Protokoll der Sitzung vom 29.08.2018

(Abg. Müller)

schwankungen, sondern um teilweise dramatische Einbußen. Die Einbußen fallen allerdings regional unterschiedlich aus. Von der Dürre sind besonders Betriebe im Altenburger Land, Nordhausen, Kyffhäuserkreis, Sömmerda, Weimarer Land und Wartburgkreis betroffen.

Meine Damen und Herren, die Liquidität vieler Betriebe hat sich gegenüber dem Vorjahr deutlich verschlechtert; die Investitionsbereitschaft ist entsprechend zurückgegangen. Das kann sich auf die Sicherheit von Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft oder die Modernisierung von Ställen auswirken, die aus Gründen des Tierwohls erforderlich sind. Viele Tierhalter stehen vor der Frage, wie viele Tiere sie noch ernähren können.

Meine Damen und Herren, wichtig ist, dass wir trotz der angespannten Situation alle besonnen und vorausschauend handeln. Sorgfalt muss vor Aktionismus gehen, damit die Hilfe die Richtigen erreicht. Das sind aus unserer Sicht diejenigen, die durch die Dürre in wirtschaftliche Not geraten sind und die unsere Hilfe dringend brauchen.

Meine Damen und Herren, genau für diese Besonnenheit und gleichzeitig Entschlossenheit bin ich den Landwirtschaftsministern dankbar. Sie haben mit den Vorschlägen zum Bund-Länder-Programm für existenzgefährdete Landwirtschaftsbetriebe gut und richtig entschieden. Nun kommt es darauf an, dass die Hilfsgelder schnell an die akut betroffenen Thüringer Landwirte ausgezahlt werden können. Klar ist aber auch: Es darf und wird keine Verteilung der Gelder mit der Gießkanne geben. Über Hilfsmaßnahmen für von Dürre geschädigte Landwirte muss nun in Abhängigkeit von der betrieblichen Betroffenheit und Bedürftigkeit sowie nach nachvollziehbaren Kriterien entschieden werden. Die Landesregierung muss jetzt die Voraussetzungen schaffen, um die Dürre-Liquiditätshilfen an akut betroffene Landwirte auszuzahlen. Wichtig ist für die betroffenen Betriebe, schnellstmöglich Klarheit über die mögliche Unterstützung zu erhalten.

Mit entsprechenden Forderungen zur Unterstützung der Landwirte hatte meine Fraktion bereits vor zwei Wochen ihre Sommerklausur in Sondershausen beendet. Über die Forderung nach Liquiditätshilfen hinaus haben wir uns hinter eine Forderung des Bauernverbandes gestellt, um für die Absicherung extremer Wetterrisiken künftig steuerfrei – und das ist der Hintergrund – Risikoausgleichsrücklagen bilden zu können, Herr Müller.

(Beifall DIE LINKE)

Die Lösung dafür wäre die Einführung einer solchen – wir nennen sie mal – „Klimarücklage“. Die Idee: Landwirtschaftliche Betriebe sparen einen Teil ihrer Gewinne an, auf die keine Steuern entrichtet werden müssen. Erforderlich wäre aber eine echte Zweckbindung für die Liquiditätshilfe zur Krisenvor

