Bedeutung ist, aber auch für die Bürger, die Unternehmen, die Institutionen, die im täglichen Kontakt mit den Fraktionen und den Abgeordneten stehen. Wir machen dies unter Aufrechterhaltung und Beibringung eines sehr hohen Datenschutzniveaus und das Ganze unter Wahrung der verfassungsrechtlich besonderen Stellung, die Abgeordnete im Landtag und Fraktionen des Thüringer Landtags genießen. Ich denke, das ist eine ausgesprochen gute Sache, dass wir diese Datenschutzordnung jetzt so beschließen können, dass diese Regelungslücke, die bislang bestand, geschlossen wird und wir damit letztlich auch eine Aufgabe für den künftigen Landtag erledigen, sie aus der Diskussion auch nach Neuwahlen des Landtags nach dem 27. Oktober herausnehmen und damit bereits eine Grundlage für die Arbeit des künftigen Landtags gesetzt haben.
Mein ausdrücklicher Dank gilt der Landtagsverwaltung, die uns in den Beratungen zu dieser Datenschutzordnung massiv unterstützt hat. Wir hatten mit Antrag vom 20. Februar 2019 mit einer Vorlage den Anstoß bekommen – ich habe damals von diesem Platz aus dazu gesprochen –, die in vielerlei Hinsicht überarbeitungsbedürftig war. Wir haben Dank der massiven Unterstützung des Wissenschaftlichen Dienstes des Thüringer Landtags in relativ kurzer Zeit ein ausgesprochen komplexes Regelungswerk mit sehr vielen Facetten erarbeitet. Ich denke, das ist nicht ganz selbstverständlich. Ähnlich wie Kollege Blechschmidt möchte auch ich nicht auf Details der Datenschutzordnung eingehen, das ist im Wesentlichen technisches Regelwerk, das dort entsteht.
Wir können heute mit gutem Gewissen sagen: Wir haben ein gutes Stück formelle Arbeit erledigt, was künftig unser Handwerkszeug im täglichen Tun bildet. Wir werden der Datenschutzordnung zustimmen. Ich bin auch dem Kollegen Blechschmidt dankbar für die durchaus deutliche Kritik am geäußerten Selbstbewusstsein und der Haltung des Thüringer Datenschutzbeauftragten, die zu Recht sowohl bei Ihnen als auch bei uns erhebliche Irritationen ausgelöst hat, wie die Rechtsstellung im Verhältnis zum Thüringer Landtag ist.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns der Datenschutzordnung zustimmen und lassen Sie mich hier noch mit dem Anschluss an den Kollegen Dr. Pidde schließen, dem ich für seinen neuen Lebensabschnitt alles Gute wünschen möchte. Wir haben in der Stellung als Parlamentarische Geschäftsführer nur relativ kurz miteinander arbeiten dürfen, aber wir haben vorher Jahre lang im Haushalts- und Finanzausschuss sachorientiert diskutiert, gearbeitet und auch gestritten. Viel Erfolg, viel Freude bei der neuen Tätigkeit und im neuen Umfeld mit dem Blick von außen auf dieses Rund!
Ich würde doch darum bitten, das zuständige Mitglied der Landesregierung oder zumindest irgendein Mitglied der Landesregierung hereinzubitten, falls nicht alle schon zurückgetreten sein sollten.
Vielen Dank. Frau Präsidentin, wir bitten um eine namentliche Abstimmung zu unserem Änderungsantrag.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Wir beantragen eine Einzelabstimmung zu Unterpunkten.
Vielen Dank. Ich wusste nicht, ob die Information angekommen ist.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Frau Präsidentin, wir würden um eine Sitzungsunterbrechung zur Durchführung einer Fraktionssitzung bitten.
Gern noch davor.
Wir würden beantragen, die Tagesordnungspunkte 29 und 30 wie auch schon im fachlich zuständigen Ausschuss gemeinsam zu beraten.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Zunächst mal möchte ich feststellen, dass entgegen der Information durch den Kollegen Kummer ganz offensichtlich eine ausführliche Erörterung im Haushalts- und Finanzausschuss stattgefunden hat. Dann würde ich bitte noch die Frage stellen, ob es sich um eine öffentliche oder nicht öffentliche Beratung des Haushalts- und Finanzausschusses zu diesem Tagesordnungspunkt handelt, und falls es sich um eine nicht öffentliche Beratung des Haushalts- und Finanzausschusses handelt, ob der Haushalts- und Finanzausschuss der Verlesung bzw. der Öffentlichmachung dieses Inhalts der Beratung zugestimmt hat.
Frau Präsidentin, ich kann dabei nur feststellen, dass die Herstellung der Kenntnis des Inhalts der Ausschusssitzung ein ausschließliches Recht für die Abgeordneten und die Vertreter der Landesregierung ist, die zu den entsprechenden Sitzungen Zugang haben bzw. denen die Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. Ein Recht zur Unterrichtung der Öffentlichkeit durch das Präsidium vermag ich nicht zu erkennen.
Frau Präsidentin, uns liegt das Protokoll dazu nicht vor, unabhängig von dem, was Sie jetzt verlesen haben.
§ 52 der Geschäftsordnung sagt, dass an Plenartagen die Unterlagen auszuteilen sind und die Einstellung ins AIS nicht ausreichend ist. Ich kann nur feststellen: Die Unterlage liegt nicht vor.
Wir beantragen eine namentliche Abstimmung.
Frau Abgeordnete Henfling, gern greife ich Ihre Bitte nach einer Versachlichung der Diskussion und dem Check der Fakten auf.
Sie haben eben die Behauptung aufgestellt, dass die Presseberichterstattung in einem großen Boulevardblatt mit vier Buchstaben am 04.05.2019 durch unsere Kommunikation beeinflusst worden sei. Sie haben dabei verschwiegen, dass unsere Kommunikation am 08.05.2019 stattgefunden hat, sodass dieses große Boulevardblatt das vier Tage vorher schon geahnt haben müsste.
Das ist ja sehr spannend, wie sachlich und chronologisch präzise Sie hier arbeiten.
Ähnliches gilt bei Frau Berninger. Frau Berninger hat vorhin dargestellt, es sei die Falschbehauptung aufgestellt worden, dass der Datenschutzbeauftragte nicht beteiligt worden sei. Auch da kam der Hinweis von Frau Berninger, im März 2019 sei die Information bereits an den Landesdatenschutzbeauftragten gegangen. Ich gestatte mir, aus einer MDRBerichterstattung vom 03.05.2019 unter der Überschrift „Nach Kritik stoppt Landesregierung Diversitäts-Studie“ ganz kurz zu zitieren – wie gesagt, 03.05.2019 –, dort heißt es: „Seine Aufmerksamkeit“ – gemeint ist die des Datenschutzbeauftragten – „weckten die Strategen der Thüringer Staatskanzlei im Entwurf des Fragebogens. In diesem vermerkten sie auf Seite 1, dass die Zustimmung des Thüringer Datenschutzbeauftragten zu den Fragen vorliege. Dieser Entwurf ging Anfang April an die Hauptpersonalräte, da diese vor Umfragestart gefragt werden müssen. Davon bekam Hasse offenbar Wind. Er bestätigte auf Nachfrage“ –
Nachfrage vom Mai 2019 des MDR –, „dass er zu diesem Zeitpunkt weder etwas von der Umfrage wusste, noch dass er in irgendeiner Form seine Zustimmung gegeben habe.“ So viel zur Sachverhaltsdarstellung, wie Sie es gerade gemacht haben, im März soll alles bekannt gewesen sein. Nur eines von beiden kann stimmen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich wäre doch dankbar, wenn das zuständige Mitglied der Landesregierung anwesend wäre bei diesen doch sehr wichtigen Ausführungen.
Ja, Frau Präsidentin, vielen Dank. Zum Tagesordnungspunkt 3 ist zwischenzeitlich ein kommunalrelevanter Änderungsantrag der Regierungsfraktionen vorgelegt worden. Die Auswertung der Anhörung dazu konnte nicht in angemessener Frist im zuständigen Fachausschuss behandelt und zur Kenntnis genommen werden. Wir beantragen deshalb, den Tagesordnungspunkt 3 von der Tagesordnung abzusetzen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Frau Präsidentin, ich habe mit Ja gestimmt wie alle anderen Abgeordnetenkollegen dieses Hohen Hauses auch, weil mir – und ich glaube, mit dem Abstimmverhalten haben das alle so gezeigt – das grüne Herz Deutschlands am Herzen liegt und wir sehen, dass unser Wald sich in höchster Gefahr befindet. Ich freue mich sehr darüber, dass wir in großer Geschlossenheit dafür eintreten, dass der Zustand, der sich jetzt zu verfestigen scheint, in Zukunft hoffentlich noch abgewendet werden kann.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Im Hinblick auf die bereits übervolle Tagesordnung würden wir den Antrag zur Aktuellen Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 30 e zurückziehen. Als zweites Anliegen würde ich für uns beantragen, den Tagesordnungspunkt 5 im Hinblick darauf, dass uns zwischenzeitlich ein wissenschaftliches Gutachten vorliegt, das zu dem Ergebnis kommt, dass dieser Landtag jedenfalls verfassungsgemäß nicht befugt ist, über den Haushalt 2020 zu beschließen, von der Tagesordnung abzusetzen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Den Bürger von vermeidbaren oder auch ungerechtfertigten Belastungen zu befreien, das ist ein Anliegen, welches wir uneingeschränkt teilen und für welches wir bereits in der Vergangenheit, durchaus unter Inkaufnahme von erheblicher Kritik, auch durch die sich heute feiern werdenden Fraktionen, eingetreten sind. Wir treten als CDU dafür ein, dass künftig auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verzichtet wird,
soweit sich dafür ein gerechter und rechtssicherer Weg findet. Mit dem hier vorgelegten Gesetzentwurf soll die landesrechtliche Grundlage zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen rückwirkend zum 01.01.2019 abgeschafft werden. Ob dieser Entwurf dem von uns gesetzten Anspruch einer in die Zukunft gerichteten, rechtssicheren Lösung entspricht, wird sich erst noch in der parlamentarischen Diskussion und in Auswertung der zwingend notwendigen Expertenanhörung zeigen müssen.
