Protokoll der Sitzung vom 31.08.2018

Ein alleiniges Regelwerk zur Steuerung von Zuwanderung in den Arbeitsmarkt, wie das ja im Koalitionsvertrag von CDU und SPD auf Bundesebene formuliert ist, das sich – auch das ist dort formuliert – am Bedarf unserer Volkswirtschaft orientiert, wird die Linke nicht unterstützen. Das wissen Sie auch, sehr geehrte Damen und Herren der CDU, sehr geehrter Herr Herrgott. Ich kann deshalb nur annehmen, dass Punkt 4 Ihres Antrags allein deshalb formuliert ist, um Streit in der rot-rot-grünen Koalition zu provozieren. Das klappt aber nicht, ich habe vorhin schon darauf hingewiesen. Für solche Meinungsverschiedenheiten haben wir auf Seite 95 unseres Koalitionsvertrags eine Regelung getroffen. Rot-Rot-Grün lässt sich nicht auseinanderdividieren, durch die Forderung nach neuen sicheren Herkunftsländern nicht und auch nicht durch provozierten Streit bezüglich eines Einwanderungsgesetzes.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also noch mal abschließend, damit Sie es auch alle verstehen: Rot-Rot-Grün wird das Konstrukt „sichere Herkunftsstaaten“ nicht unterstützen und ein Nützlichkeitszuwanderungsgesetz auch nicht. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Hartung, Fraktion der SPD, das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, das Grundrecht auf Asyl ist ein individuelles Menschenrecht. Jeder Mensch, der verfolgt ist, der das Gefühl hat, verfolgt zu sein – das ist ja nicht in jeder Hinsicht objektiv nachvollziehbar –, hat das Recht, sich um Asyl zu bemühen. Dabei kann es kein Asylrecht erster und zweiter Klasse geben, nach dem Motto „Wer aus bestimmten Ländern kommt, muss sich in dieses Verfahren erst reinklagen“, sondern

es muss für alle gelten, es muss dieselben Zugangsmöglichkeiten für alle Menschen geben. Dass das besonders wichtig ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, können die Abgeordneten der SPD-Fraktion und auch der Linksfraktion aus ihrer eigenen Geschichte sehr gut nachvollziehen. Denn unsere Partei hat in der Vergangenheit mehrfach die Notwendigkeit gehabt, in anderen Ländern Zuflucht zu suchen. Deswegen sollte dieses Grundrecht auf Asyl für uns heilig sein. Ich glaube, das ist es auch.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus diesem Grund stehe ich persönlich und ein Großteil meiner Fraktion dem Konstrukt des sicheren Herkunftslandes extrem kritisch gegenüber. Sicheres Herkunftsland bedeutet im Prinzip, dass die erste Stufe im Asylverfahren – ich vereinfache das mal – einfach abgeschafft wird und man gleich in die Klage reingehen müsste. Das ist etwas, was die Hürden unnötig hoch macht, auch wenn – und das haben wir heute Morgen schon referiert – die Zustimmung, also die Quote derer, die im Klageverfahren Recht bekommen, sehr, sehr hoch ist, bei 40 Prozent in der Sache.

Ich möchte jetzt auf die vier in Rede stehenden Länder mal ganz konkret eingehen. Alle vier, das möchte ich einleitend sagen, sind dadurch gekennzeichnet, dass es die Regel ist, dass Menschenrechtsverletzung durch staatliche Sicherheitsbehörden nicht geahndet wird. Das ist nicht die Ausnahme, das ist die Regel. Keines dieser Länder verfügt über einen Mechanismus, der solche Vorfälle untersucht. Keines dieser Länder räumt die Möglichkeit ein, gegen solche Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheits- und staatliche Kräfte vorzugehen. Das ist eigentlich schon ein sehr deutlicher Hinweis, dass es sich eben nicht um Länder handelt, die prinzipiell sicher sind. Ich muss auch sicher sein vor staatlicher Gewalt bzw. wenn mich staatliche Gewalt ereilt, muss ich mich dagegen wehren können.

Georgien an sich ist auf einem deutlich besseren Weg als die Maghreb-Staaten. Allerdings kommt es auch hier dazu, dass kritische Journalisten immer noch eingesperrt werden. Ich möchte als Beispiel den Fall des aserbaidschanischen Journalisten Afgan Mukhtarli nennen, der seit mehreren Jahren in Georgien in Haft sitzt, weil er kritisch berichtet hat. Das ist ein deutliches Beispiel dafür, dass es eben nicht darum geht, dass hier freiheitliche Rechte, so wie wir sie kennen, an der Tagesordnung sind.