sorge. So könnte in guten Zeiten eigenverantwortlich für schlechte Zeiten vorgesorgt werden, denn, meine Damen und Herren, unsere Landwirte wollen keine Hilfsempfänger sein, wie es immer dargestellt wird. Bauer zu sein, das ist kein Beruf wie jeder andere. Die Landwirte sorgen für unsere täglichen Mittel zum Leben. Deshalb sehen wir als CDUFraktion die gesamte Gesellschaft in der Verantwortung. Von der Thüringer Landesregierung erwarten wir, die Auszahlung der EU-Direktzahlungen an die Betriebe vorzuziehen. Das ist wohl auch im Gange. Es wird gelingen, die diesjährigen EU-Direktzahlungen zum frühestmöglichen Zeitraum auszuzahlen. Für die Sicherung der Liquidität der Unternehmen ist das ungeheuer wichtig. Die Landesregierung soll zudem prüfen, wie mittel- und langfristig die Wasserversorgung zu Bewässerungszwecken sichergestellt werden kann. Dazu soll die Landesregierung entsprechende Investitionen fördern. Wir brauchen dazu ein Investitionsprogramm für die Bewässerung. Es gibt da noch viele andere Forderungen, die man auch mal noch im Ausschuss diskutieren kann, aber das ist leider in einer Aktuellen Stunde nicht möglich. Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter Primas. Als Nächste hat Abgeordnete Scheringer-Wright für die Fraktion Die Linke das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Sommer zeigt, der Klimawandel ist in vollem Gang. Die Ausprägungen sind so, wie es die Wissenschaftler schon vor zehn Jahren für Thüringen und Deutschland vorausgesagt haben. Dieses Jahr hat das gravierende Auswirkungen auf die Erträge in der Landwirtschaft, wie die Ernteschätzungen zeigen. Es gab auch in Thüringen massive Einbußen für die betroffenen Betriebe. Die vorläufige Auswertung der Befragungen unseres Landwirtschaftsministeriums ergab, dass mindestens 260 Betriebe existenzgefährdet sind. Diese Betriebe haben durch die Dürre einen Gesamtschaden von 30 Millionen Euro erlitten. Der Gesamtschaden der Dürre in Thüringen insgesamt beläuft sich auf mindestens 88 Millionen Euro. Im Zuge der Auswertung der Dürreschäden auf Bundesebene wurde von der Bundeslandwirtschaftsministerin zugesagt, dass für die existenzgefährdeten Betriebe 50 Prozent der finanziellen Auswirkungen der Ernteeinbußen als Zuschuss abgefangen werden. Dieser Zuschuss soll zur Hälfte vom Bund und zur Hälfte von den Ländern getragen werden. Ministerin Keller hat schon angekündigt, dass dies in Thüringen umgesetzt

(Abg. Primas)

wird. Am 11. September wird sich das Kabinett damit befassen. 7,5 Millionen Euro müssen eingeplant werden.

Bislang ist mir noch unklar, ob diese Zuschüsse gleichmäßig auf alle Betriebe verteilt werden oder wie das gemacht wird. Wenn die Entscheidung im Kabinett gefallen ist, muss umgehend die Auszahlung erfolgen, um den Betrieben wenigstens ein bisschen Liquidität zu sichern. Besonders hart trifft es viehhaltende Betriebe. Auch da wird es schwierig oder extra teuer, Futter zu kaufen, weil die Dürre bundes- bzw. europaweit aufgetreten ist. Daher ist zu begrüßen, dass die ökologischen Vorrangflächen zur Gewinnung von Futter genutzt werden können. Jedoch die Hoffnung, dass jetzt noch schnell angesät werden kann, um dann Futter zu bekommen, ist, wenn es nicht regnet, auch trügerisch.

Noch größere Sorgen mache ich mir um die Zukunft. Wir hatten diesen Sommer Temperaturen von 29 Grad Celsius am Polarkreis. Das Abschmelzen des Polareises und die Freisetzung von klimaschädlichen Gasen in Taiga und Tundra durch das Zurückgehen des Permafrostes werden die diesjährigen Klimaphänomene zukünftig noch stärker werden lassen. Darauf müssen wir uns einstellen. Bewässerung – wurde schon gesagt –, Regenwasser auffangen, meliorierte Flächen nicht wie um Erfurt herum zubauen, das ist eigentlich angesagt. Die einzelnen Betriebe können das vielleicht kaum schaffen, diese Melioration durchzuführen. Da müssen sie eben Meliorationskooperativen – oder wie auch immer man die nennen will – bilden, um das durchzuführen. Es gibt das AFP, Herr Primas. Auch da können sicherlich Kredite für so etwas freigesetzt werden.

Es gibt noch eine ganze Menge von Forderungen. Die habe ich auch schon alle mal hier in diesem Haus vorgetragen. Die will ich jetzt aus Zeitgründen weglassen. Im Jahr 2007 haben wir uns hier schon über Anpassungsstrategien der Landwirtschaft an den Klimawandel unterhalten. Es ist einerseits ganz wichtig, die Erderhitzung zu reduzieren, damit die Klimakatastrophe abgemildert werden kann, es ist aber auch wichtig, sich in der Landwirtschaft an den Klimawandel anzupassen.

