Protokoll der Sitzung vom 30.08.2018

(Beifall DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin zunächst Dirk Adams sehr dankbar, dass er noch mal auf die Elemente der Bürgerbeteiligung verwiesen hat. Ich will das nur noch damit ergänzen: Im Rahmen der Ausschussbefassung – der Anhörung und Auslegung – gibt es noch mal einen ganzen Komplex von Bürgerbeteiligung. Der Gesetzentwurf wird vier Wochen – wahrscheinlich im Oktober – in allen beteiligten Gemeinden und Landkreisen öffentlich ausgelegt, wird in den Amtsblättern veröffentlicht. Dort kann jeder, der sich betroffen fühlt, Hinweise, Anregungen, Kritiken vortragen, die wir dann im Nachgang im Innen- und Kommunalausschuss abwägen müssen. Das heißt als: Bürgerbeteiligung ist im Prozess ohnehin eine ganz starke Säule.

Herr Fiedler, Ihre Rede war völlig hilflos und voller Verzweiflung.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wissen gar nicht mehr so richtig, was Sie machen sollen, weil Ihre eigene Basis doch den Kopf schüttelt, wenn sie Sie reden hört. Ich will mal das mit den in Aussicht stehenden Änderungsanträgen aufgreifen: Dabei geht es doch gar nicht darum, dass die Landesregierung irgendwie ihre Arbeit nicht gemacht hat. Wir haben eine so hohe Dynamik, dass während der Befassung der Landesregierung weitere neue Anträge hinzugekommen sind und wir natürlich alles dabei tun, um die zu berücksichtigen. Ich sage mal, die geplanten Veränderungen in der VG Geratal werden im Wesentlichen auch durch CDU-Kommunalpolitiker mitgetragen

(Abg. Adams)

oder auch die Veränderungen, die das Amt Wachsenburg und Riechheimer Berg betreffen. CDUKommunalpolitiker vor Ort haben sich hier im Prozess an uns gewandt und von daher sollten Sie das nicht irgendwie abwertend sehen, sondern als Flexibilisierung, um am Ende alle die zu berücksichtigen, die die Chancen auf Freiwilligkeit nutzen wollen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was Herr Fiedler hier wieder zum Finanzausgleich gesagt hat, zu unserer Hauptansatzstaffel, bedarf einer Klarstellung, auch für die Öffentlichkeit. Wir haben in Thüringen als einziges Flächenbundesland einen bedarfsorientierten Finanzausgleich. Das hat das Verfassungsgericht 2005 entschieden und es erfolgt regelmäßig eine gutachterliche Ermittlung des angemessenen Finanzbedarfs und eine Überprüfung, eine Revision der inneren Struktur des Finanzausgleichs. Dabei wurde festgestellt, dass wir bei der Verteilung, also beim horizontalen Finanzausgleich zwischen den Kommunen eine Unwucht haben – gemessen am Aufgabenkatalog, an den Einnahmen und an der Größe zwischen den Gemeinden unter 10.000 und über 10.000 Einwohnern. Diese Unwucht haben wir jetzt in zwei Etappen beseitigt. 2020 kommt das voll zur Wirkung.

Um aber mal die Größenordnung zu benennen, damit hier nicht wieder Ängste geschürt werden: Es geht in der Endphase um 20 Millionen Euro, die umverteilt werden. Das ist 1 Prozent der Finanzausgleichsmasse – 1 Prozent der Finanzausgleichsmasse! Damit brechen doch keine Welten zusammen. Aber vor Ort ist das wichtig, dass Bedarfe abgebildet werden, denn wir haben einen bedarfsorientierten Finanzausgleich. Das ist nicht der politischen Willkür anheimgestellt. Und wenn die CDU verspricht, sie würde das verändern, dann ruft sie zum Missachten von Vorgaben des Verfassungsgerichts auf. Das kann ich gar nicht glauben, Herr Fiedler, weil ich Sie immer als Demokraten festgestellt habe. Bisher war hier nur eine Fraktion, die sich nicht um Verfassungsgrundsätze geschert hat.

(Beifall DIE LINKE)

Die CDU hat bisher nicht dazugehört. Ich bin Ihnen aber dankbar, Herr Fiedler, dass Sie zumindest darauf verwiesen haben, dass Sie das Projekt von Rot-Rot-Grün im Einzelfall unterstützen. Das war schon beim ersten Gesetz so, das ist vernünftig und dafür bin ich Ihnen auch dankbar.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn unter Demokraten gehört es sich, wenn wir für die Kommunen Entscheidungen treffen, dass wir manchmal politische Auseinandersetzungen zu

rückstellen und gemeinsam handeln, dort, wo es Gemeinsamkeiten gibt.

