Protokoll der Sitzung vom 29.08.2018

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Ent- schuldigt er sich schon beim Innenminister?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Präsidentin, natürlich ist es erfreulich – und

den Dank, den richte ich an alle Beteiligten –, dass am Samstag keine Rechtsrockveranstaltung in Mattstedt stattgefunden hat, dass diese verhindert wurde.

Herr Fiedler, ja, wir haben Glück gehabt, dass das passiert ist. Aber um zu diesem Glück zu gelangen, mussten einige Menschen etwas tun. Das ist das, was neu an dieser Sache ist und was es notwendigerweise braucht, dass die Beamtinnen und Beamten, aber dass auch Zuständige in den Kommunen und Zuständige auf Landesebene sich darum bemühen, dass wir Lücken finden. Das ist in diesem Fall passiert und war erfolgreich. Da gilt es, klar Danke zu sagen, weil das aufwendig ist und viel Zeit und Spitzfindigkeit bedarf.

Herr Möller, ich sage mal so, Sie haben es ja jetzt tatsächlich geschafft, nicht mal mehr einen Hehl daraus zu machen, dass Sie eigentlich mit diesen Rechtsrockkonzerten gar kein Problem haben

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und dass Sie der Meinung sind, dass die Verhinderung von menschenverachtenden Parolen, Ideologien und deren Austragung auf solchen vermeintlichen Konzerten nicht so schlimm ist wie, dass sich Demokratinnen und Demokraten darum bemühen, dem etwas entgegenzusetzen. Ich finde, damit haben Sie eigentlich entlarvt, wes Geistes Kind Sie sind.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Dazu hat er doch gar nichts gesagt!)

Wenn Sie wirklich, tatsächlich, ernsthaft Rot-RotGrün die Abschaffung des Rechtsstaats vorwerfen, dann empfehle ich Ihnen eine Lektüre einiger Tweets Ihrer Kolleginnen und Kollegen

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Sie haben nicht zugehört!)

vom Wochenende in Bezug auf Chemnitz,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Er kann doch seine eige- nen Tweets lesen!)

die aus meiner Sicht mindestens knapp daran vorbeischrammen, zur Selbstjustiz aufzurufen, und die ganz offensichtlich die Stimmung in Chemnitz per Tweet mit angeheizt haben. Ich zitiere da mal den Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier: „Wenn der Staat die Bürger nicht mehr schützen kann, gehen die Menschen auf die Straße und schützen sich selber. Ganz einfach! Heute ist es Bürgerpflicht, die todbringenden/die Messermigration zu stoppen.“ Das ist eine Infragestellung des Rechtsstaats und das ist tatsächlich ein Aufruf – aus meiner Sicht – zur Selbstjustiz.

(Abg. Möller)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist ein Problem, Herr Möller, und das sind Ihre Kolleginnen und Kollegen der AfD.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Absage dieses Rechtsrockkonzerts in Mattstedt gelungen ist, habe ich schon positiv kommentiert. Das heißt aber vor allen Dingen, dass wir da nicht nachlassen dürfen. Es ist falsch, Herr Fiedler, wenn Sie sagen, unter Rot-Rot-Grün gibt es jetzt ein Blühen des Rechtsrocks. Den gab es auch schon unter der CDU-Regierung. Die Immobilien in Thüringen sind zu großen Teilen unter CDU-Regierung gekauft worden. Ich sage mal so: Es hilft uns, glaube ich, allen nicht, wenn wir uns gegenseitig immer zuschieben, wer nun am meisten dafür gesorgt hat, dass die Nazis Raum haben. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass in Thüringen Neonazis einen großen Raum haben, dass sie diesen großen Raum nutzen und dass dieser große Raum dazu führt, dass sie ihre menschenverachtende Ideologie verbreiten können, dass diese menschenverachtende Ideologie tatsächlich auch in Taten umgewandelt wird, nämlich in das, was wir in Chemnitz sehen, das ist eine unmittelbare Folge auch genau dieser Verbreitung dieser Ideologie, und vor allen Dingen, dass vermeintliche Demokratinnen und Demokraten oder die, die sich dafür halten, auf diesen Zug mit aufspringen. Dann muss man eben auch beispielsweise Herrn Seehofer mit in Haftung nehmen. Eine Verschärfung des Tons im Umgang miteinander, in dem Sprechen miteinander führt dazu, dass Menschen sich auf die Straße begeben und tatsächlich dem, zu dem sie verbal aufgerufen werden, folgen und übergriffig werden, auch gegenüber Menschen, Menschenjagd betreiben. Da ist das Wort sozusagen die Musik dazu.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das gilt es ganz klar einzugrenzen, nicht nur in der Frage, wie wir selbst über bestimmte Sachen reden, sondern eben auch bei der Frage, wie wir solche Rechtsrockkonzerte einschränken und möglichst sogar verhindern.