Jetzt noch mal zur AfD: Das ist ja so was von scheinheilig, dass ausgerechnet Sie diese Aktuelle Stunde einbringen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

„Das Klima wandelt sich, solange die Erde existiert.“ ist ein Zitat aus Ihrem Grundsatzprogramm, Seite 156.

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Das ist eben Klima!)

Dann folgen in Ihrem Programm langwierige Erklärungen, warum die steigenden CO2-Gehalte in der Atmosphäre positiv zu bewerten sind und dass ein Umsteuern wegen des Klimawandels nur die individuellen Freiheiten einschränken würde. Was wollen Sie überhaupt? Trotz anderslautendem Programm stellen Sie sich dann hierher und fordern Liquidationshilfen.

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Definieren Sie doch erst mal „Klima“!)

Wenn Sie dran wären, dann würden Sie so etwas ablehnen. Oder würden Sie den Betrieben sagen, okay, wer deutsche Vorfahren hat oder einen Deutschen Schäferhund hatte, der kriegt die Liquidationshilfen, die anderen nicht? Aber mal im Ernst: Sie lehnen es ab, den Klimawandel zur Kenntnis zu nehmen. Sie wollen die fossile Energiegewinnung weiterverfolgen und dann stellen Sie sich hierher und fordern Liquiditätshilfen. Das zeigt, wie Sie die Menschen betrügen. Das zeigt, dass Sie angeblich Sorgen ernst nehmen, um dann aber etwas ganz anderes zu machen. Ich hoffe, Ihre Wähler merken das endlich mal.

Ihre Redezeit ist beendet.

So etwas gab es schon einmal in der deutschen Geschichte und danach haben viele gesagt, ja, wenn wir das gewusst hätten.

Nun ist die Redezeit vorbei.

Ich kann den Wählerinnen und Wählern nur raten,

Frau Scheringer-Wright, die Redezeit ist vorbei.

lesen Sie das...

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Bei mir ging das schneller damals beim Abdrehen!)

Herr Abgeordneter Fiedler, was wollen wir denn jetzt spielen? – Frau Becker hat sich gemeldet und hat das Wort für die SPD-Fraktion.

(Abg. Dr. Scheringer-Wright)

Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich glaube, die Lage der Bauern sollten wir in Thüringen sehr ernst nehmen

(Beifall DIE LINKE)

und uns hier mit ihrer Lage befassen. Gut – Herr Primas hat das schon gesagt –, eine Aktuelle Stunde ist nicht der richtige Weg, weil es doch tiefgründiger ist.

(Beifall DIE LINKE)

Da geht es wirklich um mehr Sachen und nicht nur darum, hier Populismus zu verbreiten, sondern wir müssen schon – und da sind im Landwirtschaftsbereich meistens alle demokratischen Parteien auf einer Linie – eine Lösung finden, die auch EU-Rechtverträglich ist. Das ist erst einmal das Wichtigste. Wir dürfen nicht irgendwas tun, was den Bauern, den Landwirten auf der anderen Seite schadet. Das ist erst einmal ganz wichtig. Wir müssen abwarten, Gott sei Dank haben sich die Zahlen in der letzten Zeit noch mal verschoben – das muss man ja so sagen. Wir sind erst von höheren Ausfällen ausgegangen. Aber unser Thüringer Bauernpräsident, Herr Dr. Klaus Wagner, hatte gleich gesagt, dass man das in Thüringen ganz differenziert sehen muss. Herr Primas hat schon auf die Regionen hingewiesen. Es gibt wirklich Regionen, wo ein großer Ernteausfall war, aber andere Regionen sind gar nicht so stark betroffen. Im Gegenteil, die werden sogar ihre Gewinne erzielen. Das ist auch gut so. Wir sind in diesem Land alle unterschiedlich aufgestellt. Darauf müssen wir eingehen.

Wo es besonders prekär ist, das sind natürlich die Milchviehbetriebe. Da fehlt das Futter für Milchkühe und Kälber über den Winter. Da brauchen wir schnelle Hilfe – das ist auch klar –, denn die müssen das Silofutter weit transportieren, sodass sie dann in Situationen kommen, wo sie unbedingt Hilfe vom Staat brauchen. Ich finde das ganz in Ordnung, wenn der Staat in solchen Fällen hilft.