Noch mal: Das Leitbild gilt für einen Gesamtprozess und nicht nur für eine Etappe. Und wir gehen jetzt eine Etappe. Herr Fiedler, die beteiligten Gemeinden wissen, dass manches nur eine Zwischenlösung ist. Sie haben gar nicht die Erwartungshaltung, dass das jetzt für 20 oder 30 Jahre Bestand haben muss. Sondern sie wissen, es ist eine Zwischenlösung. Insofern sind auch Ihre Bedenken hier, dass es möglicherweise noch mal im Nachgang eine weitere Neugliederung im Einzelfall gibt, völlig unberechtigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir lassen nicht eine einzige Kommune im Unklaren, auch wenn wir innerhalb von Verwaltungsgemeinschaften Veränderungen vornehmen. Wir werden das im Ausschuss beraten. Ich gehe mal davon aus, Sie werden uns die Fälle benennen, in denen wir aus Ihrer Sicht angeblich eine Gemeinde in der Luft hängen oder im Unklaren lassen. Insofern, Herr Fiedler, sind Sie auf unsere Änderungsanträge gespannt, wir sind auf Ihre gespannt. Sie kritisieren ja immer. Sie müssen dann aber – das ist auch Aufgabe der Opposition – mal Ihre Kritik über Änderungsanträge so repräsentieren, dass wir das dann im Ausschuss auch mit einbringen.

Ich muss Sie bitten, zum Ende zu kommen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke. Frau Abgeordnete Scheerschmidt hat sich noch für die SPD-Fraktion gemeldet.

Vielen Dank, Herr Präsident. Es hat mich doch auch noch mal umgetrieben. Ich bin zunächst erst mal dankbar für die Erläuterungen des Finanzausgleichsgesetzes. Ja, ich kann verstehen, der Stachel muss sehr tief sitzen. Im ersten Gesetz 49, jetzt 263 Kommunen, über 300 Kommunen, die sich neu zusammenfinden. Ich kann das verstehen, dass man dann in blinder Verzweiflung hier vorne Dinge sagt und der Koalition vorwirft. Ich habe Verständnis dafür. Aber nach all dem, was hier Herr Kuschel noch mal erläutert hat, wenn es schon darum geht: Tatsachen, Tatsachen, Tatsachen – dann möchte ich zumindest eine Tatsache sagen, die ich hier auch schon mehrfach gesagt habe. Ich erinnere die Kollegen der CDU an ihren Beschluss 5/3798

(Abg. Kuschel)

vom 15.02.2011, darin heißt es: „Für die Zukunft soll sichergestellt werden, dass die künftige Gemeindestruktur folgenden Anforderungen genügt:“ – Dritter Anstrich: – „Weiterentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und erfüllenden Gemeinden zu Landgemeinden“. Dieser Beschluss wurde damals mit CDU und SPD gefasst. Meine Fraktion der SPD steht nach wie vor zu dem, was sie damals beschlossen hat. Man kann auch, wie es die CDU wahrscheinlich jetzt tut, sagen: Was interessiert mich mein Geschwätz von damals. Aber 2011 wurde der Beschluss gefasst, Verwaltungsgemeinschaften nicht weiterzuentwickeln. Das, meine Damen und Herren, ist eine Tatsache und wir führen das konsequent fort. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Wirkner, CDU: Ihr gründet sogar neue VGs!)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Aber nur dort, wo es Veränderungen bei den Ge- meinden gibt!)

Herr Abgeordneter Henke für die AfD-Fraktion.

Vielen Dank, Herr Präsident. Werte Abgeordnete, werte Gäste, mich hat es noch einmal vorgetrieben. Mir ging es vor allen Dingen darum, was heute nicht gesagt worden ist, das, was wie eine Monstranz drei Jahre hier vorgetragen wurde: Die Einsparung der Gebietsreform. Davon höre ich überhaupt nichts mehr. Da frage ich mich, bei den Summen, die wir jetzt ausgeben, ob es überhaupt eine Einsparung gibt, wo die herkommen soll. Dann möchte ich noch mal daran erinnern: Die Kommunen, die sich zusammenschließen, beinhalten ja auch die Aufgabe der Hoheit über den Haushalt. Also die Kommunen, die sich eingliedern, können leider nicht mehr mitbestimmen, was denn da genau passiert. Wenn das Geld, die sogenannte Hochzeitsprämie, mal alle ist, wird das Hauen und Stechen losgehen, wie denn die Haushalte dann aussehen werden, zumal auch neu gewählt werden muss.