Der größte Dank gilt an dieser Stelle vor allen Dingen den zivilgesellschaftlich engagierten Menschen in Thüringen, sowohl in Mattstedt als auch in anderen betroffenen Gemeinden. Kirchheim und Themar seien hier genannt, aber zum Beispiel am Samstag auch Leinefelde, wo schon wieder der Eichsfeldtag von Thorsten Heise stattfindet. Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Menschen gehören unterstützt und – ich sage mal – da ist noch Luft nach oben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit gucke ich sehr gern auch in den CDU-Block. Ich glaube, auch die Mattstedterinnen und Mattstedter hätten sich mehr Unterstützung vonseiten

der CDU gewünscht. Ich glaube auch, dass wir in Zukunft die Zivilgesellschaft besser unterstützen müssen, wenn es beispielsweise um die Anmeldung von Versammlungen und Gegendemonstrationen geht.

(Unruhe CDU)

Herr Mohring, wenn Sie so in den Bart nuscheln, den Sie nicht haben, dann versteht man Sie immer so schlecht. Ich bin gern offen für Ihre Kommentare, aber da muss ich sie auch hören.

Ich glaube, dass es wichtig ist, diese Menschen besser zu unterstützen. Da müssen wir eben auch zum Beispiel die Ordnungsbehörden stärker darauf hinweisen, was denn tatsächlich die Rechte und Pflichten von zivilgesellschaftlich engagierten Menschen sind. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächste Rednerin hat Frau Abgeordnete KönigPreuss von der Fraktion Die Linke das Wort.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, als Erstes: Das Entscheidende an der Rede des Abgeordneten Möller von der AfD war, dass man gemerkt hat, dass er keine Haltung zum Thema „Rechtsrockkonzerte hier in Thüringen“ hat. Das ist, glaube ich, das Entscheidende,

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Ich habe eine Haltung zum Rechtsstaat, nicht zum Rechts- rockkonzert! Das ist ein Unterschied!)

nämlich dass alle anderen sich hier klar positioniert haben.

Das Zweite zu seiner Rede: Er erklärt, dass die Entscheidung, das Rechtsrockkonzert dort nicht stattfinden zu lassen, verfassungswidrig und schikanös wäre. An der Stelle nur mal der Hinweis: Zwei Gerichte haben das bestätigt. Ich frage mich, wie Sie da auf die Idee kommen, das Ganze wäre verfassungswidrig und/oder schikanös.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu Herrn Fiedler: Ich kann Ihnen nur zustimmen. Ja, das war pures Glück am Sonnabend. Das hat auch etwas damit zu tun, dass akribisch gearbeitet wurde, um genau auf diesen einen Glückspunkt – nenne ich es jetzt mal – zu stoßen, sowohl durch das Innenministerium als auch durch andere beteiligte Behörden. An der Stelle vielleicht auch mal – Herr Maier ist ja schon gelobt worden – das Lob an den Leiter der Abteilung 2 des Innenministeriums, der da sehr viel Engagement mit reingesteckt hat.