Natürlich wissen wir alle, dass das eng mit dem Klimawandel einhergeht, aber die Landwirte können nicht allein etwas dafür, dass sich das Klima in Deutschland und in der Welt ändert. Auf dem Rücken der Landwirte können wir das nicht austragen. Deshalb sind wir als Freistaat Thüringen verpflichtet, ihnen in solchen Situationen zu helfen, und werden das auch tun. Ich glaube, das hat in den letzten Jahren gerade in Thüringen immer geklappt. Wir sind uns über den Ansatz der Hilfen im Grundsatz einig. Das Landwirtschaftsministerium wird die Erfassung bis zum Ende machen und dann müssen wir sehen. Natürlich werden wir versuchen, KULAP wieder so schnell wie möglich auszuzahlen. Das ist eine Hilfe, wo die Landwirte sagen, das hilft ihnen sehr. Das haben wir auch schon mal geschafft. Da waren wir Sachsen weit voraus. Thürin

gen ist auch in seinen Behörden, mit den Landwirtschaftsämtern und dem Innenministerium gut aufgestellt. Wir wissen, worauf es jetzt ankommt. Nur: Die steuerfreie Risikovorsorge, Herr Primas, können wir hier nicht regeln, das muss der Bund machen.

(Beifall DIE LINKE)

Nein, ich sage nur, da müssen wir auf Bundesebene handeln. Das fordern ja die Landwirte schon länger. Es ist jetzt nicht das erste Mal, dass die CDU oder CSU die Landwirtschaftsministerin oder den Landwirtschaftsminister trägt; da müssten wir wirklich auf Bundesebene mal gemeinsam einen Vorstoß wagen, um da etwas zu erreichen. Aber das fordern die Landwirte schon über 20 Jahre, das Thema ist nicht einfach.

In Bezug auf die Vorauszahlung der Finanzämter hat Finanzministerin Taubert gleich reagiert und ihre Finanzämter angewiesen, dass sie da sehr sensibel vorgehen sollen, auf die Landwirte zugehen und ihnen bei den Steuervorauszahlungen auch entgegenkommen sollen. Das ist erst mal eine Hilfe, die sicherlich nicht gleich direkt hilft, aber es hilft bestimmt auch in der Abfolge.

Was wir auch nicht vergessen dürfen, sind natürlich die Fischereibetriebe, die es teilweise sogar noch stärker betroffen hat als manche Landwirtschaftsbetriebe. Den Forst dürfen wir auch nicht außer Acht lassen. Wir haben jetzt gerade auch Hilfe bekommen, also Hilfeanfragen – ich bin ein bisschen durcheinander heute, ich weiß auch nicht warum, Entschuldigung – von Baumschulen, weil auch die Baumschulen durch die Hitze große Probleme haben. Darüber sollten wir vielleicht im Landwirtschaftsausschuss reden, wie wir auch den anderen helfen können. Da gehört es, glaube ich, hin, dass wir im Landwirtschaftsausschuss gemeinsam Wege suchen, um unseren Betroffenen in Thüringen zu helfen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Herr Staatssekretär Sühl, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, seit April dieses Jahres bis heute ist es in Thüringen ähnlich wie in anderen Teilen Deutschlands deutlich zu trocken und auch deutlich zu warm. Die für das Pflanzenwachstum und damit für den späteren Ertrag besonders ausschlaggebenden Wachstumsmonate April bis Juni waren geprägt durch sehr geringe Niederschläge und hohe Temperaturen. Die

hohen Tagestemperaturen und überdurchschnittlich vielen Sonnenstunden führten – zusätzlich zu dem Niederschlagsdefizit – dazu, dass die Verdunstungswerte des Bodenwassers extrem hoch waren. Diese Trockenstressbedingungen für die Pflanzen werden umgangssprachlich auch als „Dürre“ bezeichnet.

Die diesjährige Dürresituation führt letztendlich dazu, dass bei den Hauptkulturen Getreide und Raps landesweit gegenüber dem langjährigen Durchschnitt bis zu 23 Prozent weniger geerntet wird. So beträgt der Hektarertrag bei Winterweizen 64,4 dt/ ha, das entspricht einem Minus von 17,1 Prozent gegenüber dem langjährigen Mittel. Bei Winterraps wurden 29,7 dt/ha geerntet, was ein Minus von 23 Prozent bedeutet.