Wer erinnern uns: Mit dem Achten Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes hat die Koalition 2017 eine Regelung verabschiedet, die reichen Gemeinden erlaubt, auf die Straßenausbaubeiträge zu verzichten. Außerdem soll in finanziell guten Jahren auf Beiträge verzichtet werden können, in klammen Jahren müssen dann wieder Beiträge erhoben werden.
Diese Regelungen, die seit 01.01.2019 geltendes Recht sind, sind weder praktikabel, noch lösen sie die Probleme vor Ort in sachgerechter Art und Weise. Vielmehr hat ein im Auftrag des Thüringer Gemeinde- und Städtebunds erstelltes Gutachten festgestellt, dass die getroffenen Regelungen verfassungswidrig sind. Alle unsere im damaligen Gesetzgebungsverfahren vorgetragenen Bedenken wurden letztlich mit fatalen Folgen vom Tisch gewischt.
Es erscheint als schlechter Treppenwitz, dass ausgerechnet ein von der derzeitigen Landesregierung beauftragter Gutachter noch vor wenigen Wochen die Frage in den Raum stellte, wozu das ganze jetzt aufgerufene Gesetzgebungsverfahren denn überhaupt nutze, wenn doch bis Ende 2018 eine funktionierende Regelung existierte. Aber, Herr Kuschel, mitnichten haben Sie damals ein Problem gelöst, vielmehr haben Sie neue Probleme geschaffen.
Denn das bereits angesprochene Gutachten des Gemeinde- und Städtebunds kam zu dem Ergebnis, dass mit Ihrer Novelle des Kommunalabgabengesetzes eine Zweiklassengesellschaft geschaffen wurde. Die Bevorzugung wohlhabender Gemeinden – so das Gutachten wenig überraschend – ist verfassungswidrig. Ganz offensichtlich hat es sich RotRot-Grün zur Agenda gemacht, die Wohlhabenden, die Leistungsfähigen zu entlasten, und das letztlich, ohne die Situation derjenigen zu verbessern, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind.
Das scheint allgemein zu gelten, ich erinnere hier nur schlaglichtartig an die Abschaffung des Landeserziehungsgelds und die Beitragsfreiheit des letzten Kindergartenjahrs für solvente Beitragspflichtige. Auch die letzte KAG‑Novelle zum Straßenausbaubeitrag war nicht mehr und nicht weniger als wieder einmal schlichter Murks.
Diese heute auch ganz offensichtlich von Ihnen so vorgenommene Bewertung – sonst hätten Sie ja nicht das Landesverwaltungsamt genötigt, in einem verschwurbelten Erlass, die erst wenige Monate zuvor geschaffene gesetzliche Regelung gar nicht erst anzuwenden – war bereits bei der Verabschiedung der Gesetzesnovelle erkennbar. Wir haben daher schon im September vergangenen Jahres unsere Bereitschaft erklärt, an einer Überarbeitung mitzuwirken. Für meine Fraktion war immer klar, dass am Ende des Diskussionsprozesses eine tragfähige, rechtssichere und für Bürger und Kommunen verlässliche Lösung stehen muss.
Das war und ist Bedingung unserer Zustimmung. Trotz mehrfacher Treffen in der eingerichteten Arbeitsgruppe vermögen wir eine solche Lösung in dem nunmehr vorgelegten Entwurf noch nicht zu erkennen. Wir hoffen darauf und arbeiten auch gerne daran mit, die vielen noch offenen Fragen im Rahmen der nun folgenden parlamentarischen Debatte zu klären.
Vielfältige Fragen konnten bislang noch nicht zufriedenstellend beantwortet werden, wie etwa: Soll die Gerechtigkeitslücke bei unterschiedlichen Ausbauabschnitten im gleichen Gebiet, ja in der gleichen Straße geschlossen werden
oder das – oder in unterschiedlichen Ortsteilen? Wie geht man mit geleisteten Vorausleistungen um? Sanktioniert man oder sanktioniert man nicht die unterschiedliche Bearbeitungsgeschwindigkeit der Verwaltung, etwa bei der Verbescheidung von
abgeschlossenen Maßnahmen? Was geschieht mit Bescheiden oder auch Vorausleistungsbescheiden im Rechtsmittelverfahren? Wird der „Protestierer“ belohnt und der brave Zahler bestraft? Wie geht man mit Kommunen um, in denen förmlich festgesetzte Sanierungsgebiete bestehen? Wie schließt man hier die Gerechtigkeitslücke zu den Ausbaugebieten zwei Straßen weiter?
So bleibt hier unstreitig die Erhebung von Ausgleichsbeiträgen nach dem Baugesetzbuch von der vorgeschlagenen Regelung unberührt. Im Ergebnis bedeutet das, dass zwar grundsätzlich verkündet wird, dass der Immobilieneigentümer nicht mehr für die Kosten des Straßenausbaus herangezogen werden soll, befindet sich das Grundeigentum aber in einem Gebiet, das als Sanierungsgebiet festgelegt ist, werden die Eigentümer weiterhin für einen Ausgleichsbetrag zur Kasse gebeten. Wie wollen Sie dem Eigentümer erklären, dass er die Werterhöhung weiterzahlen muss, die sein Grundstück durch die Sanierung der Straße erfährt, während der benachbarte Eigentümer keine Gebühren mehr für die Erneuerung, Erweiterung oder Verbesserung seiner Straße zahlen muss? Es muss geklärt werden, wie mit der Ungleichbehandlung, die durch das Ausblenden der Sanierungsgebiete entsteht, umgegangen wird. Oder wird vielmehr die vorgelegte Regelung dazu führen, dass die Sanierungssatzungen in Größenordnungen aufgehoben werden, damit künftig Landesrecht gilt und somit Gebührenfreiheit? Und falls ja, welche Folgen für die kommunalen und staatlichen Haushalte hat das?
Ein weiterer Punkt ist der Umgang mit den Beiträgen, für die die Beitragspflicht zwar entstanden ist, aber die noch nicht abgerechnet sind. Sie haben das Thema angesprochen. Nach der aktuell vorgeschlagenen Regelung müssen die Gemeinden innerhalb von vier Jahren, also bis zum 31.12.2022, noch Straßenausbaubeitragsbescheide erlassen und beitreiben, soweit die Baumaßnahme bis zum 31.12.2018 abgeschlossen wurde. Die Vertreter des Gemeinde- und Städtebunds haben hier nachdrücklich Regelungsbedarf angemahnt. Richtig, hier ist eine Verordnungsermächtigung vorgeschlagen und ja, es gibt verschiedene Modelle. In der Arbeitsgruppe hat man sich allerdings auf nicht mehr als das allgemeine Bekenntnis zur Lösung dieses Problems verständigen können. Bürger, Kommunen und Politik müssen jedoch wissen, wo die Reise hingeht, bevor man zu so einem Gesetzesbeschluss kommt. Auch der Linkskoalition dämmert es ganz offensichtlich, dass sie neue Ungerechtigkeiten schafft. Wohl deshalb schlug sie kurzfristig vor, alle Gebühren für Sanierungen zu erlassen, die nach Anfang 2015 fertiggestellt wurden. Doch schon 24 Stunden später hat Rot-Rot-Grün den ei
genen Vorschlag – wegen hoher verfassungsrechtlicher Risiken, wie es hieß – wieder einkassiert.
Auch für die Kommunen stellen sich eine Reihe noch ungelöster Fragen. Konsequent ist, wenn den Gemeinden die Kosten für laufende und künftige Maßnahmen erstattet werden. Mit Blick auf die Konnexität müssen den Gemeinden aber auch die Arbeitszeitäquivalente, die für die Umsetzung des Landesgesetzes entstehen, finanziert werden.
Auch bleibt der kritische Punkt, dass Gemeinden deutlich in Vorleistung gehen müssen. Nach aktueller Gesetzeslage ist es ihnen erlaubt, Vorausleistungen einzuziehen. Nach der Gesetzesänderung müssten sie die Baumaßnahme vollständig vorfinanzieren, bevor sie die Landeserstattung beantragen können. Das birgt für finanzschwache Kommunen erhebliche Liquiditätsprobleme.
Offen ist auch die sehr ambivalente Frage, auf welchem Niveau künftig Kostenerstattungen an die Kommunen erfolgen sollen. Nivelliert sich alles auf einem niedrigen Standard, kann davon abgewichen werden, wer entscheidet darüber und mit welcher finanziellen Folge?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, es gibt noch eine Vielzahl offener und bislang ungeklärter Fragen. Es wird noch ein weiter und womöglich auch steiniger Weg sein, bevor eine rechtssichere und gerechte Regelung gefunden sein wird. Wir jedenfalls stellen uns der konstruktiven Diskussion im parlamentarischen Verfahren und werden uns an einer Klärung der aufgeworfenen Fragen für die Thüringer Gemeinden, für die Thüringer Bürgerinnen und Bürger beteiligen. Der durch die vermurkste KAG-Novelle erzeugte Zeitdruck ist in diesem Prozess jedoch alles andere als hilfreich. Vielen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Mancher Geschenke kann man sich nicht erwehren. Herr Adams wird sich über die Marx-Exponate zweifellos gefreut haben, ob die uns heute weiterhelfen und in der Diskussion um die Straßenausbaubeiträge wirklich die sinnhafte Diskussionsgrundlage sind und uns dabei bereichern, das darf man aber ehrlicherweise doch bezweifeln.
Bitte?
Ja, der kam auch aus dem sehr konservativ geprägten Trier, also da sei das durchaus nachvollziehbar.