Ein weiterer Staat ist Algerien. In Algerien ist es an der Tagesordnung, dass man bei Demonstrationen gegen die wirtschaftliche Lage oder anderes verhaftet wird, dass man ohne Angabe von Gründen längere Zeit in Haft gehalten wird, dass das Gründen von Gewerkschaften teilweise unter Strafe

(Abg. Berninger)

steht. Auch hier sind Journalisten, die über diese Lage berichten, von Verhaftung, Internierung bedroht. Auch hier ein Beispiel: Said Chitour ist seit mehreren Jahren in Haft, weil er aus einer Provinzstadt in Algerien über die dortige wirtschaftliche Lage im staatlichen Fernsehen berichtet hat. Des Weiteren sind in Algerien Anwälte, die sich für die Belange von Menschen einsetzen, deren Menschenrechte verletzt worden sind, Ziel von Haft und Internierung. Menschenrechtsanwälte werden nicht selten in der Folge der Prozesse, in denen sie auftreten, verhaftet. Das ist das Gegenteil von dem, was wir Rechtsstaat nennen. Das schafft keine Sicherheit, das ist Unsicherheit. Aus diesem Grund ist Algerien kein sicherer Drittstaat. Außerdem gibt es in Algerien auch keine Religionsfreiheit. Selbst dort etablierte Strömungen des Islams stehen unter Strafe. Das ist das Gegenteil von Sicherheit. Jeder, der einer solchen Religionsgemeinschaft angehört, hat ein Anrecht auf Asyl, wenn er denn verfolgt wird und eventuell von Strafe bedroht ist. Gleichzeitig geht Algerien sehr restriktiv mit Flüchtlingen aus anderen Ländern um. Sie werden in Wüstenlagern interniert. Das ist nicht unbedingt das, was ich von einem sicheren Staat erwarte.

Der nächste Staat ist Tunesien, der ja auch als sicher eingestuft werden soll. In Tunesien herrscht der Ausnahmezustand. Das ist kein sicherer Drittstaat. Folter und Misshandlung sind die Regel, sind an der Tagesordnung. Deshalb gibt es auch dort erhebliche Bedenken, ob wir diesen Staat als sicher einstufen können. Ich erinnere noch mal – ich habe es vorhin erzählt –, dass es hier keinerlei Möglichkeiten gibt, gegen Menschenrechtsverletzungen der Sicherheitsbehörden vorzugehen. Dazu gehört eben auch Folter. Gleichzeitig ist beispielsweise in Tunesien die Homosexualität eine Straftat nach § 230 des dortigen Strafgesetzbuchs. Auch das ist ein Grund, Asyl zu bekommen. Tunesien selber – übrigens genauso wie das dann noch folgende Marokko – kennt gar kein Asyl. Die kennen gar keine Asylrechtsgesetzgebung – irgendwie nicht das, was ich von einem fortschrittlichen Staat erwarte, in den ich sicher Menschen abschieben kann.

Als Letztes kommen wir zum Beispiel Marokko. Dort sind derzeit mehrere Dutzend Journalisten und Blogger in Haft, die sich mit der wirtschaftlichen Situation auseinandergesetzt haben. Demonstrationsfreiheit gibt es überhaupt nicht. Auch hier ist wie in Tunesien die Homosexualität eine Straftat nach § 489 des dortigen Strafgesetzbuchs. All das sind Gründe, die am Ende dazu führen, in einem anderen Staat Asyl zu bekommen. Mit welchem Recht stufen wir diese Staaten als sichere Drittstaaten ein, obwohl es ganz klare Anhalte dafür gibt, dass es dort nicht sicher ist, dass es dort Verfolgung aufgrund der Herkunft, aufgrund der Meinung, aufgrund der Religion und aufgrund der sexuellen