(Beifall AfD)

Bei den 21 Gemeinden möchte ich noch mal sagen: Wir erinnern uns alle an den Streit, der hier in diesem Landtag über die Statistik geführt worden ist. Wenn ich mir die Zahlen anschaue, mit denen die Kommunen jetzt in das Rennen gehen, bezweifle ich ganz stark, dass jemals diese Einwohnerzahlen erreicht werden. Auch bei den Verwaltungsgemeinschaften sehe ich das genauso wie der Kollege Fiedler: Es wird Stückwerk übrig bleiben, das dann

irgendwo angegliedert werden muss. Wie das aussehen soll, ist bis heute nicht geklärt.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Dann nennen Sie doch wenigstens mal ein Beispiel! Nur eins!)

Wir schauen uns an, was übrig bleibt, wir beraten darüber und dann werden wir auch darüber sprechen, Herr Kuschel. Wir werden sehen. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Herr Abgeordneter Fiedler hat noch mal für die CDU-Fraktion um das Wort gebeten.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, da sich der Rang gefüllt hat, will ich Einiges so nicht stehen lassen. Erstens, Herr Kuschel, wenn Sie hier vorkommen, zeigt mir das ganz klar: Getroffene Hunde bellen. Sie wollen einfach nicht wahrhaben, dass das Volk Ihnen gesagt hat: Zwang wollen wir nicht.

(Beifall CDU, AfD)

Dann haben Sie umgeschwenkt, was ja erst mal gut ist. Aber Sie haben immer noch die Zahl 6.000 bis 2035. Immer noch steht die Zahl und das können Sie nicht einfach beiseiteschieben. Dann hätten Sie es doch wieder öffnen können, hätten die komische Zahl weggenommen und hätten gesagt: Wer sich findet, wird im Einzelfall angeschaut, wenn es ordentlich funktioniert, dann machen wir das. Dann wäre es ein Wort gewesen. Aber Sie bleiben bei Ihren 6.000 – bis 2035 müssen noch 6.000 Einwohner da sein – für die, die sich nicht jeden Tag mit dem Zeug beschäftigen, meine Damen und Herren.

Frau Kollegin Scheerschmidt, der Stachel sitzt überhaupt nicht tief. Sie sind doch auch in der Koalition und Sie merken doch, wie es da manchmal zugeht. Wenn der Innenminister Bodycams machen will, sagt die Linke, nicht mit uns. Da kann ich Ihnen viele Beispiele nennen, wie das Spiel hin und her geht.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das ist be- schlossen worden! Da gibt es einen Be- schluss!)

Was ist beschlossen?

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das mit den Bodycams!)

Warte doch ab, Dagmar, ich werde es dir doch erklären. Im Gegensatz zu dir war ich auch in der Kommunalpolitik bei den ganzen Dingen dabei. Ich saß mit Heike Taubert und anderen zusammen und

(Abg. Scheerschmidt)

wir haben jeder wie die Kesselflicker versucht, seine Dinge durchzusetzen. Natürlich, Uwe Höhn war auch dabei. Natürlich haben wir damals bestimmte Dinge – ich sage mal – miteinander ausgewogen und jeder hat versucht, seine Dinge durchzusetzen. Das nennt sich Koalition. Aber – jetzt kommt das Aber – meine Fraktion hat ganz klar gesagt: Wir werden das am Ende aber nicht vollziehen. Jeder in dem Hohen Hause müsste es wissen: Wenn eine Legislatur vorbei ist, unterfallen auch die beschlossenen Dinge der sogenannten Diskontinuität.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Sie be- schließen etwas und meinen es nicht ernst! Das ist das Nächste, was ich von Ihnen zitie- ren werde! Aber Sie machen es ja selbst!)

Ach, wissen Sie, Herr Dittes, Sie können sich aufregen, wie Sie wollen, das interessiert mich überhaupt nicht! Das lässt mich kalt. Man merkt doch, wie Sie hochgehen, dass Sie getroffen sind. Bei Ihnen sitzt der Stachel tief, weil Sie Ihre eigenen Dinge einfach nicht einhalten, meine Damen und Herren! Und uns da zu unterstellen, wir könnten doch eigene Vorschläge machen!

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE)