Protokoll der Sitzung vom 31.08.2018

Mir geht es nicht darum, auch noch mal was sagen zu müssen, weil andere gesprochen haben. Aber eines ärgert mich, Frau Kollegin König-Preuss, wenn Sie sich hier nur hinstellen und sagen: Gucken Sie doch mal, die Kommune hat nur 1,2 so und so viel VbE usw. – Aber wenn es denn um die Grundordnung und wenn es um Leben und Tod geht, dann müssen wir denen mehr Personal und mehr Geld geben, damit sie ihre Dinge erfüllen können.

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Aber Herr Fiedler, Sie hören nicht zu!)

Wenn es danach geht, dann ist es genauso, was ich vorhin gesagt habe: Wenn dem Verfassungsschutz zig Stellen fehlen und er kann die Aufgabe nicht erfüllen, wer ist denn daran Schuld? Wir, der Gesetzgeber, da müssen wir denen Geld geben, damit sie ihre Aufgaben erfüllen können.

Darum will ich noch mal darauf verweisen, dass das nicht so einfach untergeht. Vielleicht sollten wir uns mal zurückbesinnen, was wir eigentlich wollen. Wir wollen, dass den Brüdern, die aus welchen

Gründen auch immer Waffen haben, diese entzogen werden – Nummer 1 –, wo es klar möglich ist. Und Nummer 2 ist, dass sie in Zukunft gar nicht erst legale Waffen bekommen. Das ist das A und O. Und vielleicht wird sich der eine oder andere in den Koalitionsfraktionen auch noch dem Antrag enthalten.

(Beifall CDU)

Aus den Reihen der Abgeordneten liegen jetzt keine Wortmeldungen mehr vor. Herr Minister Maier, Sie haben das Wort für die Landesregierung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste auf der Tribüne! Ich bekomme recht häufig Briefe von den sogenannten Reichsbürgern, seitenlange Briefe und ich frage mich – ich lese sie nicht mehr, am Anfang habe ich sie ab und zu noch gelesen – dann in dem Moment, was im Leben dieser Menschen schiefgelaufen ist, dass sie zu der Auffassung gelangen, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht existiert. Wie krank muss man im Kopf sein, wenn man sich überhaupt als „Reichsbürger“ bezeichnet? Das Deutsche Reich ist 1945 untergegangen,

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Gentele, fraktionslos)

und zwar endgültig, auch wenn das vielleicht einer gewissen Partei hier im Raum gar nicht so gefällt. Aber es ist Fakt. Es war eine totale Niederlage! Es sind zwei Weltkriege von deutschem Boden ausgegangen mit Abermillionen von Toten. Und das Ergebnis ist nun mal, dass das Deutsche Reich nicht mehr existiert. Und wenn fabuliert wird, es gibt noch keinen Friedensvertrag und sonst was, ist das unerheblich. Die Geschichte fragt nicht danach, sondern es ist Fakt. Stattdessen gibt es die Bundesrepublik Deutschland seit 1949 bzw. seit 1990 hier. Das ist der demokratischste Staat, der jemals auf deutschem Boden bestand.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und ich werde alles, was in meiner Macht steht, dafür tun, diese Errungenschaft zu bewahren. Hier geht es darum, diese Errungenschaft gegen Extremisten zu bewahren. Reichsbürger sind Extremisten. Ich freue mich, dass jetzt auch viele junge Menschen, Schülerinnen und Schüler, hier mit dabei sind und diese Debatte mitverfolgen können. Wir reden über Reichsbürger. Ich weiß nicht, ob ihr das schon mal im Unterricht hattet? Wenn nicht, dann würde es sich vielleicht mal anbieten, im Nachgang zu dieser Debatte darüber zu sprechen.

(Abg. Möller)

Im ersten Moment, Herr Fiedler, habe ich mich darüber gefreut, dass die CDU diesen Antrag gestellt hat. Aber als ich ihn dann genau gelesen habe, hat es mich doch gestört, dass immer wieder der Subtext ist: Die Regierung macht nichts oder macht nicht genug dagegen. Das ist natürlich ein Stück weit so ein bisschen Ihre Strategie zurzeit, immer mal wieder so bisschen Ängste zu schüren: Da gibt es ein Problem, aber die Regierung macht nichts dagegen; der Rechtsstaat funktioniert nicht. Und das ist nicht der Fall!

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dagegen verwahre ich mich auch.