Herr Kuschel, das haben weder der Gemeinde- und Städtebund noch ich behauptet, dass ein Gutachter die Verfassungswidrigkeit von einem Gesetzentwurf feststellen würde. Nichtsdestotrotz kann man sich mit gutachterlicher Expertise natürlich sehr wohl mit den Fragen, ob die Verfassungsnormen eingehalten wurden oder nicht, auseinandersetzen. Und an der Stelle gibt es natürlich bei dem Entwurf, der im Jahr 2017 Gesetz geworden und im Jahr 2019 in Kraft getreten ist, ganz erhebliche Zweifel, ob er diesen Ansprüchen genügt. Das muss man schlichtweg zur Kenntnis nehmen. Es gibt aber auch praktische Umsetzungsprobleme, die man zur Kenntnis nehmen muss, die Sie ja letztlich selbst auch zur Kenntnis genommen haben. Ansonsten würden wir ja nicht in der Situation leben, dass das Landesverwaltungsamt auf eine ganz schwierige Art und Weise für die Kommunen diese aufgefordert hat, eine gesetzliche Regelung, die Sie mit Mehrheit hier durchgedrückt haben, letztlich nicht anzuwenden. Das ist schon ein etwas merkwürdiger Vorgang und das muss man auch markieren. Dieser Vorgang setzt uns letztlich unter Zeitdruck, bei so einer schwierigen Diskussion und mit so vielen schwierig zu beantwortenden Rechtsfragen, wie wir es nun mal im Kommunalabgabenrecht bei dem Anspruch, etwas, was an sich ja läuft und auch akzeptiert wird, gegebenenfalls zu verbessern, haben. Wir wollen es ja nicht verändern – das ist ja nicht der Anspruch –, sondern es soll etwas verbessert werden. Dann muss man sich im Letzten auch die
Zeit dafür nehmen, diese Fragen vernünftig abzuklären und zu beantworten. Das ist auch der Grund, weshalb an der Stelle eben von mir im Wesentlichen auch Fragen formuliert wurden, wobei ja auch die Zielrichtung klar war: eine in die Zukunft gerichtete, rechtssichere und auch gerechte Lösung. Da sind wir mit dabei, die haben wir vor Augen, die wollen wir auch umsetzen, aber halt unter Abklärung der Fragen, die ich dabei aufgeworfen habe. Wir hätten uns leisten können, diese Fragen im Vorfeld zu beantworten und aufzuklären. Ich will überhaupt nicht unterstellen, dass der Zeitdruck entstanden ist, weil wir in diesem Monat in Thüringen Kommunalwahlen haben und deshalb noch ein Gesetzentwurf eingebracht werden soll. Das will ich gar nicht als Motiv unterstellen.
Bitte?
Ja, Sie haben es ja dann zur Kenntnis genommen, dass ich es nicht mache.
Sondern das Motiv ist, glaube ich, dass Sie jetzt versuchen, eine grottenschlechte Regelung, die seit 01.01. in Kraft ist, irgendwo zeitlich einzuholen – was immer schwierig ist, das zeitliche Einholen –, anstatt, was wir im letzten Herbst in der Sitzung der Arbeitsgruppe in der Staatskanzlei vorgeschlagen hatten, schlichtweg ein kleines Korrekturgesetz zu machen und das Inkrafttreten zu verschieben, was uns die Zeit gegeben hätte, sinnvoll darüber zu diskutieren.
Nein, wenn das Inkrafttreten verschoben worden wäre, dann wäre der Rechtszustand von vorher gewesen und da wäre diese Regelung nicht in Kraft getreten. Das hätte uns durchaus die Möglichkeit gegeben, sinnhaft darüber zu reden.
Herr Adams hat fehlenden Mut beklagt – das ist immer richtig, wenn man auf diese Situation hinweist –, aber man muss dabei sauber unterscheiden: Ist es fehlender Mut oder unterliegt man gegebenenfalls dem Risiko des Übermuts?
Das ist hier so eine ganz schwierige Gratwanderung, die wir dabei in dem Bereich hier vornehmen. Es sind empfindliche Angelegenheiten, es geht um eine hohe Anzahl von Betroffenen, und es geht dabei um Geld der Betroffenen. Deshalb, denke ich, ist es gut und richtig, sauber und vernünftig abzuwägen.
Vielleicht ein paar Worte noch zu Herrn Möller und dem, was für die AfD vorgetragen wurde. Also so ganz salopp kann man eigentlich sagen: Kollege Möllers Märchenstunde. Es ist letztlich ein typisches AfD-Vorgehen.
Nein, das vermag ich ehrlicherweise nicht festzustellen, sondern es ist ein populistisches Vorgehen.
Das ist ein typisches AfD-Vorgehen: Es wird ein Problem, das besteht, beschrieben, noch nicht mal vernünftig beschrieben – Herr Kuschel hat dabei zu Recht auf einige Punkte hingewiesen –, es wird aber keine saubere Lösung angeboten. Und der Gesetzentwurf, den Sie uns präsentiert haben: Wenn ich schon den vorherigen zum Kommunalabgabengesetz als Murks bezeichnet habe, dann muss man das hier als Obermurks bezeichnen. Das trifft ja wirklich überhaupt nichts. Das geht völlig am Ziel vorbei!
Kollege Kuschel hat schon darauf hingewiesen, Sie haben von Bayern abgeschrieben, und das mäßig, eigentlich daneben abgeschrieben. Man muss nur mal einen Blick in Ihre eigene Begründung hineinwerfen. Ich erlaube mir, Frau Präsidentin, aus dieser Begründung zu zitieren. Da geht es um die Frage der Kosten für die Gemeinden. Sie führen darin aus: „Für die Gemeinden wird es aufgrund der im Zuge der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge notwendig gewordenen Änderungen des Kommunalabgabengesetzes zu Beitragsausfällen sowie in bestimmten Fallgestaltungen zu zusätzlichen Aufwendungen infolge von Rückzahlungsverpflichtungen gegenüber den Beitrags- und Vorauszahlungsverpflichteten […] kommen, die jedoch für die relevanten Zeitabschnitte“ – also nur für die relevanten Zeitabschnitte, die Sie dort benennen, das sind die für nach dem 31. Dezember 2017 erhobenen Beiträge und Vorauszahlungen – „und die meisten Sachverhaltskonstellationen weitgehend vom Freistaat Thüringen erstattet werden.“ Wenn man das genau liest, heißt das, die Kommunen bleiben auf einem Großteil ihrer Kosten sitzen,
schon nach dem eigenen Anspruch Ihres Gesetzes, im Kostenvorblatt.
Das ist ehrlicherweise reine Augenwischerei. Reine Augenwischerei ist das, was uns da präsentiert wurde, über die wir zu Recht überhaupt nicht ernsthaft beraten und diskutieren konnten. Deshalb haben wir das im letzten Frühjahr abgelehnt.
Frau Kollegin Scheerschmidt, wir sind ja in ganz vielen Positionen eng beieinander und einer Auffassung. Bei drei kleinen Punkten bin ich etwas abweichend und will auch sagen, warum. Zunächst die Kritik am Gemeinde- und Städtebund, die ich so nicht teile, und auch der Hinweis, den Gemeindeund Städtebund als Zeugen für die eine oder andere Auffassung heranzuziehen, die ich als nicht korrekt empfinde. Der Gemeinde- und Städtebund ist ein plural zusammengesetztes Gremium. Er vertritt Hunderte von Thüringer Kommunen – über 800.
Selbstverständlich werden dort alle möglichen Positionen vertreten, die man sich in diesem Spektrum vorstellen kann, weil es dort auch alle möglichen Fallkonstellationen gibt. Sich jetzt einen Kreisverband, eine Kreisorganisation herauszupicken und das zum Generellen zu machen, denke ich, das ist nicht ganz in Ordnung, das kann man so nicht machen. Der Gemeinde- und Städtebund vertritt seine Position durch seine Dachorganisation bei uns hier im Anhörungsverfahren. Wir haben oft zur Kenntnis genommen, dass geäußert wurde, dass kein Regelungs- und Veränderungsbedarf gesehen wird, dass man sich mit der Situation, die besteht, arrangiert hat. Ich denke, das muss man dann einfach so akzeptieren und kann nicht eine Einzelauffassung von einer Kreisorganisation oder örtlichen Organisation herausnehmen.
Es ist auch ehrlicherweise nach meiner Wahrnehmung eher eine Legende, dass die Leistungen, dass die Beiträge von den Kommunen nicht eingefordert und eingezogen würden. Ansonsten hätten wir ja gar nicht diese vielen Rechtsstreitigkeiten zu diesen Punkten. Selbstverständlich gehen die Bescheide raus. Selbstverständlich, wenn die Be
scheide erstellt sind, wird versucht, beizutreiben. Deshalb haben wir ja die vielen Prozesse.
Es ist eine Änderung des Zustands in den letzten sechs, sieben, acht Jahren eingetreten, wo viele Rückstände bestanden haben, wo dann aber mit intensiver Unterstützung, durchaus auch durch die kommunalen Aufsichtsbehörden, die Lage so weit verbessert wurde, dass mittlerweile alle Bescheide weitestgehend rausgeschickt wurden, damit das an Kosten, was möglich ist, beigetrieben wird. Dass eine erhebliche Ersparnis im Verwaltungsaufwand durch die jetzt vorgeschlagene gesetzliche Regelung eintritt, das vermag ich im Moment ehrlicherweise noch gar nicht abzuschätzen. Denn die jetzige Regelung, die dann Öffnungsklauseln zu Verordnungsermächtigungen vorsieht, wird für den Verwaltungsbereich noch mit Leben erfüllt werden müssen. Erst dann wird man sehen, welcher Aufwand wirklich auf die Kommunen zukommt, welcher Aufwand im Vorfeld zukommt, um zu bestimmen, welche Leistungen denn als abrechnungsfähig aufgenommen werden können, welcher Aufwand zukommt, um die letztlich vergaberechtlichen Kriterien einzuhalten, die vorgegeben werden, und letztlich auch, welcher Aufwand zukommt, um dann in vernünftiger Art und Weise wieder an die vorverauslagten Mittel vom Land zu kommen, also welcher Verwaltungsaufwand damit verbunden ist. Das wird sich einfach noch zeigen. Ich denke, dass wir im Rahmen der Diskussion im Ausschuss erheblich Gelegenheit dazu haben werden, diese Fragen noch abzuklären und festzustellen, wie hoch der Verwaltungsaufwand im kommunalen Bereich sein wird. Vielen Dank.