Orientierung gibt? Deswegen werden wir diese Einstufung als sichere Drittstaaten natürlich ablehnen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Alternativantrag der CDU. Punkt 1 habe ich eben erläutert. Für Punkt 2 haben wir Regelungen. Wenn die Umsetzung auch noch ein bisschen hapert, dann müssen wir dem nachgehen, aber wir brauchen keine neuen Regeln, sondern das konsequente Befolgen der bestehenden Regeln. Über Punkt 3 müssen wir reden. Ich persönlich verfolge einen komplett anderen Ansatz. Ich glaube, wir sollten die Menschen, die aus welchem Grund auch immer hier bei uns im Land sind, wenigstens genauso stellen, wie die Menschen, die wir irgendwo in Vietnam, in Georgien, in der Ukraine oder sonst irgendwo erst anwerben und dann für Geld hierher holen. Nicht nur deswegen, weil die, die hier sind, eventuell schon Deutschkenntnisse haben, die sich die anderen erst erwerben müssen, sondern weil es einfach auch eine Frage der Ökonomie ist, Leute, die hier sind, zu integrieren, Leute, die hier sind, geduldet oder als Asylbewerber oder warum auch immer, in unsere Gesellschaft zu bringen. Wir brauchen diese Menschen, wir brauchen diese Köpfe, wir brauchen Leute, die bereit sind, sich auszubilden. Da hilft uns eine Stichtagsregelung genauso wenig wie ein Eingrenzen dieses Personenkreises. Ich glaube, jeden, der bereit ist, sich hier zu integrieren, hier eine Arbeit aufzunehmen, sich hier ausbilden zu lassen, hier ein Teil der Gesellschaft zu werden, den sollten wir mit offenen Armen empfangen, wenn er sich in unsere Gesellschaft integrieren möchte. Das fördert die Initiative der Bundesregierung. Wenn das Gesetz vorliegt, werden wir uns dazu verhalten. Jetzt ist es einfach noch zu früh. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der AfD erhält nun Abgeordneter Möller das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Es ist jetzt viel gesagt worden, was es eigentlich bedeutet, wenn man sichere Herkunftsstaaten einführt oder anerkennt. Unter anderem hat Frau Berninger einen Kollegen ihrer Partei zitiert, mit der Einführung sicherer Herkunftsstaaten gehe man sinngemäß auf Distanz zum Grundrecht auf Asyl. Das, meine Damen und Herren, ist grober Unfug. Wer sichere Herkunftsstaaten anerkennt, sorgt in erster Linie für mehr Realität im Verwaltungsverfahren. Denn Fakt ist, dass vor der ganzen Debatte, sichere Herkunftsstaaten insbesondere um die Maghreb-Staa

(Abg. Dr. Hartung)

ten und Georgien zu erweitern, die Feststellung steht, dass aus diesen Ländern nur ein minimaler Prozentsatz, in der Regel unter 5 Prozent, aller Antragsteller hier als Flüchtling im weiteren Sinne anerkannt wird. Die Vergangenheit zeigt: Das sind keine Länder mit Fluchtgründen. Dann ist es legitim für den Staat, für die Politik, zu sagen, dass in diesen Ländern natürlich andere Regeln zu gelten haben für einen Antrag auf Asyl oder auf Anerkennung als Flüchtling als beispielsweise in Ländern, in denen es tatsächlich zu Verfolgung kommt wie beispielsweise in Saudi Arabien oder in bestimmten Teilen Afrikas.

Das ist nichts anderes als Realismus. Wenn man jetzt wie Herr Hartung sagt, dass mit der Einführung sicherer Herkunftsstaaten im Grunde genommen der Rechtsschutz oder überhaupt die Möglichkeit, Asyl zu beantragen, stark eingeschränkt wird – auch das ist falsch. Es geschieht im Grunde erst mal nichts wesentlich anderes, als dass man die Beweislast oder Darlegungslast für Asylgründe dem Antragsteller auferlegt – im Übrigen aus meiner Sicht ein absolut unproblematisches, rechtsstaatliches Verfahren, was man jedem Antragsteller auferlegen könnte, denn jemand, der behauptet, verfolgt zu werden, der soll das auch belegen können. Das ist doch eine völlig normale Sache. Es ist doch nicht so, dass man jedem sofort glauben muss, was er erzählt, schon gar nicht in den heutigen Zeiten, wo sich permanent herausstellt, dass viele Leute unter falscher Flagge hier ins Land gekommen sind, unter falschen Tatsachenangaben ins Land gekommen sind, teilweise ihre Pässe entsorgt haben. Es gibt jede Menge Indizien dafür, die eigentlich den Staat dazu anhalten würden, mehr Misstrauen gegenüber den Angaben von Antragstellern zu haben.

Insofern ist es gerade bei den Ländern, in denen die Flüchtlingsquote sowieso unter den Antragstellern schon bestürzend gering ist, selbstverständlich angezeigt, da auch andere Regularien zu schaffen durch die Beweislastumkehr, die bei sicheren Herkunftsstaaten der Fall ist. Das hat also nichts mit einer Beendigung des Grundrechts auf Asyl zu tun.

Nun kann man natürlich versuchen, diese Staaten zum Hort des Bösen zu erklären, wie es Herr Hartung versucht hat, zum Beispiel damit, dass es Fälle gibt, in denen bestimmte Leute, zum Beispiel auch Journalisten, ins Gefängnis gekommen sind, weil sie über irgendeinen Sachverhalt berichtet haben.