(Abg. Henfling)

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD)

Und ja, es ist nichts, was wir uns hier für die Zukunft in irgendeiner Form auf die Schultern schreiben können, wo wir sagen können, das haben wir erreicht, sondern das war eine Ausnahmesituation. Die Regelsituation ist eine andere. Die Regelsituation war am Sonnabend dann in Kloster Veßra zu beobachten. Die Regelsituation wird am kommenden Sonnabend in Leinefelde zu beobachten sein, nämlich wenn dort Neonazis innerhalb des Rahmens des Versammlungsrechts Rechtsrockkonzerte durchführen und es dort eben nicht die Möglichkeit gibt, mit entsprechenden Glücksfällen/Glücksmomenten über Grundstücke, Eigentum und Ähnliches mehr dort zu agieren. Da, glaube ich, ist es notwendig – und das ist etwas, was wir zumindest als Fraktion schon länger fordern –, dass man genau dieses bis zum Bundesverfassungsgericht mal durchklagt, damit es beim Bundesverfassungsgericht mal vorliegt, damit die sehen, was denn dort stattfindet, was für Eintrittspreise werden erhoben, wie ist der Anteil der Reden, der Anteil der Musiker, der Anteil dessen, was dort am Ende als Hassideologie verbreitet wird, und der Anteil dessen, wo sozusagen Neonazis nur feiern und sich zum Teil auch noch unter dem Deckmantel des Versammlungsrechts die Köpfe zukippen und alkoholisiert dann diverse Straftaten begehen – wobei sie das auch nicht alkoholisiert tun.

Darum bitte ich, dass durch eine Versammlungsbehörde mit Unterstützung des Innenministeriums versucht wird, diesen Gerichtsprozess bis zum Ende durchzuklagen, um dann zu schauen, ob es möglich ist, dass das Bundesverfassungsgericht dazu vielleicht auch mal urteilen und sagen kann, ja, das ist vom Versammlungsrecht noch gedeckt, oder nein, ist es nicht.

Das ist nichts, was wir nur in Thüringen und nur auf Landesebene entscheiden und feststellen können. Das sei wenigstens als Anmerkung an Sie, Herr Fiedler, hier wohlgemeint.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das schmerzt, das schmerzt! Das schmerzt!)

Ich muss Sie an einer Stelle richtig kritisieren. Zu erwähnen, dass Thüringen unter Rot-Rot-Grün zum Rechtsrockland geworden wäre, ist am Ende nichts anders als Geschichtsklitterung. Ich kann Ihnen dafür jetzt ein paar Beispiele bringen. Das größte Beispiel wäre „Rock für Deutschland“ der NPD im Jahr 2009 in Gera, zu dem 4.000 Neonazis aufliefen. Ich kann Ihnen aber auch das Beispiel Pößneck 2005 nennen, das Lunikoff-Landser-Abschiedskonzert, bevor er ins Gefängnis gegangen ist, wo an die 2.000 Neonazis aufgelaufen sind.

Ein entscheidender Punkt vielleicht noch, Herr Fiedler: Ich glaube, da ist es wirklich nicht sinnvoll, wenn wir uns hier an der Stelle in irgendeiner Form

unterstellen, wer jetzt mehr Schuld hat oder weniger. Immer zuständig im versammlungsrechtlichen Rahmen für diese Konzerte, damals und zum überwiegenden Teil auch heute, sind Landräte der CDU.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Jetzt ma- chen Sie genau das, was Sie mir vorwerfen!)

An der Stelle würde ich mir wünschen, dass Sie nicht so agieren und sagen, Sie sind schuld und was weiß ich, sondern dass wir einfach mal bei den Fakten bleiben und dann auch schauen, wo macht es Sinn, gemeinsam zu agieren und gemeinsam zu probieren, das zu verhindern.

Eine Sache, die überhaupt keinen Sinn macht und die mich – und ich glaube, nicht nur mich – sehr wütend gemacht hat, war heute in der dpa zu lesen, und zwar die Forderung des Innenministers im Nachgang von Mattstedt, mehr Personal für den Verfassungsschutz zu bekommen –

(Beifall CDU, SPD)

als ob der Verfassungsschutz an irgendeiner Stelle irgendwas damit zu tun gehabt hätte, dass diese Rechtsrockveranstaltung in Mattstedt verboten wurde bzw. am Ende nicht stattgefunden hat! Als ob der Verfassungsschutz in den letzten Monaten und Jahren an irgendeiner Stelle bewiesen hat, dass er kompetent wäre, wenn es darum geht, sich mit Neonazis, Rechtsextremismus, Antisemitismus und Weiterem mehr zu befassen!

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich will Ihnen –