Wir würden auch um Überweisung in den Haushalts- und Finanzausschuss bitten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Henfling, Ihr Beitrag – insbesondere der Hinweis darauf, dass man nicht hinreichend zwischen Gruppierungen differenziert – zeigt doch nur, dass Sie im Letzten gar nicht verstanden haben, worum es im Versammlungsrecht geht.
Doch, genau das war Ihre Kritik. Die zeigt, dass Sie gar nicht wissen, worum es geht. Es geht darum, dass mit dem Versammlungsrecht letztlich diejenigen nicht in eine Rechtsposition gesetzt werden, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnen und die vor allen Dingen das Gewaltmonopol des Staates infrage stellen.
Nur daran kann man differenzieren und nicht an anderen Punkten. Ob man aus einem bestimmten Lager kommt oder nicht, ist völlig uninteressant, wenn man diese beiden Grundvoraussetzungen unseres Verfassungsrechts in irgendeiner Weise auch anerkennt. Das Recht, sich friedlich zu versammeln, ist ein Kernstück unserer Demokratie. Als Grundrecht ist es in den Herzkammern des Grundgesetzes wie auch unserer Thüringer Verfassung fest verankert und für eine lebendige Demokratie unverzichtbar. Zu Recht wurde schon in der ersten Beratung auf die vornehme Tradition von Hambacher Fest, Vormärz und Paulskirche verwiesen.
Die Versammlungsfreiheit soll allen Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, sich unbefangen und frei öffentlich zu äußern. Sie soll – wie das Bundesverfassungsgericht formuliert – ein Stück ungebändigte und unmittelbare Demokratie sein. Sie dient denen und muss denen dienen, die nicht über eine besondere Macht verfügen, insbesondere diejenigen, die nicht in Lobbygruppen organisiert sind. Wie jedes Recht ist aber auch und gerade das Versammlungsrecht bedroht, einseitig missbraucht und letztlich auch ausgehöhlt zu werden. Die Mütter und Väter unserer Verfassung haben diese Gefahr auch aus der leidvollen Erfahrung unserer ersten Demokratie, der Weimarer Republik, klar erkannt und den Gesetzgeber – also uns – ausdrücklich ermächtigt, dieses Grundrecht durch besondere Regelungen im Interesse der Demokratie zu schützen.
Das für den Freistaat geltende Versammlungsrecht ist gegenwärtig und überwiegend im Versammlungsgesetz des Bundes aus dem Jahr 1953 geregelt. Das Bundesversammlungsgesetz hat mittlerweile deutliche Schwächen und ist vor allem neuen Entwicklungen von Versammlungen nicht mehr in dem Maße gewachsen, wie wir uns dies alle wünschen. Insbesondere hat es der Bund in den letzten Jahren nicht vermocht, das Versammlungsgesetz an die anspruchsvolle Rechtsprechung der Verfassungsgerichte anzupassen, vor allem an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Auch ist die versammlungsrechtliche Praxis heute deutlich stärker durch eine kaum mehr zu überschauende Einzelfallrechtsprechung geprägt. Es fehlt die gesetzliche Umsetzung zu einer ganzen Reihe dieser Einzelfallentscheidungen. Mit der Föderalismusreform I ging die Gesetzgebungskompetenz für das Versammlungsrecht 2006 vom Bund auf die Länder über. Bisher haben von der Möglichkeit zum Erlass eines eigenen Landesversammlungsgesetzes fünf Länder Gebrauch gemacht: Bayern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Schleswig-Holstein.
Wir sind mit unserem Thüringer Versammlungsgesetz nicht allein und keineswegs auf Irrwegen fernab der Verfassung.
Es ist sicher deutlich hilfreicher als Ihre Beiträge in der Debatte.
Auch das Innenministerium hatte – noch unter dem Vorgänger des derzeitigen Ministers – einen Gesetzentwurf erarbeitet, der sich an das Bayerische Versammlungsgesetz anlehnte, der jedoch leider nicht weiterverfolgt wurde. Mit unserem Gesetz soll selbstredend weiterhin garantiert werden, dass sich jeder im Rahmen der Verfassung frei versammeln und seine Meinung sagen kann und ein Verbot einer solchen Versammlung nicht möglich ist. Unser Entwurf nimmt allerdings Extremisten und Chaoten in den Fokus. Wir reagieren damit auf das unerträglich provozierende Auftreten Rechtsextremer, die die Würde der Opfer des Nationalsozialismus mit den sprichwörtlichen Stiefeln treten.
Bedenklich sind aber auch die Entwicklungen in dem Bereich linksextremistischer militanter Gruppierungen, die Versammlungen missbrauchen, um aus der Menge heraus Straftaten zu begehen. Daher haben wir mit unserem Gesetz auch militante
Linksextremisten – die sogenannten schwarzen Blöcke – im Blick.
Zusätzlich wollen wir es erschweren, dass Extremisten Versammlungen an geschichtlich besonders sensiblen Tagen oder Orten durchführen und dabei auf unerträgliche Art und Weise die Würde der Opfer des nationalsozialistischen Terrorregimes oder der SED-Diktatur verletzen.
Meine Damen und Herren, es ist uns vollkommen bewusst, dass dieser Gesetzentwurf aufgrund der nur sehr engen verfassungsrechtlichen Möglichkeiten kein Allheilmittel gegen Versammlungen von Gruppierungen der politischen Ränder ist, und zwar von rechts wie von links. Das wird, kann und soll er auch gar nicht. Derartige Versammlungen wird unsere wehrhafte Demokratie auch weiterhin aushalten bzw. aushalten müssen. Aber wir wollen es Extremisten künftig erschweren und wir wollen im Idealfall sogar verhindern, dass insbesondere Rechtsextremisten unter dem gern zitierten Deckmantel der Versammlungs- und Meinungsfreiheit mit kommerziellen Pseudomusikveranstaltungen Profit machen und dabei noch mit Liedern, Texten und Symbolen Demokratie und Menschenwürde herabwürdigen. Unter Rot-Rot-Grün haben gerade solche Rechtsrockkonzerte im Freistaat massiv zugenommen. Thüringen hat sich in den zurückliegenden fünf Jahren leider zu einem Anziehungspunkt der rechtsextremen Szene aus dem In- und Ausland entwickelt.
Ja, dazu komme ich gleich. Das war so.
Die Zahl extrem rechter bzw. nationalsozialistischer Konzerte bewegte sich zwischen 2007 und 2014 im Durchschnitt bei 25 Konzerten im Jahr. Zwar lag Thüringen im bundesweiten Vergleich bereits damals im vorderen Drittel, gleichwohl ist diese Zahl seit 2015 massiv angestiegen. Im Jahr 2015 verdoppelte sich die Anzahl auf nahezu immerhin 46 solcher Veranstaltungen. Auch in den folgenden zwei Jahren setzte sich diese Entwicklung fort. Im Jahr 2016 wurden 54 und im Jahr 2017 sogar 60 Konzerte gezählt.
Auch wollen wir erschweren, dass Extremisten Versammlungen an geschichtlich besonders sensiblen Orten oder Tagen durchführen und dabei auf eine
unerträgliche Art und Weise die Würde der Opfer des nationalsozialistischen Terrorregimes oder der SED-Diktatur verletzen. Gerne hätten wir unser Versammlungsgesetz in den Fachausschüssen intensiv diskutiert, auch und gerade in Bezug auf die sich ergebenden verfassungsrechtlichen Fragestellungen, um es gemeinsam mit allen demokratisch Gesinnten noch besser zu machen. Aber Rot-RotGrün hat das leider verhindert.
Es ist jedoch nie zu spät, einen einmal begangenen Fehler zu korrigieren.
Lassen Sie uns für Thüringen heute den Grundstein für ein modernes Versammlungsrecht legen, das auf den bewährten Regelungen des Bundesversammlungsgesetzes gründet, das die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts weiterentwickelt und das insbesondere für die kommunalen Aufsichtsbehörden größere Rechtssicherheit schafft. Lassen Sie den wohlfeilen vollmundigen Ankündigungen, alles gegen den Missbrauch und die Aushöhlung des Versammlungsrechts unternehmen zu wollen, auch mutige Taten folgen.
Weit entfernt.
Ich lade alle Kolleginnen und Kollegen hier im Haus ein, es uns gleichzutun, und gemeinsam als Demokraten für Thüringen parteiübergreifend ein klares Bekenntnis für wehrhafte Demokratie abzulegen.
Stimmen Sie dem vorgelegten Gesetzentwurf zur Einführung einer landesrechtlichen Regelung über Versammlungen zu. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Frau Präsidentin, ich hätte zwei Anliegen: Zum einen wären wir dankbar, wenn der mit Drucksache 6/7192 verteilte Antrag mit dem Titel „Befähigung und Eignung als ausschlaggebende Kriterien für den öffentlichen Dienst erhalten. Geplante Studie ‚Vielfalt entscheidet Thüringen‘ stoppen.“ noch auf die Tagesordnung aufgenommen würde. Und zum Zweiten bitten wir, dass der Tagesordnungspunkt 20 in der Sitzung auf jeden Fall behandelt wird.
Genau.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich haben wir gedacht, dass wir in den letzten vier Jahren durch die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen schon alles erlebt hätten, was man erleben kann, was es betrifft, Misstrauen
gegenüber den Landesbediensteten, Einschätzungen gegenüber den Landesbediensteten vorzunehmen und mit Unterstellungen zu arbeiten. Wir haben verschiedentlich die Frage aus den regierungstragenden Fraktionen zu hören bekommen, ob die Bediensteten loyal sind. Sie wurden als vierter Koalitionspartner diskreditiert. Wir haben erst vor Kurzem ein Maßnahmenpaket aus der Enquetekommission zur Kenntnis nehmen müssen, wo der Verwaltung und insbesondere der Verwaltungsgerichtsbarkeit rassistisches Verhalten unterstellt und eine Kontrolle der Verwaltungsgerichtsbarkeit und ihrer Entscheidungen thematisiert wurde. Aber es geht immer noch ein Stückchen mehr. Es gibt immer noch etwas, was man drauflegen kann, und so müssen wir jetzt zur Kenntnis nehmen, dass eine große – die bundesrepublikweit größte – Befragung der Landesbediensteten zur Ausforschung von Ethnie, von sexueller Orientierung, von Einstellungen beabsichtigt ist. Wir finden, das ist unglaublich. So etwas kann es nicht geben!
Aber nicht genug damit, dass eine solche Abfrage erfolgen soll, sondern die Ergebnisse dieser Abfrage sollen auch in Handlungsempfehlungen münden, Vorgesetzte sollen entsprechend angewiesen werden. Es soll dazu kommen, dass ethnische und sexuelle Orientierung darüber entscheiden, ob man fähig ist, eine Aufgabe wahrzunehmen oder nicht. Das ist weit weg von dem,
was unter Leistung, Eignung und Befähigung von uns aus akzeptabel und von der Verfassung von Bediensteten gefordert wird.
Von Ihnen kommt ja ein Großteil, Frau Hennig-Wellsow, dieser Vorhalte und Vorbehalte gegenüber Bediensteten der Landesverwaltung.
Sie machen das doch andauernd! Sie sind doch diejenige in Person, die die Loyalität der Bediensteten immer wieder infrage gestellt hat.
Und jetzt wird, nachdem sich berechtigter Protest äußert, das Vorhaben nicht ad acta gelegt und sich bei den Bediensteten entschuldigt, so wie es angemessen gewesen wäre, sondern es wird zurückgestellt, wahrscheinlich um den anstehenden Kommunalwahltermin zu überbrücken und deshalb Irritationen zu vermeiden. Aber es wird zurückgestellt gleich mit der Begründung, dass es aus der Staatskanzlei heißt: Wir werden den vorgesehenen Zeitplan, das heißt also Vorlage der Ergebnisse August/September dieses Jahres, trotzdem noch einhalten können. Wir werden vielleicht in der Lage sein, eine Falschbehauptung im Entwurf der Drucksache gegenüber den Hauptpersonalräten, nämlich dass es eine Beteiligung des Datenschutzbeauftragten gegeben hätte, dort zu korrigieren.
Das ist kein Unsinn, das steht genauso drin. In dem Entwurf, den Sie vorgelegt haben, steht drin, der Datenschutzbeauftragte wäre an diesem Verfahren beteiligt worden. Und der Datenschutzbeauftragte erklärt, das ist nicht der Fall. Genau so ist es.
Herr Ministerpräsident, reiner Faktencheck!
Doch! Es wird von Ihnen wieder die Unwahrheit behauptet!
Doch, genau so ist es.
Ja, jetzt sind Sie empört, wenn es einer mal sagt.
Nein, es wird nur zurückgestellt, es wird sich nicht entschuldigt, es wird nicht zu den Akten genommen. Deshalb denken wir, dass dieser Punkt hier im Plenum erörtert werden muss. Wir stellen uns schützend vor unsere Landesbediensteten und unterstellen diesen nicht ethnische Ausforschungsaktionen, die von Ihnen beabsichtigt sind.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben hier einen interessanten Antrag vorliegen, den ich auf der einen Seite als bedauerlich und zum Zweiten als peinlich empfinde. Bedauerlich, weil an sich in diesem Rund seit An
beginn ein Konsens besteht, dass Dinge, die die Parlamentarier betreffen, zunächst in parlamentarischen Arbeitsgruppen vorberaten werden und dann in Übereinstimmung und in Anbetracht dieser Diskussion gegebenenfalls – wenn der Rechtscharakter das erfordert – hier im Rund eingebracht und behandelt werden. Das ist die Vorbemerkung zu „bedauerlich“. Aber das, was vorliegt, ist auch peinlich. Es ist ganz offensichtlich abgeschrieben, es ist schlecht abgeschrieben. Abgeschrieben – würde ich mal annehmen – aus Schleswig-Holstein, aber es verkennt vieles.
Das fängt schon damit an, dass in § 2 beim Geltungsbereich das Abschreiben von unserer eigenen Vorschrift, nämlich dem Thüringer Datenschutzgesetz, nicht gelungen ist. Alle vier Ziffern, die drinstehen, sind falsch abgeschrieben bis dahin, dass die Ziffer 3 die Landesverfassung falsch zitiert. Da wird Abs. 4 der Landesverfassung zitiert, das ist die Außenvertretungsbefugnis der Landtagspräsidentin. Sie meinen in Wirklichkeit Abs. 3 Satz 2. So zieht sich das durch das komplette Papier durch und es wird auch erkennbar, wenn man sich das vergegenwärtigt, was Frau Henfling hier eben ausgeführt hat, dass sie ganz offensichtlich den Regelungsgedanken nicht erkannt hat. Der Regelungsgedanke ist nämlich nicht nur das Binnenverhältnis zwischen Landtag, Fraktionen und Abgeordneten, sondern insbesondere auch das Außenverhältnis, der Wirkungsbereich der Abgeordneten im Verhältnis zum Bürger, wo ja die Masse der personenbezogenen Daten an sich entstehen dürfte. Aber all diese Fehler ziehen sich im Prinzip quer durch.
Zu jeder Vorschrift könnte man jetzt im Einzelnen etwas ausführen. § 2 Abs. 4, wo auf besondere Regelungsbereiche abgestellt wird, blendet etwa das Untersuchungsausschussgesetz aus. § 3 Abs. 4 ist eine ganz spannende Vorschrift, da soll uns vorgegeben werden, dass sich die Gestaltung und Auswahl von Datenverarbeitungssystemen an dem Ziel auszurichten haben, keine oder so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu verarbeiten. Das heißt, schon der Einkauf unserer EDV wird dort reglementiert. Ja, Gestaltung und Auswahl von Datenverarbeitungssystemen – heißt das, ich kann kein Microsoft-Produkt mehr einsetzen oder auch ein anderes Softwareprodukt, oder heißt das, ich kann irgendwelche Hardwaredinge nicht einsetzen? In § 4 Abs. 1, wo es durcheinandergeht zwischen dem Erheben, Speichern, Nutzen zur Erfüllung parlamentarischer Aufgaben, dort wird etwas anderes als Voraussetzung benannt als in § 4 Abs. 2, wo es um die Erfüllung der parlamentarischen Aufgaben als Untergruppe zur Erstellung parlamentarischer Initiativen geht. Das ist ja nur ein besonderer Fall von parlamentarischen Aufgaben. Dort werden wie
derum ganz andere Dinge als Voraussetzung benannt. Interessant ist auch die Vorschrift in § 4 Abs. 4.: Spätestens nach Abschluss der Wahlperiode sind die personenbezogenen Daten – von den Abgeordneten erhobene oder von den Fraktionen erhobene – zu löschen. Da frage ich mich, warum denn das. Für die Grünen ist das ja eine neue Erfahrung, aber es gibt auch Abgeordnete, die sich mehrere Wahlperioden im Hohen Haus aufhalten.
Na ja, anscheinend doch, ansonsten hätten Sie das nicht so reingenommen.
Auch der Abs. 5 ist interessant, der ist von Schleswig-Holstein abgeschrieben, aber er hat nicht gesehen, dass Sie in § 7 Abs. 3 was ganz anderes regeln. In § 7 Abs. 3 regeln Sie das, was in Parlaments-, Informations- und Dokumentationssystemen gespeichert ist. Das wird aber von § 4 Abs. 5 nicht in Bezug genommen. Das heißt also, es wäre alles, was im AIS an personenbezogenen Daten gespeichert ist, danach zu löschen. Das kann hier einfach nicht gemeint sein. Und so könnte man jetzt das komplette Papier durchgehen. Jede Vorschrift ist dabei der Diskussion auszusetzen.
Es geht, wie gesagt, nicht nur um den Bereich des Verkehrs des Landtags mit den Fraktionen, sondern es geht auch um den Bereich nach draußen, den man in den Blick nehmen muss. Die Vorschrift tut das an einigen Stellen, aber Sie haben eben gerade, Frau Henfling, betont, dass das nicht Regelungsgegenstand sein soll. Ich denke, wir tun gut daran, das ganze Teil noch mal intensiv durchzugehen und zu bearbeiten. Es ist notwendig, eine Datenschutzordnung für den Landtag zu erlassen, das ist völlig unstreitig, aber dieses Papier ist dafür bestenfalls als Skizze geeignet. Vielen Dank.
Wir beantragen namentliche Abstimmung.
Nein, nicht übersehen, ich habe mich gerade erst gemeldet. Vielen Dank, Frau Präsidentin. Frau Präsidentin, aufgrund des Sonnenstands ist es uns leider gar nicht möglich, das Geburtskind des gestrigen Tages zu sehen. Wenn vielleicht jemand die
Jalousien so richten könnte, dass wir ein bisschen mehr Schatten hätten, wäre das hilfreich.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir zunächst eine kleine Vorbemerkung: Lieber Minister Maier, ich bin froh und dankbar, dass das zuständige Ressort ab dem zweiten Redebeitrag zu diesem doch wichtigen Punkt vertreten war. Zwei Staatssekretäre reichen nicht aus, um eine Präsenz im Landtag zu einem Thema, was an sich ja ein Herzensanliegen wäre, darzustellen. Das ist bezeichnend dafür, wie sich die Landesregierung mit dem Thema beschäftigt, wenn hier leere Bänke sind.