Meine Damen und Herren, das passiert Ihnen mittlerweile sogar schon in Großbritannien. Da berichten Sie über einen Gerichtstermin, wo es um Islamisten geht, und plötzlich werden Sie eingesperrt. Genau das ist einem Journalisten dort vor nicht mal einem halben Jahr geschehen. Der Aufschrei hier in Deutschland, der war eigentlich so gut wie nicht

vernehmbar, jedenfalls nicht aus dem etablierten politischen Spektrum. Aber im Fall von Georgien soll es angeblich der Grund sein, warum man jetzt Georgien nicht als sicheren Herkunftsstaat einstuft, obwohl es eine wirklich tiefgehende Zusammenarbeit der Europäischen Union mit diesem Land gibt. Also es ist von vorn bis hinten nicht schlüssig.

Genauso kann man jetzt die anderen Fälle, die Herr Hartung da benannt hat, auch durchdeklinieren. Man merkt bei Ihnen, Herr Hartung, Sie suchen sich immer ein Schlagwort, um der Debatte dann auszuweichen, und mit diesem Schlagwort versuchen Sie dann sozusagen die Einstufung als sicheres Herkunftsland im Grunde genommen außerhalb der Diskussion zu stellen. Zum Beispiel, dass in Tunesien der Ausnahmezustand verhängt worden ist. Ja, meine Güte – der Ausnahmezustand wurde auch vor Kurzem in Italien in Genua verhängt. Wollen wir jetzt Italien nicht mehr als sicheres Land einstufen? Was ist denn das für eine Begründung? Das ist gar keine Begründung. Das ist das Ausweichen vor einer wirklichen sachlichen Debatte.

(Beifall AfD)

Überhaupt, Herr Hartung, kann es nicht der Anspruch eines deutschen Rechtsstaats sein, all den Menschen uneingeschränkt Asyl zu gewähren, bloß weil die Rechtsordnung im Herkunftsland nicht ganz der in Deutschland entspricht. Da können Sie nämlich zig Milliarden Leute grundsätzlich unter die Anspruchsteller subsumieren, wenn Sie die Definition so weit ziehen, wie Sie das tun. Dann ist der Staat nicht nur schon in Ansätzen dysfunktional, dann wird er komplett zum Erliegen kommen.

(Beifall AfD)

Dann sind wir hier ein Failed State, wenn wir so eine Rechtsauffassung vertreten. Noch schlimmer ist es, wenn man entsprechende Signale in diese Länder sendet, wenn man das Signal sendet, dass hier der Anspruch, Flüchtling zu sein, nur behauptet werden muss, dass er gar nicht bewiesen werden muss, dass der Staat da nicht genau hinguckt, dass dann auch Fehlentscheidungen gefällt werden und das keine Konsequenzen hat. Genau dieses Signal senden Sie und leider sendet das auch der Alternativantrag der CDU, wenn er sich beispielsweise für eine Stichtagsregelung einsetzt. Eine Stichtagsregelung bedeutet immer eine Ausnahme zu dem, was eigentlich rechtsstaatlich geregelt ist. Jemand kommt zu uns, er hat kein Aufenthaltsrecht. Er hat weder eins auf Asyl noch als Flüchtling im weiteren Sinne, sondern er wird nur geduldet, weil man ihn aus diversen Gründen nicht abschieben kann, oft auch als welchen, die der Antragsteller mitfördert. Dann belohnen wir ihn am Ende doch noch nach vielen Jahren dafür, dass er jetzt zumindest die deutsche Sprache spricht und einen Job gefunden hat.

Meine Damen und Herren, Sie belohnen dann am Ende auch die illegale Einreise und damit den Rechtsbruch, der am Anfang stand. Das ist rechtsstaatsunwürdig.

(Beifall AfD)

Ich sage Ihnen eines: Das wäre vielleicht alles kein Problem, wenn es die einzige Ausnahme wäre. Aber wir hatten erstens schon Stichtagsregelungen, wir haben zum Zweiten auf vielen Ebenen Durchbrechungen rechtsstaatlicher Grundsätze. Denken Sie an die Härtefallkommission, die auch plötzlich ein Aufenthaltsrecht verschafft, wo eigentlich keines da ist. Denken Sie an das Kirchenasyl. Wir haben auf vielen Ebenen bereits Durchbrechungen unseres rechtsstaatlichen Gerüsts und Sie schaffen eine weitere Durchbrechung. Da merkt man, wie wenig Ihnen am Rechtsstaat liegt, wenn Sie solche Vorschläge unterbreiten und dann hier aus dem Thüringer Landtag auch noch unterstützen wollen.