Noch mal: Reichsbürger sind Extremisten und damit fehlt diesen Personen die nach dem Waffengesetz erforderliche Zuverlässigkeit. Der Inhaber einer Schusswaffe muss verantwortungsbewusst und unter Berücksichtigung von Leben und Gesundheit seiner Mitmenschen mit diesen umgehen und die Waffen nur in dem Rahmen gebrauchen, den die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland gestattet. Belegen Tatsachen, dass eine Person offen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnet, kann auch nicht erwartet werden, dass sie die Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland einhalten wird. Eine solche Person besitzt daher nach Auffassung der Landesregierung nicht die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Sie verdienen gerade eben nicht unser Vertrauen, das in den Waffenbesitzer gesetzt wird, jederzeit sorgfältig mit seiner Waffe und mit der Munition umzugehen, diese sorgfältig zu verwahren, sie keinem Unberechtigtem zu überlassen und insbesondere nicht missbräuchlich oder leichtfertig zu verwenden. Solche Personen sind deshalb waffenrechtlich als absolut unzuverlässig im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Waffengesetz anzusehen.

Bereits im Jahr 2011 gab es einen Erlass des Thüringer Innenministeriums an die Waffenbehörden, der die Waffenbehörden aufgefordert hat, die Erlaubnis bei Reichsbürgern zu widerrufen. Dieser seit dem Jahr 2011 geltende Erlass wurde angesichts der von Reichsbürgern ausgehenden Gefahren und angesichts der Ereignisse in Bayern mit dem Tod des Kollegen vom Spezialeinsatzkommando hier in Thüringen stets weitergeschrieben.

Um die Aufmerksamkeit der Behörden in diesem sensiblen sicherheitsrelevanten Bereich weiter zu schärfen, hat das Thüringer Innenministerium vor dem Hintergrund der Ausführungen zu diesem Personenspektrum im Verfassungsschutzbericht 2015 auch die Waffenbehörden darauf hingewiesen, auch zusätzlich den Widerrufsgrund des § 5 Abs. 2 Nr. 3 des Waffengesetzes zu prüfen. Nach dieser

Vorschrift besitzen Personen die notwendige waffenrechtliche Zuverlässigkeit unter anderem dann nicht, wenn sie einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt haben, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind. In diesem Zuge wurden den Waffenbehörden mit Erlass vom 6. Dezember 2016 festgelegte Meldewege zwischen dem Amt für Verfassungsschutz und dem Thüringer Landesverwaltungsamt vorgegeben, in die das zuständige Fachreferat des Thüringer Innenministeriums eingebunden ist.

Es geht weiter: Anlässlich einer Dienstberatung mit den Waffenbehörden im Mai 2017 wurden im Thüringer Landesverwaltungsamt unter Beteiligung der zuständigen Fachabteilung des Innenministeriums Tatbestandsvoraussetzungen für den Entzug waffenrechtlicher Erlaubnisse, die Informations- und Meldewege sowie deren datenschutzrechtliche Grundlagen erörtert und auf die aktuelle Rechtsprechung hingewiesen. Die Waffenbehörden werden seitdem über die inzwischen auch durch Oberverwaltungsgerichte anderer Bundesländer ergangene Rechtsprechung in Bezug auf den Entzug waffenrechtlicher Erlaubnisse sogenannter Reichsbürger fortlaufend unterrichtet. In der Folge haben viele Waffenbehörden zwischenzeitlich Widerrufsverfahren bei Reichsbürgerverdachtsfällen eingeleitet und teilweise auch erfolgreich bestandskräftig abgeschlossen.

Trotz der eindeutigen Erlasslage zu dieser Thematik und trotz deutlicher Aufforderung der Vertreter des Thüringer Innenministeriums im Rahmen einer weiteren Dienstberatung mit den Waffenbehörden am 7. März dieses Jahres im Thüringer Landesverwaltungsamt sehen sich zu meinem Bedauern jedoch einzelne Waffenbehörden immer noch nicht in der Lage, auch bei Vorliegen entsprechender Verdachtsmomente ein Widerrufsverfahren einzuleiten bzw. mit einem entsprechenden Widerrufsbescheid abzuschließen. Das ist ein Problem. Auf die unmittelbare Verantwortung der kommunalen Ebene darf ich an dieser Stelle verweisen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Kenntnis dieses Umstands sind wir jedoch nicht untätig geblieben. Vielmehr hat das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales mit Erlass vom 4. April 2018 reagiert und das Thüringer Landesverwaltungsamt angewiesen, im Wege der Fachaufsicht der betroffenen Waffenbehörden unverzüglich – die Waffenbehörden wurden unverzüglich angewiesen – entsprechende Widerrufsverfahren einzuleiten und durchzuführen.