Man muss nicht immer nur vollmundig etwas verkünden, man muss auch an Diskussionen teilnehmen, muss anwesend sein und muss, wenn es darum geht, das Recht zu verteidigen, das Recht auch verteidigen, man muss in die Diskussion eintreten...
Ach, Herr Adams, wir sind deutlich mehr, als Sie als ganze Fraktion sind.
Sammeln Sie sich mal, noch nicht einmal ihre sechs Leute sind vollständig.
Ja, das ist auch ein Teil der Meinungsäußerung hier im freien Rund des Plenums.
Frau Kollegin Henfling kommt auf medizinische Themen des Blutdrucks zu sprechen, wir wollten eigentlich über Versammlungsfreiheit reden, aber es ist vielleicht für Sie auch ein stark emotionales Thema neben all dem, was uns hier sonst beschäftigt.
Herr Dittes, was Sie sind, sieht man schon daran, wie Sie dort sitzen.
Den Vorhalt muss er sich doch wohl mal gefallen lassen.
Würden Sie nicht dauernd dazwischenreden, würde man ja anfangen können, aber das Thema scheint sich wirklich für Sie als emotionales Thema herauszukristallisieren. Es wäre schön, wenn es sich für Sie als juristisches Thema herauskristallisieren würde.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich auf den Gesetzentwurf meiner Fraktion näher eingehe, erlaube ich mir, Ihnen zunächst ein paar Fakten und Zahlen zu präsentieren, die, wie ich finde, ein sehr trauriges Bild auf unseren Freistaat werfen. Die Zahl extrem rechter bzw. nationalsozialistischer Konzerte oder besser bekannt als sogenannte Rechtsrockkonzerte bewegte sich zwischen 2007 und 2014 im Durchschnitt bei 25 Konzerten im Jahr. Zwar lag Thüringen im bundesweiten Vergleich bereits damals im vorderen Drittel, gleich
wohl ist diese Zahl seit 2015 massiv angestiegen. Im Jahr 2015 verdoppelte sich die Anzahl nahezu auf immerhin 46 solcher Veranstaltungen und auch in den folgenden zwei Jahren setzte sich diese Entwicklung fort. Im Jahr 2016 wurden 54 und im Jahr 2017 sogar 60 Konzerte gezählt. Für 2018 liegen mir unterschiedliche Zahlen vor, die jedoch nicht wirklich von den Zahlen der beiden Vorjahre abweichen.
Höchststände zeigen sich auch bei einem näheren Blick auf die Teilnehmerzahlen. Beispielsweise fanden 2016 und 2017 in Thüringen je fünf Großveranstaltungen bzw. Open-Air-Konzerte statt, ein Konzertformat, bei dem es der extrem rechten Szene immer wieder gelingt, die meisten Besucher zu mobilisieren. So konnte bei diesen öffentlichen Veranstaltungen in Thüringen bereits 2016 ein Höchststand an Teilnehmern von circa 4.800 Personen verzeichnet werden und 2017 besuchten sogar fast 10.000 Neonazis die fünf organisierten Großevents. Bezüglich der Teilnehmerzahlen bei rechten Konzerten und Versammlungen im vergangenen Jahr verweise ich insbesondere auf die vielen Kleinen Anfragen der Kolleginnen und Kollegen aus den Reihen der Regierungsfraktionen. Die Quelle für die von mir genannten Zahlen und Fakten will ich Ihnen natürlich nicht vorenthalten. Es handelt sich um Mobile Beratung in Thüringen, kurz MOBIT e. V., wo die Rechtsrocksituation in Thüringen seit vielen Jahren ganz penibel beobachtet und analysiert wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zusammengefasst und ganz nüchtern betrachtet bleibt damit zunächst erst einmal festzuhalten, dass sich Thüringen in den zurückliegenden vier Jahren rotrot-grüner Regierung zu einem Anziehungspunkt der rechtsextremen Szene aus dem In- und Ausland entwickelt hat.
Es war im vorderen Drittel und jetzt sind wir bedauerlicherweise Spitze. Vielleicht ist nicht ganz unschuldig, was sich dort an der Regierungsspitze so tut.
Herr Adams, ich komme auf Ihre falschen Ausführungen von eben gleich zu sprechen.
Um mit den Worten von MOBIT zu sprechen: Die Anzahl der rechten Konzerte und ihrer Teilnehmer bewegt sich im Freistaat auf hohem Niveau. Und was wird und wurde seitens der Linkskoalition gegen diese Entwicklung getan? Ein an das bayeri
sche Versammlungsgesetz angelehnter Gesetzentwurf wurde zwar im Innenministerium noch unter Führung des inzwischen abgesetzten Ministers erarbeitet, aber offenbar wieder verworfen, ich vermute, wegen des Widerstands der Linken. Auch wurden weder der Landtag noch der zuständige Innenausschuss über etwaige parlamentarische Bemühungen der Landesregierung im Kampf gegen Rechtsrockkonzerte informiert. Stattdessen wurden und werden immer wieder sogenannte parlamentarische Beobachtungsgruppen initiiert, die unter der kampferprobten linken Führung das rechte Treiben hautnah vor Ort observieren, um im Anschluss die zuständige Versammlungsbehörde, die Polizei und die Gerichte besser kritisieren zu können. Konstruktive Maßnahmen im Kampf gegen die von mir eingangs beschriebene Entwicklung sind mir und meiner Fraktion jedenfalls von Ihrer Seite nicht präsent.
Konstruktive Maßnahmen unterbreitet man in einer Demokratie im Parlament. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat sich meine Fraktion dazu entschlossen, hier selbst parlamentarisch aktiv zu werden, um einen Ausgangspunkt und damit eine Beratungsgrundlage für ein modernes Thüringer Versammlungsgesetz zu schaffen.
Ach, Frau Henfling, als ob Sie das auch nur im Ansatz beurteilen könnten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das für den Freistaat geltende Versammlungsrecht ist gegenwärtig und überwiegend im Versammlungsgesetz des Bundes aus dem Jahr 1953 geregelt. Wie bereits in der Einbringungsrede von meinem Kollegen Manfred Scherer völlig zu Recht ausgeführt, ist das Bundesversammlungsgesetz nicht mehr auf der Höhe der Zeit und berücksichtigt die höchstrichterliche Rechtsprechung nur teilweise. Die Möglichkeit zur Schaffung eines landeseigenen Versammlungsgesetzes wurde durch die am 1. September 2006 in Kraft getretene Föderalismusreform I eröffnet. Mit diesem Datum ging die Gesetzgebungskompetenz für das Versammlungsrecht vom Bund auf die Länder über. Bisher haben von der Möglichkeit zum Erlass eines eigenen Landesversammlungsgesetzes fünf Länder Gebrauch gemacht: Bayern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Schleswig-Holstein.
Frau Abgeordnete König,
es wird auch künftig, egal, welche gesetzliche Grundlage gilt, immer wieder zu Überschreitungen gesetzlicher Normen kommen, gegen die eingeschritten werden muss. Das Recht alleine hütet davor nicht, ansonsten hätten wir mit dem Erlass des Strafgesetzbuchs 1871 eigentlich alle Probleme in dem strafrechtlich relevanten Bereich erledigt gehabt, bräuchten keine Strafgerichte und auch keine Gefängnisse.
Wir wollen mit diesem Gesetzentwurf auch die Möglichkeit ergreifen, um für den Freistaat ein eigenes und letztlich modernes Versammlungsrecht auf den Weg zu bringen.
Dabei stehen für uns der Schutz und die Stärkung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit stets im Fokus. Kein einziger Abgeordneter meiner Fraktion will das Grundrecht der Versammlungsfreiheit einschränken. Die überwiegende Mehrheit von Demonstranten bzw. Versammlungsteilnehmern in Thüringen ist ganz selbstverständlich legitimer Ausdruck einer selbstbewussten Gesellschaft, die sich in der Öffentlichkeit zu Wort meldet und ihren Belangen Gehör verschaffen will. Dieses Grundrecht ist für eine lebendige Demokratie wichtig und unverzichtbar. Ein Thüringer Versammlungsgesetz muss dieses Grundrecht entsprechend schützen.
Der Gesetzentwurf meiner Fraktion schafft dafür einen angemessenen Rahmen, indem er die bewährten Regelungen des Bundesversammlungsgesetzes aufgreift und gemessen an den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts weiterentwickelt. Unser Gesetzentwurf stellt aber auch eine Reaktion auf die bereits dargelegten bedenklichen Entwicklungen dar. Dies gilt etwa für Versammlungen von Rechtsextremisten, die durch den Tag oder den Ort einer Versammlung oder die dort geäußerten Meinungen an die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft anknüpfen und damit in nicht hinnehmbarer Art und Weise provozieren.
Herr Adams, insoweit irren Sie, wenn Sie behaupten, dass es unmöglich wäre, Orte von den Versammlungsmöglichkeiten auszunehmen. Auch der Bund macht das. Das Bundesversammlungsgesetz hat etwa den Ort des Holocaust-Denkmals ausdrücklich ausgenommen. Dieser wird dort in § 15 ausdrücklich als zu schützender Ort bezeichnet. Also insoweit war das absoluter Unsinn, was Sie
eben hier erzählt haben. Das gilt im Übrigen auch für die Ausführungen zur Demonstration an der Andreasstraße.
Selbstverständlich gern.
Vielen Dank, Herr Adams, für diese Frage. Es geht bei dem Schaffen eines Gesetzes nicht nur darum, dass man Probleme der Vergangenheit retrospektiv lösen will, sondern es geht im Wesentlichen auch darum, für die Zukunft Regelungsmöglichkeiten zu treffen, wenn man Gefahrenpunkte erkennt und diese abstellen will. Ansonsten
bräuchte ich …
Das ist die besondere Schutzfunktion und die besondere moralisch-ethische Verantwortung, die für diesen Ort besteht. Für Sie sind vielleicht die Gedenkstätten keine besonderen Gedenkorte, für andere Menschen in Thüringen sind sie das. Das müssen Sie schlicht zur Kenntnis nehmen.