In die gleiche Richtung geht im Grunde genommen auch die Ausbildungsduldung. Auch das ist eine klassische Vermischung von Asyl- – wo jemand zu uns kommt, weil er eigentlich verfolgt ist – und Arbeitsmigration – Zuwanderung im weiteren Sinne. Das gehört scharf getrennt.

Bei demjenigen, der den einen Weg beschritten hat, der hier behauptet hat, ich werde verfolgt, wo sich das als nicht richtig herausgestellt hat, kann ich nicht einfach das System wechseln und sagen: Gut, du hast zwar unsere Gesetze verletzt, aber jetzt darfst du trotzdem bleiben, weil du bei uns eine Ausbildung machst. Was ist denn das für ein rechtsstaatliches Herangehen? Sie suspendieren permanent die selbst getroffenen Regeln, die im Bundestag und auch hier im Landtag gegeben worden sind. Sie zeigen damit, dass sie es Ihnen im Grunde genommen gar nicht wert sind, kontrolliert und eingehalten zu werden, weil Sie am Ende doch immer wieder eine Ausnahmelösung für Leute schaffen, die eigentlich gar nicht hier sein dürfen. Das ist der Kernkritikpunkt, den wir an Ihrem Alternativantrag haben, warum wir ihm nicht zustimmen können. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Abgeordnete Rothe-Beinlich zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Debatte, die wir jetzt hier führen, ist ja nicht neu. Sie erinnern sich vielleicht: Im Jahr 2017 gab es schon einmal den Versuch, die Maghreb-Staaten als sogenannte sichere

Herkunftsländer einzustufen. Im März 2017 hat der Bundesrat genau dieses Vorhaben mit sehr guten Gründen gestoppt. An der Situation in den Herkunftsländern hat sich seitdem im Übrigen nichts geändert – jedenfalls nicht zum Besseren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber all das tut offenkundig nichts zur Sache. Auch ist dieser Antrag der AfD einmal mehr ein Beispiel für die Versatzstücke aus einem Baukastensystem, mit dem die AfD offenkundig bundesweit arbeitet. Denn dieser Antrag wird im Moment nicht nur in Thüringen eingebracht, er wurde in Sachsen-Anhalt, in Baden-Württemberg, in Rheinland-Pfalz fast wortgleich auf die Tagesordnung gesetzt. Sie von der AfD versuchen überall, weil Sie keine anderen Themen haben, immer wieder bundespolitisch Schlagzeilen zu machen. In der Regel geht es gegen Geflüchtete. Ich muss es leider genau so sagen.

Die AfD fordert mit ihrem Antrag die Landesregierung auf, im Bundesrat der Einstufung Georgiens, Algeriens, Marokkos und Tunesiens als sichere Herkunftsstaaten zuzustimmen. Selbstverständlich werden wir diesen Antrag ablehnen. Ich will es aber auch begründen: Wir lehnen das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten grundsätzlich ab – so haben es meine Kollegin Sabine Berninger und auch mein Kollege Dr. Thomas Hartung schon klargestellt –, weil dieses in einem Spannungsverhältnis zu dem individuellen Schutzbegehren der Flüchtlinge steht.

Wenn ich Ihre Vorstellungen – von der AfD – hier höre, dass Pässe entsorgt worden sind und jetzt auch die Beweislastumkehr eingeführt werden soll, dann frage ich mich immer, ob Sie sich einmal in Menschen hineinversetzt haben, die flüchten müssen. Es ist doch nicht so, dass über Monate überlegt wird: Jetzt sammele ich mal Beweise dafür, warum, wieso, weshalb meine Situation so ist, sondern kein Mensch flieht freiwillig. Meistens muss die Flucht sehr plötzlich passieren, weil die Situation für die Betroffenen so schlimm ist, wie sie ist. Auch die Pässe werden nicht mal eben entsorgt, viele Menschen in diesen Ländern haben gar keine Papiere – das muss Ihnen einfach mal klar sein, das macht es auch so schwierig – oder die Pässe werden ihnen auch oft von Schleppern beispielsweise auf der Flucht abgenommen.

(Beifall DIE LINKE)

All das negieren Sie, wischen Sie einfach so weg, genauso, wie Sie lapidar davon sprechen, wenn mal eben so ein Journalist ins Gefängnis kommt. Merken Sie eigentlich, was Sie da tun? Journalistinnen und Journalisten gehören inzwischen zu einer der am meisten gefährdeten Berufsgruppen überhaupt. Die Pressefreiheit ist ein zentrales Element, welches garantiert sein muss, um ein Land, wenn

(Abg. Möller)

man sich überhaupt auf diese Logik einlässt, als sicheren Herkunftsstaat einzustufen.