Der Erlass legt zugleich die Maßgabe fest, unter der die Widerrufsverfahren durchgeführt werden sollen. Zuletzt hat das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales das Thüringer Landesver

(Minister Maier)

waltungsamt mit Staatssekretärsschreiben unter anderem erneut gebeten, fortlaufend zu dem Widerrufsverfahren zu berichten. Es besteht also eine beständige Kommunikation zwischen den handelnden staatlichen Ebenen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aufgrund der nicht einfachen Rechtsmaterie hat das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales darüber hinaus den Waffenbehörden mit Erlass vom 10. April 2018, 2. Mai 2018 und 2. Juli 2018 ergänzende Hinweise zur Optimierung der Melde- und Informationswege sowie zu den datenschutzrechtlichen Grundlagen gegeben, um die notwendige einheitliche Rechtsanwendung für Thüringen sicherzustellen.

Als Fazit bleibt festzustellen, dass die Erlasslage und die Verwaltungspraxis in Thüringen bereits seit sieben Jahren so gestaltet sind, wie es der Antrag der CDU heute einfordert. Wenn ich anmerken darf: Dies müsste ja auch Ihnen, also den Abgeordneten der CDU, bekannt sein, da ja die ersten Schritte unter der Amtszeit von Herrn Minister Geibert begonnen wurden.

Jetzt zu den aktuellen Zahlen: Ich kann Ihnen heute folgenden Stand mitteilen, dass inzwischen in 25 Fällen die Verfahren zum Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnisse bzw. zur Ablehnung eines Antrags auf eine waffenrechtliche Erlaubnis bestandskräftig abgeschlossen sind.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Darüber hinaus haben die Waffenbehörden zum Stand 1. August bei weiteren 23 Personen, zu denen belastbare Informationen vorliegen, dass sie der Reichsbürgerszene zuzurechnen sind und über eine Waffenbesitzkarte verfügen und noch im Besitz zumindest einer waffenerlaubnispflichtigen Schusswaffe sind, Widerspruchsverfahren eingeleitet. Diese Verfahren befinden sich in unterschiedlichen Verfahrensständen. Diese 23 Personen verfügen zum Stand 1. August 2018 über 113 erlaubnispflichtige Schusswaffen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gefährliche Truppe!)

Gefährliche Truppe, ja. Abschließend möchte ich zu dieser Thematik noch daran erinnern, dass Thüringen schon seit Langem die Verschärfung des Waffenrechts dahin gehend fordert – das ist hier auch schon angesprochen worden –, dass vor der Erteilung einer Waffenerlaubnis eine Regelabfrage bei den Verfassungsschutzbehörden erfolgt.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Durch eine solche Regelabfrage soll verhindert werden, dass Reichsbürger überhaupt in den Besitz und zur Erlaubnis einer Waffe kommen.

(Beifall CDU)

Diese Initiative, die wir im Bundesrat eingebracht haben, wurde leider von der Bundesregierung noch nicht aufgegriffen, aber das kann sich ja noch ändern.

Lassen Sie mich bitte Folgendes abschließend bemerken: Ich würde mir auch wünschen, dass das mit den Widerrufen schneller geht, aber wir müssen in diesem Fall rechtsstaatliche Standards, insbesondere die grundsätzlich erforderlichen Anhörungen einhalten, um auch vor den Verwaltungsgerichten mit Erfolg zu bestehen. Wir arbeiten kontinuierlich daran – und das hat die Zeitleiste, die ich eben dargestellt habe auch, glaube ich, sehr deutlich gemacht –, dass zeitnah in Thüringen keine Reichsbürger mehr mit einer Waffe durch die Gegend laufen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Es ist keine Ausschussüberweisung beantragt. Wir kommen deswegen zur Abstimmung über den Antrag – Herr Abgeordneter Geibert.

Frau Präsidentin, wir würden eine namentliche Abstimmung beantragen.

Es ist namentliche Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU in Drucksache 6/6040 beantragt. Ich bitte die Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln. Ich eröffne die Abstimmung.

Hatten alle die Gelegenheit abzustimmen? Herr Blechschmidt? Dann schließe ich die Abstimmung und bitte um Auszählung.

Ich darf Ihnen das Ergebnis bekannt geben: Es wurden 73 Stimmen abgegeben. Mit Ja stimmten 26, mit Nein 47 (namentliche Abstimmung siehe Anlage 2). Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU abgelehnt. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15

Maghreb-Staaten und Georgien als sichere Herkunftsstaaten einstufen

(Minister Maier)

Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/6043 dazu: Zuwanderung steuern – sinnvoll, sachgerecht und rechtsstaatlich Alternativantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/6109

Die AfD-Fraktion wünscht das Wort zur Begründung, Abgeordneter Rudy hat das Wort.