Wenn er nicht meine ganze Redezeit verbraucht, gern.
Also, ich nehme Ihre Anregung dankbar auf und ich denke, es ist gute Gelegenheit dann, sowohl im Innen- als auch im Justizausschuss darüber zu reden, dass die zu schützenden Orte in Ihrem Sinne erweitert werden und der Katalog, der im Moment enumerativ so feststeht, ergänzt wird. Vielen Dank für die Anregung. Wir kommen gern darauf zurück.
Wir sind der Auffassung …
Ja, aber Sie haben doch diese Anregung gemacht. Dann müssen Sie auch damit leben, dass wir sie aufgreifen.
Wir sind der Auffassung, dass mit unserem Gesetzentwurf die Probleme, die insbesondere von rechtsextremistischen Versammlungen ausgehen, besser bewältigt werden können. Dazu stellen wir den Schutz der Würde der Opfer des Nationalsozialismus in den Mittelpunkt. Droht diese Würde verletzt zu werden, lässt der Gesetzentwurf Einschränkungen bis hin zu Verboten zu. Dies gilt sowohl für legal definierte herausgehobene Tage und Orte als auch für Meinungen, die das nationalsozialistische Gewalt- und Willkürregime billigen, verherrlichen, rechtfertigen und verharmlosen. Insoweit, Frau Kollegin Marx, denke ich, muss man etwas intensiver in die Verfassungsgerichtsrechtsprechung hineinschauen. Sie haben ja zu Recht das LoveparadeUrteil zitiert. Aber es gibt auch, wenn es sich auch mit einem strafrechtlichen Fakt auseinandersetzt, durchaus die Wunsiedel-Entscheidung, die in dem Zusammenhang mit ihrem Interpretationsgehalt
auch heranzuziehen wäre. Das wird von Ihnen hier völlig ausgeblendet.
Wir reagieren damit auf das unerträglich provozierende Auftreten Rechtsextremer, die die Würde der Opfer des Nationalsozialismus mit den sprichwörtlichen Stiefeln treten. Bedenklich sind aber auch die Entwicklungen im Bereich linksextremistischer militanter Gruppierungen, die Versammlungen missbrauchen, um aus der Menge heraus Straftaten zu begehen. Daher haben wir mit unserem Gesetzentwurf auch militante Linksextremisten, die sogenannten Schwarzen Blöcke, im Blick.
Dieser Teilfokus auf den Linksextremismus wird vermutlich der eigentliche Grund sein, warum RotRot-Grün unserem Gesetzentwurf so ablehnend gegenübersteht.
Meine Damen und Herren, wir wissen sehr gut, dass jedes Versammlungsrecht in einem Spannungsfeld steht. Einerseits gibt es das Recht auf Meinungsäußerung und Versammlung, andererseits müssen aber auch die Rechte Dritter geschützt werden. In einem Rechtsstaat hat nicht derjenige, der sich öffentlich äußern will, automatisch alle Freiheiten oder genießt uneingeschränkten Grundrechtsschutz. Es gilt auch, die Interessen und die Rechte Dritter zu wahren, also der anderen Bürger. Dieses Spannungsfeld wurde in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sehr ausführlich und detailliert behandelt und unser Gesetzentwurf entspricht dieser Rechtsprechung. Auch brauchen die Versammlungsfreiheit insbesondere diejenigen, die nicht in Lobbygruppen organisiert sind. Die Versammlungsfreiheit dient denen und muss denen dienen, die nicht über eine besondere Macht verfügen. Die Versammlungsfreiheit soll nach dem Willen der Mütter und Väter unseres Grundgesetzes allen Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, sich unbefangen und frei öffentlich zu äußern. Sie soll, wie es vom Bundesverfassungsgericht formuliert wurde, ein Stück ungebändigte und unmittelbare Demokratie sein. Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir unter anderem unsere Handlungsmöglichkeiten gegenüber den Rechtsextremen über das Versammlungsrecht verbessern wollen.
Meine Damen und Herren, es ist uns vollkommen bewusst, dass dieser Gesetzentwurf aufgrund der nur sehr engen verfassungsrechtlichen Möglichkeiten kein Allheilmittel gegen Versammlungen von Gruppierungen der politischen Ränder ist, und zwar von rechts und von links. Das wird, kann und soll er auch gar nicht sein. Derartige Versammlungen wird unsere wehrhafte Demokratie auch weiterhin aushalten bzw. aushalten müssen. Aber wir wollen es
Extremisten künftig erschweren und wir wollen im Idealfall sogar verhindern, dass insbesondere Rechtsextremisten unter dem gern zitierten Deckmantel der Versammlungs- und Meinungsfreiheit mit kommerziellen Pseudomusikveranstaltungen Profit machen. Auch wollen wir erschweren, dass Extremisten Versammlungen an geschichtlich besonders sensiblen Orten oder Tagen durchführen und dabei auf eine unerträgliche Art und Weise die Würde der Opfer des nationalsozialistischen Terrorregimes oder der SED-Diktatur verletzen. Genau diese Möglichkeiten werden mit dem Gesetzentwurf für die Versammlungsbehörden, aber letztlich auch für die Gerichte praktikabler. Aus diesen Gründen ist für meine Fraktion eine örtlich verlegte oder zeitlich verschobene Versammlung von Rechtsextremen auch ein Sieg im Kampf gegen die braune Gesinnung.
Im Namen meiner Fraktion beantrage ich die Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss sowie den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz und bin überrascht, dass Vorredner von mir einer Ausschussüberweisung nicht zustimmen wollten. Es scheint mir doch große Sorge zu bestehen, dass man dort in der Diskussion mit dem, was man hier öffentlich äußert, nicht bestehen kann. Vielen Dank.
Wenn sich die Landesregierung zu Wort meldet, darf sie an sich immer sprechen. Herzlichen Dank, Frau Präsidentin.
Nein, das ist eine Feststellung, Herr Adams. Sie können die beiden Dinge nicht unterscheiden.
Herr Dittes, ich bin dankbar für den Beitrag, der zeigt, dass dieser Gesetzentwurf eine wirkliche Diskussion im Ausschuss und eine Auseinandersetzung mit den vielen Argumenten verdient.
Aber was Sie hier alles falsch erzählt haben, das kann man so nicht im Raum stehenlassen. Wenn Sie etwa behaupten, der § 16 a „Ausnahmen für religiöse Feiern und Volksfeste“: „Die Bestimmungen in §§ 15 bis 16 finden keine Anwendung für Gottesdienste unter freiem Himmel, kirchliche Prozessionen, Bittgänge und Wallfahrten“ etc. – das ist wortwörtlich das, was in § 17 des Bundesversamm
lungsgesetzes steht. Dagegen kann kein Mensch etwas haben. Das können wir in unserem Landesrecht genauso regeln. Dann der § 2, den Sie kritisieren. Frau Abgeordnete Marx hat zu Recht darauf hingewiesen, wenn dort steht: „Ob eine Versammlung vorliegt, entscheidet sich maßgebend [...] 3. nach dem Grad und Umfang der Kommerzialisierung.“ Das ist Ausfluss der Love-Parade-Entscheidung. Das sind doch Fakten, die durch das Bundesverfassungsgericht gesetzt wurden. Das können Sie doch hier nicht negieren, können Sie nicht einfach ausschalten.
Was Sie komplett ausblenden, ist doch die Tatsache, dass fünf Länder Gesetze machen und RotRot-Grün in Thüringen keines machen möchte. Das wird doch einen Grund haben. Sie halten Sonntagsreden und verkünden, man muss sich gegen den rechten Mob wenden, aber wenn es ein Instrumentarium geben kann, dann verzichten Sie darauf, es in die Hand zu nehmen. Das kann ich am allerwenigsten akzeptieren. Das muss man doch in diesem Rund auch mal enttarnen.
Vielen Dank. Herr Dittes, das ist ja wirklich eine interessante Diskussion. Endlich gibt es mal eine spannende Diskussion zu dem Punkt. Aber Recht und Rechtsprechung ist nichts Statisches. Das ist in Bewegung. Das wird immer wieder verändert. Es wird immer wieder angepasst.
Na, selbstverständlich. Aus der Wunsiedel-Entscheidung können Sie doch ganz deutlich entnehmen, dass man sagt, die Bestimmungen des Grundgesetzes sind Ausfluss der Erfahrungen aus der nationalsozialistischen Herrschaftszeit. Das hat eine neue Interpretation in Bezug auf das Strafrecht ausgelöst.
Warum nicht im Hinblick auf das Versammlungsrecht? Nur darum geht es. Vielen Dank.
Vielen Dank, ich nehme die Wahl an.
Abgeordnete Lieberknecht hat mir gegenüber erklärt, die Wahl annehmen zu wollen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Wir hatten eine kleine Liste vorgegeben mit Einzel…
Ich wollte es nicht erahnen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin.
Nach Presseberichten soll Ende April 2018 ein 23-jähriger Libyer in einer Gemeinschaftsunterkunft in Apolda, nachdem unter anderem er von einem arbeitenden Bewohner um Rücksicht und Ruhe während einer nächtlichen Feier gebeten worden war, diesen Bewohner körperlich angegriffen haben. Gegen die anrückenden Polizeibeamten soll er Widerstand geleistet haben, sie als Nazis und Faschisten beschimpft haben und sie mit Blut bespuckt haben. Nachdem der Angreifer später aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden war, soll er sofort einen Mitbewohner mit einer Gabel angegriffen und schwer am Hals verletzt haben. Anschließend soll er dem dann wehrlosen Opfer mit einer Flasche den Kopf blutig geschlagen haben, während er gerufen haben soll: „Ich bringe dich um.“ In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Erfurt soll sich der Angeklagte umfassend eingelassen haben. Unter anderem soll er seinen Namen, sein Alter und seine Staatsangehörigkeit korrigiert haben. Er habe wahrheitswidrig eine dreijährige Dienstzeit in der libyschen Armee angegeben, um seine Chancen auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens zu erhöhen. Laut einer Verfahrensabsprache soll dem Angeklagten eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten bis vier Jahren in Aussicht gestellt sein.
Ich frage die Landesregierung:
1. Ist es korrekt, dass der Angeklagte nicht libyscher, sondern tatsächlich tunesischer Staatsangehöriger ist?
2. Wie und von welcher Behörde sind die Angaben, die der Angeklagte vor dem Landgericht Erfurt zu seinen persönlichen Verhältnissen gemacht hat, überprüft worden?
3. Warum konnte der Angeklagte unter falschem Namen, falscher Staatsangehörigkeit und unter falschem Alter in Thüringen leben?
4. Welche konkreten Maßnahmen hat die Landesregierung bisher ergriffen, um – selbstverständlich nach Eintritt der entsprechenden Voraussetzungen – eine schnellstmögliche Abschiebung des Angeklagten zu gewährleisten?
Ja, vielen Dank. Wann hat das Gericht denn wen von den korrigierten Angaben informiert und welche Maßnahme wurden eingeleitet? Also, mit wen meine ich etwa BAMF, zuständige Ausländerbehörde etc.
Ja, also wenn man falsche Angaben macht und das womöglich mit dem Ziel, dort einen Aufenthalt zu erreichen, der sonst nicht möglich wäre, ist das ja gegebenenfalls deliktisch zu bewerten, § 95 des Aufenthaltsgesetzes wäre da zu nennen. Wurden entsprechende Ermittlungen eingeleitet oder was erfolgt dort?
Es wird zwar keine Ausschussüberweisung beantragt, aber eine namentliche Abstimmung über den Entschließungsantrag.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Unter dem Titel „Politische Kultur im Freistaat Thüringen – Heimat Thüringen – Ergebnisse des Thüringen-Monitors 2018“ beschäftigen wir uns mit dem diesjährigen Thüringen-Monitor. Dabei gilt natürlich mein Dank zuerst an die Forscher und Autoren dieses Werkes, an die Friedrich-Schiller-Universität in Jena, und an die wissenschaftliche Leitung des Autorenteams, an Prof. Dr. Marion Reiser und Herrn Prof. Dr. Heinrich Best für das, was uns vorgelegt wurde.
Der besondere Wert des Thüringen-Monitors liegt ja auch darin begründet, dass über eine Zeitreihe von nahezu zwei Jahrzehnten politische Entwicklungen, politische Tendenzen und politische Strömungen in Thüringen, politische Wahrnehmungen in Thüringen und Befindlichkeiten abgebildet werden. Insoweit geht mein Dank natürlich auch an den Initiator des Thüringen-Monitors, an unseren Ministerpräsidenten a. D. Bernhard Vogel, der den Thüringen-Monitor auf den Weg gebracht hat.
Wir haben damit einen Gradmesser wie in keinem anderen Bundesland für Stimmungen und Themen, die Menschen im Land bewegen. Wir haben damit auch einen Ausgangspunkt für unsere politische Ar
beit, die uns wertvolle Hilfe und Richtschnur sein kann.
Es ist wichtig, sich mit der politischen Kultur auseinanderzusetzen, gerade in Zeiten wie diesen, in denen wir leben, mit stark polarisierter Gesellschaft, der Selbstverständigung über das Woher und Wohin gerade im Osten Deutschlands, aber nicht nur dort, mit einer Parteienlandschaft im Umbruch, aber auch der zunehmenden Digitalisierung, die alle Bereiche erfasst, die Arbeitswelt, die Konsumwelt, auch die privaten Bereiche, den Herausforderungen durch Migration und Integration, den Debatten über nationales Interesse und europäische Integration.
Lassen Sie mich, bevor ich zum Inhalt komme, ein Wort zur Methodik verlieren. Ich glaube, wir sollten für künftige Erhebungen über die Befragungsgrundlagen nachdenken. Selbstverständlich kann man wissenschaftlich fundiert mit Telefonbefragungen arbeiten, eine Auswahlgrundlage jedoch allein über Festnetzanschlüsse erscheint mir heute nicht mehr zeitgemäß. Ich glaube, dies findet auch seinen Niederschlag darin, dass von gut 1.000 Befragten 437 60 Jahre und älter waren. Eventuell führt die Tageszeit der Telefonbefragung dazu, dass knapp die Hälfte aller Befragten nicht erwerbstätig ist. Auch die regionale Ausgewogenheit zeigt, dass ebenfalls knapp die Hälfte der Befragten in der Planungsregion Ostthüringen wohnt, was etwa dazu führt, dass bei der Regionalisierung auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte oft nur eine sehr kleine und damit auch nicht mehr repräsentative Datenbasis vorliegt, sodass bei den regionalisierten Werten, die wir im Thüringen-Monitor finden, denke ich, mit gewisser Vorsicht an die Aussagen herangegangen werden muss.
Doch nun zum Inhalt: Das Schwerpunktthema „Heimat“ ist gut gewählt. Der Thüringen-Monitor bestätigt, viele Themen, die die Menschen umtreiben, haben eher eine kulturelle als eine soziale Seite. Sie haben mit der Identität des Landes zu tun. Über die Ergebnisse wird seit Tagen ausführlich berichtet und so, denke ich, ist es heute unangemessen, ein Koreferat zu allen Themen des Thüringen-Monitors zu halten. Lassen Sie mich konzentrieren auf einige aus unserer Sicht politisch wichtige Ableitungen.
Was schreiben uns die Bürgerinnen und Bürger Thüringens ins politische Pflichtenheft? Welche Antworten haben wir darauf?
Zunächst zum Block der Bevölkerungsentwicklung. Einige Ergebnisse in Kürze: Der Thüringen-Monitor weist aus, wir haben mehr Sterbefälle als Geburten. Wir haben mehr Fortzüge als Zuzüge. Wir haben eine Geburtenziffer von 1,56, bei der wir pro Generation ein Viertel der Bevölkerung verlieren. Wenn sich die Entwicklung unverändert fortsetzt, werden wir in nicht einmal zehn Jahren weniger als 2 Millionen Einwohner in Thüringen haben. Diese Aussichten sind eher trübe, aber es gibt auch Anknüp
fungspunkte, um damit umzugehen. Einer sind die Familien, denen man es so leicht wie möglich machen sollte, Kinder aufzuziehen. Vor diesem Hintergrund sehen wir mit Sorge, wenn in den Kindergärten nicht die Qualität ganz oben auf der Tagesordnung steht, sondern über eine Beitragsfreiheit diskutiert wird, die letztlich den sozial Schwachen, denen man helfen will, in Wirklichkeit nicht hilft.
Wir sehen mit Sorge, wenn der Unterricht in Thüringen nicht ausreichend abgesichert ist. Die kurzfristige Freude darüber, dass Thüringer Schüler Spitzenplätze belegen, wird durchaus getrübt, wenn Zehntausende Unterrichtsstunden ausfallen und Hunderte Lehrerstellen unbesetzt sind, wenn Förderschulen und kleine Schulen durch die Landesregierung in ihrer Existenz gefährdet werden,
und auch, wenn die Stiftung FamilienSinn aufgelöst wird und die Familienförderung im Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben […]“ nur noch ein Baustein unter vielen ist. Nicht nur die Autoren der Studie wissen: Das wird allein nicht reichen. Deshalb muss über ein Fachkräftezuwanderungsgesetz geredet werden. Meine Fraktion hat sich klar für dieses Vorhaben der Bundesregierung ausgesprochen.
Dabei kommt es darauf an, Win-win-Situationen zu schaffen. Die Zuwanderer und unser Land müssen und sollen etwas davon haben. Zugangshürden für Fachkräfte müssen gesenkt werden. Für uns heißt das, Qualifikationen zum Beispiel schon in den Außenhandelskammern zu prüfen oder den Sprachund Qualifikationserwerb schon im Ausland zu unterstützen. Von Egon Primas wurde eben dort ein Beispiel aus Lemberg benannt.
Ein aktuelles Beispiel im Land zeigt eine andere Entwicklung – so bei der Sprachanforderung an Pflegekräfte. Wieso wird in Thüringen ein höheres Sprachniveau verlangt als zum Beispiel in Hessen oder in Bayern? Warum warten mehrere hundert ausländische Mediziner auf die Anerkennung ihrer Bildungsabschlüsse, während Fachärzte ohne Nachfolger in den Ruhestand gehen und Praxen auf dem Land ohne Nachfolge geschlossen werden müssen? Hier gilt es zu handeln.
Ein Pfund, mit dem zu wuchern sich lohnt, ist die enge Bindung der Thüringer an ihre Heimat. Eine solche Bindung ist ein echter Bleibefaktor – Heimat. Einige Ergebnisse des Thüringen-Monitors zu dem Themenkomplex: Heimat ist für 95 Prozent der Befragten sehr oder eher wichtig. Der Begriff ist an Orte und das Land gebunden, er hängt mit der Familie und sozialen Beziehungen zusammen. Heimat ist ein Wohlfühlfaktor. Und Heimat hängt für fast
80 Prozent der Befragten mit Traditionen zusammen. Dabei geht es um Identität, es geht um Wurzeln, es geht um Verbundenheit mit seinem Ort, mit seiner Region, mit seinem Land, nicht um Heimattümelei. Unser politisches Ziel ist es, Heimat zu bewahren.
Je mehr Menschen miteinander teilen, desto größer ist das Bedürfnis, sich auch zu unterscheiden, Identität zu bilden.
Der Sozialphilosoph Hermann Lübbe sprach von „herkunftskontingenten Strukturen“. Diese müssen wir in den Fokus unserer politischen Arbeit stellen. Deshalb stehen wir für eine Kommunalpolitik, die Kommunen als eigenständige, als überschaubare und gestaltungsfähige Einheiten bewahrt. Bei Gemeindeneugliederungen setzen wir auf Freiwilligkeit.